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Änderung Anlage 1 BNatSchG vom 29.07.2022

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Anlage 1 BNatSchG a.F. (alte Fassung)
in der vor dem 29.07.2022 geltenden Fassung
Anlage 1 BNatSchG n.F. (neue Fassung)
in der am 29.07.2022 geltenden Fassung
durch Artikel 1 G. v. 20.07.2022 BGBl. I S. 1362

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Anlage 1 (neu)


(Text neue Fassung)

Anlage 1 (zu § 45b Absatz 1 bis 5)


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Abschnitt 1 Bereiche zur Prüfung bei kollisionsgefährdeten Brutvogelarten


Brutvogelarten | Nahbereich* | Zentraler
Prüfbereich* | Erweiterter
Prüfbereich*

Seeadler
Haliaeetus albicilla | 500 | 2.000 | 5.000

Fischadler
Pandion haliaetus | 500 | 1.000 | 3.000

Schreiadler
Clanga pomarina | 1.500 | 3.000 | 5.000

Steinadler
Aquila chrysaetos | 1.000 | 3.000 | 5.000

Wiesenweihe1
Circus pygargus | 400 | 500 | 2.500

Kornweihe
Circus cyaneus | 400 | 500 | 2.500

Rohrweihe1
Circus aeruginosus | 400 | 500 | 2.500

Rotmilan
Milvus milvus | 500 | 1.200 | 3.500

Schwarzmilan
Milvus migrans | 500 | 1.000 | 2.500

Wanderfalke
Falco peregrinus | 500 | 1.000 | 2.500

Baumfalke
Falco subbuteo | 350 | 450 | 2.000

Wespenbussard
Pernis apivorus | 500 | 1.000 | 2.000

Weißstorch
Ciconia ciconia | 500 | 1.000 | 2.000

Sumpfohreule
Asio flammeus | 500 | 1.000 | 2.500

Uhu1
Bubo bubo | 500 | 1.000 | 2.500

* Abstände in Metern, gemessen vom Mastfußmittelpunkt
1 Rohrweihe, Wiesenweihe und Uhu sind nur dann kollisionsgefährdet, wenn die Höhe der Rotorunterkante in Küstennähe (bis 100 Kilometer) weniger als 30 m, im weiteren Flachland weniger als 50 m oder in hügeligem Gelände weniger als 80 m beträgt. Dies gilt, mit Ausnahme der Rohrweihe, nicht für den Nahbereich.


Abschnitt 2 Schutzmaßnahmen

Zur Vermeidung der Tötung oder Verletzung von Exemplaren europäischer Vogelarten nach Abschnitt 1 durch Windenergieanlagen sind insbesondere nachfolgend aufgeführte Schutzmaßnahmen fachlich anerkannt:


Schutzmaßnahme | Beschreibung/Wirksamkeit

Kleinräumige Standortwahl
(Micro-Siting) | Beschreibung: Im Einzelfall kann durch die Verlagerung von Windenergie-
anlagen die Konfliktintensität verringert werden, beispielsweise durch ein
Herausrücken der Windenergieanlagen aus besonders kritischen Bereichen
einer Vogelart oder durch das Freihalten von Flugrouten zu essentiellen Nah-
rungshabitaten.
Wirksamkeit: Vermeidung bzw. Verminderung des Eintritts von Verbotstat-
beständen oder des Umfangs von Schutzmaßnahmen. Für alle Arten der
Tabelle in Abschnitt 1 wirksam.

Antikollisionssystem | Beschreibung: Auf Basis automatisierter kamera- und/oder radarbasierter
Detektion der Zielart muss das System in der Lage sein, bei Annäherung der
Zielart rechtzeitig bei Unterschreitung einer vorab artspezifisch festgelegten
Entfernung zur Windenergieanlage per Signal die Rotordrehgeschwindigkeit
bis zum 'Trudelbetrieb' zu verringern.
Wirksamkeit: Nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft und Technik
kommt die Maßnahme in Deutschland derzeit nur für den Rotmilan in Frage,
für den ein nachweislich wirksames, kamerabasiertes System zur Verfügung
steht. Grundsätzlich erscheint es möglich, die Anwendung von Antikollisi-
onssystemen zukünftig auch für weitere kollisionsgefährdete Großvögel, wie
Seeadler, Fischadler, Schreiadler, Schwarzmilan und Weißstorch, einzuset-
zen. Antikollisionssysteme, deren Wirksamkeit noch nicht belegt ist, können
im Einzelfall im Testbetrieb angeordnet werden, wenn begleitende Maßnah-
men zur Erfolgskontrolle angeordnet werden.

