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Gesetz über Vermögensanlagen (Vermögensanlagengesetz - VermAnlG)

Artikel 1 G. v. 06.12.2011 BGBl. I S. 2481 (Nr. 63); zuletzt geändert durch Artikel 12 G. v. 11.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 354
Geltung ab 01.06.2012, abweichend siehe Artikel 26; FNA: 4110-11 Börsenvorschriften
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Abschnitt 2 Verkaufsprospekt, Vermögensanlagen-Informationsblatt und Information der Anleger

Unterabschnitt 1 Pflichten des Anbieters

§ 6 Pflicht zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts



Ein Anbieter, der im Inland Vermögensanlagen öffentlich anbietet, muss einen Verkaufsprospekt nach diesem Gesetz veröffentlichen, sofern nicht bereits nach anderen Vorschriften eine Prospektpflicht besteht oder ein gültiger Verkaufsprospekt nach den Vorschriften dieses Gesetzes bereits veröffentlicht worden ist.




§ 7 Inhalt des Verkaufsprospekts; Verordnungsermächtigung



(1) 1Der Verkaufsprospekt muss alle tatsächlichen und rechtlichen Angaben enthalten, die notwendig sind, um dem Publikum eine zutreffende Beurteilung des Emittenten der Vermögensanlagen und der Vermögensanlagen selbst einschließlich der Anlegergruppe, auf die die Vermögensanlage abzielt, zu ermöglichen. 2Bestehen die Vermögensanlagen aus Anteilen an einem Treuhandvermögen und besteht dieses ganz oder teilweise aus einem Anteil an einer Gesellschaft, so muss der Verkaufsprospekt auch die entsprechenden Angaben zu dieser Gesellschaft enthalten.

(2) 1Der Verkaufsprospekt hat mit einem Deckblatt zu beginnen, das einen deutlichen Hinweis darauf enthalten muss, dass die inhaltliche Richtigkeit der Angaben im Verkaufsprospekt nicht Gegenstand der Prüfung des Verkaufsprospekts durch die Bundesanstalt ist. 2Ferner ist an hervorgehobener Stelle im Verkaufsprospekt ein ausdrücklicher Hinweis darauf aufzunehmen, dass bei fehlerhaftem Verkaufsprospekt Haftungsansprüche nur dann bestehen können, wenn die Vermögensanlage während der Dauer des öffentlichen Angebots, spätestens jedoch innerhalb von zwei Jahren nach dem ersten öffentlichen Angebot der Vermögensanlagen im Inland, erworben wird. 3Im Verkaufsprospekt darf weder der Begriff „Fonds" noch ein Begriff, der diesen Begriff enthält, zur Bezeichnung des Anbieters, des Emittenten oder der Vermögensanlage verwendet werden. 4Der Verkaufsprospekt darf sich jeweils nur auf eine bestimmte Vermögensanlage beziehen. 5Verkaufsprospekte für verschiedene Vermögensanlagen desselben Emittenten können drucktechnisch in einem Dokument zusammengefasst werden. 6Die Anzahl der in einem Dokument zusammengefassten Verkaufsprospekte bemisst sich nach der Anzahl der Vermögensanlagen.

(3) 1Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz die zum Schutz des Publikums erforderlichen Vorschriften über die Sprache, den Inhalt und den Aufbau des Verkaufsprospekts zu erlassen, insbesondere über

1.
die erforderlichen Angaben zu den Personen oder Gesellschaften, die die Verantwortung für den Inhalt des Verkaufsprospekts insgesamt oder für bestimmte Angaben übernehmen,

1a.
die erforderlichen Angaben zum Mittelverwendungskontrolleur, seiner Unabhängigkeit und zur Mittelverwendungskontrolle,

2.
die Beschreibung der angebotenen Vermögensanlagen und ihre Hauptmerkmale sowie die verfolgten Anlageziele der Vermögensanlage einschließlich der finanziellen Ziele und der Anlagepolitik,

2a.
die erforderlichen Angaben zu der Anlegergruppe, auf die die Vermögensanlage abzielt, vor allem im Hinblick auf den Anlagehorizont des Anlegers und zu möglichen Verlusten, die sich aus der Anlage ergeben können,

3.
die erforderlichen Angaben über die Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 2,

4.
die erforderlichen Angaben zu dem Emittenten der Vermögensanlagen, zu seinem Kapital und seiner Geschäftstätigkeit, seiner Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, einschließlich des Jahresabschlusses und des Lageberichts sowie deren Offenlegung,

5.
die erforderlichen Angaben zu den Geschäftsaussichten des Emittenten der Vermögensanlagen und über seine Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane und

6.
die beizufügenden Unterlagen.

