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Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Orthopädieschuhmacher-Handwerk (Orthopädieschuhmachermeisterverordnung - OrthSchMstrVO)

V. v. 21.07.1983 BGBl. I S. 946; aufgehoben durch § 11 V. v. 24.06.2008 BGBl. I S. 1096
Geltung ab 01.02.1984; FNA: 7110-3-76 Handwerk im Allgemeinen
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Eingangsformel



Auf Grund des § 45 der Handwerksordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Dezember 1965 (BGBl. 1966 I S. 1) der zuletzt durch Artikel 24 Nr. 1 des Gesetzes vom 18. März 1975 (BGBl. I S. 705) geändert worden ist, wird im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft verordnet:


1. Abschnitt Berufsbild

§ 1 Berufsbild



(1) Dem Orthopädieschuhmacher-Handwerk sind folgende Tätigkeiten zuzurechnen:

1.
Entwurf, Anfertigung, Anpassung und Instandsetzung von orthopädischen Heil- und Hilfsmitteln, insbesondere von

a)
Orthopädieschuhen, Innenschuhen, Fußergänzungen, Fußbettungen und Einlagen,

b)
mechanisch wirksamen Bandagen, Fußkorrektur- und Schuheinbauelementen sowie

c)
Abwicklungshilfen, Feststellungs- und Entlastungselementen,

für den Fuß und den Unterschenkel, soweit es für die Versorgung des Fußes erforderlich ist,

2.
Ausführung orthopädischer Zurichtungen am Konfektionsschuh,

3.
Auswahl und Anpassung therapeutischer Fertig- und Halbfertigartikel,

4.
Ausführung medizinischer Fußpflege,

5.
Anfertigung und Instandsetzung von Schuhwerk aller Art.

(2) Dem Orthopädieschuhmacher-Handwerk sind folgende Kenntnisse und Fertigkeiten zuzurechnen:

1.
Kenntnisse der Anatomie, der Physiologie und der Pathologie der Stütz- und Bewegungsorgane,

2.
Kenntnisse der Psychologie des Gehbehinderten,

3.
Kenntnisse der Biomechanik,

4.
Kenntnisse der Wirkungsweise der Heil- und Hilfsmittel,

5.
Kenntnisse der Arten, Eigenschaften, Verarbeitung und Verwendung der Werk- und Hilfsstoffe,

6.
Kenntnisse der Werkzeuge, Geräte und Maschinen,

7.
Kenntnisse der Hygiene, Sterilisation, Anti- und Asepsis sowie über Verhütung und Entstehung der Infektion,

8.
Kenntnisse der berufsbezogenen Vorschriften der Unfallverhütung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitssicherheit,

9.
Kenntnisse der Liefervereinbarungen und der berufsbezogenen Vorschriften des Sozial- und des Gesundheitsrechts,

10.
Kenntnisse über Abgabe und Anwendung von Arzneimitteln, die zum Verkehr außerhalb der Apotheken zugelassen sind, sowie von Fußpflegemitteln,

11.
Kenntnisse der Wirkungsweise der ärztlich verordneten Therapie,

12.
Auswählen der orthopädischen Heil- und Hilfsmittel nach ärztlicher Verordnung,

13.
Auswerten von Trittspuren und Profilzeichnungen,

14.
Anfertigen von Gipsmodellen,

15.
Entwerfen und kosmetisches Gestalten der orthopädischen Heil- und Hilfsmittel,

16.
Anfertigen von Konstruktionszeichnungen,

17.
Be- und Verarbeiten von Leder, Kunststoffen, Holz, Metallen, Textilien und sonstigen Werk- und Hilfsstoffen,

18.
Anfertigen und Anpassen der orthopädischen Heil- und Hilfsmittel,

19.
Beurteilen, Pflegen und Behandeln von Haut- und Nagelschäden, erforderlichenfalls nach ärztlicher Verordnung,

20.
Anfertigen, Anpassen und Anbringen von Nagelersatz und -spangen,

21.
Anfertigen, Anpassen und Anbringen von Druckschutz- und Entlastungs-Orthesen sowie Auswählen und Anpassen von Druckschutz- und Entlastungspolstern,

22.
Pflegen und Instandhalten der Werkzeuge, Geräte und Maschinen.


2. Abschnitt Prüfungsanforderungen in den Teilen I und II der Meisterprüfung

§ 2 Gliederung, Dauer und Bestehen der praktischen Prüfung (Teil I)



(1) In Teil I sind eine Meisterprüfungsarbeit anzufertigen und zwei Arbeitsproben auszuführen.

