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Kapitel 1 - Messstellenbetriebsgesetz (MsbG)

Artikel 1 G. v. 29.08.2016 BGBl. I S. 2034 (Nr. 43); zuletzt geändert durch Artikel 7 G. v. 08.05.2024 BGBl. 2024 I Nr. 151
Geltung ab 02.09.2016; FNA: 752-10 Elektrizität und Gas
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Teil 3 Regelungen zur Datenkommunikation in intelligenten Energienetzen

Kapitel 1 Berechtigte; Allgemeine Anforderungen an die Datenverarbeitung

§ 49 Verarbeitung personenbezogener Daten



(1) 1Personenbezogene Daten dürfen ausschließlich von den in Absatz 2 genannten Stellen verarbeitet werden (berechtigte Stellen). 2Eine Verarbeitung dieser Daten nach anderen Rechtsvorschriften des Bundes oder der Länder ist unzulässig.

(2) Zur Verarbeitung dieser Daten sind berechtigt:

1.
Messstellenbetreiber,

2.
Netzbetreiber,

3.
Bilanzkoordinatoren,

4.
Bilanzkreisverantwortliche,

5.
Direktvermarktungsunternehmer nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz,

6.
Energielieferanten sowie

7.
jede Stelle, die über eine Einwilligung des Anschlussnutzers verfügt, die den Anforderungen des Artikels 7 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung genügt.

(3) Die berechtigten Stellen können die Verarbeitung auch von personenbezogenen Daten durch einen Auftragsverarbeiter gemäß Artikel 28 der Verordnung (EU) 2016/679 durchführen lassen.

(4) Wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die rechtswidrige Inanspruchnahme von Messsystemen, intelligenten Messsystemen oder ihren Diensten vorliegen, muss die berechtigte Stelle diese dokumentieren und darf die notwendigen Maßnahmen zur Sicherung ihres Entgeltanspruchs ergreifen.

(5) Die Belieferung mit Energie oder der Zugang zu Tarifen darf nicht von der Angabe personenbezogener Daten abhängig gemacht werden, die hierfür nicht erforderlich sind.




§ 50 Zulässigkeit und Umfang der Verarbeitung von Daten



(1) Die Verarbeitung von Daten aus einer Messeinrichtung, einer modernen Messeinrichtung, einem Messsystem, einem intelligenten Messsystem oder mit deren Hilfe darf nur mit Einwilligung des Anschlussnutzers erfolgen oder soweit dies erforderlich ist

1.
zur Erfüllung von Verträgen mit dem jeweiligen Anschlussnutzer,

2.
anlässlich vorvertraglicher Maßnahmen, die der jeweilige Anschlussnutzer veranlasst hat,

3.
zur Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen, welche den berechtigten Stellen auf Grund dieses Gesetzes, des Energiewirtschaftsgesetzes, des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, des Energiefinanzierungsgesetzes, des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes und der auf diesen Gesetzen beruhenden Rechtsverordnungen und Festlegungen der Regulierungsbehörden auferlegt sind, oder

4.
zur Wahrnehmung einer Aufgabe des Netzbetreibers, die in Ausübung ihm übertragener hoheitlicher Befugnisse erfolgt.

(2) Zu den in Absatz 1 genannten Zwecken zählen insbesondere

1.
die Erfüllung der Pflicht der Bilanzkreisverantwortlichen zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung ihres Bilanzkreises,

2.
die Erfüllung der Pflicht der Netzbetreiber zum ordnungsgemäßen, sicheren und effizienten Netzbetrieb,

3.
die Belieferung mit Energie einschließlich der Abrechnung,

4.
das Einspeisen von Energie einschließlich der Abrechnung,

5.
die Abrechnung der Netzentgelte und sonstiger Abgaben und Umlagen,

6.
die Durchführung der Bilanzierung und der Bilanzkreisabrechnung,

7.
die Erfüllung öffentlicher Registerpflichten,

8.
die Vermarktung von Energie und von Flexibilitäten bei der Einspeisung und bei der Abnahme von Energie,

9.
die Steuerung von unterbrechbaren Verbrauchseinrichtungen in Niederspannung im Sinne von § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes,

10.
die Umsetzung variabler Tarife im Sinne von § 41a des Energiewirtschaftsgesetzes einschließlich der Verarbeitung von Preis- und Tarifsignalen für Verbrauchseinrichtungen und Speicheranlagen sowie der Veranschaulichung des Energieverbrauchs und der Einspeiseleistung eigener Erzeugungsanlagen,

11.
die Ermittlung des Netzzustandes in begründeten Fällen,

12.
das Aufklären oder Unterbinden von Leistungserschleichungen nach Maßgabe von § 49 Absatz 4,

13.
die Durchführung eines Mehrwertdienstes oder eines anderen Vertragsverhältnisses auf Veranlassung des Anschlussnutzers.




§ 51 Anforderungen an die Verarbeitung von Daten beim Smart-Meter-Gateway; Rolle des Smart-Meter-Gateway-Administrators



(1) Um eine Verarbeitung von Daten aus dem intelligenten Messsystem oder mit Hilfe des intelligenten Messsystems zu ermöglichen, müssen die nach § 49 Absatz 2 berechtigten Stellen dem Smart-Meter-Gateway-Administrator vorab die nach § 25 Absatz 3 notwendigen Informationen übermitteln.