2In der Rechtsverordnung nach Satz 1 können auch Ausnahmen bestimmt werden, in denen von der Aufnahme einzelner Angaben in den Verkaufsprospekt abgesehen werden kann,

1.
wenn beim Emittenten der Vermögensanlagen, bei den angebotenen Vermögensanlagen oder bei dem Kreis der mit dem Angebot angesprochenen Anleger besondere Umstände vorliegen und den Interessen des Publikums durch eine anderweitige Unterrichtung ausreichend Rechnung getragen ist oder

2.
wenn diese Angaben von geringer Bedeutung sind oder durch ihre Aufnahme in den Verkaufsprospekt ein erheblicher Schaden beim Emittenten der Vermögensanlagen zu befürchten wäre.




§ 8 Billigung des Verkaufsprospekts



(1) 1Ein Verkaufsprospekt darf vor seiner Billigung nicht veröffentlicht werden. 2Die Bundesanstalt entscheidet über die Billigung vorbehaltlich Absatz 4 Satz 4 nach Abschluss einer Vollständigkeitsprüfung des Verkaufsprospekts einschließlich einer Prüfung der Kohärenz und Verständlichkeit seines Inhalts. 3Bei der Prüfung der Kohärenz prüft die Bundesanstalt insbesondere, ob für das laufende und das folgende Geschäftsjahr die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten, die Geschäftsaussichten sowie ihre Auswirkungen auf die Fähigkeit des Emittenten, seinen Verpflichtungen gegenüber dem Anleger nachzukommen, im Verkaufsprospekt widerspruchsfrei dargestellt werden.

(2) Die Bundesanstalt teilt dem Anbieter innerhalb von 20 Arbeitstagen nach Eingang des Verkaufsprospekts ihre Entscheidung mit.

(3) 1Hat die Bundesanstalt Anhaltspunkte dafür, dass der Verkaufsprospekt unvollständig ist oder es ergänzender Informationen bedarf, gilt die in Absatz 2 genannte Frist erst ab dem Zeitpunkt, zu dem diese Informationen eingehen. 2Die Bundesanstalt soll den Anbieter über die nach ihrer Auffassung vorliegende Unvollständigkeit des Verkaufsprospekts oder über die Notwendigkeit ergänzender Informationen innerhalb von zehn Arbeitstagen ab Eingang des Verkaufsprospekts informieren.

(4) 1Hat die Bundesanstalt aufgrund der Beschreibung der Vermögensanlage im Verkaufsprospekt oder sonstiger der Bundesanstalt bekannten Tatsachen Anhaltspunkte dafür, dass Anlegerschutzbedenken im Hinblick auf § 15 des Wertpapierhandelsgesetzes bestehen, setzt sie das Prospektprüfungsverfahren solange aus, bis das Verfahren nach § 15 des Wertpapierhandelsgesetzes abgeschlossen ist. 2Die Bundesanstalt teilt dem Anbieter die Aussetzung und den Zeitpunkt der Aussetzung mit. 3Die in Absatz 2 genannte Frist beginnt ab dem Zeitpunkt erneut, zu dem die Bundesanstalt die Prüfung nach § 15 Wertpapierhandelsgesetz beendet und dies dem Anbieter mitgeteilt hat. 4Endet das Verfahren nach § 15 Wertpapierhandelsgesetz mit einem Verbot, versagt die Bundesanstalt die Billigung. 5Ergeht innerhalb von zwölf Monaten nach Eingang des Antrags auf Billigung des Verkaufsprospekts keine Entscheidung nach § 15 des Wertpapierhandelsgesetzes, gilt das Prospektprüfungsverfahren als beendet.




§ 8a Gültigkeit des Verkaufsprospekts



Ein Verkaufsprospekt ist nach seiner Billigung zwölf Monate lang für öffentliche Angebote gültig, sofern er um die nach § 11 erforderlichen Nachträge ergänzt wird.