(2) Die Meisterprüfungsarbeit soll nicht länger als sieben, die beiden Arbeitsproben sollen nicht länger als insgesamt zwei Arbeitstage dauern.

(3) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils I sind jeweils ausreichende Leistungen in der Meisterprüfungsarbeit und in jeder der beiden Arbeitsproben. Innerhalb der Meisterprüfungsarbeit müssen Paßform und Funktion des Heil- und Hilfsmittels ebenfalls mit mindestens ausreichend bewertet sein.


§ 3 Meisterprüfungsarbeit



(1) Als Meisterprüfungsarbeit ist eine der nachfolgenden Arbeiten auszuführen:

1.
Entwerfen, Anfertigen und Anpassen eines Paars orthopädischer Schuhe mit Bettungs- und Korrekturelementen unter Berücksichtigung von Biomechanik, Lotaufbau und Bodentechnik,

2.
Entwerfen, Anfertigen und Anpassen eines Innenschuhs mit Bettungs- und Korrekturelementen unter Berücksichtigung von Biomechanik, Lotaufbau und Bodentechnik mit paariger Schuhversorgung.

(2) Die zur Meisterprüfungsarbeit erforderlichen Paßteile sind nach Weisung des Prüfungsausschusses selbst anzufertigen. Halbfertigerzeugnisse dürfen nur mit Zustimmung des Prüfungsausschusses verwendet werden. Die fertigen Arbeiten sind dem Prüfungsausschuß am Patienten vorzuführen.

(3) Mit der Meisterprüfungsarbeit sind abzuliefern:

1.
die Leisten,

2.
die Farbtrittspuren mit Profilzeichnungen,

3.
der Positivabdruck aus Gips oder anderen Werkstoffen,

4.
der Befund über den zu versorgenden Fall unter Berücksichtigung der ärztlichen Verordnung,

5.
die erforderlichen Modelle und Konstruktionszeichnungen,

6.
die Kostenberechnung der Meisterprüfungsarbeit.


§ 4 Arbeitsproben



(1) Als eine der beiden Arbeitsproben sind drei der nachstehenden Arbeiten, davon in jedem Fall die nach Nummer 1, auszuführen:

1.
Beraten nach ärztlicher Diagnose,

2.
Abtragen von Hornhaut und Hühneraugen,

3.
Entfernen des Kerns von Dornenschwielen und Hühneraugen,

4.
Beseitigen von Nagelveränderungen durch Fräsen, Schneiden und Schleifen,

5.
Herauslösen von Nagelteilen.

(2) Wird die Meisterprüfungsarbeit nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 angefertigt, ist als weitere Arbeitsprobe eine der nachstehenden Arbeiten auszuführen:

1.
ein Vorfußersatz in Hartschaum-Gießharz-Technik mit Arbeitszeichnung,

2.
ein Paar Einlagen nach Gipsabdruck,

3.
eine Dreibackeneinlage im Tiefziehverfahren,

4.
eine Lähmungsmanschette,

5.
eine Knöchelstütze,

6.
eine mechanisch wirksame Bandage.

(3) Wird die Meisterprüfungsarbeit nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 angefertigt, ist als weitere Arbeitsprobe eine der nachstehenden Arbeiten auszuführen:

1.
ein Leisten aus Holz nach Gipsabdruck oder Trittspur,

2.
ein Verkürzungsausgleich mit einer Höhe von mehr als 5 cm,

3.
ein Schaft über einen vorgegebenen Leisten,

4.
eine orthopädische Zurichtung am Konfektionsschuh.

