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Artikel 8 - Gesetz zur Anpassung der Regelungen über die Bestandsdatenauskunft an die Vorgaben aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Mai 2020 (BestDaAAG k.a.Abk.)

Artikel 8 Änderung der Strafprozessordnung


Artikel 8 hat 1 frühere Fassung, wird in 4 Vorschriften zitiert und ändert mWv. 2. April 2021 StPO § 100j, § 100k (neu), § 101a, § 101b, § 374

Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 30. März 2021 (BGBl. I S. 441) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.
Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

a)
Nach der Angabe zu § 100j wird folgende Angabe zu § 100k eingefügt:

§ 100k Erhebung von Nutzungsdaten bei Telemediendiensten".

b)
Die Angabe zu § 101a wird wie folgt gefasst:

§ 101a Gerichtliche Entscheidung; Datenkennzeichnung und -auswertung; Benachrichtigungspflichten bei Verkehrs- und Nutzungsdaten".

2.
§ 100j wird wie folgt geändert:

a)
Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa)
Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten erforderlich ist, darf Auskunft verlangt werden

1.
über die nach den §§ 95 und 111 des Telekommunikationsgesetzes erhobenen Daten (§ 113 Absatz 1 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes) von demjenigen, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, und

2.
über die nach § 14 des Telemediengesetzes erhobenen Daten (§ 15a Absatz 1 Satz 1 des Telemediengesetzes) von demjenigen, der geschäftsmäßig eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt."

bb)
In Satz 2 wird nach den Wörtern „Auskunftsverlangen nach Satz 1" die Angabe „Nummer 1" eingefügt.

cc)
Folgender Satz wird angefügt:

„Bezieht sich das Auskunftsverlangen nach Satz 1 Nummer 2 auf nach § 14 Absatz 1 des Telemediengesetzes erhobene Passwörter oder andere Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird (§ 15b des Telemediengesetzes), darf die Auskunft nur verlangt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für ihre Nutzung zur Verfolgung einer besonders schweren Straftat nach § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d, e, f, g oder l, Nummer 3 Buchstabe b erste Alternative oder Nummer 4 bis 7 vorliegen."

b)
Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa)
Nach den Wörtern „§ 113c Absatz 1 Nummer 3 des Telekommunikationsgesetzes" werden die Wörter „und § 15a Absatz 1 Satz 3 und 4 des Telemediengesetzes" eingefügt.

bb)
Folgender Satz wird angefügt:

„Das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Auskunftsverlangen nach Satz 1 ist aktenkundig zu machen."

c)
Absatz 3 wird wie folgt geändert:

aa)
In Satz 1 wird nach den Wörtern „nach Absatz 1 Satz 2" die Angabe „und 3" eingefügt.

bb)
Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Im Fall von Auskunftsverlangen nach Absatz 1 Satz 2 kann die Anordnung bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft oder ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) getroffen werden."

cc)
In Satz 4 werden nach dem Wort „finden" die Wörter „bei Auskunftsverlangen nach Absatz 1 Satz 2" eingefügt.

d)
In Absatz 4 Satz 1 wird nach den Wörtern „Absatzes 1 Satz 2" die Angabe „und 3" eingefügt.

e)
In Absatz 5 Satz 1 werden nach dem Wort „Telekommunikationsdienste" die Wörter „oder Telemediendienste" eingefügt.

3.
Nach § 100j wird folgender § 100k eingefügt:

§ 100k Erhebung von Nutzungsdaten bei Telemediendiensten

(1) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 100a Absatz 2 bezeichnete Straftat, begangen hat, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat oder durch eine Straftat vorbereitet hat, dürfen von demjenigen, der geschäftsmäßig eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt, Nutzungsdaten (§ 15 Absatz 1 des Telemediengesetzes) erhoben werden, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts erforderlich ist und die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht. Die Erhebung gespeicherter (retrograder) Standortdaten ist nur unter den Voraussetzungen von § 100g Absatz 2 zulässig. Im Übrigen ist die Erhebung von Standortdaten nur für künftig anfallende Nutzungsdaten oder in Echtzeit zulässig, soweit sie für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich ist.

