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Ausführungsgesetz zum Verbotsübereinkommen für Antipersonenminen (APMAG)


§ 1 Begriffsbestimmungen



Im Sinne dieses Gesetzes bedeuten:

1.
Übereinkommen: das Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung vom 3. Dezember 1997;

2.
Mission: die nach Artikel 8 des Übereinkommens mit der Durchführung einer Tatsachenermittlung beauftragte Mission;

3.
Ermittlungsauftrag: der der Mission nach Artikel 8 des Übereinkommens von der Staatenkonferenz erteilte Auftrag zur Tatsachenermittlung;

4.
Ermittlungsstätte: Grundstücke oder Räume in dem Gebiet, in dem eine Tatsachenermittlung nach Artikel 8 des Übereinkommens durchgeführt wird;

5.
Verpflichteter: jede natürliche oder juristische Person, die Adressat von Duldungs- und Mitwirkungsverpflichtungen nach den §§ 3 und 4 dieses Gesetzes ist.


§ 2 Begleitgruppe



(1) Missionen werden nur in Anwesenheit einer Begleitgruppe tätig. Bei Ermittlungen im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung wird die Begleitgruppe vom Zentrum für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr, im übrigen vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gestellt. Der Begleitgruppe können Vertreter anderer Bundesbehörden angehören.

(2) Der Leiter der Begleitgruppe hat sich dem Verpflichteten gegenüber auszuweisen. Er trifft die zur Durchführung der Ermittlungen erforderlichen Anordnungen, insbesondere solche zur Durchsetzung der in den §§ 3 und 4 genannten Befugnisse und Mitwirkungsrechte. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen nach Satz 2 haben keine aufschiebende Wirkung. Dem Auswärtigen Amt wird vor der Entscheidung über den Widerspruch Gelegenheit zur Äußerung gegeben.

(3) Die Begleitgruppe hat die schutzwürdigen Interessen des Verpflichteten sowie der sonst betroffenen Personen zu berücksichtigen, soweit dies nach den Umständen möglich ist. Dies gilt insbesondere in bezug auf Maßnahmen zum Schutz sicherheitsempfindlicher Einrichtungen und Orte oder vertraulicher Informationen gemäß Artikel 8 Abs. 16 des Übereinkommens.


§ 3 Befugnisse der Mission



(1) Zur Durchführung von Ermittlungsaufträgen ist die Mission zu den erforderlichen Maßnahmen berechtigt. Sie ist insbesondere befugt,

1.
Grundstücke und Räume während der üblichen Betriebs- und Geschäftszeiten zu betreten und zu besichtigen, sofern die betroffenen Räume nicht dem Wohnen dienen,

2.
Grundstücke und Räume, sofern die betroffenen Räume nicht dem Wohnen dienen, auch außerhalb der üblichen Betriebs- und Geschäftszeiten zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nach Anordnung des Leiters der Begleitgruppe zu betreten und zu besichtigen,

3.
Grundstücke, Räume oder Wohnungen nach richterlicher Anordnung zu durchsuchen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln für einen Verstoß gegen Artikel 1 des Übereinkommens führen wird, bei Gefahr im Verzuge auch auf Anordnung des Leiters der Begleitgruppe, wenn zu befürchten ist, daß ohne sofortiges Handeln eine Feststellung der notwendigen Beweismittel nicht mehr möglich ist,

4.
die nach dem Übereinkommen zugelassene Ausrüstung zu benutzen,

5.
mit Einwilligung des Leiters der Begleitgruppe Personen zu befragen, die Informationen über die behauptete Verletzung des Übereinkommens liefern können,

6.
Standortbestimmungen, Messungen, Kartierungen, Aufnahmen oder Beobachtungen unter Nutzung der zugelassenen Ausrüstung vorzunehmen,

7.
Proben zu entnehmen und zu analysieren.

Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 eingeschränkt. Die richterliche Anordnung nach Satz 1 Nr. 3 ergeht durch das Landgericht, in dessen Bezirk die Durchsuchung erfolgen soll. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(2) Eine Person, die nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 Fragen zu beantworten hat, kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Sie ist über das Recht zur Verweigerung der Aussage zu belehren.

(3) Der Verpflichtete trägt die ihm aus der Ermittlungstätigkeit der Mission entstehenden Kosten selbst, wenn sie nicht nach den Bestimmungen des Übereinkommens erstattet werden.