Abschaltung bei landwirtschaft-
lichen Bewirtschaftungsereignis-
sen | Beschreibung: Vorübergehende Abschaltung im Falle der Grünlandmahd
und Ernte von Feldfrüchten sowie des Pflügens zwischen 1. April und 31. Au-
gust auf Flächen, die in weniger als 250 Metern Entfernung vom Mast-
fußmittelpunkt einer Windenergieanlage gelegen sind. Bei Windparks sind
in Bezug auf die Ausgestaltung der Maßnahme gegebenenfalls die dies-
bezüglichen Besonderheiten zu berücksichtigen. Die Abschaltmaßnahmen
erfolgen von Beginn des Bewirtschaftungsereignisses bis mindestens
24 Stunden nach Beendigung des Bewirtschaftungsereignisses jeweils von
Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Bei für den Artenschutz besonders
konfliktträchtigen Standorten mit drei Brutvorkommen oder, bei besonders
gefährdeten Vogelarten, mit zwei Brutvorkommen ist für mindestens
48 Stunden nach Beendigung des Bewirtschaftungsereignisses jeweils von
Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang abzuschalten. Die Maßnahme ist
unter Berücksichtigung von artspezifischen Verhaltensmustern anzuordnen,
insbesondere des von der Windgeschwindigkeit abhängigen Flugverhaltens
beim Rotmilan.
Wirksamkeit: Die Abschaltung bei Bewirtschaftungsereignissen trägt regel-
mäßig zur Senkung des Kollisionsrisikos bei und bringt eine übergreifende
Vorteilswirkung mit sich. Durch die Abschaltung der Windenergieanlage
während und kurz nach dem Bewirtschaftungsereignis wird eine wirksame
Reduktion des temporär deutlich erhöhten Kollisionsrisikos erreicht. Die
Maßnahme ist insbesondere für Rotmilan und Schwarzmilan, Rohrweihe,
Schreiadler sowie den Weißstorch wirksam.

Anlage von attraktiven
Ausweichnahrungshabitaten | Beschreibung: Die Anlage von attraktiven Ausweichnahrungshabitaten wie
zum Beispiel Feuchtland oder Nahrungsgewässern oder die Umstellung auf
langfristig extensiv bewirtschaftete Ablenkflächen ist artspezifisch in ausrei-
chend großem Umfang vorzunehmen. Über die Eignung und die Ausgestal-
tung der Fläche durch artspezifische Maßnahmen muss im Einzelfall ent-
schieden werden. Eine vertragliche Sicherung zu Nutzungsbeschränkungen
und/oder Bearbeitungsauflagen ist nachzuweisen. Die Umsetzung der Maß-
nahmen ist für die gesamte Betriebsdauer der Windenergieanlage durch
vertragliche Vereinbarungen zwischen dem Vorhabenträger und den Flä-
chenbewirtschaftern und -eigentümern sicherzustellen. Die Möglichkeit und
Umsetzbarkeit solcher vertraglichen Regelungen ist der Genehmigungs-
behörde vorab darzulegen.
Wirksamkeit: Die Schutzmaßnahme ist insbesondere für Rotmilan,
Schwarzmilan, Weißstorch, Baumfalke, Fischadler, Schreiadler, Weihen,
Uhu, Sumpfohreule und Wespenbussard wirksam. Die Wirksamkeit der
Schutzmaßnahme ergibt sich aus dem dauerhaften Weglocken der kollisi-
onsgefährdeten Arten bzw. der Verlagerung der Flugaktivität aus dem Vor-
habenbereich heraus. Eine Wirksamkeit ist, je nach Konstellation und Art
auch nur ergänzend zu weiteren Maßnahmen anzunehmen.

Senkung der Attraktivität von
Habitaten im Mastfußbereich | Beschreibung: Die Minimierung und unattraktive Gestaltung des Mastfuß-
bereiches (entspricht der vom Rotor überstrichenen Fläche zuzüglich eines
Puffers von 50 Metern) sowie der Kranstellfläche kann dazu dienen, die
Anlockwirkung von Flächen im direkten Umfeld der Windenergieanlage für
kollisionsgefährdete Arten zu verringern. Hierfür ist die Schutzmaßnahme
regelmäßig durchzuführen. Auf Kurzrasenvegetation, Brachen sowie auf zu
mähendes Grünland ist in jedem Fall zu verzichten. Je nach Standort, der
umgebenden Flächennutzung sowie dem betroffenen Artenspektrum kann
es geboten sein, die Schutzmaßnahme einzelfallspezifisch anzupassen.
Wirksamkeit: Die Schutzmaßnahme ist insbesondere für Rotmilan,
Schwarzmilan, Schreiadler, Weißstorch und Wespenbussard wirksam. Die
Maßnahme ist als alleinige Schutzmaßnahme nicht ausreichend.

Phänologiebedingte Abschal-
tung | Beschreibung: Die phänologiebedingte Abschaltung von Windenergieanla-
gen umfasst bestimmte, abgrenzbare Entwicklungs-/Lebenszyklen mit er-
höhter Nutzungsintensität des Brutplatzes (z. B. Balzzeit oder Zeit flügger
Jungvögel). Sie beträgt in der Regel bis zu 4 oder bis zu 6 Wochen innerhalb
des Zeitraums vom 1. März bis zum 31. August von Sonnenaufgang bis
Sonnenuntergang. Die Zeiträume können bei bestimmten Witterungsbedin-
gungen wie Starkregen oder hohen Windgeschwindigkeiten artspezifisch im
Einzelfall beschränkt werden, sofern hinreichend belegt ist, dass auf Grund
bestimmter artspezifischer Verhaltensmuster während dieser Zeiten keine
regelmäßigen Flüge stattfinden, die zu einer signifikanten Erhöhung des
Tötungs- und Verletzungsrisikos führen.
Wirksamkeit: Die Maßnahme ist grundsätzlich für alle Arten wirksam. Da sie
mit erheblichen Energieverlusten verbunden ist, soll sie aber nur angeordnet
werden, wenn keine andere Maßnahme zur Verfügung steht.