(2) Soweit die Straftat nicht von Absatz 1 erfasst wird, dürfen Nutzungsdaten auch dann erhoben werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer mittels Telemedien eine der folgenden Straftaten begangen hat und die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos wäre:

1.
aus dem Strafgesetzbuch

a)
Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach § 86a,

b)
Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 91,

c)
Öffentliche Aufforderung zu Straftaten nach § 111,

d)
Straftaten gegen die öffentliche Ordnung nach den §§ 126, 131 und 140,

e)
Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen nach § 166,

f)
Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte nach § 184b,

g)
Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung nach den §§ 185 bis 187 und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener nach § 189,

h)
Verletzungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs nach den §§ 201a, 202a und 202c,

i)
Nachstellung nach § 238,

j)
Bedrohung nach § 241,

k)
Vorbereitung eines Computerbetruges nach § 263a Absatz 3,

l)
Datenveränderung und Computersabotage nach den §§ 303a und 303b Absatz 1,

2.
aus dem Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte Straftaten nach den §§ 106 bis 108b,

3.
aus dem Bundesdatenschutzgesetz nach § 42.

Satz 1 gilt nicht für die Erhebung von Standortdaten.

(3) Abweichend von Absatz 1 und 2 darf die Staatsanwaltschaft ausschließlich zur Identifikation des Nutzers Auskunft über die nach § 15 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Telemediengesetzes erhobenen Daten verlangen, wenn ihr der Inhalt der Nutzung des Telemediendienstes bereits bekannt ist.

(4) Die Erhebung von Nutzungsdaten nach Absatz 1 und 2 ist nur zulässig, wenn aufgrund von Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass die betroffene Person den Telemediendienst nutzt, den derjenige, gegen den sich die Anordnung richtet, geschäftsmäßig zur Nutzung bereithält oder zu dem er den Zugang zur Nutzung vermittelt.

(5) Erfolgt die Erhebung von Nutzungsdaten oder Inhalten der Nutzung eines Telemediendienstes nicht bei einem Diensteanbieter, der geschäftsmäßig Telemedien zur Nutzung bereithält, bestimmt sie sich nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs nach den allgemeinen Vorschriften."

4.
§ 101a wird wie folgt geändert:

a)
Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

§ 101a Gerichtliche Entscheidung; Datenkennzeichnung und -auswertung; Benachrichtigungspflichten bei Verkehrs- und Nutzungsdaten".

b)
Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt:

„(1a) Bei der Erhebung und Beauskunftung von Nutzungsdaten eines Telemediendienstes nach § 100k gilt § 100a Absatz 3 und 4, bei der Erhebung von Nutzungsdaten nach § 100k Absatz 1 und 2 zudem § 100e Absatz 1 und 3 bis 5 entsprechend mit der Maßgabe, dass in der Entscheidungsformel nach § 100e Absatz 3 Satz 2 an die Stelle der Rufnummer (§ 100e Absatz 3 Satz 2 Nummer 5), soweit möglich eine eindeutige Kennung des Nutzerkontos des Betroffenen, ansonsten eine möglichst genaue Bezeichnung des Telemediendienstes tritt, auf den sich das Auskunftsverlangen bezieht."

c)
In den Absätzen 2 und 3 Satz 1 wird jeweils nach der Angabe „§ 100g" die Angabe „oder § 100k Absatz 1 oder Absatz 2" eingefügt.

d)
In Absatz 6 Satz 1 werden nach dem Wort „Telekommunikation" die Wörter „und die betroffenen Nutzer des Telemediendienstes" und nach der Angabe „§ 100g" die Wörter „oder der Nutzungsdaten nach § 100k Absatz 1 und 2" eingefügt.

e)
Folgender Absatz 7 wird angefügt:

„(7) Die betroffene Person ist in den Fällen des § 100k Absatz 3 über die Beauskunftung zu benachrichtigen. Die Benachrichtigung erfolgt, soweit und sobald hierdurch der Zweck der Beauskunftung nicht vereitelt wird. Sie unterbleibt, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange Dritter oder der betroffenen Person selbst entgegenstehen. Wird die Benachrichtigung nach Satz 2 zurückgestellt oder nach Satz 3 von ihr abgesehen, sind die Gründe aktenkundig zu machen."

