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Kapitel 5 - Strahlenschutzgesetz (StrlSchG)

Artikel 1 G. v. 27.06.2017 BGBl. I S. 1966 (Nr. 42); zuletzt geändert durch Artikel 2 G. v. 20.05.2021 BGBl. I S. 1194, 2022 BGBl. I S. 15
Geltung ab 31.12.2018, abweichend siehe Artikel 32; FNA: 751-24 Kernenergie
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Teil 4 Strahlenschutz bei bestehenden Expositionssituationen

Kapitel 5 Sonstige bestehende Expositionssituationen

§ 153 Verantwortlichkeit für sonstige bestehende Expositionssituationen



(1) Verantwortlich für eine sonstige bestehende Expositionssituation ist, wer Hersteller, Lieferant, Verbringer oder Eigentümer der Strahlungsquelle ist, die die sonstige bestehende Expositionssituation bewirkt, oder wer Inhaber der tatsächlichen Gewalt über diese Strahlungsquelle ist.

(2) Verantwortlich für eine sonstige bestehende Expositionssituation ist nicht, wer

1.
als Hersteller, Lieferant oder Verbringer die tatsächliche Gewalt über die Strahlungsquelle nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen einem Dritten überlassen hat, wenn dieser bei der Erlangung der tatsächlichen Gewalt Kenntnis von der Eigenschaft als Strahlungsquelle hatte,

2.
als Endverbraucher Eigentümer von Konsumgütern oder sonstigen aus dem Wirtschaftskreislauf herrührenden Waren ist, die eine Strahlungsquelle enthalten, welche die sonstige bestehende Expositionssituation bewirkt, oder wer Inhaber der tatsächlichen Gewalt über solche Konsumgüter oder sonstigen Waren ist,

3.
als Mieter oder Pächter die tatsächliche Gewalt über eine Strahlungsquelle, die die sonstige bestehende Expositionssituation bewirkt, innehat oder

4.
eine Strahlungsquelle, die die sonstige bestehende Expositionssituation bewirkt, gefunden hat oder ohne seinen Willen die tatsächliche Gewalt über sie erlangt hat oder die tatsächliche Gewalt über sie erlangt hat, ohne zu wissen, dass es sich um eine Strahlungsquelle handelt.


§ 154 Ermittlung und Bewertung einer sonstigen bestehenden Expositionssituation


§ 154 wird in 1 Vorschrift zitiert

(1) 1Die zuständige Behörde trifft bei Anhaltspunkten für eine sonstige bestehende Expositionssituation oder für eine nachgewiesene sonstige bestehende Expositionssituation, die jeweils unter Strahlenschutzgesichtspunkten nicht außer Acht gelassen werden kann, die erforderlichen Maßnahmen, um

1.
Ursache, nähere Umstände und Ausmaß der sonstigen bestehenden Expositionssituation zu ermitteln,

2.
die damit zusammenhängenden beruflichen Expositionen und Expositionen der Bevölkerung zu bestimmen und

3.
die gesammelten Erkenntnisse insgesamt zu bewerten.

2§ 53 des Atomgesetzes bleibt unberührt.

(2) Sofern es sich bei der sonstigen bestehenden Expositionssituation um kontaminierte Konsumgüter oder sonstige im Wirtschaftskreislauf befindliche Waren handelt, kann die Expositionssituation nicht außer Acht gelassen werden, wenn diese Konsumgüter oder sonstigen Waren

1.
künstlich erzeugte Radionuklide enthalten, deren Aktivität und spezifische Aktivität die Freigrenzen, die in einer Rechtsverordnung nach § 24 Satz 1 Nummer 10 festgelegt sind, überschreiten oder

2.
natürlich vorkommende Radionuklide enthalten, die eine effektive Dosis für eine Einzelperson der Bevölkerung von mehr als 1 Millisievert im Kalenderjahr bewirken können.

(3) Die zuständige Behörde kann einen oder mehrere für die sonstige bestehende Expositionssituation Verantwortliche dazu verpflichten, die Maßnahmen nach Absatz 1 durchzuführen und ihr die Ergebnisse mitzuteilen.


§ 155 Verordnungsermächtigung für die Festlegung von Referenzwerten



Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Referenzwerte für Arten von sonstigen bestehenden Expositionssituationen festzulegen, die eine angemessene Behandlung, die den Risiken und der Wirksamkeit der zu treffenden Maßnahmen entspricht, ermöglichen.




§ 156 Maßnahmen



(1) 1Auf der Grundlage der Ermittlung und Bewertung der sonstigen bestehenden Expositionssituation kann die zuständige Behörde Art, Umfang, Dauer und Ziel der zu ergreifenden Sanierungs- und sonstigen Maßnahmen zur Verhinderung oder Verminderung der Exposition festlegen. 2Maßnahmen, die auf der Grundlage anderer Rechtsvorschriften getroffen werden können, gehen vor.

