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Unterabschnitt 7 - Seesicherheits-Untersuchungs-Gesetz (SUG)


Abschnitt 3 Amtliche Untersuchungen zur Sicherheitskultur des internationalen und nationalen Seesicherheitssystems

Unterabschnitt 7 Allgemeine Vorschriften

§ 33 Verarbeitung



(1) 1Die Bundesstelle, die Untersuchungsbefugten nach den §§ 22 und 32 sowie die Teilnehmer nach § 24 Absatz 1 dürfen im Rahmen ihrer Befugnisse nach den §§ 22 und 26 personenbezogene Daten aller an dem Seeunfall beteiligten oder von einem Seeunfall betroffenen Personen sowie von Zeugen und anderen Personen, die im Rahmen der Sicherheitsuntersuchung über den Seeunfall Aussagen machen, verarbeiten, soweit dies für die Erfüllung des Untersuchungsauftrags nach § 9 Absatz 2 erforderlich ist. 2Ebenso stellen sie die beteiligten Schiffe mit identifizierenden Schiffs- und Betreiberdaten sowie die relevanten Daten der an Bord befindlichen Passagiere und Ladung fest.

(2) 1Personenbezogene Daten im Sinne des Absatzes 1 sind

1.
Name und Vorname,

2.
Anschrift und Telekommunikationsinformationen,

3.
Stellung an Bord des Schiffes oder in dem das Schiff betreibenden Unternehmen,

4.
die nachgewiesenen Befähigungen,

5.
Beruf und beruflicher Werdegang,

6.
Seediensttauglichkeit,

7.
Angaben zum aktuellen Gesundheitszustand und Vorerkrankungen, soweit hierin ein Bezug zum Seeunfall gesehen werden kann.

2Im Falle der an Bord befindlichen Passagiere werden nur die Daten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 erhoben.

(3) Die nach Absatz 1 oder weiteren Vorschriften dieses Gesetzes erhobenen und gespeicherten personenbezogenen Daten, insbesondere vertrauliche Erklärungen, sind durch technisch-organisatorische Maßnahmen nach den Artikeln 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung gegen unbefugte Nutzung und dabei insbesondere gegen unbefugte Einsichtnahme besonders zu schützen.




§ 34 Vertraulichkeit



(1) Die Bundesstelle darf vorbehaltlich des § 35 die nachstehenden Informationen und Daten zu keinem anderen Zweck als dem einer Sicherheitsuntersuchung im Sinne dieses Abschnitts freigeben:

1.
sämtliche Zeugenaussagen und sonstige Erklärungen, Berichte und Aufzeichnungen (Aufzeichnungen), die von der Bundesstelle oder in ihrem Auftrag im Verlauf der Sicherheitsuntersuchung erfasst oder niedergeschrieben worden sind,

2.
Informationen, die die Identität von Personen preisgeben, die im Rahmen der Sicherheitsuntersuchung ausgesagt haben, oder

3.
Informationen besonders empfindlicher und privater Natur, einschließlich gesundheitsbezogene Informationen über Personen, die von dem Seeunfall betroffen sind.

(2) Die Aufzeichnungen werden in den Untersuchungsbericht oder in seine Anhänge nur in zusammengefasster und anonymisierter Form und nur dann aufgenommen, wenn sie von Belang für die Analyse des untersuchten Seeunfalls sind.

(3) Die Bundesstelle erteilt ihre Zustimmung zur Teilnahme eines bevollmächtigten Vertreters nach § 24 Absatz 1, sofern nichts anderes vorgeschrieben ist, nur dann, wenn der bevollmächtigende Staat zugesichert hat, dass er hinsichtlich der Verfügbarkeit der Nachweismittel die Gegenseitigkeit gewährt und dass er im Sinne des Abschnitts 10 des IMO-Codes für die Sicherheitsuntersuchung von Seeunfällen und Vorkommnissen auf See eine Freigabe der gewonnenen Unterlagen und Erkenntnisse nur vornimmt, soweit dies unter den Einschränkungen der Absätze 1 und 2 zulässig ist.

(4) Aussagen einer Person im Rahmen einer Sicherheitsuntersuchung nach diesem Abschnitt dürfen nicht zu Lasten des Aussagenden verwertet werden.




§ 35 Übermittlung an öffentliche Stellen



(1) Eine Übermittlung der in § 34 Absatz 1 bezeichneten Informationen und Daten an öffentliche Stellen ist zulässig, soweit im öffentlichen Interesse die Übermittlung für

1.
die Sicherheit im Seeverkehr,

2.
die Erteilung oder die Entziehung von Erlaubnissen und Genehmigungen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Schiffes,

3.
1die Durchführung eines Strafverfahrens und die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit dem Seeunfall erforderlich ist. 2Ferner ist eine Übermittlung der in § 34 Absatz 1 bezeichneten Informationen und Daten an die zuständigen Polizeibehörden zum Zweck der Information von Angehörigen der vom Seeunfall betroffenen Personen zulässig, soweit dies zur Wahrung berechtigter Interessen dieser Personen erforderlich ist.

(2) 1Im Falle einer nach Absatz 1 zulässigen Übermittlung sind personenbezogene Daten in den Aufzeichnungen zu anonymisieren, es sei denn, dies wäre mit dem Zweck der Übermittlung unvereinbar. 2Teile von Aufzeichnungen, die im Sinne des § 34 Absatz 2 belanglos und nicht im Untersuchungsbericht enthalten sind, werden - ausgenommen im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 - nicht übermittelt.

