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Verordnung über Anforderungen an eine nachhaltige Herstellung von flüssiger Biomasse zur Stromerzeugung (Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung - BioSt-NachV)

V. v. 23.07.2009 BGBl. I S. 2174 (Nr. 46); aufgehoben durch Artikel 4 V. v. 02.12.2021 BGBl. I S. 5126
Geltung ab 24.08.2009, abweichend siehe § 79; FNA: 754-22-3 Energieversorgung
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Teil 1 Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Anwendungsbereich



Diese Verordnung gilt für flüssige Biomasse, die nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zur Erzeugung von Strom eingesetzt wird.




§ 2 Begriffsbestimmungen



(1) Biomasse im Sinne dieser Verordnung ist Biomasse im Sinne der Biomasseverordnung vom 21. Juni 2001 (BGBl. I S. 1234), die durch die Verordnung vom 9. August 2005 (BGBl. I S. 2419) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Flüssige Biomasse ist Biomasse nach Satz 1, die zum Zeitpunkt des Eintritts in den Brenn- oder Feuerraum flüssig ist.

(2) Herstellung im Sinne dieser Verordnung umfasst alle Arbeitsschritte von dem Anbau der erforderlichen Biomasse, insbesondere der Pflanzen, bis zur Aufbereitung der flüssigen Biomasse auf die Qualitätsstufe, die für den Einsatz in Anlagen zur Stromerzeugung erforderlich ist.

(3) Schnittstellen im Sinne dieser Verordnung sind

1.
Betriebe und Betriebsstätten (Betriebe), die die für die Herstellung von flüssiger Biomasse erforderliche Biomasse zum Zweck des Weiterhandelns erstmals aufnehmen

a)
von den Betrieben, die diese Biomasse anbauen und ernten, oder

b)
im Fall von Abfällen und Reststoffen von den Betrieben oder Privathaushalten, bei denen die Abfälle und Reststoffe anfallen,

2.
Ölmühlen und Fettaufbereitungsanlagen sowie

3.
Betriebe, die flüssige Biomasse so aufbereiten, dass die für den Einsatz in Anlagen zur Stromerzeugung erforderliche Qualitätsstufe erreicht wird.

(4) Letzte Schnittstelle ist die Schnittstelle, nach der keine weitere Konversion stattfindet.

(5) Zertifikate im Sinne dieser Verordnung sind Konformitätsbescheinigungen darüber, dass Schnittstellen einschließlich aller von ihnen mit der Herstellung oder dem Transport und Vertrieb (Lieferung) der Biomasse unmittelbar oder mittelbar befassten Betriebe die Anforderungen nach dieser Verordnung erfüllen.

(6) Zertifizierungsstellen im Sinne dieser Verordnung sind unabhängige natürliche oder juristische Personen, die in einem anerkannten Zertifizierungssystem

1.
Zertifikate für Schnittstellen ausstellen, wenn diese die Anforderungen nach dieser Verordnung erfüllen, und

2.
die Erfüllung der Anforderungen nach dieser Verordnung durch Betriebe, Schnittstellen und Lieferanten kontrollieren.

(7) Zertifizierungssysteme im Sinne dieser Verordnung sind Systeme, die die Erfüllung der Anforderungen nach dieser Verordnung für die Herstellung und Lieferung der Biomasse organisatorisch sicherstellen und insbesondere Standards zur näheren Bestimmung der Anforderungen nach dieser Verordnung, zum Nachweis ihrer Erfüllung sowie zur Kontrolle dieses Nachweises enthalten.

(8) Abfälle im Sinne dieser Verordnung sind Stoffe oder Gegenstände gemäß § 3 Absatz 1 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Für die Zwecke dieser Verordnung gelten Stoffe und Gegenstände nicht als Abfälle, die

1.
absichtlich erzeugt, verändert oder kontaminiert wurden, um in den Anwendungsbereich dieser Verordnung zu fallen; im Widerspruch zur Pflicht zur Abfallvermeidung nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes erzeugt worden sind,

2.
nur deshalb Abfälle sind, weil

a)
sie gemäß § 37b Absatz 1 bis 7 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes keine Biokraftstoffe sind,

b)
sie gemäß § 37b Absatz 8 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nicht auf die Verpflichtungen nach § 37a Absatz 1 Satz 1 und 2 in Verbindung mit § 37a Absatz 3 und 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes anrechenbar sind oder

c)
sie nicht der Verordnung über die Beschaffenheit und die Auszeichnung der Qualitäten von Kraft- und Brennstoffen vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1849), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 1. Dezember 2014 (BGBl. I S. 1890) geändert worden ist, entsprechen.

