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§ 49 - Bundeskriminalamtgesetz (BKAG)

Artikel 1 G. v. 01.06.2017 BGBl. I S. 1354, 2019 BGBl. I S. 400 (Nr. 33); zuletzt geändert durch Artikel 3 G. v. 19.12.2022 BGBl. I S. 2632, 2023 I Nr. 60
Geltung ab 25.05.2018, abweichend siehe Artikel 13; FNA: 2190-3 Bundeskriminalpolizei
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§ 49 Verdeckter Eingriff in informationstechnische Systeme



(1) 1Das Bundeskriminalamt darf ohne Wissen der betroffenen Person mit technischen Mitteln in von der betroffenen Person genutzte informationstechnische Systeme eingreifen und aus ihnen Daten erheben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Gefahr vorliegt für

1.
Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder

2.
solche Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Bundes oder eines Landes oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt.

2Eine Maßnahme nach Satz 1 ist auch zulässig, wenn

1.
bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass innerhalb eines übersehbaren Zeitraums auf eine zumindest ihrer Art nach konkretisierte Weise eine Schädigung der in Satz 1 genannten Rechtsgüter eintritt oder

2.
das individuelle Verhalten einer Person die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet, dass sie innerhalb eines übersehbaren Zeitraums die in Satz 1 genannten Rechtsgüter schädigen wird.

3Die Maßnahme darf nur durchgeführt werden, wenn sie für die Aufgabenerfüllung nach § 5 erforderlich ist und diese ansonsten aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(2) Es ist technisch sicherzustellen, dass

1.
an dem informationstechnischen System nur Veränderungen vorgenommen werden, die für die Datenerhebung unerlässlich sind, und

2.
1die vorgenommenen Veränderungen bei Beendigung der Maßnahme soweit technisch möglich automatisiert rückgängig gemacht werden. 2Das eingesetzte Mittel ist nach dem Stand der Technik gegen unbefugte Nutzung zu schützen. 3Kopierte Daten sind nach dem Stand der Technik gegen Veränderung, unbefugte Löschung und unbefugte Kenntnisnahme zu schützen.

(3) 1Die Maßnahme darf sich nur gegen eine Person richten, die entsprechend § 17 oder § 18 des Bundespolizeigesetzes verantwortlich ist. 2Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn andere Personen unvermeidbar betroffen werden.

(4) Die Maßnahme nach Absatz 1 darf nur auf Antrag der Präsidentin oder des Präsidenten des Bundeskriminalamtes oder ihrer oder seiner Vertretung durch das Gericht angeordnet werden.

(5) Im Antrag sind anzugeben:

1.
die Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, soweit möglich, mit Name und Anschrift,

2.
eine möglichst genaue Bezeichnung des informationstechnischen Systems, in das zur Datenerhebung eingegriffen werden soll,

3.
Art, Umfang und Dauer der Maßnahme,

4.
der Sachverhalt sowie

5.
eine Begründung.

(6) 1Die Anordnung ergeht schriftlich. 2In ihr sind anzugeben:

1.
die Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, soweit möglich, mit Name und Anschrift,

2.
eine möglichst genaue Bezeichnung des informationstechnischen Systems, in das zur Datenerhebung eingegriffen werden soll,

3.
Art, Umfang und Dauer der Maßnahme unter Benennung des Endzeitpunktes sowie

4.
die wesentlichen Gründe.

3Die Anordnung ist auf höchstens drei Monate zu befristen. 4Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei weitere Monate ist zulässig, soweit die Anordnungsvoraussetzungen unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse fortbestehen. 5Liegen die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vor, sind die aufgrund der Anordnung ergriffenen Maßnahmen unverzüglich zu beenden.

(7) 1Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass durch die Maßnahme allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden, ist die Maßnahme unzulässig. 2Soweit möglich, ist technisch sicherzustellen, dass Daten, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen, nicht erhoben werden. 3Erkenntnisse, die durch Maßnahmen nach Absatz 1 erlangt worden sind, sind dem anordnenden Gericht unverzüglich vorzulegen. 4Das Gericht entscheidet unverzüglich über die Verwertbarkeit oder Löschung. 5Daten, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen, dürfen nicht verwertet werden und sind unverzüglich zu löschen. 6Die Tatsachen der Erfassung der Daten und der Löschung sind zu dokumentieren. 7Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. 8Sie ist sechs Monate nach der Benachrichtigung nach § 74 oder sechs Monate nach Erteilung der gerichtlichen Zustimmung über das endgültige Absehen von der Benachrichtigung zu löschen. 9Ist die Datenschutzkontrolle nach § 69 Absatz 1 noch nicht beendet, ist die Dokumentation bis zu ihrem Abschluss aufzubewahren.