(3) 1Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann Akteneinsicht gewährt werden, wenn die Übermittlung von Daten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert oder die die Akteneinsicht begehrende öffentliche Stelle unter Angaben von Gründen erklärt, dass die Übermittlung von Informationen und Daten zur Erfüllung ihrer Aufgabe nicht ausreichen würde. 2Satz 1 gilt entsprechend für Angehörige der vom Seeunfall betroffenen Personen, wenn dies für ihre Unterrichtung erforderlich ist. 3§ 96 Satz 1 der Strafprozessordnung ist entsprechend anzuwenden.

(4) 1Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 und 2 in Verbindung mit Absatz 2 Satz 1 und unter Berücksichtigung des § 34 können Akten und Berichte der Bundesstelle auf Ersuchen zur Einsichtnahme öffentlichen Stellen übersandt werden, soweit dies für Zwecke der Strafverfolgung, für Zwecke der Rechtspflege und für Verwaltungsverfahren, die mit dem Ereignis und seinen Folgen in unmittelbarem Zusammenhang stehen, erforderlich ist. 2§ 96 Satz 1 der Strafprozessordnung ist entsprechend anzuwenden. 3Im Falle einer Wiederaufnahme nach § 31 sind die Verwaltungsbehörden und Gerichte verpflichtet, die Akten auf Antrag der Bundesstelle unverzüglich zurückzugeben.

(5) 1Die Bundesstelle darf Daten im Sinne des § 33 zu den in Absatz 1 Satz 1 genannten Zwecken an die in § 14 genannten Stellen übermitteln, soweit dies jeweils zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der empfangenden Stellen liegenden Aufgaben erforderlich ist, schutzwürdige Interessen einer betroffenen Person nicht beeinträchtigt werden und bei den in § 14 genannten Stellen ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet ist. 2Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verarbeitet werden dürfen, zu dessen Erfüllung sie ihm übermittelt worden sind.




§ 36 Aufbewahrungs- und Löschungsfristen



(1) 1Die Frist für die Aufbewahrung von Akten beträgt bei Unfällen mit tödlichem Ausgang 30 Jahre. 2Alle anderen Akten werden 20 Jahre aufbewahrt.

(2) In Dateisystemen gespeicherte Daten werden bei Unfällen mit tödlichem Ausgang nach Ablauf von 30 Jahren, im Übrigen nach Ablauf von 20 Jahren gelöscht.

(3) 1Die Frist nach den Absätzen 1 und 2 beginnt mit dem Abschluss der jeweiligen Sicherheitsuntersuchung. 2§ 187 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie § 1 Nummer 2, 8 bis 10, § 3 Absatz 4, sowie die §§ 5 bis 7 des Bundesarchivgesetzes sind anzuwenden.




§ 37 Arbeit zur Verbesserung der Sicherheit im Seeverkehr



(1) Die Bundesstelle trägt zur Verbesserung der Sicherheit im Seeverkehr mit dem Ziel der Verhütung von Seeunfällen bei, indem sie Statistiken führt und auswertet, Informationen über Seeunfälle veröffentlicht, Daten über Seeunfälle, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2009/18/EG fallen, einschließlich der aus den Sicherheitsuntersuchungen gewonnenen Erkenntnisse, unter Einhaltung der Vorgaben des Anhangs II der Richtlinie 2009/18/EG an die von der Europäischen Kommission nach der Richtlinie 2009/18/EG eingerichtete europäische elektronische Datenbank „Europäisches Informationsforum für Unfälle auf See" sowie an die Internationale Seeschifffahrtsorganisation weiterleitet und sich an Vortragsveranstaltungen beteiligt.

(2) Die Bundesstelle führt eine anonymisierte Statistik über Seeunfälle, die jährlich zu veröffentlichen ist.

(3) Die Statistik erfasst insbesondere

1.
die beteiligten Schiffe nach Flaggenstaat, Schiffstyp, Herstellerwerft, Art der Beschädigung des Schiffes, Art der Drittschäden und Umweltschäden, bei der Beförderung gefährlicher Güter die Art des Gefahrguts, soweit relevant,

2.
die Zahl der Personen an Bord des Schiffes,

3.
die Zahl der verunglückten Personen an Bord und die Unfallfolgen, insbesondere tödliche, schwere, andere Verletzungen,

4.
Unfallort, Datum, Hergang und Umstände des Unfalls, insbesondere Betriebsphase, Art des Seeunfalls, sowie ermittelte Unfallursachen.

(4) Die Bundesstelle wertet deutsche und ausländische Statistiken über Seeunfälle aus.

(5) Die Bundesstelle kann auf Anfrage Auswertungen und Statistiken gegen Kostenerstattung übersenden, soweit dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben nicht beeinträchtigt wird. Behörden und als gemeinnützig anerkannte Organisationen, die Arbeit zur Sicherheit im Seeverkehr leisten, erhalten diese Auswertungen und Statistiken kostenlos.




§ 38 Beteiligung am Such- und Rettungsdienst



Die Bundesstelle wirkt beim Such- und Rettungsdienst mit, indem sie hierfür erforderliche Informationen auf Anfrage beschafft oder vorhandene hierfür erforderliche Informationen an die am Such- und Rettungsdienst beteiligten Personen und Stellen übermittelt. Vor der Einstellung der Suche nach einem vermissten Schiff ist zwischen der für die Koordinierung des Such- und Rettungsdienstes zuständigen Stelle und der Bundesstelle Einvernehmen herzustellen.