§ 9 Frist und Form der Veröffentlichung



(1) Der Verkaufsprospekt muss mindestens einen Arbeitstag vor dem öffentlichen Angebot nach Maßgabe des Absatzes 2 Satz 1 und 2 veröffentlicht werden.

(2) 1Der Verkaufsprospekt ist in der Form zu veröffentlichen, dass er

1.
auf der Internetseite des Anbieters und im Bundesanzeiger veröffentlicht wird oder

2.
auf der Internetseite des Anbieters veröffentlicht und bei den im Verkaufsprospekt benannten Zahlstellen zur kostenlosen Ausgabe bereitgehalten wird; dies ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

2Werden Vermögensanlagen über ein elektronisches Informationsverbreitungssystem angeboten, ist der Verkaufsprospekt auch in diesem zu veröffentlichen; in dem Angebot ist auf die Fundstelle im elektronischen Informationsverbreitungssystem hinzuweisen. 3Der Anbieter hat der Bundesanstalt Datum und Ort der Veröffentlichung unverzüglich elektronisch über ihr Melde- und Veröffentlichungssystem mitzuteilen.

(3) 1Die Bundesanstalt veröffentlicht auf ihrer Internetseite die nach § 8 gebilligten Verkaufsprospekte. 2Diese bleiben zehn Jahre lang auf der Internetseite öffentlich zugänglich. 3Die Bundesanstalt veröffentlicht auf ihrer Internetseite auch Nachträge zu Verkaufsprospekten nach § 14 Absatz 3 Satz 1; Satz 2 gilt entsprechend.




§ 10 Mitteilung der Beendigung des öffentlichen Angebots und der vollständigen Tilgung



(1) 1Der Anbieter hat der Bundesanstalt die Beendigung des öffentlichen Angebots sowie die vollständige Tilgung der Vermögensanlage unter Angabe des jeweiligen Datums, der konkreten Bezeichnung der Vermögensanlage und des Emittenten unverzüglich elektronisch über ihr Melde- und Veröffentlichungssystem mitzuteilen. 2Die vollständige Tilgung der Vermögensanlage ist erfolgt, wenn die Hauptforderung sowie alle Nebenleistungen gezahlt sind.

(2) 1Bis zum Eingang der betreffenden Mitteilung nach Absatz 1 Satz 1 bei der Bundesanstalt gilt das öffentliche Angebot oder die Tilgung der Vermögensanlage als fortdauernd. 2Unterlässt der Anbieter die Mitteilung nach Absatz 1 Satz 1, gilt das öffentliche Angebot im Hinblick auf die Pflichten nach den §§ 11 und 11a mit dem Ablauf der Gültigkeit des Verkaufsprospekts als beendet.




§ 11 Veröffentlichung ergänzender Angaben



(1) 1Jeder wichtige neue Umstand oder jede wesentliche Unrichtigkeit in Bezug auf die im Verkaufsprospekt enthaltenen Angaben, die die Beurteilung der Vermögensanlagen oder des Emittenten beeinflussen könnten und die nach der Billigung des Prospekts und während der Dauer des öffentlichen Angebots auftreten oder festgestellt werden, ist in einem Nachtrag zum Verkaufsprospekt gemäß Satz 5 zu veröffentlichen. 2Ein wichtiger neuer Umstand im Sinne von Satz 1 ist insbesondere

1.
jeder neu offengelegte Jahresabschluss und Lagebericht des Emittenten,

2.
jeder neu offengelegte Konzernabschluss des Emittenten,

2a.
jeder neue Bericht des Mittelverwendungskontrolleurs, der eine abweichende Verwendung der freigegebenen Mittel feststellt, sowie

3.
jeder Umstand, der sich auf die Geschäftsaussichten des Emittenten mindestens für das laufende Geschäftsjahr erheblich auswirkt und geeignet ist, die Fähigkeiten des Emittenten zur Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber dem Anleger erheblich zu beeinträchtigen.

3Der Anbieter hat den Nachtrag unverzüglich nach dem Auftreten eines nach Satz 1 zu veröffentlichenden Umstands oder der Feststellung einer nach Satz 1 zu veröffentlichenden Unrichtigkeit zu erstellen und der Bundesanstalt zur Billigung einzureichen. 4Die Bundesanstalt hat den Nachtrag nach Eingang binnen einer Frist von zehn Arbeitstagen entsprechend § 8 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 3 zu billigen. 5Die Veröffentlichung muss nach der Billigung unverzüglich in entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 Satz 1 und 2 vorgenommen werden.

