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§ 23 - Standortauswahlgesetz (StandAG)

Artikel 1 G. v. 05.05.2017 BGBl. I S. 1074 (Nr. 26); zuletzt geändert durch Artikel 8 G. v. 22.03.2023 BGBl. 2023 I Nr. 88
Geltung ab 16.05.2017, abweichend siehe Artikel 5; FNA: 751-23 Kernenergie
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§ 23 Mindestanforderungen



(1) 1Für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle kommen die Wirtsgesteine Steinsalz, Tongestein und Kristallingestein in Betracht. 2Für das Wirtsgestein Kristallingestein ist unter den Voraussetzungen des Absatzes 4 für den sicheren Einschluss ein alternatives Konzept zu einem einschlusswirksamen Gebirgsbereich möglich, das deutlich höhere Anforderungen an die Langzeitintegrität des Behälters stellt.

(2) Gebiete, die kein Ausschlusskriterium nach § 22 erfüllen, sind nur als Endlagerstandort geeignet, wenn sämtliche in Absatz 5 genannten Mindestanforderungen erfüllt sind.

(3) 1Sofern für die Bewertung der Erfüllung einer Mindestanforderung notwendige Daten für ein Gebiet erst in einer späteren Phase des Standortauswahlverfahrens erhoben werden können, gilt die jeweilige Mindestanforderung bis zur Erhebung dieser Daten als erfüllt, soweit dies aufgrund der vorhandenen Datenlage zu erwarten ist. 2Spätestens in der Begründung für den Vorschlag nach § 18 Absatz 3 ist die Erfüllung aller Mindestanforderungen standortspezifisch nachzuweisen.

(4) 1Ist in einem Gebiet absehbar, dass kein einschlusswirksamer Gebirgsbereich ausgewiesen werden kann, es sich aber für ein wesentlich auf technischen oder geotechnischen Barrieren beruhendes Endlagersystem eignet, muss anstelle der Mindestanforderung nach Absatz 5 Nummer 1 der Nachweis geführt werden, dass die technischen und geotechnischen Barrieren den sicheren Einschluss der Radionuklide für eine Million Jahre gewährleisten können. 2Der Nachweis ist spätestens in der Begründung für den Vorschlag nach § 18 Absatz 3 zu führen. 3Die Mindestanforderungen nach Absatz 5 Nummer 2 bis 5 sind in diesem Fall auf den Einlagerungsbereich entsprechend anzuwenden. 4Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Mindestanforderungen sind:

1.
Gebirgsdurchlässigkeit

in einem einschlusswirksamen Gebirgsbereich muss die Gebirgsdurchlässigkeit kf weniger als 10-10 m/s betragen; sofern ein direkter Nachweis in den Begründungen für die Vorschläge nach den §§ 14 und 16 noch nicht möglich ist, muss nachgewiesen werden, dass der einschlusswirksame Gebirgsbereich aus Gesteinstypen besteht, denen eine Gebirgsdurchlässigkeit kleiner als 10-10 m/s zugeordnet werden kann; die Erfüllung des Kriteriums kann auch durch den Einlagerungsbereich überlagernde Schichten nachgewiesen werden;

2.
Mächtigkeit des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs

der Gebirgsbereich, der den einschlusswirksamen Gebirgsbereich aufnehmen soll, muss mindestens 100 Meter mächtig sein; bei Gesteinskörpern des Wirtsgesteins Kristallin mit geringerer Mächtigkeit kann der Nachweis des sicheren Einschlusses für den betroffenen Gebirgsbereich bei Vorliegen geringer Gebirgsdurchlässigkeit auch über das Zusammenwirken des Wirtsgesteins mit geotechnischen und technischen Barrieren geführt werden; eine Unterteilung in mehrere solcher Gebirgsbereiche innerhalb eines Endlagersystems ist zulässig;

3.
minimale Teufe des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs

1die Oberfläche eines einschlusswirksamen Gebirgsbereichs muss mindestens 300 Meter unter der Geländeoberfläche liegen. 2In Gebieten, in denen im Nachweiszeitraum mit exogenen Prozessen wie insbesondere eiszeitlich bedingter intensiver Erosion zu rechnen ist, deren direkte oder indirekte Auswirkungen zur Beeinträchtigung der Integrität eines einschlusswirksamen Gebirgsbereichs führen können, muss die Oberfläche des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs tiefer als die zu erwartende größte Tiefe der Auswirkungen liegen; soll ein einschlusswirksamer Gebirgsbereich im Gesteinstyp Steinsalz in steiler Lagerung ausgewiesen werden, so muss die Salzschwebe über dem einschlusswirksamen Gebirgsbereich mindestens 300 Meter mächtig sein; soll ein einschlusswirksamer Gebirgsbereich im Gesteinstyp Tonstein ausgewiesen werden, so muss zu erwarten sein, dass das Deckgebirge auch nach dem Eintreten der genannten exogenen Prozesse ausreichend mächtig ist, um eine Beeinträchtigung der Integrität des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs durch Dekompaktion ausschließen zu können;

4.
Fläche des Endlagers

ein einschlusswirksamer Gebirgsbereich muss über eine Ausdehnung in der Fläche verfügen, die eine Realisierung des Endlagers ermöglicht; in den Flächenbedarf des Endlagers eingeschlossen sind Flächen, die für die Realisierung von Maßnahmen zur Rückholung von Abfallbehältern oder zur späteren Auffahrung eines Bergungsbergwerks erforderlich sind und verfügbar gehalten werden müssen;

5.
Erhalt der Barrierewirkung

es dürfen keine Erkenntnisse oder Daten vorliegen, welche die Integrität des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs, insbesondere die Einhaltung der geowissenschaftlichen Mindestanforderungen zur Gebirgsdurchlässigkeit, Mächtigkeit und Ausdehnung des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs über einen Zeitraum von einer Million Jahren zweifelhaft erscheinen lassen.



