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Abschnitt 1 - Seesicherheits-Untersuchungs-Gesetz (SUG)


Abschnitt 1 Anwendungsbereich

§ 1 Zielsetzung und Geltungsbereich des Gesetzes



(1) Dieses Gesetz dient dazu, die Vorsorge für die Sicherheit der Seefahrt einschließlich des damit untrennbar im Zusammenhang stehenden Arbeitsschutzes von Beschäftigten auf Seeschiffen und des Umweltschutzes auf See durch Untersuchung von Seeunfällen oder sonstigen Vorkommnissen im Seeverkehr (Seeunfällen) unter Einhaltung der darauf bezogenen geltenden internationalen Untersuchungsregelungen zu verbessern.

(2) Dieses Gesetz gilt für die gesamte Seefahrt. Sie umfasst bei Seeschiffen auch Verkehrsvorgänge von, nach und in den an den Seeschifffahrtsstraßen des Bundes gelegenen Häfen.

(3) Unbeschadet der Verpflichtungen aus Artikel 94 Absatz 7 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1798) gilt dieses Gesetz nicht für Seeunfälle mit ausschließlicher Beteiligung von

1.
Kriegsschiffen, Truppentransportschiffen oder sonstigen, dem Bund oder den Ländern gehörenden oder von diesen betriebenen Schiffen, die im Staatsdienst stehen und ausschließlich anderen Zwecken als Handelszwecken dienen,

2.
Schiffen ohne Maschinenantrieb, Holzschiffen einfacher Bauart sowie nicht für gewerbliche Zwecke eingesetzten Sportbooten oder Sportfahrzeugen, sofern sie nicht über eine vorgeschriebene Besatzung verfügen und mehr als zwölf Fahrgäste befördern,

3.
Fischereifahrzeugen mit einer Länge von weniger als 15 Metern,

4.
fest installierten Offshore-Bohreinheiten.

Im Übrigen wird für die Sicherheitsuntersuchung von Seeunfällen, an denen ein militärisches Schiff beteiligt ist und durch die überwiegend militärische Belange berührt werden, zwischen dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium der Verteidigung eine geeignete Regelung getroffen.

(4) Abweichend von Absatz 3 ist Abschnitt 3 auf Seeunfälle in deutschen Hoheitsgewässern und in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone mit ausschließlicher Beteiligung der in Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 oder 3 genannten Schiffe und Fahrzeuge anzuwenden, sofern im Zusammenhang mit dem Betrieb des Schiffes oder Fahrzeuges ein Seeunfall im Sinne des § 1a Nummer 1 eingetreten ist und

1.
Erkenntnisse zu erwarten sind, die voraussichtlich zu einer Erhöhung der Sicherheit im Seeverkehr, insbesondere durch Verbesserung geltender Vorschriften oder Einrichtungen für die Seefahrt, beitragen können, oder

2.
ein Staat mit begründetem Interesse eine Sicherheitsuntersuchung im Sinne des Abschnitts 3 beantragt.

Eine Sicherheitsuntersuchung im Sinne des Satzes 1 unterbleibt, soweit sie nicht durchführbar ist oder Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass die Untersuchung nicht durchführbar sein könnte.




§ 1a Begriffsbestimmungen



Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Seeunfall

a)
jedes Ereignis, das wenigstens eine der nachstehenden Folgen hat:

aa)
den Tod oder die schwere Verletzung eines Menschen, verursacht durch oder im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Schiffes,

bb)
das Verschwinden eines Menschen von Bord eines Schiffes, verursacht durch oder im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Schiffes,

cc)
den Verlust, vermutlichen Verlust oder die Aufgabe eines Schiffes,

dd)
einen Sachschaden an einem Schiff,

ee)
das Aufgrundlaufen oder den Schiffbruch eines Schiffes oder die Beteiligung eines Schiffes an einer Kollision,

ff)
einen durch oder im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Schiffes verursachten Sachschaden,

gg)
einen Umweltschaden als Folge einer durch oder im Zusammenhang mit dem Betrieb eines oder mehrerer Schiffe verursachten Beschädigung eines oder mehrerer Schiffe;

b)
jedes durch oder im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Schiffes verursachte Ereignis, durch das ein Schiff oder ein Mensch in Gefahr gerät oder als dessen Folge ein schwerer Schaden an einem Schiff, einem meerestechnischen Bauwerk oder der Umwelt verursacht werden könnte;

