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Abschnitt 1 - Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG)

Artikel 1 G. v. 21.12.2015 BGBl. I S. 2531 (Nr. 55); zuletzt geändert durch Artikel 7 G. v. 25.06.2021 BGBl. I S. 2056
Geltung ab 31.12.2015; FNA: 611-9-34 Besitz- und Verkehrsteuern, Vermögensabgaben
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Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Anwendungsbereich



(1) Dieses Gesetz gilt für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen mit

1.
Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgrund der Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (ABl. L 64 vom 11.3.2011, S. 1; Amtshilferichtlinie) in der Fassung der Richtlinie 2014/107/EU (ABl. L 359 vom 16.12.2014, S. 1),

2.
Drittstaaten, die Vertragsparteien der von der Bundesrepublik Deutschland in Berlin unterzeichneten Mehrseitigen Vereinbarung vom 29. Oktober 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten (BGBl. 2015 II S. 1630, 1632) sind und diese in ihr nationales Recht verpflichtend aufgenommen haben sowie Vertragsparteien des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (BGBl. 2015 II S. 966, 967) sind und die gewährleisten, dass sie die Voraussetzungen des § 7 Absatz 1, insbesondere Buchstabe e der Mehrseitigen Vereinbarung vom 29. Oktober 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten erfüllen sowie

3.
Drittstaaten, die Verträge mit der Europäischen Union zur Vereinbarung des automatischen Austauschs von Informationen über Finanzkonten im Sinne der unter Nummer 1 angeführten Richtlinie 2014/107/EU (ABl. L 359 vom 16.12.2014, S. 1) geschlossen haben, sowie

4.
Drittstaaten, mit denen die Bundesrepublik Deutschland ein Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch geschlossen hat, nach dem ein automatischer Austausch von Informationen vereinbart werden kann.

(2) Für die Durchführung der Melde- und Sorgfaltspflichten gelten die in § 19 angeführten Begriffsbestimmungen und die sonstigen Begriffsbestimmungen nach § 20.




§ 2 Gemeinsamer Meldestandard



Gemäß den geltenden Melde- und Sorgfaltspflichten und ergänzenden Melde- und Sorgfaltsvorschriften tauscht das Bundeszentralamt für Steuern innerhalb der festgelegten Frist nach § 5 Absatz 2 in Verbindung mit § 27 mit der zuständigen Behörde jedes anderen meldepflichtigen Staates die ihm hierzu von den Finanzinstituten nach diesem Gesetz übermittelten Daten aus; diese sind:

1.
der Name, die Anschrift, die Steueridentifikationsnummer oder -nummern sowie bei natürlichen Personen das Geburtsdatum und der Geburtsort jeder meldepflichtigen Person, die Inhaber eines meldepflichtigen Kontos ist, sowie bei einem Rechtsträger, der Kontoinhaber ist und für den nach Anwendung von Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten gemäß dem Gemeinsamen Meldestandard eine oder mehrere beherrschende Personen ermittelt wurden, die meldepflichtige Personen sind, der Name, die Anschrift und die Steueridentifikationsnummer oder -nummern des Rechtsträgers sowie der Name, die Anschrift, die Steueridentifikationsnummer oder -nummern, das Geburtsdatum und der Geburtsort jeder meldepflichtigen Person;

2.
die Kontonummer oder funktionale Entsprechung, wenn keine Kontonummer vorhanden ist;

3.
der Name und gegebenenfalls die Identifikationsnummer des meldenden Finanzinstituts;

4.
der Kontosaldo oder Kontowert einschließlich des Barwerts oder Rückkaufwerts bei rückkaufsfähigen Versicherungs- oder Rentenversicherungsverträgen zum Ende des betreffenden Kalenderjahrs oder eines anderen geeigneten Meldezeitraums oder, wenn das Konto im Laufe des Jahres beziehungsweise Zeitraums aufgelöst wurde, die Auflösung des Kontos;

