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Achtung: Titel komplett oder überwiegend mit Ablauf des 24.04.2006 aufgehoben

Gesetz zur Prüfung von Rechtsanwaltszulassungen, Notarbestellungen und Berufungen ehrenamtlicher Richter (RAuaZulPrG k.a.Abk.)


Eingangsformel



Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:


Erster Abschnitt Rechtsanwälte

§ 1



(1) Vor dem 15. September 1990 durch Aufnahme in das Kollegium oder durch den Minister der Justiz der Deutschen Demokratischen Republik ausgesprochene Zulassungen zur Rechtsanwaltschaft werden widerrufen, wenn sich der Rechtsanwalt nach seiner Zulassung, aber vor dem 15. September 1990, eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn unwürdig erscheinen läßt, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben, weil er gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit insbesondere im Zusammenhang mit einer Tätigkeit als hauptamtlicher oder inoffizieller Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes verstoßen hat.

(2) Vor dem 15. September 1990 durch Aufnahme in das Kollegium oder durch den Minister der Justiz der Deutschen Demokratischen Republik ausgesprochene Zulassungen zur Rechtsanwaltschaft werden mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen, wenn sich der Rechtsanwalt vor seiner Zulassung eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn unwürdig erscheinen läßt, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben, weil er gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit insbesondere im Zusammenhang mit einer Tätigkeit als hauptamtlicher oder inoffizieller Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes verstoßen hat.


§ 2



Nach dem 14. September 1990 aber vor dem 3. Oktober 1990 durch den Minister der Justiz der Deutschen Demokratischen Republik ausgesprochene Zulassungen zur Rechtsanwaltschaft werden mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen, wenn die Zulassung nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht zu versagen war, weil der Bewerber sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn wegen Verstoßes gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit insbesondere im Zusammenhang mit einer Tätigkeit als hauptamtlicher oder inoffizieller Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes unwürdig erscheinen ließ, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben.


§ 3



Kenntnis im Sinne des § 14 Abs. 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung und des § 16 Abs. 1 des Rechtsanwaltsgesetzes besteht nicht über Tatsachen, die bei der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft in der Annahme rechtlicher Hinderungsgründe nicht verwertet worden sind.


§ 4



Die Landesjustizverwaltungen sind berechtigt, die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes im Rahmen der Vorschriften des Stasi-Unterlagen-Gesetzes zu verwenden zur Prüfung, ob Rechtsanwaltszulassungen zu widerrufen oder zurückzunehmen sind, weil sich der Rechtsanwalt eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn wegen Verstoßes gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit im Zusammenhang mit einer Tätigkeit als hauptamtlicher oder inoffizieller Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes unwürdig erscheinen läßt, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben.


Zweiter Abschnitt Notare

§ 5



Vor dem 30. Juni 1990 vom Minister der Justiz der Deutschen Demokratischen Republik berufene Notare sind des Amtes zu entheben, wenn sie nach ihrer Persönlichkeit für das Notaramt nicht geeignet sind, weil sie gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit insbesondere im Zusammenhang mit einer Tätigkeit als hauptamtlicher oder inoffizieller Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes verstoßen haben.


§ 6



Nach dem 29. Juni 1990 aber vor dem 3. Oktober 1990 vom Minister der Justiz der Deutschen Demokratischen Republik bestellte Notare sind des Amtes zu entheben, wenn sie nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht nach ihrer Persönlichkeit für das Notaramt nicht geeignet waren, weil sie gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit insbesondere im Zusammenhang mit einer Tätigkeit als hauptamtlicher oder inoffizieller Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes verstoßen haben.


§ 7



Tatsachen, die bei der Bestellung zum Notar in der Annahme rechtlicher Hinderungsgründe nicht verwertet worden sind, gelten nicht als bei der Entscheidung bekannt gewesen.


§ 8



Die Landesjustizverwaltungen sind berechtigt, die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes im Rahmen der Vorschriften des Stasi-Unterlagen-Gesetzes zu verwenden zur Prüfung, ob Notare des Amtes zu entheben sind, weil sie wegen Verstoßes gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit im Zusammenhang mit einer Tätigkeit als hauptamtlicher oder inoffizieller Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes nach ihrer Persönlichkeit für das Notaramt nicht geeignet sind.


Dritter Abschnitt Ehrenamtliche Richter

§ 9



(1) Zu dem Amt eines ehrenamtlichen Richters soll nicht berufen werden, wer

1.
gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat oder

2.
wegen einer Tätigkeit als hauptamtlicher oder inoffizieller Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik im Sinne des § 6 Abs. 4 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes vom 20. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2272) oder als diesen Mitarbeitern nach § 6 Abs. 5 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes gleichgestellte Person für das Amt eines ehrenamtlichen Richters nicht geeignet ist.

(2) Die für die Berufung zuständige Stelle kann zu diesem Zweck von dem Vorgeschlagenen eine schriftliche Erklärung verlangen, daß bei ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vorliegen.


§ 10



(1) Ein ehrenamtlicher Richter ist von seinem Amt abzuberufen, wenn nachträglich in § 9 Abs. 1 bezeichnete Umstände bekannt werden.

(2) Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften, die im übrigen für die Abberufung eines ehrenamtlichen Richters der jeweiligen Art gelten, soweit in den Absätzen 3 und 4 nichts anderes bestimmt ist.

(3) Wenn ein Antrag auf Abberufung gestellt oder ein Abberufungsverfahren von Amts wegen eingeleitet worden ist und der dringende Verdacht besteht, daß die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 vorliegen, kann das für die Abberufung zuständige Gericht anordnen, daß der ehrenamtliche Richter bis zur Entscheidung über die Abberufung das Amt nicht ausüben darf. Die Anordnung ist unanfechtbar.

(4) Die Entscheidung über die Abberufung ist unanfechtbar. Der abberufene ehrenamtliche Richter kann binnen eines Jahres nach Wirksamwerden der Entscheidung die Feststellung beantragen, daß die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 nicht vorgelegen haben. Über den Antrag entscheidet das nächsthöhere Gericht durch unanfechtbaren Beschluß. Ist das nächsthöhere Gericht ein oberstes Bundesgericht oder ist die Entscheidung von einem obersten Bundesgericht getroffen worden, entscheidet ein anderer Spruchkörper des Gerichts, das die Entscheidung getroffen hat. Ergibt sich nach den Sätzen 3 und 4 kein zuständiges Gericht, so entscheidet das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Entscheidung getroffen worden ist; in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen tritt an die Stelle des Oberlandesgerichts der besondere Senat des Bezirksgerichts, soweit noch kein Oberlandesgericht besteht.


§ 11



Die §§ 9 und 10 gelten auch für ehrenamtliche Richter, die gewählt oder berufen werden oder worden sind nach der Ordnung zur Wahl und Berufung ehrenamtlicher Richter vom 1. September 1990 (GBl. I Nr. 62 S. 1553), die nach Anlage II Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt I Nr. 8 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (BGBl. 1990 II S. 885, 1153) fortgilt, in Verbindung mit Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Buchstabe p des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (BGBl. 1990 II S. 885, 925) und § 37 des Richtergesetzes der Deutschen Demokratischen Republik vom 5. Juli 1990 (GBl. I Nr. 42 S. 637).


Vierter Abschnitt Änderung anderer Vorschriften, Inkrafttreten

§ 12



(Änderung von Vorschriften)


§ 13



(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

(2) Die Landesjustizverwaltungen dürfen den Widerruf oder die Rücknahme der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nur für die Dauer von sechs Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes auf die §§ 1 und 2 stützen.