2.
sehr schwerer Seeunfall

ein Seeunfall, der einem Schiff zustößt und bei dem es zu einem Totalverlust des Schiffes, zum Tod eines Menschen oder zu einer erheblichen Verschmutzung kommt;

3.
schwerer Seeunfall

ein Seeunfall, der nicht als „sehr schwerer Seeunfall" einzuordnen ist und bei dem es insbesondere zu einem Brand, einer Explosion, einem Zusammenstoß, einer Grundberührung, einem Kontakt mit einem festen Körper, einem durch schweres Wetter verursachten Schaden, einem Eisschaden, einem Riss oder einem vermuteten sonstigen Schaden in der Außenhaut mit einer oder mehreren der nachstehenden Schadensfolgen kommt:

a)
Ausfall der Hauptmaschinen; erhebliche Beschädigung der Unterkunftsräume; schwere Beschädigung der schiffbaulichen Verbände, insbesondere ein Leck im Unterwasserbereich der Außenhaut, wodurch das Schiff fahruntüchtig wird,

b)
Verschmutzung, unabhängig von der Menge freigesetzter Schadstoffe, oder

c)
eine Havarie, die ein Abschleppen oder eine Hilfeleistung von Land aus erforderlich macht;

4.
Staat mit begründetem Interesse

ein Staat,

a)
der Flaggenstaat eines Schiffes ist, das Gegenstand einer Untersuchung ist,

b)
in dessen inneren Gewässern oder Küstenmeer sich ein Seeunfall zugetragen hat,

c)
der geltend machen kann, dass ein Seeunfall einen schweren Schaden an der Umwelt dieses Staates oder in den Gebieten, über die dieser Staat nach den anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts seine Hoheitsgewalt auszuüben berechtigt ist, verursacht hat oder zu verursachen droht,

d)
der geltend machen kann, dass die Folgen eines Seeunfalls einen schweren Schaden in diesem Staat selbst oder an künstlichen Inseln, Einrichtungen oder Bauwerken, über die dieser Staat nach den anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts seine Hoheitsgewalt auszuüben berechtigt ist, verursacht hat oder zu verursachen droht,

e)
der geltend machen kann, dass infolge eines Seeunfalls einer oder mehrere seiner Staatsangehörigen das Leben verloren oder schwere Verletzungen erlitten haben,

f)
der über wichtige Informationen verfügt, die für die Sicherheitsuntersuchung von Nutzen sein können, oder

g)
der aus einem anderen Grund ein Interesse geltend machen kann, das von dem bei der Sicherheitsuntersuchung federführenden Staat als bedeutend angesehen wird.




§ 2 Seefahrtbezogene internationale Untersuchungsregelungen



Seefahrtbezogene internationale Untersuchungsregelungen im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Buchstaben A, C und D der Anlage aufgeführten Vorschriften des innerstaatlich geltenden Völkerrechts und die in den Buchstaben B und E der Anlage aufgeführten Vorschriften in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft in der jeweils angegebenen Fassung.




§ 3 Behördliche Aufgaben auf Grund von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften *)



Im Rahmen ihrer Zuständigkeiten nach diesem Gesetz haben die darin genannten Behörden des Bundes jeweils die Überprüfungs-, Gestaltungs- und Eingriffsbefugnisse, -aufgaben und -pflichten, die die in Buchstaben B und E der Anlage genannten Einzelregelungen den Mitgliedstaaten zur Verwaltung oder ihren Verwaltungsbehörden für einen Fall vorbehalten oder zuweisen.

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*)
Diese Bestimmung dient der Umsetzung der in den Buchstaben B und E der Anlage genannten gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften.