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Teil 2 - Eisenbahn-Sicherheitsverordnung (ESiV)


Teil 2 Einheitliche Sicherheitsbescheinigung und Sicherheitsgenehmigung

Kapitel 1 Einheitliche Sicherheitsbescheinigung

§ 4 Voraussetzungen für die Erteilung einer einheitlichen Sicherheitsbescheinigung



Die einheitliche Sicherheitsbescheinigung (Sicherheitsbescheinigung) ist für nach Art, Umfang und räumliche Ausdehnung festgelegte Eisenbahnverkehrsdienste für die betreffenden Schienennetze oder Schienenwege öffentlicher Eisenbahninfrastrukturunternehmen zu erteilen, wenn das Eisenbahnverkehrsunternehmen den Nachweis erbringt, dass es

1.
ein Sicherheitsmanagementsystem eingerichtet hat, das die Anforderungen des Artikels 9 Absatz 1 bis 5 der Richtlinie (EU) 2016/798 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über Eisenbahnsicherheit (ABl. L 138 vom 26.5.2016, S. 102; L 59 vom 7.3.2017, S. 41; L 110 vom 30.4.2018, S. 141) in der jeweils geltenden Fassung erfüllt, und

2.
die Anforderungen erfüllt, die in den Sicherheitsvorschriften niedergelegt sind.


§ 5 Sicherheitsbescheinigungsstelle



(1) Die Sicherheitsbescheinigungsstelle erteilt Sicherheitsbescheinigungen nach der Durchführungsverordnung (EU) 2018/763 der Kommission vom 9. April 2018 über die praktischen Festlegungen für die Erteilung von einheitlichen Sicherheitsbescheinigungen an Eisenbahnunternehmen gemäß der Richtlinie (EU) 2016/798 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 653/2007 der Kommission (ABl. L 129 vom 25.5.2018, S. 49) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) 1Die Sicherheitsbescheinigungsstelle ist die Agentur, wenn die Güter- oder Personenverkehrsdienste des Antragstellers grenzüberschreitend sind. 2Der Antragsteller kann die Agentur oder die Sicherheitsbehörde als Sicherheitsbescheinigungsstelle bestimmen, wenn die Güter- oder Personenverkehrsdienste des Antragstellers auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland begrenzt sind.

(3) 1Für eine Änderung einer Sicherheitsbescheinigung, die das geografische Tätigkeitsgebiet erweitert, ist die Behörde zuständig, die die Sicherheitsbescheinigung erstmals erteilt hat. 2Soll das geografische Tätigkeitsgebiet auf einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgeweitet werden, so ist abweichend von Satz 1 ausschließlich die Agentur für die Änderung der Sicherheitsbescheinigung zuständig.

(4) 1Ist die Agentur Sicherheitsbescheinigungsstelle, bewertet die Sicherheitsbehörde, ob das Eisenbahnverkehrsunternehmen die jeweils einschlägigen Sicherheitsvorschriften erfüllt. 2Stimmt die Agentur der Bewertung der Sicherheitsbehörde nicht zu, ist das Verfahren nach Artikel 10 Absatz 7 der Richtlinie (EU) 2016/798 anzuwenden.


§ 6 Antrag auf Erteilung einer Sicherheitsbescheinigung



(1) 1Eisenbahnverkehrsunternehmen haben eine Sicherheitsbescheinigung bei der Sicherheitsbescheinigungsstelle über die zentrale Anlaufstelle zu beantragen. 2Der Antrag kann auf eine erstmalige Erteilung, auf eine Erneuerung oder auf eine Änderung einer Sicherheitsbescheinigung gerichtet sein.

(2) Ist die Sicherheitsbehörde Sicherheitsbescheinigungsstelle, sind der Antrag und die für den Antrag erforderlichen Unterlagen in deutscher Sprache vorzulegen.


§ 7 Erweiterung des geografischen Tätigkeitsgebiets



(1) 1Wenn das Eisenbahnverkehrsunternehmen eine Erweiterung des geografischen Tätigkeitsgebiets beabsichtigt, hat es die Änderung der Sicherheitsbescheinigung zu beantragen. 2Mit dem Antrag sind die Nachweise nach § 4 bezogen auf das zusätzliche geografische Tätigkeitsgebiet einzureichen.

(2) Eine Erweiterung des geografischen Tätigkeitsgebiets liegt nicht vor, wenn

1.
das Eisenbahnverkehrsunternehmen beabsichtigt, am Eisenbahnbetrieb bis in Bahnhöfe von Grenzbetriebsstrecken benachbarter Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit ähnlichen Netzmerkmalen und ähnlichen Betriebsvorschriften teilzunehmen, und

2.
das Einvernehmen mit den zuständigen Sicherheitsbehörden der betroffenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union hergestellt worden ist oder eine entsprechende Vereinbarung mit dem Nachbarstaat besteht.


