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Entscheidung - Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - 1 BvR 1215/07 - (zum Antiterrordateigesetz) (BVerfGE20130424 k.a.Abk.)

B. v. 08.05.2013 BGBl. I S. 1270 (Nr. 24)
Geltung ab 24.04.2013; FNA: 1104-5 Bundesverfassungsgericht

Entscheidung


Entscheidung ändert mWv. 24. April 2013 ATDG *)

Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. April 2013 - 1 BvR 1215/07 - wird folgende Entscheidungsformel veröffentlicht:

1.
a)
§ 1 Absatz 2 und § 2 Satz 1 Nummer 3 des Gesetzes zur Errichtung einer standardisierten zentralen Antiterrordatei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten von Bund und Ländern (Antiterrordateigesetz) vom 22. Dezember 2006 (Bundesgesetzblatt l Seite 3409) sind mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar.

b)
§ 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b hinsichtlich des Unterstützens einer unterstützenden Gruppierung und § 2 Satz 1 Nummer 2 des Antiterrordateigesetzes hinsichtlich des Merkmals „Befürworten" sind mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar.

c)
§ 5 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1a des Antiterrordateigesetzes ist mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes insoweit unvereinbar, als bei Recherchen in den erweiterten Grunddaten im Trefferfall Zugriff auf Informationen gemäß § 3 Absatz 1 Nummer 1a des Antiterrordateigesetzes eröffnet wird.

d)
§ 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1b und § 10 Absatz 1 des Antiterrordateigesetzes sind, soweit es an ergänzenden Regelungen nach Maßgabe der Gründe fehlt, mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar.

e)
§ 2 Satz 1 Nummer 2 und § 10 Absatz 1 des Antiterrordateigesetzes sind im Übrigen nach Maßgabe der Gründe verfassungskonform auszulegen.

2.
§ 2 Satz 1 Nummern 1 bis 3, § 3 Absatz 1 Nummer 1, § 5 Absatz 1 und 2 sowie § 6 Absatz 1 und 2 des Antiterrordateigesetzes sind mit Artikel 10 Absatz 1 und Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit sie sich auf nicht gemäß § 4 des Antiterrordateigesetzes verdeckt gespeicherte Daten erstrecken, die aus Eingriffen in das Telekommunikationsgeheimnis und das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung herrühren.

3.
Bis zu einer Neuregelung, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2014 gelten die für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärten Vorschriften mit der Maßgabe fort, dass außerhalb des Eilfalls gemäß § 5 Absatz 2 des Antiterrordateigesetzes eine Nutzung der Antiterrordatei nur zulässig ist, sofern der Zugriff auf die Daten von Kontaktpersonen (§ 2 Satz 1 Nummer 3 des Antiterrordateigesetzes) und auf Daten, die aus Eingriffen in das Telekommunikationsgeheimnis und das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung herrühren, ausgeschlossen und gewährleistet ist, dass bei Recherchen in den erweiterten Grunddaten im Trefferfall allein ein Zugang zu Informationen gemäß § 3 Absatz 1 Nummer 3 des Antiterrordateigesetzes gewährt wird; sobald danach die Möglichkeit des Zugriffs auf die Daten von Kontaktpersonen und auf Daten, die aus Eingriffen in das Telekommunikationsgeheimnis und das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung herrühren, ausgeschlossen ist, dürfen diese auch für die Nutzung der Datei im Eilfall gemäß § 5 Absatz 2 des Antiterrordateigesetzes nicht mehr genutzt werden.

Die vorstehende Entscheidungsformel hat gemäß § 31 Absatz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes Gesetzeskraft.

Die Bundesministerin der Justiz

S.
Leutheusser-Schnarrenberger