Bundesrecht - tagaktuell konsolidiert - alle Fassungen seit 2006
Vorschriftensuche
 

Abschnitt 3 - Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV)

V. v. 13.10.2014 BGBl. I S. 1603 (Nr. 47); zuletzt geändert durch Artikel 8 Abs. 4 G. v. 20.12.2022 BGBl. I S. 2730
Geltung ab 18.10.2014; FNA: 610-6-8-2 Allgemeines Steuerrecht
| |

Abschnitt 3 Besonderheiten für Versicherungsbetriebsstätten

§ 23 Allgemeines



Eine Betriebsstätte,

1.
die Teil eines Versicherungsunternehmens im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder Teil eines Versicherungsunternehmens im Sinne des ausländischen Versicherungsaufsichtsrechts ist und

2.
die Versicherungsgeschäfte betreibt

ist eine Versicherungsbetriebsstätte, für die die §§ 1 bis 17 gelten, soweit in diesem Abschnitt keine abweichende Regelung getroffen wird.


§ 24 Besondere Zuordnungsregelungen



(1) 1Ein Vermögenswert, der durch den Abschluss eines Versicherungsvertrags entsteht, ist einer Versicherungsbetriebsstätte zuzuordnen, wenn die unternehmerische Risikoübernahmefunktion in dieser Versicherungsbetriebsstätte ausgeübt wird. 2Unternehmerische Risikoübernahmefunktion ist bei Versicherungsunternehmen die Personalfunktion des Zeichnungsprozesses, deren Ausübung dazu führt, dass die mit dem Versicherungsvertrag zusammenhängenden Chancen und Risiken, insbesondere das versicherungstechnische Risiko aus dem Versicherungsvertrag, von dem Versicherungsunternehmen übernommen werden. 3Der Zeichnungsprozess besteht aus

1.
der Festlegung der Zeichnungsstrategie,

2.
der Risikoklassifizierung und Risikoauswahl,

3.
der Preisgestaltung,

4.
der Analyse der Risikoweitergabe und

5.
der Annahme der versicherten Risiken.

(2) Die Ausübung der unternehmerischen Risikoübernahmefunktion bestimmt nicht nur über die Zuordnung des Versicherungsvertrags zu einer Versicherungsbetriebsstätte, sondern auch über die Zuordnung der mit dem Versicherungsvertrag zusammenhängenden Vermögenswerte, der damit in Zusammenhang stehenden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben sowie der damit in Zusammenhang stehenden Chancen und Risiken.

(3) 1Werden Personalfunktionen des Zeichnungsprozesses in verschiedenen Versicherungsbetriebsstätten ausgeübt, so ist ein Vermögenswert, der durch den Abschluss eines Versicherungsvertrags entsteht, der Versicherungsbetriebsstätte zuzuordnen, deren Personalfunktion bis zum Abschluss des Versicherungsvertrags die größte Bedeutung zukommt. 2Diese Personalfunktion gilt als unternehmerische Risikoübernahmefunktion. 3Die Zuordnung eines Versicherungsvertrags bestimmt sich nach den bis zum Abschluss des Versicherungsvertrags ausgeübten Personalfunktionen.

(4) Im Rückversicherungsgeschäft ist widerlegbar zu vermuten, dass im Zeichnungsprozess die Risikoklassifizierung und Risikoauswahl die Personalfunktion mit der größten Bedeutung und daher die unternehmerische Risikoübernahmefunktion für den Abschluss eines Rückversicherungsvertrags ist.

(5) 1Hat ein ausländisches Versicherungsunternehmen eine Niederlassung im Sinne der §§ 106, 110a, 121h oder 121i des Versicherungsaufsichtsgesetzes begründet, die eine inländische Versicherungsbetriebsstätte ist, so ist zu vermuten, dass hinsichtlich eines Versicherungsvertrags, zu dessen Abschluss der für die Niederlassung bestellte Hauptbevollmächtigte gemäß § 106 Absatz 3 Satz 3 des Versicherungsaufsichtsgesetzes als ermächtigt gilt, die unternehmerische Risikoübernahmefunktion im Sinne der Absätze 1 bis 4 in der Niederlassung ausgeübt wird. 2Die Vermutung kann nur widerlegt werden, wenn das ausländische Versicherungsunternehmen nachweist, dass

1.
die unternehmerische Risikoübernahmefunktion für den in Satz 1 genannten Versicherungsvertrag nicht in der inländischen Versicherungsbetriebsstätte ausgeübt wird, und

2.
der Sachverhalt übereinstimmend der deutschen Versicherungsaufsichtsbehörde und der für das ausländische Versicherungsunternehmen zuständigen Versicherungsaufsichtsbehörde mitgeteilt wurde.

