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Verordnung über die für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz geltenden Voraussetzungen für die Ausübung eines zulassungspflichtigen Handwerks (EU/EWR-Handwerk-Verordnung - EU/EWR HwV)

V. v. 18.03.2016 BGBl. I S. 509 (Nr. 13); zuletzt geändert durch Artikel 2 V. v. 26.10.2021 BGBl. I S. 4740
Geltung ab 01.04.2016; FNA: 7110-1-8 Handwerk im Allgemeinen
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Abschnitt 1 Eintragung in die Handwerksrolle

§ 3 Anerkennung von Ausbildungs- und Befähigungsnachweisen



(1) 1Die Ausnahmebewilligung wird vorbehaltlich der Anordnung von Ausgleichsmaßnahmen nach § 5 auch erteilt, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller in einem anderen Herkunftsstaat eine berufliche Qualifikation erworben hat, die dort Voraussetzung für die Ausübung zumindest einer wesentlichen Tätigkeit des betreffenden Gewerbes ist. 2Die berufliche Qualifikation muss durch die Vorlage eines Ausbildungs- oder Befähigungsnachweises nachgewiesen werden.

(2) 1Die Ausnahmebewilligung wird vorbehaltlich der Anordnung von Ausgleichsmaßnahmen nach § 5 auch erteilt, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller in einem anderen Herkunftsstaat, in dem für die Ausübung des betreffenden Gewerbes keine bestimmte berufliche Qualifikation notwendig ist, eine reglementierte Ausbildung abgeschlossen hat. 2Eine reglementierte Ausbildung ist eine Ausbildung,

1.
die auf die Ausübung eines bestimmten Berufes ausgerichtet ist und aus einem oder mehreren abgeschlossenen Ausbildungsgängen besteht, dies gegebenenfalls ergänzt durch ein Berufspraktikum oder eine Berufspraxis, und

2.
deren Aufbau und Niveau

a)
durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften festgelegt sind oder

b)
von einer Behörde, die zur Kontrolle und Genehmigung bestimmt ist, kontrolliert oder genehmigt werden müssen.

(3) 1Die Ausnahmebewilligung wird vorbehaltlich der Anordnung von Ausgleichsmaßnahmen nach § 5 auch erteilt, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller nachweist, dass sie oder er in einem der anderen Herkunftsstaaten, in dem weder die Ausbildung für diesen Beruf noch der Beruf selbst reglementiert ist, eine wesentliche Tätigkeit des Berufes als Vollzeitbeschäftigung mindestens ein Jahr oder als entsprechende Teilzeitbeschäftigung tatsächlich und rechtmäßig ausgeübt hat und mit einem Ausbildungs- oder Befähigungsnachweis nachweist, dass sie oder er fachlich durch eine Ausbildung auf die Ausübung dieses Berufes vorbereitet wurde. 2Beschäftigungszeiten, die länger als zehn Jahre vor der Antragstellung liegen, bleiben unberücksichtigt.

(4) 1Ausbildungen, die in einem anderen Herkunftsstaat auf Voll- oder entsprechender Teilzeitbasis im Rahmen von Ausbildungsprogrammen erfolgreich abgeschlossen wurden, sind den in den Absätzen 1 bis 3 genannten beruflichen Qualifikationen gleichgestellt, wenn sie

1.
von diesem Herkunftsstaat im Hinblick auf die jeweilige Tätigkeit als gleichwertig anerkannt werden und

2.
in Bezug auf die Aufnahme oder Ausübung eines Berufes in diesem Herkunftsstaat dieselben Rechte verleihen oder auf die Ausübung dieses Berufes vorbereiten.

2Dies gilt auch, wenn eine Ausbildung in einem anderen Herkunftsstaat durchgeführt wurde und aus Gründen des Bestandsschutzes auch dann zur Ausübung eines Berufes berechtigt, wenn die berufliche Qualifikation nicht oder nicht mehr den derzeitigen Anforderungen dieses Herkunftsstaates entspricht.

(5) Ausbildungen, die in einem Staat, der kein Herkunftsstaat ist, erfolgreich abgeschlossen wurden, sind den in den Absätzen 1 bis 3 genannten beruflichen Qualifikationen gleichgestellt, wenn

1.
ein anderer Herkunftsstaat der Antragstellerin oder dem Antragsteller aufgrund dieser Ausbildung die Ausübung eines Berufes gestattet hat, für den dieser Herkunftsstaat eine bestimmte Qualifikation voraussetzt, und

2.
die Antragstellerin oder der Antragsteller diesen Beruf dort mindestens drei Jahre als Vollzeitbeschäftigung oder als entsprechende Teilzeitbeschäftigung ausgeübt hat.