Satz 2 ist auch für Gemische anzuwenden, die entsprechende Abfälle enthalten. Die Sätze 1 bis 3 sind für flüssige Biomasse, die aus im Ausland angefallenen Abfällen hergestellt wurde, entsprechend anzuwenden.

(9) Reststoffe im Sinne dieser Verordnung sind

1.
Rohglycerin,

2.
Tallölpech,

3.
Gülle und Stallmist,

4.
Stroh oder

5.
Altspeisefette und Altspeiseöle.

Absatz 8 Satz 2 bis 4 ist entsprechend anzuwenden. Altspeisefette und Altspeiseöle im Sinne des Satzes 1 Nummer 5 sind pflanzliche Fette oder Öle, die zum Braten oder Frittieren von Speisen verwendet worden sind und deren Nutzung im üblichen Rahmen erfolgt ist. Die nach § 74 Absatz 1 zuständige Behörde macht im Bundesanzeiger bekannt, welche Mengen oder Nutzungsdauern einer Nutzung im üblichen Rahmen im Sinne des Satzes 3 entsprechen.

(10) Reststoffe aus der Verarbeitung im Sinne dieser Verordnung sind Stoffe, die keine Endprodukte sind, deren Herstellung durch den Produktionsprozess unmittelbar angestrebt wird; sie stellen nicht das primäre Ziel des Produktionsprozesses dar, und der Prozess wurde nicht absichtlich geändert, um sie zu produzieren.

(11) Reststoffe aus Landwirtschaft, Aquakultur, Forst- oder Fischwirtschaft im Sinne dieser Verordnung sind Stoffe, die unmittelbar in der Landwirtschaft, Aquakultur, Forst- oder Fischwirtschaft entstanden sind; sie umfassen keine Reststoffe aus damit verbundenen Wirtschaftszweigen und keine Reststoffe aus der Verarbeitung.

(12) Kulturflächen im Sinne dieser Verordnung sind

1.
Flächen mit einjährigen Pflanzen und Pflanzen mit einem Wachstumszyklus von unter einem Jahr, die für eine weitere Ernte erneut gesät oder gepflanzt werden müssen; dazu gehören auch Flächen mit mehrjährigen Pflanzen, die jährlich geerntet und bei der Ernte zerstört werden, wie zum Beispiel Maniok, Yams und Zuckerrohr; Bananen gelten als Pflanzen, die sich im Übergang zur Kategorie der Dauerkulturen befinden,

2.
Flächen, die weniger als fünf Jahre brachliegen, bevor sie erneut mit einjährigen Pflanzen bebaut werden.

Flächen mit Dauerkulturen, Waldflächen und Grünlandflächen sind keine Kulturflächen im Sinne dieser Verordnung.

(13) Dauerkulturen sind mehrjährige Kulturpflanzen, deren Stiel normalerweise nicht jährlich geerntet wird. Darunter fallen zum Beispiel Niederwald mit Kurzumtrieb, Bananen und Ölpalmen. Dauergrünland im Sinne des Artikels 4 Buchstabe h der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/1155 (ABl. L 167 vom 30.6.2017, S. 1) geändert worden ist, ist keine Dauerkultur im Sinne dieser Verordnung.




Teil 2 Nachhaltigkeitsanforderungen

§ 3 Anforderungen für die Vergütung



(1) Für Strom aus flüssiger Biomasse besteht der Anspruch auf Zahlung nach den Bestimmungen für Strom aus Biomasse des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in der für die Anlage jeweils anzuwendenden Fassung nur, wenn

1.
die Anforderungen an

a)
den Schutz natürlicher Lebensräume nach den §§ 4 bis 6 und

b)
eine nachhaltige landwirtschaftliche Bewirtschaftung nach § 7

erfüllt worden sind,

2.
die eingesetzte flüssige Biomasse das Treibhausgas-Minderungspotenzial nach § 8 aufweist und

3.
der Betreiber der Anlage, in der die flüssige Biomasse zur Stromerzeugung eingesetzt wird, die zur Registrierung der Anlage erforderlichen Angaben nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 111f des Energiewirtschaftsgesetzes übermittelt hat; die Pflicht nach dem ersten Halbsatz ist auch als erfüllt anzusehen, wenn der Anlagenbetreiber die Registrierung der Anlage im Anlagenregister nach den §§ 61 bis 63 der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung in der am 31. Juli 2014 geltenden Fassung beantragt hat.