(6) 1Ein Versicherungsvertrag ist einer ausländischen Versicherungsbetriebsstätte eines inländischen Versicherungsunternehmens, die einer der deutschen Versicherungsaufsicht vergleichbaren Aufsicht unterliegt und für die ein Hauptbevollmächtigter nach § 13b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 des Versicherungsaufsichtsgesetzes bestellt wurde oder für die ein sonstiger Bevollmächtigter, der einem Hauptbevollmächtigten im Sinne des § 106 Absatz 3 des Versicherungsaufsichtsgesetzes vergleichbar ist, auf Grund entsprechender ausländischer versicherungsaufsichtsrechtlicher Vorgaben bestellt wurde, nur dann zuzuordnen, wenn die unternehmerische Risikoübernahmefunktion im Sinne der Absätze 1 bis 4 tatsächlich in der ausländischen Versicherungsbetriebsstätte ausgeübt wird. 2Werden in der ausländischen Versicherungsbetriebsstätte lediglich die Personalfunktionen des Zeichnungsprozesses ausgeübt, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Annahme des versicherten Risikos stehen, so ist der Versicherungsvertrag nur dann der ausländischen Versicherungsbetriebsstätte zuzuordnen,

1.
wenn in ihr zusätzlich eine der folgenden Personalfunktionen, die nicht Teil des Zeichnungsprozesses sind, ausgeübt wird:

a)
Produktmanagement und Produktentwicklung,

b)
Verkauf und Marketing oder

c)
Risikomanagement und Rückversicherung und

2.
wenn die Bedeutung der in der ausländischen Versicherungsbetriebsstätte ausgeübten Personalfunktionen überwiegt.

(7) § 19 Absatz 5 gilt sinngemäß.


§ 25 Dotationskapital inländischer Versicherungsbetriebsstätten ausländischer Versicherungsunternehmen, Versicherungsaufsichtsrecht



(1) 1Zur Bestimmung des Dotationskapitals inländischer Versicherungsbetriebsstätten ausländischer Versicherungsunternehmen ist der Versicherungsbetriebsstätte in einem ersten Schritt ein Anteil an den Vermögenswerten des ausländischen Versicherungsunternehmens zuzuordnen, die der Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen und des Eigenkapitals des ausländischen Versicherungsunternehmens dienen. 2Der Anteil der Versicherungsbetriebsstätte bemisst sich nach dem Verhältnis der versicherungstechnischen Rückstellungen für Versicherungsverträge, die der inländischen Versicherungsbetriebsstätte zuzuordnen sind, zu den versicherungstechnischen Rückstellungen, die in der Bilanz des ausländischen Versicherungsunternehmens insgesamt ausgewiesen sind.

(2) 1In einem zweiten Schritt sind von den nach Absatz 1 zugeordneten Vermögenswerten die versicherungstechnischen Rückstellungen und die aus Versicherungsverhältnissen entstandenen Verbindlichkeiten und Rechnungsabgrenzungsposten abzuziehen, die zu bestimmen sind nach den §§ 341e bis 341h des Handelsgesetzbuchs sowie nach der Versicherungsunternehmens-Rechnungslegungsverordnung vom 8. November 1994 (BGBl. I S. 3378), die zuletzt durch Artikel 27 Absatz 9 des Gesetzes vom 4. Juli 2013 (BGBl. I S. 1981) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. 2Das Ergebnis ist das der inländischen Versicherungsbetriebsstätte zuzuordnende Dotationskapital (modifizierte Kapitalaufteilungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten).

(3) 1Ein geringeres Dotationskapital als nach Absatz 2 darf das ausländische Versicherungsunternehmen der inländischen Versicherungsbetriebsstätte nur zuordnen, soweit dies zu einem Ergebnis der inländischen Versicherungsbetriebsstätte führt, das im Verhältnis zum übrigen Unternehmen dem Fremdvergleichsgrundsatz auf Grund der ihr zugeordneten Vermögenswerte sowie der ihr zugeordneten Chancen und Risiken besser entspricht. 2Die inländische Versicherungsbetriebsstätte muss mindestens ein Dotationskapital ausweisen, das sie nach versicherungsaufsichtsrechtlichen Grundsätzen als Eigenkapital ausweisen müsste, wenn sie ein rechtlich selbständiges Versicherungsunternehmen wäre (Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten).

(4) Weicht das Dotationskapital, das einer inländischen Versicherungsbetriebsstätte vom ausländischen Versicherungsunternehmen zugeordnet wurde, von dem Dotationskapital ab, das nach Absatz 2 zuzuordnen ist, so sind die nach Absatz 1 zuzuordnenden Vermögenswerte dem Dotationskapital nach Absatz 2 anzupassen.