(4) In den Arbeitsproben sind die wichtigsten Fertigkeiten und Kenntnisse zu prüfen, die in der Meisterprüfungsarbeit nicht oder nur unzureichend nachgewiesen werden konnten.


§ 5 Prüfung der fachtheoretischen Kenntnisse (Teil II)



(1) In Teil II sind Kenntnisse in den folgenden sechs Prüfungsfächern nachzuweisen:

1.
Technische Mathematik:

a)
Ermitteln von Beinlängen- und Fußlängendifferenzen,

b)
Berechnen des Volumens chemischer Werkstoffe;

2.
Technisches Zeichnen:

a)
Anfertigen von Werkzeichnungen, Skizzen, Modell- und Profilzeichnungen,

b)
Anfertigen von Schaftgrundmodellen nach Winkelsystem oder Kopierverfahren;

3.
Fachtechnologie:

a)
Wirkungsweise der Heil- und Hilfsmittel,

b)
Anatomie, Physiologie und Pathologie der Stütz- und Bewegungsorgane,

c)
Psychologie des Gehbehinderten,

d)
Biomechanik,

e)
Anwendung der Werkzeuge, Geräte und Maschinen,

f)
Hygiene, Sterilisation, Anti- und Asepsis sowie Verhütung und Entstehung der Infektion,

g)
berufsbezogene Vorschriften der Unfallverhütung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitssicherheit,

h)
Liefervereinbarungen und berufsbezogene Vorschriften des Sozial- und des Gesundheitsrechts,

i)
Wirkungsweise der ärztlich verordneten Therapie,

k)
Abgabe und Anwendung von Arzneimitteln, die zum Verkehr außerhalb der Apotheken zugelassen sind, sowie von Fußpflegemitteln;

4.
Werkstoffkunde:

Arten, Eigenschaften, Verarbeitung und Verwendung der Werk- und Hilfsstoffe, insbesondere von Leder, Kunststoffen, Holz, Metallen und Textilien;

5.
Werkzeug- und Maschinenkunde:

a)
Handwerkzeuge, Beschneid- und Egalisiermaschinen,

b)
Heißluft- und Mischgeräte,

c)
Schleif-, Fräs- und Ausputzmaschinen,

d)
Nähmaschinen für Ober- und Bodenleder;

6.
Kalkulation:

Grundberechnungen für die Angebotskalkulation; Preisermittlung nach Positionsliste.

(2) Die Prüfung ist schriftlich und mündlich durchzuführen.

(3) Die schriftliche Prüfung soll nicht länger als zwölf Stunden, die mündliche je Prüfling nicht länger als eine halbe Stunde dauern. In der schriftlichen Prüfung soll an einem Tag nicht länger als sechs Stunden geprüft werden.

(4) Der Prüfling ist von der mündlichen Prüfung auf Antrag zu befreien, wenn er im Durchschnitt mindestens gute schriftliche Leistungen erbracht hat.

(5) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils II sind jeweils ausreichende Leistungen in den Prüfungsfächern nach Absatz 1 Nr. 2, 3 und 6.


3. Abschnitt Übergangs- und Schlußvorschriften

§ 6 Übergangsvorschrift



Die bei Inkrafttreten dieser Verordnung laufenden Prüfungsverfahren werden nach den bisherigen Vorschriften zu Ende geführt.


§ 7 Weitere Anforderungen



Die weiteren Anforderungen in der Meisterprüfung bestimmen sich nach der Verordnung über gemeinsame Anforderungen in der Meisterprüfung im Handwerk vom 12. Dezember 1972 (BGBl. I S. 2381) in der jeweils geltenden Fassung.


§ 8 Berlin-Klausel



Diese Verordnung gilt nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes in Verbindung mit § 128 der Handwerksordnung auch im Land Berlin.


§ 9 Inkrafttreten



(1) Diese Verordnung tritt am 1. Februar 1984 in Kraft.

(2) Die auf Grund des § 122 der Handwerksordnung weiter anzuwendenden Vorschriften sind, soweit sie Gegenstände dieser Verordnung regeln, nicht mehr anzuwenden.