§ 1 - Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG)

§ 1 Aufhebung rechtsstaatswidriger Entscheidungen


§ 1 hat 1 frühere Fassung und wird in 10 Vorschriften zitiert

(1) Die strafrechtliche Entscheidung eines staatlichen deutschen Gerichts in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) aus der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990 ist auf Antrag für rechtsstaatswidrig zu erklären und aufzuheben (Rehabilitierung), soweit sie mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar ist, insbesondere weil

1.
die Entscheidung politischer Verfolgung gedient hat; dies gilt in der Regel für Verurteilungen nach folgenden Vorschriften:

a)
Landesverräterische Nachrichtenübermittlung (§ 99 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);

b)
Staatsfeindlicher Menschenhandel (§ 105 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);

c)
Staatsfeindliche Hetze (§ 106 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);

d)
Ungesetzliche Verbindungsaufnahme (§ 219 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);

e)
Ungesetzlicher Grenzübertritt (§ 213 Abs. 1, 2, 3 Satz 2 Nr. 3 bis 6, oder Abs. 4 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);

f)
Boykotthetze gemäß Artikel 6 Abs. 2 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1949 (GBl. I Nr. 1 S. 5);

g)
Wehrdienstentziehung und Wehrdienstverweigerung (§ 256 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33) oder § 43 des Gesetzes über den Wehrdienst in der Deutschen Demokratischen Republik vom 25. März 1982 (GBl. I Nr. 12 S. 221);

h)
nach Vorschriften, die den unter den Buchstaben a bis g genannten Vorschriften inhaltlich entsprechen, sowie

i)
Hochverrat, Spionage, Anwerbenlassen zum Zwecke der Spionage, Landesverräterische Agententätigkeit, Staatsverbrechen, die gegen einen verbündeten Staat gerichtet sind, Unterlassung der Anzeige einer dieser Straftaten, Geheimnisverrat (§§ 96, 97, 98, 100, 108, 225 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit diesen Vorschriften, §§ 245 oder 246 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33) oder nach inhaltlich entsprechenden Vorschriften, wenn die Tat für die Bundesrepublik Deutschland, einen mit ihr verbündeten Staat oder für eine Organisation begangen worden sein soll, die den Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung verpflichtet ist, oder

2.
die angeordneten Rechtsfolgen in grobem Missverhältnis zu der zu Grunde liegenden Tat stehen.

(2) Mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar sind die Entscheidungen des Landgerichts Chemnitz, Außenstelle Waldheim, aus dem Jahr 1950 ("Waldheimer Prozesse").

(3) Ist eine Entscheidung auf die Verletzung mehrerer Strafvorschriften gestützt und liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 nur hinsichtlich eines Teiles der Strafvorschriften vor, kann die Entscheidung insgesamt aufgehoben werden, wenn die übrigen Gesetzesverletzungen für die Anordnung der Rechtsfolgen von untergeordneter Bedeutung gewesen sind.

(4) Kommt eine vollständige Aufhebung der Entscheidung nicht in Betracht, hebt das Gericht den Teil der Entscheidung auf, für den die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen.

(5) Für strafrechtliche Maßnahmen, die keine gerichtlichen Entscheidungen sind, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend.

(6) 1Ein Antrag nach Absatz 1 ist unzulässig, soweit nach dem 2. Oktober 1990 über einen auf denselben Sachverhalt gestützten zulässigen Antrag auf Rehabilitierung oder Kassation rechtskräftig entschieden worden ist. 2Dies gilt nicht, soweit dargelegt wird, dass der frühere Antrag nach den Vorschriften dieses Gesetzes in der zum Zeitpunkt der Entscheidung über den erneuten Antrag geltenden Fassung Erfolg gehabt hätte. 3Hat ein erneuter Antrag nach Satz 2 Erfolg, so sind Leistungen, die der Antragsteller gemäß § 18 Absatz 4 in der vom 29. November 2019 bis einschließlich 30. Juni 2025 geltenden Fassung erhalten hat, auf Folgeansprüche nach Maßgabe dieses Gesetzes anzurechnen. 4Die Stiftung für ehemalige politisch Verfolgte nach § 1 des Gesetzes über die Stiftung für ehemalige politisch Verfolgte vom 25. Februar 2025 (BGBl. 2025 I Nr. 63) hat den für Leistungen nach diesem Gesetz zuständigen Behörden Auskunft zu erteilen über die von ihr gewährten Unterstützungsleistungen gemäß § 18 Absatz 4 in der vom 29. November 2019 bis einschließlich 30. Juni 2025 geltenden Fassung, soweit dies zur Prüfung einer Anrechnung erforderlich ist.