(5) 1§ 12 Absatz 6 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Höhe des zuzuordnenden Dotationskapitals auch anzupassen ist, soweit dies das inländische Versicherungsaufsichtsrecht erfordert. 2Im Übrigen gilt § 12 sinngemäß.


§ 26 Dotationskapital ausländischer Versicherungsbetriebsstätten inländischer Versicherungsunternehmen, Versicherungsaufsichtsrecht



(1) 1Der ausländischen Versicherungsbetriebsstätte eines inländischen Versicherungsunternehmens ist ein Dotationskapital entsprechend § 13 Absatz 1 zuzuordnen, es sei denn, das anzuwendende ausländische Versicherungsaufsichtsrecht enthält zwingende Regelungen zur Mindestkapitalausstattung, die die ausländische Versicherungsbetriebsstätte einhalten müsste, wenn sie ein selbständiges ausländisches Versicherungsunternehmen wäre (Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten). 2Das inländische Versicherungsunternehmen hat die Gründe für den Ansatz eines höheren Dotationskapitals als nach § 13 Absatz 1 nachzuweisen.

(2) 1Ein höheres Dotationskapital als das versicherungsaufsichtsrechtliche Mindestkapital nach Absatz 1 darf das inländische Versicherungsunternehmen der ausländischen Versicherungsbetriebsstätte nur zuordnen, soweit dies zu einem Ergebnis der ausländischen Versicherungsbetriebsstätte führt, das dem Fremdvergleichsgrundsatz auf Grund der ihr zugeordneten Vermögenswerte sowie der ihr zugeordneten Chancen und Risiken besser entspricht. 2Das Dotationskapital darf den Betrag nicht übersteigen, der sich aus der Anwendung der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten nach § 25 Absatz 1 und 2 ergibt.

(3) 1Ein höheres Dotationskapital als nach Absatz 2 darf der ausländischen Versicherungsbetriebsstätte nur zugeordnet werden, soweit dies das ausländische Versicherungsaufsichtsrecht erfordert und das inländische Versicherungsunternehmen den entsprechenden Regelungen für seine ausländische Versicherungsbetriebsstätte folgt. 2Satz 1 ist nur anzuwenden, soweit dem übrigen Unternehmen rechnerisch mindestens so viel Kapital verbleibt, wie nach inländischem Versicherungsaufsichtsrecht erforderlich wäre.

(4) 1§ 13 Absatz 5 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Höhe des zuzuordnenden Dotationskapitals auch anzupassen ist, soweit dies das ausländische Versicherungsaufsichtsrecht erfordert. 2Im Übrigen gilt § 13 sinngemäß.


§ 27 Zuordnung von Einkünften aus Vermögenswerten



(1) Einkünfte aus Vermögenswerten sind einer Versicherungsbetriebsstätte zuzuordnen, wenn diese Vermögenswerte mindestens einem der folgenden Zwecke dienen:

1.
der Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen der Versicherungsbetriebsstätte,

2.
der Bedeckung der aus Versicherungsverhältnissen entstandenen Verbindlichkeiten und Rechnungsabgrenzungsposten der Versicherungsbetriebsstätte oder

3.
der Bedeckung des Dotationskapitals der Versicherungsbetriebsstätte.

(2) Soweit eine direkte Zuordnung von Vermögenswerten und Einkünften nicht möglich ist, sind einer Versicherungsbetriebsstätte Einkünfte entsprechend der durchschnittlichen Kapitalanlagerendite des Versicherungsunternehmens zuzuordnen.


§ 28 Rückversicherung innerhalb eines Unternehmens



Das versicherungstechnische Risiko, das einer Versicherungsbetriebsstätte auf Grund der zutreffenden Zuordnung eines Versicherungsvertrags zugeordnet ist, darf nicht durch eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung, die einem Rückversicherungsvertrag zwischen rechtlich selbständigen Versicherungsunternehmen vergleichbar ist, dem übrigen Unternehmen zugeordnet werden.


§ 29 Pensionsfonds und Versicherungs-Zweckgesellschaften



Die §§ 23 bis 28 gelten sinngemäß für eine Betriebsstätte, die mit Versicherungsgeschäften vergleichbare Geschäfte betreibt und die

1.
Teil eines Pensionsfonds im Sinne des § 112 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder eines vergleichbaren ausländischen Aufsichtsrechts ist oder

2.
Teil einer Versicherungs-Zweckgesellschaft im Sinne des § 121g des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder eines vergleichbaren ausländischen Aufsichtsrechts ist.