§ 8 Überprüfung nach Artikel 14 der Durchführungsverordnung (EU) 2018/763



(1) Hat die Sicherheitsbescheinigungsstelle einem Antrag auf Erteilung einer Sicherheitsbescheinigung nicht oder nicht vollständig entsprochen, kann der Antragsteller innerhalb eines Monats nach Eingang der ablehnenden Entscheidung eine Überprüfung nach Artikel 14 der Durchführungsverordnung (EU) 2018/763 beantragen.

(2) Die Überprüfung erfolgt innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Überprüfungsantrags.

(3) Wird die ablehnende Entscheidung der Agentur bestätigt, so kann der Antragsteller bei der Beschwerdekammer nach Artikel 55 der Verordnung (EU) 2016/796 Beschwerde einlegen.


§ 9 Änderung einer Sicherheitsbescheinigung



(1) Wenn sich Art und Umfang der Eisenbahnverkehrsdienste wesentlich ändern, hat das Eisenbahnverkehrsunternehmen unverzüglich die Änderung der Sicherheitsbescheinigung zu beantragen.

(2) Die Sicherheitsbescheinigungsstelle kann im Fall wesentlicher Änderungen von Rechtsvorschriften über die Betriebssicherheit eine Überprüfung der Sicherheitsbescheinigung durchführen.


§ 10 Widerruf einer Sicherheitsbescheinigung



(1) Die Sicherheitsbescheinigung kann ganz oder teilweise widerrufen werden, wenn

1.
die Bescheinigung nicht in der vorgeschriebenen Weise genutzt wird,

2.
die Bescheinigung nicht vor Ablauf eines Jahres nach ihrer Ausstellung genutzt wird, oder

3.
sich die Rechtsvorschriften über die Betriebssicherheit wesentlich geändert haben.

(2) Wird eine Sicherheitsbescheinigung ganz oder teilweise widerrufen, kann der Inhaber der Sicherheitsbescheinigung eine Überprüfung entsprechend § 8 verlangen.

(3) Im Übrigen bleiben die verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften über die Aufhebung von Verwaltungsakten unberührt, wenn die Sicherheitsbehörde Sicherheitsbescheinigungsstelle war.


§ 11 Widerruf einer Sicherheitsbescheinigung der Agentur



(1) Die Sicherheitsbehörde kann bei der Agentur beantragen, die Sicherheitsbescheinigung ganz oder teilweise zu widerrufen, wenn die Sicherheitsbehörde

1.
festgestellt hat, dass das Eisenbahnverkehrsunternehmen, dem die Agentur die Sicherheitsbescheinigung erteilt hat, die Voraussetzungen für die Erteilung der Sicherheitsbescheinigung nicht mehr erfüllt, oder

2.
gegen das Eisenbahnverkehrsunternehmen, dem die Agentur die Sicherheitsbescheinigung erteilt hat, Maßnahmen nach § 5a Absatz 2 Satz 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes getroffen hat, die länger als drei Monate wirksam sind, um ein schwerwiegendes Sicherheitsrisiko abzuwehren.

(2) 1Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen der Agentur und der Sicherheitsbehörde im Sinne des Artikels 17 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Richtlinie (EU) 2016/798 gilt das Verfahren nach Artikel 10 Absatz 7 der Richtlinie (EU) 2016/798 entsprechend. 2Maßnahmen, die die Sicherheitsbehörde nach § 5a Absatz 2 Satz 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes getroffen hat, werden ausgesetzt, wenn die Sicherheitsbescheinigung nach Durchführung des Verfahrens nicht widerrufen oder nur teilweise widerrufen wird.


§ 12 Unverhältnismäßige Maßnahmen



Hält die Agentur im Fall des § 5a Absatz 2 Satz 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes die von der Sicherheitsbehörde getroffenen Maßnahmen für unverhältnismäßig, findet das Verfahren nach Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 3 der Richtlinie (EU) 2016/798 Anwendung.


§ 13 Unterrichtungspflichten der Sicherheitsbehörde über Sicherheitsbescheinigungen



(1) Die Sicherheitsbehörde unterrichtet die Agentur über die zentrale Anlaufstelle unverzüglich, bei erstmaliger Erteilung spätestens innerhalb von zwei Wochen, über die erstmalige Erteilung, die Erneuerung, die Änderung oder den Widerruf einer Sicherheitsbescheinigung.