Text in der Fassung des Artikels 3 Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR und zur Änderung weiterer Vorschriften G. v. 25. Februar 2025 BGBl. 2025 I Nr. 63 m.W.v. 1. Juli 2025

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Frühere Fassungen von § 1 StrRehaG

Die nachfolgende Aufstellung zeigt alle Änderungen dieser Vorschrift. Über die Links aktuell und vorher können Sie jeweils alte Fassung (a.F.) und neue Fassung (n.F.) vergleichen. Beim Änderungsgesetz finden Sie dessen Volltext sowie die Begründung des Gesetzgebers.

vergleichen mitmWv (verkündet)neue Fassung durch
aktuell vorher 01.07.2025Artikel 3 Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR und zur Änderung weiterer Vorschriften
vom 25.02.2025 BGBl. 2025 I Nr. 63

Bitte beachten Sie, dass rückwirkende Änderungen - soweit vorhanden - nach dem Verkündungsdatum des Änderungstitels (Datum in Klammern) und nicht nach dem Datum des Inkrafttretens in diese Liste einsortiert sind.



 
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Zitierungen von § 1 StrRehaG

Sie sehen die Vorschriften, die auf § 1 StrRehaG verweisen. Die Liste ist unterteilt nach Zitaten in StrRehaG selbst, Ermächtigungsgrundlagen, anderen geltenden Titeln, Änderungsvorschriften und in aufgehobenen Titeln.
 
interne Verweise

§ 3 StrRehaG Folgeansprüche
... Die Aufhebung einer Entscheidung nach § 1 begründet Ansprüche nach Maßgabe dieses Gesetzes. (2) Wird eine ...
§ 4 StrRehaG Beendigung der Vollstreckung
... Entscheidung, wenn die Vollstreckung noch nicht beendet ist. Durch einen Antrag nach § 1 wird die Vollstreckung einer noch nicht vollstreckten Rechtsfolge nicht gehemmt. Das ...
§ 5 StrRehaG Bundeszentralregister
... aufgehoben ist, wird entfernt. (4) Die Zurückweisung eines Antrags nach § 1 ist im Bundeszentralregister zu vermerken, falls die angegriffene gerichtliche Entscheidung im ...
§ 7 StrRehaG Antrag (vom 29.11.2019)
... Der Antrag nach § 1 kann 1. von dem durch die Entscheidung unmittelbar in seinen Rechten Betroffenen oder ...
§ 8 StrRehaG Zuständiges Gericht
... Für die Entscheidung nach § 1 ist das Bezirksgericht oder das an dessen Sitz errichtete Landgericht zuständig, in dessen ...
§ 13 StrRehaG Beschwerde
... Missverhältnis zu der zu Grunde liegenden Tat stehen, oder b) einen Antrag nach § 1 Abs. 6 als unzulässig verworfen hat. Satz 1 Nr. 2 gilt nicht, soweit die ...
§ 22 StrRehaG Leistungen der Sozialen Entschädigung für Hinterbliebene (vom 01.01.2024)
... anzuwenden. (2) Ist ein Todesurteil infolge einer strafrechtlichen Entscheidung nach § 1 am Betroffenen vollstreckt worden, gilt Absatz 1 ...
§ 25 StrRehaG Zuständigkeiten (vom 01.01.2024)
... einen Gewahrsam, der auf einer Verurteilung durch ein deutsches Gericht oder auf einer der in § 1 Abs. 5 genannten strafrechtlichen Maßnahmen beruht, wenn diese Bescheinigung vor Inkrafttreten ... im Beitrittsgebiet dort ohne Verurteilung durch ein deutsches Gericht oder ohne eine der in § 1 Abs. 5 genannten strafrechtlichen Maßnahmen in Gewahrsam genommen oder in Gewahrsam gehalten ...
 
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Zitate in Änderungsvorschriften

Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR und zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes
G. v. 22.11.2019 BGBl. I S. 1752
Artikel 1 RehaRVG Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes
... und 4. die Person nach Nummer 1 infolge der freiheitsentziehenden Maßnahme nach § 1 auch in Verbindung mit § 2 rehabilitiert worden ist, für sie eine Bescheinigung nach ...

Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR und zur Änderung weiterer Vorschriften
G. v. 25.02.2025 BGBl. 2025 I Nr. 63
Artikel 3 StepVGEG Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes
... Juni 2021 (BGBl. I S. 1387) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. § 1 Absatz 6 wird wie folgt geändert: a) In Satz 2 werden nach dem Wort „Gesetzes" ...


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