 

Zitierungen von § 23 StandAG

Sie sehen die Vorschriften, die auf § 23 StandAG verweisen. Die Liste ist unterteilt nach Zitaten in StandAG selbst, Ermächtigungsgrundlagen, anderen geltenden Titeln, Änderungsvorschriften und in aufgehobenen Titeln.
 
interne Verweise

§ 13 StandAG Ermittlung von Teilgebieten (vom 01.01.2020)
... Der Vorhabenträger hat unter Anwendung der in den §§ 22 bis 24 festgelegten geowissenschaftlichen Anforderungen und Kriterien Teilgebiete zu ermitteln, ... Ausschlusskriterien nach § 22 und auf das verbleibende Gebiet die Mindestanforderungen nach § 23 an. Aus den identifizierten Gebieten ermittelt der Vorhabenträger durch Anwendung ... und ist eine Empfehlung zum weiteren Umgang mit diesen Gebieten aufzunehmen. § 23 Absatz 2 bleibt ...
§ 14 StandAG Ermittlung von Standortregionen für übertägige Erkundung (vom 01.01.2020)
... Erkundung nach Maßgabe der Anforderungen und Kriterien nach den §§ 22 bis 24 und für die Durchführung der weiterentwickelten vorläufigen ... keine hinreichenden Informationen für die Anwendung der Kriterien nach den §§ 22 bis 24 vor, ist eine begründete Empfehlung zum weiteren Verfahren mit diesen Gebieten ...
§ 15 StandAG Entscheidung über übertägige Erkundung und Erkundungsprogramme (vom 27.06.2020)
... keine hinreichenden Informationen für die Anwendung der Kriterien nach den §§ 22 bis 24 vorliegen, werden durch Bundesgesetz bestimmt. (4) Das Bundesamt für die ...
§ 16 StandAG Übertägige Erkundung und Vorschlag für untertägige Erkundung (vom 01.01.2020)
... unter erneuter Anwendung der Anforderungen und Kriterien nach den §§ 22 bis 24 günstige Standorte nach Absatz 3 zu ermitteln. Planungswissenschaftliche ... Erkundung nach Maßgabe der Anforderungen und Kriterien nach den §§ 22 bis 24 und für die Durchführung der umfassenden vorläufigen ...
§ 18 StandAG Untertägige Erkundung (vom 01.01.2020)
... sowie erneuter Anwendung der Anforderungen und Kriterien nach den §§ 22 bis 24 geeignete Standorte nach Absatz 3 zu ermitteln. Planungswissenschaftliche ...
§ 21 StandAG Sicherungsvorschriften (vom 01.01.2021)
... deren Eigenschaften, die nach den Anforderungen und Kriterien nach den §§ 22 bis 24 zu bewerten sind, über große Flächen nur geringen räumlichen ...
§ 24 StandAG Geowissenschaftliche Abwägungskriterien
... Kriterien dienen hierbei als Bewertungsmaßstab. (2) Im Fall des § 23 Absatz 4 tritt an die Stelle des Abwägungskriteriums nach Anlage 2 die rechnerische Ableitung, welches ...
§ 25 StandAG Planungswissenschaftliche Abwägungskriterien
... sich nicht bereits aus der Anwendung der geowissenschaftlichen Kriterien nach den §§ 22 bis 24 und auf Grundlage der Ergebnisse der vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen ergibt. ...
§ 26 StandAG Sicherheitsanforderungen (vom 27.06.2020)
... in den Abfällen sind in einem einschlusswirksamen Gebirgsbereich oder nach Maßgabe von § 23 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 4 bei wesentlich auf technischen und geotechnischen Barrieren beruhenden Endlagerkonzepten innerhalb ... erforderlich, sind wirtsgesteinsabhängige Anforderungen für jedes der nach § 23 Absatz 1 zu betrachtenden Wirtsgesteine festzulegen. Die festzulegenden Anforderungen umfassen ...
§ 36 StandAG Salzstock Gorleben
... wird wie jeder andere in Betracht kommende Standort gemäß den nach den §§ 22 bis 26 festgelegten Kriterien und Anforderungen in das Standortauswahlverfahren einbezogen. ...
Anlage 1 StandAG (zu § 24 Absatz 3) Kriterium zur Bewertung des Transportes radioaktiver Stoffe durch Grundwasserbewegungen im einschlusswirksamen Gebirgsbereich
... Standorte mit einer Gebirgsdurchlässigkeit von mehr als 10-10 m/s gemäß § 23 Absatz 4 Nummer 1 als nicht geeignet aus dem Verfahren auszuschließen.  ...