(2) Die Unterrichtung enthält

1.
Name und Anschrift des Eisenbahnverkehrsunternehmens, dem eine Sicherheitsbescheinigung erstmalig erteilt, erneuert, geändert oder widerrufen worden ist,

2.
Angaben zu Art und Umfang der Eisenbahnverkehrsdienste,

3.
das Ausstellungsdatum der Sicherheitsbescheinigung,

4.
die Gültigkeitsdauer der Sicherheitsbescheinigung,

5.
die Bezeichnung des von der Sicherheitsbescheinigung erfassten geografischen Tätigkeitsgebiets sowie

6.
im Fall eines Widerrufs der Sicherheitsbescheinigung die Gründe für den Widerruf.


Kapitel 2 Sicherheitsgenehmigungen

§ 14 Voraussetzungen für die Erteilung einer Sicherheitsgenehmigung



Die Sicherheitsgenehmigung ist für bestimmte Schienennetze oder Schienenwege des übergeordneten Netzes zu erteilen, wenn das Eisenbahninfrastrukturunternehmen den Nachweis erbringt, dass es

1.
ein Sicherheitsmanagementsystem eingerichtet hat, das mindestens die Anforderungen des Artikels 9 Absatz 1 bis 5 der Richtlinie (EU) 2016/798 erfüllt, und

2.
die besonderen Anforderungen für eine sichere Planung, Instandhaltung und einen sicheren Betrieb der Schienenwege einschließlich der Steuerungs- und Sicherungssysteme erfüllt.


§ 15 Antrag auf Erteilung einer Sicherheitsgenehmigung



(1) 1Eisenbahninfrastrukturunternehmen haben eine Sicherheitsgenehmigung bei der Sicherheitsbehörde zu beantragen. 2Der Antrag kann auf eine erstmalige Erteilung, auf eine Erneuerung oder auf eine Änderung einer Sicherheitsgenehmigung gerichtet sein.

(2) Anträge auf Erteilung einer Sicherheitsgenehmigung und die für den Antrag erforderlichen Unterlagen sind in deutscher Sprache vorzulegen.

(3) Die Sicherheitsbehörde stellt den Antragstellern einen Leitfaden zur Verfügung, in dem die Anforderungen für Sicherheitsgenehmigungen erläutert sowie die für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen aufgelistet sind.


§ 16 Verfahren für die Erteilung einer Sicherheitsgenehmigung



(1) Die Sicherheitsbehörde entscheidet über einen Antrag auf Erteilung einer Sicherheitsgenehmigung unverzüglich nach Vorlage der für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen, spätestens jedoch vier Monate nach Vorlage.

(2) 1Stellt die Sicherheitsbehörde vor Ablauf der Frist Mängel der vorgelegten Unterlagen fest, hat sie dem Antragsteller Gelegenheit zur Beseitigung der Mängel zu geben. 2Gibt die Sicherheitsbehörde dem Antragsteller Gelegenheit, Mängeln der vorgelegten Unterlagen abzuhelfen, so ist die Frist nach Absatz 1 bis zur Behebung der Mängel gehemmt.

(3) 1Die Sicherheitsgenehmigung gilt fünf Jahre. 2Sie kann erneuert werden. 3Soweit ihre Erneuerung bis spätestens sechs Monate vor Ablauf der Geltungsdauer beantragt wird, gilt die jeweilige Sicherheitsgenehmigung bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung über den Verlängerungsantrag als weiterhin erteilt.

(4) Für Änderungen und den Widerruf einer Sicherheitsgenehmigung gelten die §§ 9 und 10 Absatz 1 und 3 entsprechend.


§ 17 Unterrichtungspflichten der Sicherheitsbehörde über Sicherheitsgenehmigungen



(1) 1Die Sicherheitsbehörde unterrichtet die Agentur über die erstmalige Erteilung, die Erneuerung, die Änderung oder den Widerruf einer Sicherheitsgenehmigung. 2Die Unterrichtung hat innerhalb von zwei Wochen nach der erstmaligen Erteilung, der Erneuerung, der Änderung oder dem Widerruf einer Sicherheitsgenehmigung zu erfolgen.

(2) Die Unterrichtung enthält

1.
Name und Anschrift des Eisenbahninfrastrukturunternehmens, dem eine Sicherheitsgenehmigung erstmalig erteilt, erneuert, geändert oder widerrufen worden ist,

2.
die Bezeichnung des Geltungsbereichs der Sicherheitsgenehmigung,

3.
das Ausstellungsdatum der Sicherheitsgenehmigung,

4.
die Gültigkeitsdauer der Sicherheitsgenehmigung sowie

5.
im Fall des Widerrufs der Sicherheitsgenehmigung die Gründe für den Widerruf.