(2) Liegen dem Smart-Meter-Gateway-Administrator die nach Absatz 1 notwendigen Informationen vor, nimmt er unverzüglich die notwendigen Konfigurationen am Smart-Meter-Gateway vor, um im Auftrag des jeweiligen Berechtigten die Verarbeitung der Daten zu ermöglichen, soweit es der technische Betrieb zulässt; die Priorisierung aus § 25 Absatz 1 Satz 2 zugunsten der energiewirtschaftlich erforderlichen Anwendungen ist zu beachten.




§ 52 Allgemeine Anforderungen an die Datenkommunikation; Anonymisierung und Pseudonymisierung



(1) 1Die nach § 49 Absatz 2 berechtigten Stellen haben eine verschlüsselte elektronische Kommunikation von personenbezogenen Daten, von Mess-, Netzzustands- und Stammdaten in einem einheitlichen Format zu ermöglichen, die den Bestimmungen dieses Gesetzes genügt. 2Soweit Messwerte oder Stammdaten betroffen sind, muss das Format die vollautomatische Weiterverarbeitung im Rahmen der Prozesse für den Datenaustausch zwischen den Beteiligten ermöglichen, insbesondere auch für den Wechsel des Lieferanten. 3Ein Dritter als Messstellenbetreiber im Sinne der §§ 5 und 6 ist verpflichtet, die vom Netzbetreiber und vom grundzuständigen Messstellenbetreiber geschaffenen Möglichkeiten zum Datenaustausch nach den Sätzen 1 und 2 zu nutzen.

(2) Die Datenkommunikation hat in dem von der Bundesnetzagentur vorgegebenen, bundesweit einheitlichen Format zu erfolgen.

(3) 1Personenbezogene Daten sind zu anonymisieren oder zu pseudonymisieren, soweit dies im Hinblick auf den Verarbeitungszweck möglich ist. 2Unter den Voraussetzungen der Verordnung (EU) 2016/679 können eine Anonymisierung insbesondere über Aggregation der Daten von mindestens fünf Anschlussnutzern und eine Pseudonymisierung über alphanumerische Bezeichnungen des Ortes der Messung, der Entnahme oder der Einspeisung von Energie erfolgen. 3Im Sinne von Satz 1 ist eine Pseudonymisierung von Last- oder Zählerstandsgängen im Hinblick auf den Verarbeitungszweck insbesondere möglich und daher verpflichtend

1.
bei Übermittlung nach § 60 Absatz 3 bei Letztverbrauchern mit einem Jahresstromverbrauch bis einschließlich 6.000 Kilowattstunden, hinter deren Netzanschluss weder eine steuerbare Verbrauchseinrichtung nach § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes noch eine Anlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz oder dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz betrieben wird,

2.
im Übrigen

a)
bei Übermittlung an den Betreiber von Verteilernetzen nach § 60 Absatz 3 Nummer 1 bezüglich der Verarbeitungszwecke nach § 66 Absatz 1 Nummer 3 und 5,

b)
bei Übermittlung an den Übertragungsnetzbetreiber und Bilanzkoordinator nach § 60 Absatz 3 Nummer 2 bezüglich der Verarbeitungszwecke nach § 66 Absatz 1 Nummer 3 und 5 sowie nach § 67 Absatz 1 Nummer 1 bis 4,

c)
bei Übermittlung an den Energielieferanten nach § 60 Absatz 3 Nummer 3 bezüglich der Verarbeitungszwecke nach § 69 Absatz 1 Nummer 6,

d)
in weiteren durch Festlegungen der Bundesnetzagentur nach § 47 Absatz 2 Nummer 13 oder § 75 bestimmten Fällen.

4In den Fällen von Satz 3 ist eine Auflösung des Pseudonyms nur im Rahmen der §§ 66 bis 69 zugunsten des jeweils berechtigten Akteurs und nur aus zwingenden Gründen möglich, wenn Festlegungen der Bundesnetzagentur nach § 47 Absatz 2 Nummer 13 oder § 75 dies bestimmen.

(4) Aus intelligenten Messsystemen stammende personenbezogene Daten, Stammdaten und Netzzustandsdaten dürfen nur zwischen Teilnehmern an der Smart-Metering-Public-Key-Infrastruktur des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik kommuniziert werden; im Übrigen gelten die Anforderungen aus § 51 Absatz 1.




§ 53 Auskunftsrechte des Anschlussnutzers



Unbeschadet des Artikels 15 in Verbindung mit Artikel 12 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2016/679 hat der Messstellenbetreiber dem Anschlussnutzer auf Verlangen auch Einsicht in die im elektronischen Speicher- und Verarbeitungsmedium gespeicherten auslesbaren Daten zu gewähren, soweit diese Daten nicht personenbezogen sind.




§ 54 Transparenzvorgaben für Verträge



(1) 1Bestandteil vertraglicher Regelungen, die eine Datenkommunikation durch das oder mit Hilfe des Smart-Meter-Gateways auslösen, muss ein leicht verständliches Formblatt sein, in dem kurz, einfach, übersichtlich und verständlich die sich aus dem Vertrag ergebende Datenkommunikation aufgelistet wird. 2Das Formblatt enthält insbesondere Angaben dazu, wer welche Daten von wem wie oft zu welchem Zweck erhält.

(2) Die Bundesnetzagentur kann in Festlegungen nach § 75 Nummer 2 bundesweit einheitliche Vorgaben zu Verträgen und einem Formblatt machen.

(3) Anschlussnutzer erhalten die ihre Messstelle betreffenden Formblätter in Kopie.