(2) Bei der Festlegung der Maßnahmen nach Absatz 1 sind folgende Grundsätze zu beachten:

1.
jede unnötige Exposition oder Kontamination von Mensch und Umwelt ist zu vermeiden;

2.
die nach § 155 festgelegten Referenzwerte sollen möglichst unterschritten werden;

3.
jede Exposition oder Kontamination von Mensch und Umwelt ist auch unterhalb der Referenzwerte so gering wie möglich zu halten.

(3) 1Die zuständige Behörde kann eine oder mehrere für die Expositionssituation Verantwortliche verpflichten,

1.
die festgelegten Sanierungs- und sonstigen Maßnahmen zur Verhinderung oder Verminderung der Exposition durchzuführen und

2.
nach Abschluss der Maßnahmen die effektive Dosis der Arbeitskräfte, die einer beruflichen Exposition ausgesetzt waren, und von Einzelpersonen der Bevölkerung zu ermitteln.

2Die zuständige Behörde koordiniert die Maßnahmen nach Satz 1.

(4) 1Die zuständige Behörde bewertet in regelmäßigen Abständen die ergriffenen Maßnahmen. 2Sie kann von einem oder mehreren für die Expositionssituation Verantwortlichen die Übermittlung von Unterlagen verlangen, die zur Bewertung erforderlich sind.


§ 157 Kosten; Ausgleichsanspruch



1Die Kosten der nach § 154 Absatz 3 und § 156 Absatz 3 angeordneten Maßnahmen tragen die zur Durchführung der Maßnahmen Verpflichteten. 2§ 146 Absatz 2 gilt entsprechend.


§ 158 Information


§ 158 wird in 1 Vorschrift zitiert

(1) Die zuständige Behörde

1.
informiert die exponierte und potentiell exponierte Bevölkerung in regelmäßigen Abständen über mögliche Risiken durch die sonstige bestehende Expositionssituation sowie über die verfügbaren Maßnahmen zur Verringerung ihrer Exposition und

2.
veröffentlicht Empfehlungen für das individuelle Verhalten oder Maßnahmen auf örtlicher Ebene und aktualisiert diese erforderlichenfalls.

(2) Die zuständige Behörde kann einen oder mehrere für die Expositionssituation Verantwortliche verpflichten, die vorgesehenen Informationen zur Verfügung zu stellen.


§ 159 Anmeldung; Anwendung der Bestimmungen zu geplanten Expositionssituationen; Verordnungsermächtigung



(1) Die Vorschriften der folgenden Absätze sind anzuwenden, wenn

1.
die sonstige bestehende Expositionssituation aus Sicht des Strahlenschutzes bedeutsam ist, insbesondere, wenn der Referenzwert nach § 155 überschritten werden kann oder, falls kein Referenzwert festgelegt ist, eine effektive Dosis von 1 Millisievert im Kalenderjahr überschritten werden kann, und

2.
einer der für die Expositionssituation Verantwortlichen zugleich Verursacher der sonstigen bestehenden Expositionssituation ist.

(2) 1Der Verantwortliche hat die sonstige bestehende Expositionssituation unverzüglich bei der zuständigen Behörde anzumelden. 2Der Anmeldung sind Unterlagen zum Nachweis beizufügen, wie den Pflichten nach Absatz 3 Nummer 1 und 2 und der Rechtsverordnung nach Absatz 5 nachgekommen wird.

(3) Der Verantwortliche hat

1.
dafür zu sorgen, dass jede Exposition oder Kontamination von Mensch und Umwelt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls so gering wie möglich gehalten wird,

2.
dafür zu sorgen, dass für die Arbeitskräfte, die Maßnahmen nach § 156 Absatz 1 durchführen, die Dosisgrenzwerte nicht überschritten werden und die Körperdosen nach § 166 ermittelt werden; die Regelungen und Grenzwerte der §§ 77 und 78 gelten insoweit entsprechend, und

3.
dafür zu sorgen, dass die Anforderungen der nach Absatz 5 erlassenen Rechtsverordnung eingehalten werden.

(4) 1Für den Verantwortlichen gilt die Pflicht zur betrieblichen Zusammenarbeit nach § 71 Absatz 3 entsprechend. 2Handelt es sich bei der verantwortlichen Person um eine juristische Person oder um eine rechtsfähige Personengesellschaft, so gilt § 69 Absatz 2 entsprechend.

(5) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates festzulegen,

1.
dass die in den §§ 73, 76 Absatz 1, §§ 79 und 89 aufgezählten Maßnahmen und Anforderungen des beruflichen Strahlenschutzes für anmeldungsbedürftige sonstige bestehende Expositionssituationen anzuwenden sind und

2.
dass der Verantwortliche sich bei der Erfüllung seiner Pflichten von Personen mit der erforderlichen Fachkunde oder den erforderlichen Kenntnissen im Strahlenschutz beraten zu lassen hat.


§ 160 Verhältnis zu den Kapiteln 1 bis 4



Die Bestimmungen dieses Kapitels gelten nicht für nach einem Notfall bestehende Expositionssituationen, für Radon in Aufenthaltsräumen und am Arbeitsplatz, für radioaktiv kontaminierte Gebiete und für Radioaktivität in Bauprodukten.