§ 4 Gemeinsame Ausbildungsrahmen und Ausbildungsprüfungen



(1) 1Die Ausnahmebewilligung wird auch erteilt, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller in einem anderen Herkunftsstaat für das betreffende Gewerbe erfolgreich einen gemeinsamen Ausbildungsrahmen durchlaufen hat. 2Ein gemeinsamer Ausbildungsrahmen ist ein Ausbildungsrahmen, der auf Grundlage der Artikel 49a und 57c der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22), die zuletzt durch die Richtlinie 2013/55/EU (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 132) geändert worden ist, von der Europäischen Kommission als delegierter Rechtsakt erlassen und in der Bundesrepublik Deutschland eingeführt wurde. 3Ein gemeinsamer Ausbildungsrahmen deckt ein gemeinsames Spektrum von Kenntnissen, Fähigkeiten und Kompetenzen ab, die für die Ausübung des betreffenden Berufes mindestens erforderlich sind.

(2) 1Die Ausnahmebewilligung wird auch erteilt, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller in einem anderen Herkunftsstaat für das betreffende Gewerbe eine gemeinsame Ausbildungsprüfung bestanden hat. 2Eine gemeinsame Ausbildungsprüfung ist eine Ausbildungsprüfung, die auf Grundlage der Artikel 49b und 57c der Richtlinie 2005/36/EG von der Europäischen Kommission als delegierter Rechtsakt erlassen und in der Bundesrepublik Deutschland eingeführt wurde. 3Die gemeinsame Ausbildungsprüfung ist eine standardisierte Eignungsprüfung, die den Inhabern und Inhaberinnen einer bestimmten Berufsqualifikation vorbehalten ist.


§ 5 Ausgleichsmaßnahmen



(1) 1Die zuständige Behörde kann von der Antragstellerin oder dem Antragsteller vor der Erteilung einer Ausnahmebewilligung als Ausgleichsmaßnahme die Teilnahme an einem höchstens dreijährigen Anpassungslehrgang oder das Ablegen einer Eignungsprüfung verlangen, wenn

1.
die bisherige Ausbildung der Antragstellerin oder des Antragstellers sich auf Fächer oder Handlungsfelder bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die durch eine inländische Meisterprüfung in dem entsprechenden Handwerk abgedeckt werden, oder

2.
das Gewerbe, für das eine Ausnahmebewilligung beantragt wird, im Inland wesentliche Tätigkeiten umfasst, die im Herkunftsstaat der Antragstellerin oder des Antragstellers nicht Bestandteil des entsprechenden Berufes sind und, wenn dieser Unterschied in einer besonderen Ausbildung besteht, die im Inland erforderlich ist und sich auf Fächer oder Handlungsfelder bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die durch den vorgelegten Befähigungs- oder Ausbildungsnachweis abgedeckt werden.

2Die Antragstellerin oder der Antragsteller kann zwischen der Teilnahme an einem Anpassungslehrgang oder dem Ablegen einer Eignungsprüfung als Ausgleichsmaßnahme wählen.

(2) Ausgleichsmaßnahmen werden nicht angeordnet

1.
in den Fällen der §§ 2 und 4,

2.
wenn die von der Antragstellerin oder dem Antragsteller im Rahmen der Berufserfahrung erworbenen Kenntnisse geeignet sind, die in Absatz 1 genannten Unterschiede auszugleichen, oder

3.
wenn die von der Antragstellerin oder dem Antragsteller durch lebenslanges Lernen erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen, die hierfür von einer zuständigen Behörde oder öffentlichen Einrichtung des anderen Herkunftsstaates als gültig anerkannt wurden, den wesentlichen Unterschied in Bezug auf die Fächer oder Handlungsfelder gemäß Absatz 1 Nummer 1 ausgleichen können; das lebenslange Lernen umfasst jegliche Aktivitäten der allgemeinen, beruflichen und sonstigen Bildung sowie des informellen Lernens während des gesamten Lebens, aus denen sich eine Verbesserung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Kompetenzen ergibt.