(2) 1Anleger, die vor der Veröffentlichung des Nachtrags eine auf den Erwerb oder die Zeichnung der Vermögensanlagen gerichtete Willenserklärung abgegeben haben, können diese innerhalb einer Frist von zwei Arbeitstagen nach Veröffentlichung des Nachtrags widerrufen, sofern noch keine Erfüllung eingetreten ist. 2Der Widerruf muss keine Begründung enthalten und ist in Textform gegenüber der im Nachtrag als Empfänger des Widerrufs bezeichneten Person zu erklären; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung. 3Auf die Rechtsfolgen des Widerrufs ist § 357b des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. 4Der Nachtrag muss an hervorgehobener Stelle eine Belehrung über das Widerrufsrecht enthalten.

(3) 1Der Anbieter hat neben dem von der Bundesanstalt gebilligten Verkaufsprospekt eine um sämtliche Nachträge ergänzte Fassung des Verkaufsprospekts zu veröffentlichen. 2Dabei ist der nachtragspflichtige Umstand jeweils an der Stelle einzufügen, an der der Verkaufsprospekt geändert wird. 3Die jeweiligen Änderungen gegenüber dem von der Bundesanstalt gebilligten Verkaufsprospekt sind kenntlich zu machen. 4§ 9 Absatz 2 Satz 1 und 2 gilt entsprechend. 5Der von der Bundesanstalt gebilligte Verkaufsprospekt und die einzelnen Nachträge sind bis zur vollständigen Tilgung der Vermögensanlage nach § 9 Absatz 2 Satz 1 und 2 zugänglich zu machen.




§ 11a Veröffentlichungspflichten nach Beendigung des öffentlichen Angebots; Verordnungsermächtigung



(1) 1Der Emittent einer Vermögensanlage ist nach Beendigung des öffentlichen Angebots einer Vermögensanlage verpflichtet, jede Tatsache, die sich auf ihn oder die von ihm emittierte Vermögensanlage unmittelbar bezieht und nicht öffentlich bekannt ist, unverzüglich gemäß Absatz 3 Satz 1 zu veröffentlichen, wenn sie geeignet ist, die Fähigkeit des Emittenten zur Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber dem Anleger erheblich zu beeinträchtigen. 2Eine Tatsache im Sinne des Satzes 1 ist insbesondere

1.
die drohende Zahlungsunfähigkeit des Emittenten,

2.
ein Zahlungsverzug des Emittenten gegenüber Anlegern von Vermögensanlagen,

3.
die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen von Gesellschaften, gegenüber denen der Emittent erhebliche Zahlungsforderungen hat oder deren Insolvenz zu einer Zahlungsunfähigkeit des Emittenten führen kann,

4.
die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Konzernmitglieds des Emittenten, sofern dies zu einem Zahlungsverzug des Emittenten gegenüber den Anlegern oder einer Zahlungsunfähigkeit des Emittenten führen kann,

5.
der Ausfall von wesentlichen Vertragspartnern des Emittenten.

3Die Verpflichtung nach Satz 1 entfällt mit der vollständigen Tilgung der Vermögensanlage.

(2) 1Der Emittent hat die Tatsache vor der Zuleitung nach Absatz 3 der Bundesanstalt mitzuteilen. 2Die Bundesanstalt macht die Tatsache spätestens am dritten Arbeitstag nach Eingang auf ihrer Internetseite bekannt.

(3) 1Die betreffenden Tatsachen sind zur Veröffentlichung Medien zuzuleiten, einschließlich solcher, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass sie die Information im Inland verbreiten und jederzeit zugänglich sind. 2Der Bundesanstalt ist die Veröffentlichung unter Angabe des Textes der Veröffentlichung, der Medien, an die die Information gesandt wurde, sowie des genauen Zeitpunkts der Versendung an die Medien mitzuteilen.

(4) 1Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über den Mindestinhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form

1.
der Veröffentlichung nach Absatz 3 Satz 1 und

2.
der Mitteilung nach Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 Satz 2.

2Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen.