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Kapitel 3 - Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (MgVG)

Artikel 1 G. v. 21.12.2006 BGBl. I S. 3332 (Nr. 65); zuletzt geändert durch Artikel 2 G. v. 04.01.2023 BGBl. 2023 I Nr. 10
Geltung ab 29.12.2006; FNA: 801-17 Betriebsverfassung und Mitbestimmung
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Teil 2 Besonderes Verhandlungsgremium

Kapitel 3 Verhandlungsverfahren

§ 13 Information über die Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums



(1) 1Die Wahl oder Bestellung der Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums soll innerhalb von zehn Wochen nach der in § 6 Abs. 2 und 3 vorgeschriebenen Information erfolgen. 2Den Leitungen sind unverzüglich die Namen der Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums, ihre Anschriften sowie die jeweilige Betriebszugehörigkeit mitzuteilen. 3Die Leitungen haben die örtlichen Betriebs- und Unternehmensleitungen, die dort bestehenden Arbeitnehmervertretungen und Sprecherausschüsse sowie die in inländischen Betrieben vertretenen Gewerkschaften über diese Angaben zu informieren.

(2) 1Das Verhandlungsverfahren nach den §§ 14 bis 19 findet auch dann statt, wenn die in Absatz 1 Satz 1 genannte Frist aus Gründen, die die Arbeitnehmer zu vertreten haben, überschritten wird. 2Nach Ablauf der Frist gewählte oder bestellte Mitglieder können sich jederzeit an dem Verhandlungsverfahren beteiligen.


§ 14 Sitzungen; Geschäftsordnung



(1) 1Die Leitungen laden unverzüglich nach Benennung der Mitglieder oder im Fall des § 13 Absatz 2 nach Ablauf der in § 13 Abs. 1 Satz 1 genannten Frist zur konstituierenden Sitzung des besonderen Verhandlungsgremiums ein und informieren die örtlichen Betriebs- und Unternehmensleitungen. 2Das besondere Verhandlungsgremium wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und mindestens zwei Stellvertreter. 3Es kann sich eine schriftliche Geschäftsordnung geben.

(2) Der Vorsitzende kann weitere Sitzungen einberufen.




§ 15 Zusammenarbeit zwischen besonderem Verhandlungsgremium und Leitungen



(1) 1Das besondere Verhandlungsgremium schließt mit den Leitungen eine schriftliche Vereinbarung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft ab. 2Zur Erfüllung dieser Aufgabe arbeiten sie vertrauensvoll zusammen.

(2) 1Die Leitungen haben dem besonderen Verhandlungsgremium rechtzeitig alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. 2Das besondere Verhandlungsgremium ist insbesondere über das Verschmelzungsvorhaben und den Verlauf des Verfahrens bis zur Eintragung der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft zu unterrichten. 3Zeitpunkt, Häufigkeit und Ort der Verhandlungen werden zwischen den Leitungen und dem besonderen Verhandlungsgremium einvernehmlich festgelegt.

(3) 1Die Leitungen der beteiligten Gesellschaften können entscheiden, auf Verhandlungen mit dem besonderen Verhandlungsgremium zu verzichten und gemäß § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 unmittelbar die Regelungen der §§ 23 bis 28 über die Mitbestimmung kraft Gesetzes anzuwenden. 2Satz 1 gilt nicht, wenn im Fall des § 5 Nummer 1 in keiner der beteiligten Gesellschaften eine Mitbestimmung der Arbeitnehmer besteht.




§ 16 Sachverständige und Vertreter von geeigneten außenstehenden Organisationen



(1) 1Das besondere Verhandlungsgremium kann bei den Verhandlungen Sachverständige seiner Wahl, zu denen auch Vertreter von einschlägigen Gewerkschaftsorganisationen auf Unionsebene zählen können, hinzuziehen, um sich von ihnen bei seiner Arbeit unterstützen zu lassen. 2Diese Sachverständigen können, wenn das besondere Verhandlungsgremium es wünscht, an den Verhandlungen in beratender Funktion teilnehmen.

(2) Das besondere Verhandlungsgremium kann beschließen, die Vertreter von geeigneten außenstehenden Organisationen vom Beginn der Verhandlungen zu unterrichten.




§ 17 Beschlussfassung im besonderen Verhandlungsgremium



(1) 1Die Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums, die in einem Mitgliedstaat gewählt oder bestellt werden, vertreten alle in dem jeweiligen Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmer. 2Solange aus einem Mitgliedstaat keine Mitglieder in das besondere Verhandlungsgremium gewählt oder bestellt sind (§ 13 Abs. 2), gelten die betroffenen Arbeitnehmer als nicht vertreten.

(2) 1Das besondere Verhandlungsgremium beschließt vorbehaltlich des Absatzes 3 und § 18 mit der Mehrheit seiner Mitglieder, in der zugleich die Mehrheit der vertretenen Arbeitnehmer enthalten sein muss. 2Jedes auf das Inland entfallende Mitglied vertritt gleich viele Arbeitnehmer.

(3) 1Hätten die Verhandlungen eine Minderung der Mitbestimmungsrechte zur Folge, so ist für einen Beschluss zur Billigung einer solchen Vereinbarung eine Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums erforderlich, die mindestens zwei Drittel der Arbeitnehmer in mindestens zwei Mitgliedstaaten vertreten. 2Dies gilt, sofern sich die Mitbestimmung auf mindestens 25 Prozent der Gesamtzahl der Arbeitnehmer der beteiligten Gesellschaften und der betroffenen Tochtergesellschaften erstreckt.

(4) Minderung der Mitbestimmungsrechte bedeutet, dass

1.
der Anteil der Arbeitnehmervertreter

a)
im Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan,

b)
in Ausschüssen, in denen die Mitbestimmung der Arbeitnehmer erfolgt, oder

c)
im Leitungsgremium, das für die Ergebniseinheiten der Gesellschaften zuständig ist,

geringer ist als der höchste in den beteiligten Gesellschaften bestehende Anteil oder

2.
das Recht, Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans der Gesellschaft zu wählen, zu bestellen, zu empfehlen oder abzulehnen, beseitigt oder eingeschränkt wird.




§ 18 Nichtaufnahme oder Abbruch der Verhandlungen



1Das besondere Verhandlungsgremium kann beschließen, keine Verhandlungen aufzunehmen oder bereits aufgenommene Verhandlungen abzubrechen. 2Für diesen Beschluss ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder erforderlich, die mindestens zwei Drittel der Arbeitnehmer in mindestens zwei Mitgliedstaaten vertreten. 3Die Vorschriften über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer, die in dem Mitgliedstaat gelten, in dem die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft ihren Sitz haben wird, finden Anwendung.


§ 19 Niederschrift



1In eine Niederschrift, die vom Vorsitzenden und einem weiteren Mitglied des besonderen Verhandlungsgremiums zu unterzeichnen ist, sind aufzunehmen

1.
ein Beschluss über den Abschluss einer Vereinbarung nach § 15 Abs. 1,

2.
ein Beschluss über die Nichtaufnahme oder den Abbruch der Verhandlungen nach § 18 und

3.
die jeweiligen Mehrheiten, mit denen die Beschlüsse gefasst worden sind.

2Eine Abschrift der Niederschrift ist den Leitungen zu übermitteln.


§ 19a Information über das Verhandlungsergebnis



1Die Leitungen informieren die Arbeitnehmervertretungen, die Sprecherausschüsse sowie die in inländischen Betrieben vertretenen Gewerkschaften unverzüglich über das Ergebnis der Verhandlungen nach § 19 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2. 2Besteht keine Arbeitnehmervertretung, erfolgt die Information gegenüber den Arbeitnehmern.




§ 20 Kosten des besonderen Verhandlungsgremiums



1Die durch die Bildung und Tätigkeit des besonderen Verhandlungsgremiums entstehenden erforderlichen Kosten tragen die beteiligten Gesellschaften und nach ihrer Verschmelzung die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft als Gesamtschuldner. 2Insbesondere sind für die Sitzungen in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Dolmetscher und Büropersonal zur Verfügung zu stellen sowie die erforderlichen Reise- und Aufenthaltskosten der Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums zu tragen.


§ 21 Dauer der Verhandlungen



(1) 1Die Verhandlungen beginnen mit der Einsetzung des besonderen Verhandlungsgremiums und können bis zu sechs Monate dauern. 2Einsetzung bezeichnet den Tag, zu dem die Leitungen zur konstituierenden Sitzung des besonderen Verhandlungsgremiums eingeladen haben.

(2) Die Parteien können einvernehmlich beschließen, die Verhandlungen über den in Absatz 1 genannten Zeitraum hinaus bis zu insgesamt einem Jahr ab der Einsetzung des besonderen Verhandlungsgremiums fortzusetzen.