(2) Für die Beurteilung der Anforderungen an den Schutz natürlicher Lebensräume nach den §§ 4 bis 6 ist Referenzzeitpunkt der 1. Januar 2008. Sofern keine hinreichenden Daten vorliegen, mit denen die Erfüllung der Anforderungen für diesen Tag nachgewiesen werden kann, kann als Referenzzeitpunkt ein anderer Tag im Januar 2008 gewählt werden.

(3) Absatz 1 gilt sowohl für flüssige Biomasse, die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union hergestellt wird, als auch für flüssige Biomasse, die aus Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind (Drittstaaten), importiert wird, soweit sich aus den folgenden Bestimmungen nichts anderes ergibt.

(4) Absatz 1 Nummer 1 gilt nicht für flüssige Biomasse, die aus Abfall oder aus Reststoffen hergestellt worden ist, es sei denn, die Reststoffe stammen aus der Land-, Forst- oder Fischwirtschaft oder aus Aquakulturen.




§ 4 Schutz von Flächen mit hohem Naturschutzwert



(1) Biomasse, die zur Herstellung von flüssiger Biomasse verwendet wird, darf nicht von Flächen mit einem hohen Wert für die biologische Vielfalt stammen.

(2) Als Flächen mit einem hohen Wert für die biologische Vielfalt gelten alle Flächen, die zum Referenzzeitpunkt oder später folgenden Status hatten, unabhängig davon, ob die Flächen diesen Status noch haben:

1.
bewaldete Flächen nach Absatz 3,

2.
Naturschutzzwecken dienende Flächen nach Absatz 4 oder

3.
Grünland mit großer biologischer Vielfalt nach Absatz 5.

(3) Bewaldete Flächen sind

1.
Primärwälder und

2.
sonstige naturbelassene Flächen,

a)
die mit einheimischen Baumarten bewachsen sind,

b)
in denen es kein deutlich sichtbares Anzeichen für menschliche Aktivität gibt und

c)
in denen die ökologischen Prozesse nicht wesentlich gestört sind.

(4) 1Naturschutzzwecken dienende Flächen sind Flächen, die durch Gesetz oder von der zuständigen Behörde für Naturschutzzwecke ausgewiesen worden sind. 2Sofern die Kommission der Europäischen Gemeinschaften auf Grund des Artikels 18 Absatz 4 Unterabsatz 2 Satz 3 der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG (ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 16) Flächen für den Schutz seltener, bedrohter oder gefährdeter Ökosysteme oder Arten, die

1.
in internationalen Übereinkünften anerkannt werden oder

2.
in den Verzeichnissen zwischenstaatlicher Organisationen oder der Internationalen Union für die Erhaltung der Natur aufgeführt sind,

für die Zwecke des Artikels 17 Absatz 3 Buchstabe b Nummer ii dieser Richtlinie anerkennt, gelten diese Flächen auch als Naturschutzzwecken dienende Flächen. 3Absatz 1 gilt nicht, sofern Anbau und Ernte der Biomasse den genannten Naturschutzzwecken nicht zuwiderlaufen.

(5) 1Grünland mit großer biologischer Vielfalt ist Grünland, das ohne Eingriffe von Menschenhand

1.
Grünland bleiben würde und dessen natürliche Artenzusammensetzung sowie ökologische Merkmale und Prozesse intakt sind (natürliches Grünland) oder

2.
kein Grünland bleiben würde und das artenreich und nicht degradiert ist (künstlich geschaffenes Grünland), es sei denn, dass die Ernte der Biomasse zur Erhaltung des Grünlandstatus erforderlich ist.

2Im Übrigen ist die Verordnung (EU) Nr. 1307/2014 der Kommission vom 8. Dezember 2014 zur Festlegung der Kriterien und geografischen Verbreitungsgebiete zur Bestimmung von Grünland mit großer biologischer Vielfalt für die Zwecke des Artikels 7b Absatz 3 Buchstabe c der Richtlinie 98/70/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Qualität von Otto- und Dieselkraftstoffen und des Artikels 17 Absatz 3 Buchstabe c der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (ABl. L 351 vom 9.12.2014, S. 3) in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.