(8) 1Bei Gefahr im Verzug kann die Präsidentin oder der Präsident des Bundeskriminalamtes oder ihre oder seine Vertretung im Benehmen mit der oder dem Datenschutzbeauftragten des Bundeskriminalamtes über die Verwertung der Erkenntnisse entscheiden. 2Bei der Sichtung der erhobenen Daten kann sie oder er sich der technischen Unterstützung von zwei weiteren Bediensteten des Bundeskriminalamtes bedienen, von denen einer die Befähigung zum Richteramt haben muss. 3Die Bediensteten des Bundeskriminalamtes sind zur Verschwiegenheit über die ihnen bekannt werdenden Erkenntnisse, die nicht verwertet werden dürfen, verpflichtet. 4Die gerichtliche Entscheidung nach Absatz 7 ist unverzüglich nachzuholen.



 

Zitierungen von § 49 BKAG

Sie sehen die Vorschriften, die auf § 49 BKAG verweisen. Die Liste ist unterteilt nach Zitaten in BKAG selbst, Ermächtigungsgrundlagen, anderen geltenden Titeln, Änderungsvorschriften und in aufgehobenen Titeln.
 
interne Verweise

§ 12 BKAG Zweckbindung, Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung
... und für die Weiterverarbeitung von personenbezogenen Daten, die aus Maßnahmen nach § 49 erlangt wurden, muss im Einzelfall eine Gefahrenlage im Sinne des § 49 Absatz 1 vorliegen. ... Maßnahmen nach § 49 erlangt wurden, muss im Einzelfall eine Gefahrenlage im Sinne des § 49 Absatz 1 vorliegen. (2) Das Bundeskriminalamt kann zur Erfüllung seiner Aufgaben ... in informationstechnische Systeme erlangt wurden, im Einzelfall eine Gefahrenlage im Sinne des § 49 Absatz 1 vorliegen muss. Personenbezogene Daten, die durch Herstellung von ...
§ 51 BKAG Überwachung der Telekommunikation
... insbesondere auch in unverschlüsselter Form zu ermöglichen. § 49 Absatz 2 gilt entsprechend. § 49 bleibt im Übrigen unberührt. (3) ... Form zu ermöglichen. § 49 Absatz 2 gilt entsprechend. § 49 bleibt im Übrigen unberührt. (3) Maßnahmen nach den ...
§ 74 BKAG Benachrichtigung bei verdeckten und eingriffsintensiven Maßnahmen
... Über eine Maßnahme nach den §§ 34, 45 bis 53 und 64 sind zu benachrichtigen im Falle 1. des § 34, bei der Vorgänge ... gegen die nach Auswertung der Daten weitere Maßnahmen getroffen wurden, 6. des § 49 (Verdeckter Eingriff in informationstechnische Systeme) die Zielperson sowie die mitbetroffenen ... Zurückstellung der gerichtlichen Zustimmung. Im Falle der §§ 46 und 49 beträgt die Frist sechs Monate. Das Gericht bestimmt die Dauer der weiteren ... Gericht bestimmt die Dauer der weiteren Zurückstellung, im Falle der §§ 46 und 49 jedoch nicht länger als sechs Monate. Verlängerungen der ...
§ 82 BKAG Protokollierung bei verdeckten und eingriffsintensiven Maßnahmen
... Bei der Erhebung von Daten nach den §§ 34, 45 bis 53 und 64 sind zu protokollieren: 1. das zur Datenerhebung eingesetzte Mittel, ... der Daten weitere Maßnahmen getroffen wurden, 6. bei Maßnahmen nach § 49 (Verdeckter Eingriff in informationstechnische Systeme) a) die Zielperson sowie die ...
§ 90 BKAG Gerichtliche Zuständigkeit, Verfahren
... oder Löschung von Erkenntnissen, die bei Maßnahmen nach den §§ 34, 45, 46, 49 , 51 und 64 erhoben worden sind, kann das Gericht sachkundige Bedienstete des Bundeskriminalamtes ...
 
Zitat in folgenden Normen

Antiterrordateigesetz (ATDG)
Artikel 1 G. v. 22.12.2006 BGBl. I S. 3409; zuletzt geändert durch Artikel 2 Abs. 1 G. v. 30.03.2021 BGBl. I S. 402
§ 4 ATDG Beschränkte und verdeckte Speicherung (vom 02.04.2021)
... 3. Maßnahmen nach § 99 der Strafprozessordnung, 4. Maßnahmen nach § 49 des Bundeskriminalamtgesetzes , 5. Maßnahmen innerhalb von Wohnungen nach § 34 des ...

Rechtsextremismus-Datei-Gesetz (RED-G)
Artikel 1 G. v. 20.08.2012 BGBl. I S. 1798; zuletzt geändert durch Artikel 2 Abs. 2 G. v. 30.03.2021 BGBl. I S. 402
§ 4 RED-G Beschränkte und verdeckte Speicherung (vom 02.04.2021)
... 3. Maßnahmen nach § 99 der Strafprozessordnung, 4. Maßnahmen nach § 49 des Bundeskriminalamtgesetzes , 5. Maßnahmen innerhalb von Wohnungen nach § 34 des ...