5.
§ 101b wird wie folgt geändert:

a)
In Absatz 1 Satz 1 wird die Angabe „§§ 100a, 100b, 100c und 100g" durch die Angabe „§§ 100a, 100b, 100c, 100g und 100k Absatz 1 und 2" ersetzt.

b)
Folgender Absatz 6 wird angefügt:

„(6) In den Übersichten über Maßnahmen nach § 100k sind jeweils unterschieden nach Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 anzugeben:

1.
die Anzahl der Verfahren, in denen Maßnahmen angeordnet worden sind;

2.
die Anzahl der Anordnungen, unterschieden nach Erst- und Verlängerungsanordnungen;

3.
untergliedert nach der Anzahl der zurückliegenden Wochen, für die die Erhebung von Nutzungsdaten angeordnet wurde, jeweils bemessen ab dem Zeitpunkt der Anordnung

a)
die Anzahl der Anordnungen, die teilweise ergebnislos geblieben sind, weil die abgefragten Daten teilweise nicht verfügbar waren;

b)
die Anzahl der Anordnungen, die ergebnislos geblieben sind, weil keine Daten verfügbar waren."

6.
In § 374 Absatz 1 Nummer 5 wird die Angabe „§ 241" durch die Wörter „§ 241 Absatz 1 bis 3" ersetzt.





 

Frühere Fassungen von Artikel 8 Gesetz zur Anpassung der Regelungen über die Bestandsdatenauskunft an die Vorgaben aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Mai 2020

Die nachfolgende Aufstellung zeigt alle Änderungen dieser Vorschrift. Über die Links aktuell und vorher können Sie jeweils alte Fassung (a.F.) und neue Fassung (n.F.) vergleichen. Beim Änderungsgesetz finden Sie dessen Volltext sowie die Begründung des Gesetzgebers.

vergleichen mitmWv (verkündet)neue Fassung durch
aktuell vorher 02.04.2021 (08.06.2021)Berichtigung des Gesetzes zur Anpassung der Regelungen über die Bestandsdatenauskunft an die Vorgaben aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Mai 2020
vom 28.05.2021 BGBl. I S. 1380

Bitte beachten Sie, dass rückwirkende Änderungen - soweit vorhanden - nach dem Verkündungsdatum des Änderungstitels (Datum in Klammern) und nicht nach dem Datum des Inkrafttretens in diese Liste einsortiert sind.



 

Zitierungen von Artikel 8 Gesetz zur Anpassung der Regelungen über die Bestandsdatenauskunft an die Vorgaben aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Mai 2020

Sie sehen die Vorschriften, die auf Artikel 8 BestDaAAG verweisen. Die Liste ist unterteilt nach Zitaten in BestDaAAG selbst, Ermächtigungsgrundlagen, anderen geltenden Titeln, Änderungsvorschriften und in aufgehobenen Titeln.
 
interne Verweise

Artikel 16 BestDaAAG Einschränkung eines Grundrechts
... durch Artikel 1 Nummer 4, die Artikel 3, 4 Nummer 2, die Artikel 6, 7 Nummer 2, 3, 4, 5 und 6, Artikel 8 Nummer 2 und 3 , Artikel 10 Nummer 2, Artikel 11 Nummer 1 und 4, Artikel 12 Nummer 3 und Artikel 13 Nummer 1 ...
Artikel 17 BestDaAAG Evaluierung
... Anwendung von § 100k der Strafprozessordnung in der Fassung des Artikels 8 dieses Gesetzes wird durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ...
 
Zitate in Änderungsvorschriften

Berichtigung des Gesetzes zur Anpassung der Regelungen über die Bestandsdatenauskunft an die Vorgaben aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Mai 2020
B. v. 28.05.2021 BGBl. I S. 1380
Berichtigung BestDaAAGBer
... 15a Absatz 1 Satz 3" die Angabe „und 4" einzufügen. 4. Artikel 8 ist wie folgt zu ändern: a) In Nummer 1 Buchstabe a ist nach den Wörtern ...

Gesetz zur Änderung des BND-Gesetzes zur Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sowie des Bundesverwaltungsgerichts
G. v. 19.04.2021 BGBl. I S. 771, 2022 BGBl. I S. 214; zuletzt geändert durch Artikel 58 G. v. 23.06.2021 BGBl. I S. 1858
Artikel 9 BNDGuaÄndG Änderung der Strafprozessordnung
... in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 30. März 2021 (BGBl. I S. 448 ) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. In § 474 Absatz 2 Satz ...