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Teil - Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV)

V. v. 12.05.2006 BGBl. I S. 1175 (Nr. 24); zuletzt geändert durch Artikel 5 V. v. 04.10.2022 BGBl. I S. 1614
Geltung ab 01.08.2006; FNA: 7628-8-2 Gedeckte Schuldverschreibungen
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Teil 1 Allgemeine Bestimmungen und Verfahrensgrundsätze

§ 1 Anwendungsbereich



Bei der Ermittlung der Beleihungswerte nach § 16 Abs. 1 und 2 des Pfandbriefgesetzes und bei der Erhebung der für die Wertermittlung erforderlichen Daten sind die Vorschriften dieser Verordnung anzuwenden.


§ 2 Gegenstand der Wertermittlung



Gegenstand der Beleihungswertermittlung ist das Grundstück, grundstücksgleiche Recht oder vergleichbare Recht einer ausländischen Rechtsordnung, das mit dem Grundpfandrecht belastet ist oder belastet werden soll.


§ 3 Grundsatz der Beleihungswertermittlung



(1) Der Wert, der der Beleihung zugrunde gelegt wird (Beleihungswert), ist der Wert der Immobilie, der erfahrungsgemäß unabhängig von vorübergehenden, etwa konjunkturell bedingten Wertschwankungen am maßgeblichen Grundstücksmarkt und unter Ausschaltung von spekulativen Elementen während der gesamten Dauer der Beleihung bei einer Veräußerung voraussichtlich erzielt werden kann.

(2) 1Zur Ermittlung des Beleihungswerts ist die zukünftige Verkäuflichkeit der Immobilie unter Berücksichtigung der langfristigen, nachhaltigen Merkmale des Objekts, der normalen regionalen Marktgegebenheiten sowie der derzeitigen und möglichen anderweitigen Nutzungen im Rahmen einer vorsichtigen Bewertung zugrunde zu legen. 2Die Feststellung nachhaltiger Merkmale des Objekts und deren Einflussgrößen auf die Bewertung bedarf dabei einer langfristigen Betrachtung der Marktgegebenheiten. 3Der betrachtete Zeitraum ist zu benennen und seine Angemessenheit nachvollziehbar darzulegen.




§ 4 Verfahren zur Ermittlung des Beleihungswerts



(1) 1Zur Ermittlung des Beleihungswerts sind der Ertragswert (§§ 8 bis 13) und der Sachwert (§§ 14 bis 17) des Beleihungsobjekts getrennt zu ermitteln; anstelle des Sachwerts kann bei Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Wohnungs- und Teileigentum auch der Vergleichswert (§ 19) ermittelt werden. 2Maßgeblich für die Ableitung des Beleihungswerts ist regelmäßig der Ertragswert, der nicht überschritten werden darf. 3Bleibt der Sachwert und in den Fällen von Satz 1 zweiter Halbsatz alternativ der Vergleichswert um mehr als 20 Prozent hinter dem Ertragswert zurück, bedarf es einer besonderen Überprüfung der Nachhaltigkeit der zugrunde gelegten Erträge und ihrer Kapitalisierung; hierbei sind im Rahmen der Kontrollbetrachtung für die Kosten- und Ertragsansätze die gleichen Annahmen, insbesondere in steuerlicher Hinsicht, zu berücksichtigen. 4Bestätigt sich der anfangs ermittelte Ertragswert, bedarf das Ergebnis der Überprüfung einer nachvollziehbaren Begründung, andernfalls ist der Ertragswert entsprechend zu mindern.

(2) 1Bei Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Wohnungseigentum kann der Beleihungswert am Sachwert oder Vergleichswert orientiert werden und eine Ertragswertermittlung entfallen, wenn das zu bewertende Objekt nach Objekt- und Standortqualität zweifelsfrei zur Eigennutzung geeignet ist und von potenziellen Erwerbern für die eigene Nutzung dauerhaft nachgefragt wird. 2Ist das Objekt noch vermietet, ist die hiermit verbundene Wertminderung nachvollziehbar zu ermitteln und vom Beleihungswert abzuziehen. 3Bei Ein- und Zweifamilienhäusern darf eine Orientierung am Vergleichswert vorbehaltlich des § 19 Absatz 2 jedoch nur dann erfolgen, wenn der Ermittlung aktuelle Vergleichspreise von mindestens fünf Objekten zugrunde liegen, die auch hinsichtlich der Wohnfläche mit dem zu bewertenden Objekt hinreichend übereinstimmen. 4Bei der Ableitung des Beleihungswerts aus dem Sachwert ist regelmäßig zu prüfen, ob aufgrund der Merkmale des Objekts und der regionalen Marktgegebenheiten unter besonderer Berücksichtigung der Nachhaltigkeit ein Abschlag vom Sachwert erforderlich ist.

(3) 1Sind im Rahmen der Wertermittlung ein Instandhaltungsrückstau, Baumängel oder Bauschäden erkennbar, die noch nicht in geeigneter Weise in die Ermittlung von Ertragswert, Sachwert und Vergleichswert eingeflossen sind, so sind die auf der Grundlage der für ihre Beseitigung am Wertermittlungsstichtag bekannten oder vorsichtig geschätzten Aufwendungen als gesonderter Abschlag vom Beleihungswert zu berücksichtigen. 2Vorgenanntes gilt auch für sonstige bauliche Aufwände, insbesondere für Maßnahmen zur Ertüchtigung des zu bewertenden Objekts bei Nutzungsänderungen.

(4) 1Bei im Bau befindlichen Objekten kann der Beleihungswert aus dem Zustandswert abgeleitet werden. 2Dieser ist die Summe aus dem Bodenwert (§ 15) und dem anteiligen Wert der baulichen Anlage. 3Der anteilige Wert der baulichen Anlage errechnet sich aus dem Wert der baulichen Anlage des fertig gestellten Objekts (§ 16) und dem erreichten Bautenstand. 4Der in Ansatz gebrachte Bautenstand ist von einer von der Pfandbriefbank auszuwählenden, besonders fachkundigen, von Bauplanung und Bauausführung unabhängigen Person festzustellen; § 7 Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend. 5In den Fällen, in denen der Ertragswert des planmäßig fertig gestellten Objekts unter dessen Sachwert liegt, darf der Zustandswert die Summe aus dem Bodenwert und dem anteiligen Ertragswert der baulichen Anlage, der prozentual dem jeweiligen Bautenstand entspricht, nicht überschreiten. 6Es ist zu prüfen, ob insbesondere zur Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt auf den ermittelten Zustandswert ein besonderer Nachhaltigkeitsabschlag, der die Verkäuflichkeit des noch nicht fertiggestellten Objekts berücksichtigt, vorgenommen werden muss.