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§ 16 - Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV)

Artikel 1 V. v. 02.05.2012 BGBl. I S. 1006 (Nr. 19); zuletzt geändert durch Artikel 2 V. v. 17.04.2023 BGBl. 2023 I Nr. 103
Geltung ab 01.01.2013, §§ 1 bis 3 und Anlagen ab 01.11.2012; FNA: 7100-1-11 Gewerbeordnung
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§ 16 Einholung von Informationen über den Anleger; Pflicht zur Empfehlung geeigneter Finanzanlagen



(1) 1Der Gewerbetreibende hat im Rahmen der Anlageberatung vom Anleger alle Informationen

1.
über Kenntnisse und Erfahrungen des Anlegers in Bezug auf bestimmte Arten von Finanzanlagen,

2.
über die finanziellen Verhältnisse des Anlegers, einschließlich seiner Fähigkeit, Verluste zu tragen, und

3.
über seine Anlageziele, einschließlich seiner Risikotoleranz,

einzuholen, die erforderlich sind, um dem Anleger eine Finanzanlage empfehlen zu können, die für ihn geeignet ist und insbesondere seiner Risikotoleranz und seiner Fähigkeit Verluste zu tragen, entspricht. 2Der Gewerbetreibende darf dem Anleger nur Finanzanlagen empfehlen, die nach den eingeholten Informationen für diesen geeignet sind (Geeignetheitsprüfung). 3Hinsichtlich der Anforderungen an die Geeignetheit und der im Zusammenhang mit der Geeignetheit geltenden Pflichten sind die Artikel 54 und 55 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission entsprechend anzuwenden. 4Sofern der Gewerbetreibende die erforderlichen Informationen nicht erlangt, darf er dem Anleger im Rahmen der Anlageberatung keine Finanzanlage empfehlen.

(2) 1Vor einer Anlagevermittlung hat der Gewerbetreibende vom Anleger Informationen über seine Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf Geschäfte mit bestimmten Arten von Finanzanlagen einzuholen, soweit diese Informationen erforderlich sind, um die Angemessenheit der Finanzanlage für den Anleger beurteilen zu können. 2Die Angemessenheit beurteilt sich danach, ob der Anleger über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, um die Risiken im Zusammenhang mit der Art der Finanzanlage angemessen beurteilen zu können. 3Gelangt der Gewerbetreibende aufgrund der nach Satz 1 erhaltenen Information zu der Auffassung, dass die vom Anleger gewünschte Finanzanlage für den Anleger nicht angemessen ist, hat er den Anleger vor einer Anlagevermittlung darauf hinzuweisen. 4Erlangt der Gewerbetreibende nicht die erforderlichen Informationen, hat er den Anleger vor einer Anlagevermittlung darüber zu informieren, dass eine Beurteilung der Angemessenheit im Sinne des Satzes 1 nicht möglich ist. 5Der Hinweis nach Satz 3 und die Informationen nach Satz 4 können in standardisierter Form erfolgen.

(3) 1Zu den einzuholenden Informationen nach Absatz 1 Satz 1 gehören, soweit erforderlich, hinsichtlich

1.
der finanziellen Verhältnisse des Anlegers Angaben über

a)
Grundlage und Höhe regelmäßiger Einkommen und regelmäßiger finanzieller Verpflichtungen sowie

b)
vorhandene Vermögenswerte, insbesondere Barvermögen, Kapitalanlagen und Immobilienvermögen, und

2.
der mit den Geschäften verfolgten Ziele Angaben über die Anlagedauer, die Risikobereitschaft des Anlegers und den Zweck der Anlage.

2Zu den einzuholenden Informationen nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 gehören, soweit erforderlich, hinsichtlich der Kenntnisse und Erfahrungen des Anlegers Angaben über

1.
die Arten von Finanzanlagen, mit denen der Anleger vertraut ist,

2.
Art, Umfang, Häufigkeit und Zeitraum zurückliegender Geschäfte des Anlegers mit Finanzanlagen,

3.
Ausbildung sowie gegenwärtige und relevante frühere berufliche Tätigkeiten des Anlegers.

(3a) 1Der Gewerbetreibende hat vor der Vermittlung des Vertragsschlusses über eine Vermögensanlage im Sinne des § 2a des Vermögensanlagengesetzes vom Anleger insoweit eine Selbstauskunft über dessen Vermögen oder dessen Einkommen einzuholen, wie dies erforderlich ist, um prüfen zu können, ob der Gesamtbetrag der Vermögensanlagen desselben Emittenten, die vom Anleger erworben werden, folgende Beträge nicht übersteigt:

1.
10.000 Euro, sofern der jeweilige Anleger nach seiner Selbstauskunft über ein frei verfügbares Vermögen in Form von Bankguthaben und Finanzinstrumenten von mindestens 100.000 Euro verfügt, oder

2.
den zweifachen Betrag des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens des jeweiligen Anlegers, höchstens jedoch 10.000 Euro.

2Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der Gesamtbetrag der Vermögensanlagen desselben Emittenten, die vom Anleger erworben werden, der keine Kapitalgesellschaft ist, 1.000 Euro nicht überschreitet. 3Der Gewerbetreibende darf den Vertragsschluss über eine Vermögensanlage im Sinne des § 2a des Vermögensanlagengesetzes nur vermitteln, wenn er geprüft hat, dass der Gesamtbetrag der Vermögensanlagen desselben Emittenten, die vom Anleger erworben werden, der keine Kapitalgesellschaft ist, 1.000 Euro oder die in Satz 1 Nummer 1 und 2 genannten Beträge nicht übersteigt.

(3b) 1Der Gewerbetreibende hat den nach § 80 Absatz 9 des Wertpapierhandelsgesetzes bestimmten Zielmarkt zu berücksichtigen und mit dem jeweiligen Anleger abzugleichen. 2Dazu hat er alle zumutbaren Schritte zu unternehmen, um sich die erforderlichen Informationen einschließlich der Bestimmung des Zielmarktes von dem die Finanzanlage konzipierenden Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder dem Emittenten zu beschaffen und die Merkmale sowie den Zielmarkt der Finanzanlage zu verstehen. 3Er hat die Vereinbarkeit der Finanzanlage mit den Bedürfnissen des Anlegers unter Berücksichtigung des Zielmarktes zu beurteilen und sicherzustellen, dass er Finanzanlagen nur empfiehlt, wenn dies im Interesse des Anlegers ist.

(4) 1Soweit die in den Absätzen 1 bis 3a genannten Informationen auf Angaben des Anlegers beruhen, hat der Gewerbetreibende die Fehlerhaftigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben nicht zu vertreten, es sei denn, die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben des Anlegers ist ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt. 2Gewerbetreibende dürfen Anleger nicht dazu verleiten, Angaben nach den Absätzen 1 bis 3a zurückzuhalten.

(5) Die Pflichten nach Absatz 2 gelten nicht, soweit der Gewerbetreibende

1.
auf Veranlassung des Kunden Anlagevermittlung in Bezug auf Anteile oder Aktien an Investmentvermögen erbringt, die den Anforderungen der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom

13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 32, L 269 vom 13.10.2010, S. 27), die zuletzt durch die Richtlinie 2010/78/EU (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 120) geändert worden ist, entsprechen und

2.
1den Kunden darüber informiert, dass keine Angemessenheitsprüfung im Sinne des Absatzes 2 vorgenommen wird. 2Die Information kann in standardisierter Form erfolgen.





 

Frühere Fassungen von § 16 FinVermV

Die nachfolgende Aufstellung zeigt alle Änderungen dieser Vorschrift. Über die Links aktuell und vorher können Sie jeweils alte Fassung (a.F.) und neue Fassung (n.F.) vergleichen. Beim Änderungsgesetz finden Sie dessen Volltext sowie die Begründung des Gesetzgebers.

vergleichen mitmWv (verkündet)neue Fassung durch
aktuell vorher 20.04.2023Artikel 2 Verordnung zur Änderung der Gewerbeanzeigeverordnung und der Finanzanlagenvermittlungsverordnung
vom 17.04.2023 BGBl. 2023 I Nr. 103
aktuell vorher 01.08.2020Artikel 1 Zweite Verordnung zur Änderung der Finanzanlagenvermittlungsverordnung
vom 09.10.2019 BGBl. I S. 1434
aktuell vorher 07.05.2016Artikel 3 Verordnung zur Einführung einer Verordnung über Immobiliardarlehensvermittlung und zur Änderung weiterer Verordnungen
vom 28.04.2016 BGBl. I S. 1046
aktuell vorher 22.07.2013Artikel 27 AIFM-Umsetzungsgesetz (AIFM-UmsG)
vom 04.07.2013 BGBl. I S. 1981
aktuellvor 22.07.2013Urfassung

Bitte beachten Sie, dass rückwirkende Änderungen - soweit vorhanden - nach dem Verkündungsdatum des Änderungstitels (Datum in Klammern) und nicht nach dem Datum des Inkrafttretens in diese Liste einsortiert sind.