5.
bei Verwahrkonten

a)
der Gesamtbruttobetrag der Zinsen, der Gesamtbruttobetrag der Dividenden und der Gesamtbruttobetrag anderer Einkünfte, die mittels der auf dem Konto vorhandenen Vermögenswerte erzielt und jeweils auf das Konto oder in Bezug auf das Konto im Laufe des Kalenderjahrs oder eines anderen geeigneten Meldezeitraums eingezahlt oder dem Konto gutgeschrieben wurden, sowie

b)
die Gesamtbruttoerlöse aus der Veräußerung oder dem Rückkauf von Finanzvermögen, die während des Kalenderjahrs oder eines anderen geeigneten Meldezeitraums auf das Konto eingezahlt oder dem Konto gutgeschrieben wurden und für die das meldende Finanzinstitut als Verwahrstelle, Makler, Bevollmächtigter oder anderweitig als Vertreter für den Kontoinhaber tätig war;

6.
bei Einlagenkonten der Gesamtbruttobetrag der Zinsen, die während des Kalenderjahrs oder eines anderen geeigneten Meldezeitraums auf das Konto eingezahlt oder dem Konto gutgeschrieben wurden, und

7.
bei allen anderen Konten, die nicht Verwahrkonten oder Einlagekonten sind, der Gesamtbruttobetrag, der in Bezug auf das Konto während des Kalenderjahrs oder eines anderen geeigneten Meldezeitraums an den Kontoinhaber gezahlt oder ihm gutgeschrieben wurde und für den das meldende Finanzinstitut Schuldner ist, einschließlich der Gesamthöhe aller Einlösungsbeträge, die während des Kalenderjahrs oder eines anderen geeigneten Meldezeitraums an den Kontoinhaber geleistet wurden.


§ 3 Pflichten der Finanzinstitute



(1) Die durch dieses Gesetz verpflichteten Finanzinstitute haben bei der Beschaffung und der Weiterleitung der Informationen im Sinne von § 8 die in diesem Gesetz bestimmten Melde- und Sorgfaltspflichten und ergänzenden Melde- und Sorgfaltsvorschriften einzuhalten.

(2) Die durch dieses Gesetz verpflichteten Finanzinstitute haben die Daten und Informationen zu erheben, zu speichern und zu verarbeiten soweit dies zur Erfüllung ihrer Pflichten nach Absatz 1 erforderlich ist.

(3) 1Die Finanzinstitute nach Absatz 1 haben die bei der Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 erstellten Unterlagen zehn Jahre aufzubewahren. 2Die Frist zur Aufbewahrung beginnt mit Ablauf des Jahres,

1.
in dem die Finanzinstitute oder Dienstleister im Sinne des § 9 Absatz 4 die Informationen nach Absatz 2 erhoben haben, oder

2.
in dem das Konto aufgelöst wird, soweit die Unterlagen nach Satz 1 für die weitere Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 benötigt werden.


§ 3a Pflichten der Kontoinhaber und der Antragsteller



(1) Natürliche Personen und Rechtsträger, die bei einem meldenden Finanzinstitut entweder für sich selbst oder zugunsten oder für Rechnung einer anderen Person die Eröffnung eines Finanzkontos beantragen, sowie Kontoinhaber haben die nachfolgenden Pflichten zu beachten.

(2) Hat nach diesem Gesetz ein meldendes Finanzinstitut Selbstauskünfte oder Belege einzuholen, so sind diese Informationen oder Unterlagen vollständig und richtig zu erteilen oder herauszugeben.

(3) Wer einem meldenden Finanzinstitut eine Selbstauskunft erteilt hat, muss dem Finanzinstitut bei einer Änderung der Gegebenheiten die neu zutreffenden Angaben bis zum letzten Tag des maßgeblichen Kalenderjahres oder eines anderen geeigneten Meldezeitraums oder 90 Kalendertage nach dem Eintritt der Änderung der Gegebenheiten, je nachdem, welches Datum später ist, mit einer Selbstauskunft richtig und vollständig mitteilen.




§ 4 Zuständige Behörde



Zuständige Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist das Bundesministerium der Finanzen, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundeszentralamts für Steuern nach § 5 Absatz 1 Nummer 5b des Finanzverwaltungsgesetzes gegeben ist.


§ 5 Aufgaben des Bundeszentralamts für Steuern



(1) 1Dem Bundeszentralamt für Steuern sind als zuständiger Behörde im Sinne des § 4 von den meldenden Finanzinstituten die Daten nach § 8 nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch im Wege der Datenfernübertragung erstmals zum 31. Juli 2017 zu übermitteln. 2Das Bundesministerium der Finanzen gibt den amtlich vorgeschriebenen Datensatz im Bundessteuerblatt bekannt.

