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Sechster Titel - Bundesentschädigungsgesetz (BEG)

G. v. 18.09.1953 BGBl. I S. 1387; zuletzt geändert durch Artikel 14 Abs. 5 G. v. 28.06.2021 BGBl. I S. 2250
Geltung ab 01.01.1964; FNA: 251-1 Entschädigung Bereinigung von DDR-Unrecht
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Zweiter Abschnitt Schadenstatbestände

Sechster Titel Schaden durch Zahlung von Sonderabgaben, Geldstrafen, Bußen und Kosten

§ 59



(1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung für entrichtete Sonderabgaben, die ihm aus den Verfolgungsgründen des § 1 auferlegt worden sind. Nutzungsschäden werden nicht ersetzt.

(2) Als Sonderabgaben gelten auch

1.
der Verlust, der dem Verfolgten aus der Aufzwingung eines Heimeinkaufsvertrages entstanden ist;

2.
die Abgaben an die Deutsche Golddiskontbank zur Erlangung einer Ausfuhrgenehmigung;

3.
die Entrichtung von Reichsfluchtsteuer;

4.
die Zahlung von Säumniszuschlägen, Verzugszinsen, Bankspesen und Vollstreckungskosten, die aus Anlaß der Entrichtung von Sonderabgaben entstanden sind.

Abgaben an die Deutsche Golddiskontbank und Entrichtung von Reichsfluchtsteuer gelten als Sonderabgaben nur, wenn der Verfolgte aus den Verfolgungsgründen des § 1 zur Auswanderung genötigt gewesen ist.


§ 60



(1) Der Verfolgte hat den Anspruch nach § 59 auch dann, wenn die Sonderabgabe ganz oder teilweise mittels Vermögensgegenständen, die als solche der Rückerstattung unterliegen, entrichtet worden ist. Die dem Verfolgten zustehenden Rückerstattungsansprüche gehen bis zur Höhe der nach § 59 für den Annahmewert der einzelnen entzogenen Vermögensgegenstände zu leistenden Entschädigung auf das leistende Land über. Ein Verzicht des Verfolgten auf den Rückerstattungsanspruch hat gegenüber dem leistenden Land keine Wirkung. Hat der Verfolgte im Wege der Rückerstattung Leistungen erhalten, so ist der Wert dieser Leistungen auf die Entschädigung anzurechnen. Anzurechnen sind auch Vorleistungen und Darlehen, die mit der Maßgabe einer Verrechnung nach Regelung der rückerstattungsrechtlichen Geldverbindlichkeiten des Deutschen Reiches und gleichgestellter Rechtsträger gewährt worden sind.

(2) Hat der Verfolgte die Sonderabgabe ganz oder teilweise aus dem Erlös eines der Rückerstattung unterliegenden Vermögensgegenstandes entrichtet und ist er nach den Rechtsvorschriften zur Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände zur Rückgewähr des Kaufpreises oder zur Abtretung des Wiedergutmachungsanspruchs wegen des nicht erlangten oder des nicht in seine freie Verfügung gelangten Kaufpreises verpflichtet, so wird der Anspruch nach § 59 insoweit im Verhältnis 10:1 in Deutsche Mark umgerechnet. Der Anspruch nach § 59 besteht nicht, wenn der Verfolgte den der Rückerstattung unterliegenden Vermögensgegenstand zurückerhalten hat oder zurückerhält, aber weder den Kaufpreis zurückgewährt noch den Wiedergutmachungsanspruch wegen des nicht erlangten oder des nicht in seine freie Verfügung gelangten Kaufpreises abgetreten hat.


§ 61



(1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung für entrichtete Geldstrafen und Bußen, soweit ihm diese aus den Verfolgungsgründen des § 1 auferlegt worden sind. Der Anspruch besteht nur, wenn der Verfolgte im Zeitpunkt der Auferlegung der Geldstrafe oder Buße seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Reichsgebiet nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 oder im Gebiet der Freien Stadt Danzig gehabt hat oder wenn die Geldstrafe oder die Buße in diesen Gebieten gezahlt oder beigetrieben worden ist. Ist der Verfolgte Vertriebener im Sinne des § 1 des Bundesvertriebenengesetzes, so hat er den Anspruch auch dann, wenn die Geldstrafe oder die Buße im Vertreibungsgebiet gezahlt oder beigetrieben worden ist. § 44 gilt sinngemäß.

(2) § 60 findet entsprechende Anwendung.


§ 62



Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung für gerichtliche und notwendige außergerichtliche Kosten, soweit ihm die Kosten dadurch entstanden sind, daß gegen ihn aus den Verfolgungsgründen des § 1 ein Strafverfahren oder ein Dienststrafverfahren anhängig gemacht worden ist. Der Anspruch besteht nur, wenn der Verfolgte im Zeitpunkt des Abschlusses des Verfahrens seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Reichsgebiet nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 oder im Gebiet der Freien Stadt Danzig gehabt hat oder wenn das Verfahren in diesen Gebieten anhängig gewesen ist. Ist der Verfolgte Vertriebener im Sinne des § 1 des Bundesvertriebenengesetzes, so besteht der Anspruch auch dann, wenn das Verfahren im Vertreibungsgebiet anhängig gewesen ist. § 44 gilt sinngemäß.


§ 63



Gehört der Verfolgte zu einem Personenkreis, den in seiner Gesamtheit die nationalsozialistische deutsche Regierung oder die NSDAP vom kulturellen oder wirtschaftlichen Leben Deutschlands auszuschließen beabsichtigte, so wird vermutet, daß der Schaden durch Zahlung von Sonderabgaben, Geldstrafen, Bußen und Kosten durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verursacht worden ist.