 

Zitierungen von § 16 FinVermV

Sie sehen die Vorschriften, die auf § 16 FinVermV verweisen. Die Liste ist unterteilt nach Zitaten in FinVermV selbst, Ermächtigungsgrundlagen, anderen geltenden Titeln, Änderungsvorschriften und in aufgehobenen Titeln.
 
interne Verweise

§ 19 FinVermV Beschäftigte (vom 01.08.2020)
... hat sicherzustellen, dass auch seine Beschäftigten die Pflichten nach den §§ 11 bis 18a erfüllen. Führt ein Beschäftigter des Gewerbetreibenden die ...
§ 22 FinVermV Aufzeichnungspflicht (vom 01.08.2020)
... rechtzeitig und vollständig mitgeteilt wurden, 3. der Nachweis, dass die in § 16 Absatz 1 genannten Informationen rechtzeitig und vollständig eingeholt wurden und über geeignete ... und über geeignete Finanzanlagen beraten wurde, 4. der Nachweis, dass die in § 16 Absatz 2 Satz 1 genannten Informationen rechtzeitig und vollständig eingeholt und die in Satz 3 und 4 ... rechtzeitig und vollständig mitgeteilt wurden, 4a. der Nachweis, dass die in § 16 Absatz 3a genannten Informationen rechtzeitig und vollständig eingeholt wurden, 5. der ...
§ 24 FinVermV Prüfungspflicht (vom 20.04.2023)
... hat 1. auf seine Kosten die Einhaltung der sich aus den §§ 11a bis 23 ergebenden Verpflichtungen für jedes Kalenderjahr durch einen geeigneten Prüfer ... internen Kontrollsystems der Vertriebsgesellschaft zur Einhaltung der sich aus den §§ 11a bis 23 ergebenden Verpflichtungen durch die angeschlossenen Gewerbetreibenden für den ... durch einen geeigneten Prüfer auf die Einhaltung der sich aus den §§ 11a bis 23 ergebenden Pflichten überprüfen lassen und der Behörde den ...
§ 26 FinVermV Ordnungswidrigkeiten (vom 20.04.2023)
... nicht vollständig oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellt, 8. entgegen § 16 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3a Satz 1 eine Information nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig einholt, ... nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig einholt, 9. entgegen § 16 Absatz 1 Satz 2 oder Satz 4 eine Finanzanlage empfiehlt, 10. entgegen § 16 Absatz 2 Satz 3 einen Hinweis ... § 16 Absatz 1 Satz 2 oder Satz 4 eine Finanzanlage empfiehlt, 10. entgegen § 16 Absatz 2 Satz 3 einen Hinweis nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt, ... nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt, 11. entgegen § 16 Absatz 2 Satz 4 eine Information nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig zur ...
 
Zitate in Änderungsvorschriften

Verordnung zur Änderung der Finanzanlagenvermittlungsverordnung
V. v. 22.07.2014 BGBl. I S. 1205
Artikel 1 FinVermVÄndV Änderung der Finanzanlagenvermittlungsverordnung
... internen Kontrollsystems der Vertriebsgesellschaft zur Einhaltung der sich aus den §§ 12 bis 23 ergebenden Verpflichtungen durch die angeschlossenen Gewerbetreibenden für den ...

Verordnung zur Änderung der Gewerbeanzeigeverordnung und der Finanzanlagenvermittlungsverordnung
V. v. 17.04.2023 BGBl. 2023 I Nr. 103
Artikel 2 GewAnzVuFinVermVÄndV Änderung der Finanzanlagenvermittlungsverordnung
... durch die Wörter „in der jeweils geltenden Fassung" ersetzt. 5. In § 16 Absatz 1 Satz 3 werden die Wörter „und den im Zusammenhang mit" durch die Wörter „und ...

Verordnung zur Einführung einer Verordnung über Immobiliardarlehensvermittlung und zur Änderung weiterer Verordnungen
V. v. 28.04.2016 BGBl. I S. 1046
Artikel 3 ImmVermVEV Änderung der Finanzanlagenvermittlungsverordnung
... 3. In § 8 Satz 2 wird das Wort „schriftlich" gestrichen. 4. § 16 wird wie folgt geändert: a) Nach Absatz 3 wird folgender Absatz 3a ... 4 wird folgende Nummer 4a eingefügt: „4a. der Nachweis, dass die in § 16 Absatz 3a genannten Informationen rechtzeitig und vollständig eingeholt wurden,". ... 6. § 26 Absatz 1 Nummer 4 wird wie folgt gefasst: „4. entgegen § 16 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3a Satz 1 eine Information nicht, nicht richtig, ...

Zweite Verordnung zur Änderung der Finanzanlagenvermittlungsverordnung
V. v. 09.10.2019 BGBl. I S. 1434
Artikel 1 2. FinVermVÄndV
... Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission entsprechend anzuwenden." 15. § 16 wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:  ...