(2) 1Das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt die ihm von den Finanzinstituten nach Absatz 1 übermittelten Daten an die zuständige Behörde des jeweils anderen Staates im Sinne des § 1 Absatz 1. 2Das Bundeszentralamt für Steuern speichert zudem die übermittelten Daten.

(3) Das Bundeszentralamt für Steuern nimmt die von einer anderen zuständigen Behörde eines Staates im Sinne des § 1 Absatz 1 übermittelten Daten entgegen, speichert sie und leitet sie zur Durchführung des Besteuerungsverfahrens nach Maßgabe des § 88 Absatz 3 und 4 der Abgabenordnung an die zuständige Landesfinanzbehörde weiter.

(4) 1Das Bundeszentralamt für Steuern ist berechtigt, eine Auswertung der ihm nach den Absätzen 1 und 3 übermittelten Daten zur Erfüllung der dem Bundeszentralamt für Steuern gesetzlich übertragenen Aufgaben vorzunehmen. 2Eine Auswertung der Daten durch die jeweils zuständige Landesfinanzbehörde bleibt hiervon unberührt.

(5) 1Die nach den Absätzen 2 und 3 beim Bundeszentralamt für Steuern gespeicherten Daten werden ab dem Zeitpunkt der Übermittlung nach Absatz 2 Satz 1 15 Jahre lang aufbewahrt. 2Mit Ablauf eines Jahres der Aufbewahrung nach Satz 1 werden die Daten gelöscht. 3Geht vor dem in Satz 2 genannten Zeitpunkt eine Änderungsmeldung ein, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zeitpunkt, zu dem die Änderungsmeldung eingegangen ist.

(6) 1Das Bundeszentralamt für Steuern ist für die Prüfung der Einhaltung der den Finanzinstituten nach diesem Gesetz auferlegten Melde- und Sorgfaltspflichten, besonderen Sorgfaltspflichten sowie ergänzenden Melde- und Sorgfaltsvorschriften für Informationen über Finanzkonten zuständig. 2Die §§ 193 bis 203 der Abgabenordnung gelten entsprechend.

(7) Die aufgrund dieses Gesetzes vom Bundeszentralamt für Steuern als zuständige Behörde erhobenen und gespeicherten Daten dürfen nur für die in den zugrunde liegenden Regelungen gemäß § 1 Absatz 1 festgelegten Zwecke verwendet werden.

(8) Bei der Übermittlung von Informationen durch das Bundeszentralamt für Steuern an die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten der in § 1 Absatz 1 Nummer 2 genannten Vereinbarung vom 29. Oktober 2014 findet keine Anhörung der Beteiligten nach § 117 Absatz 4 Satz 3 der Abgabenordnung statt.




§ 6 Ansässigkeit; Zeitpunkt der Erstanwendung



(1) 1Finanzinstitute haben zur Wahrung der Melde- und Sorgfaltspflichten nach diesem Gesetz zu den von ihnen geführten Konten die steuerliche Ansässigkeit des Konteninhabers zu erheben und seinem Konto zuzuordnen, unabhängig davon, ob es sich bei dem Kontoinhaber oder dem sonstigen Kunden um eine meldepflichtige Person im Sinne der Melde- und Sorgfaltspflichten nach diesem Gesetz handelt. 2Bei der Erhebung der steuerlichen Ansässigkeit nach Satz 1 gelten die von den Finanzinstituten geführten Konten insoweit als Konten, für die die Melde- und Sorgfaltspflichten nach diesem Gesetz einzuhalten sind; dies schließt auch die Erhebung der Steueridentifikationsnummer ein.

(2) Jedes meldende Finanzinstitut teilt vor einer erstmaligen Übermittlung von Daten nach § 8 jeder betroffenen Person in allgemeiner Form mit oder macht dieser zugänglich, dass die nach diesem Gesetz ermittelten Daten, soweit aufgrund dieses Gesetzes erforderlich, an das Bundeszentralamt für Steuern für Zwecke der Übermittlung an den Ansässigkeitsstaat des Kontoinhabers übermittelt werden.

(3) Meldende Finanzinstitute haben die nach diesem Gesetz zu erhebenden Daten erstmals für das Steuerjahr 2016 bis zum 31. Juli 2017 dem Bundeszentralamt für Steuern und in den Folgejahren jeweils bis zum 31. Juli eines Folgejahres zu übermitteln.