§ 4 Mitwirkungspflichten



(1) Der Verpflichtete hat die Mission und die Begleitgruppe bei der Durchführung der Ermittlungen zu unterstützen, soweit dies zur Erfüllung der Verpflichtungen nach Artikel 8 des Übereinkommens erforderlich ist. Er hat

1.
auf Verlangen des Leiters der Begleitgruppe einen Ermittlungsbeauftragten zu benennen, der befugt ist, alle zur Durchführung der Ermittlungen erforderlichen betriebsinternen Anweisungen zu geben und Entscheidungen im Namen des Verpflichteten gegenüber dem Leiter der Begleitgruppe und der Mission zu treffen, und der für die Erfüllung der Duldungs- und Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz Sorge zu tragen hat,

2.
auf Verlangen des Leiters der Begleitgruppe die Mission in die Ermittlungsstätte einzuweisen,

3.
der Mission durch Vorlage geeigneter Unterlagen oder auf sonstige Weise darzulegen, daß Teile und Gegenstände der Ermittlungsstätte, zu denen während der Ermittlungen kein Zugang gewährt wurde, nicht für nach dem Übereinkommen verbotene Zwecke verwendet wurden oder werden,

4.
zur Klärung von Zweifelsfragen beizutragen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 kann der Verpflichtete die Mitwirkung verweigern, wenn er sich hierdurch selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Er ist über sein Recht zur Verweigerung der Mitwirkung zu belehren.

(3) § 3 Abs. 3 gilt entsprechend.


§ 5 Durchführung von Ermittlungen



Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Einzelheiten der Befugnisse und Mitwirkungspflichten nach den §§ 3 und 4 sowie des Verwaltungsverfahrens zur Durchführung der in § 3 genannten Ermittlungen regeln.


§ 6 Haftung



(1) Wird jemand durch ein Mitglied der Mission geschädigt, haftet für diesen Schaden die Bundesrepublik Deutschland nach den Vorschriften und Grundsätzen des deutschen Rechts, die anwendbar wären, wenn der Schaden durch einen eigenen Bediensteten oder durch eine Handlung oder Unterlassung, für die die Bundesrepublik Deutschland verantwortlich ist, verursacht worden wäre. Satz 1 ist auf Schäden, die von einem Mitglied der Mission außerhalb der Ermittlungstätigkeit verursacht werden, sinngemäß anzuwenden.

(2) Ansprüche nach Absatz 1 sind in den Fällen des § 2 Abs. 1 Satz 2 erste Alternative bei den regional zuständigen Wehrbereichsverwaltungen, im übrigen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) geltend zu machen. Zur Durchsetzung der Ansprüche ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.


§ 7 Meldepflichten



Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Meldepflichten, soweit dies zur Erfüllung der Verpflichtungen aus Artikel 7 des Übereinkommens erforderlich ist.


§ 8 Übermittlung und Geheimhaltung von Daten



(1) Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) darf die ihm bei der Erfüllung seiner Aufgaben auf Grund dieses Gesetzes und der zu ihm erlassenen Rechtsverordnungen bekanntgewordenen Daten, einschließlich personenbezogener Daten, mit anderen, bei ihm gespeicherten Daten abgleichen, soweit dies zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen erforderlich ist.

(2) Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) übermittelt dem Auswärtigen Amt über das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 7 gemeldeten oder erhobenen Daten, soweit dies zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen erforderlich ist.

(3) Der Leiter der Begleitgruppe übermittelt dem Auswärtigen Amt im Falle des § 2 Abs. 1 Satz 2 erste Alternative über das Bundesministerium der Verteidigung, im Falle des § 2 Abs. 1 Satz 2 zweite Alternative über das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie alle der Begleitgruppe im Verlauf der Ermittlungen bekanntgewordenen Daten, soweit dies zur Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen erforderlich ist.

(4) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Behörden dürfen die ihnen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben auf Grund dieses Gesetzes und der zu diesem erlassenen Rechtsverordnungen bekanntgewordenen Daten, einschließlich personenbezogener Daten, an andere Behörden übermitteln, soweit dies zur Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen oder zur Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung erforderlich ist.

(5) Das Auswärtige Amt darf

1.
die ihm nach Absatz 1 übermittelten Daten an den Generalsekretär der Vereinten Nationen übermitteln, soweit dies zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen erforderlich ist,

2.
die ihm vom Generalsekretär der Vereinten Nationen mitgeteilten Daten, einschließlich personenbezogener Daten, an andere Behörden übermitteln, soweit dies erforderlich ist,

a)
um diesen im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Überprüfung der Einhaltung des Übereinkommens durch die Vertragsstaaten zu ermöglichen oder

b)
zur Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung.

(6) Die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Behörden dürfen die übermittelten Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie übermittelt worden sind. Sie haben die im Übereinkommen enthaltenen Bestimmungen zum Schutz vertraulicher Daten einzuhalten. Eine Verwendung für andere Zwecke ist zulässig, soweit die Daten auch dafür hätten übermittelt werden dürfen.