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Verordnung über den Zugang zu Gasversorgungsnetzen (Gasnetzzugangsverordnung - GasNZV)

Artikel 1 V. v. 03.09.2010 BGBl. I S. 1261 (Nr. 47); zuletzt geändert durch Artikel 15 G. v. 22.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 405
Geltung ab 09.09.2010; FNA: 752-6-13 Elektrizität und Gas
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Teil 3 Abwicklung des Netzzugangs

§ 11 Kapazitätsprodukte



(1) 1Fernleitungsnetzbetreiber haben Transportkunden sowohl feste als auch unterbrechbare Kapazitäten anzubieten, und zwar auf Jahres-, Quartals-, Monats- und Tagesbasis sowie untertägiger Basis. 2Fernleitungsnetzbetreiber haben bei der Ausgestaltung der Kapazitätsprodukte in dem Ausmaß zusammenzuarbeiten, das erforderlich ist, um aufeinander abgestimmte Kapazitätsprodukte in möglichst großem Umfang anzubieten.

(2) 1Fernleitungsnetzbetreiber haben Einspeisekapazitäten an unterschiedlichen Einspeisepunkten zu Einspeisezonen zusammenzufassen, die es ermöglichen, eine Einspeisung von Gas auf der Basis einer Einspeisekapazitätsbuchung an einem einzigen Einspeisepunkt vorzunehmen, soweit dies strömungsmechanisch möglich ist. 2Satz 1 ist auf Ausspeisekapazitäten entsprechend anwendbar. 3Ist insbesondere aus Gründen der Strömungsmechanik ein Angebot nach Satz 1 und 2 nicht möglich, haben die Fernleitungsnetzbetreiber in dem Umfang zusammenzuarbeiten, der erforderlich ist, um ein Angebot nach Satz 1 und 2 zu ermöglichen. 4Die Verpflichtung nach § 9 Absatz 2 Satz 3 und 4 bleibt unberührt.

(3) 1Die Fernleitungsnetzbetreiber haben bis zum 1. November 2019 die Folgen der Einführung untertägiger Kapazitäten nach Absatz 1 zu evaluieren und in einem Bericht der Bundesnetzagentur zu übermitteln. 2In der Evaluierung sind insbesondere Änderungen im Buchungsverhalten, die Auswirkungen auf das Ausgleichs- und Regelenergiesystem und die aus der Einführung resultierenden Entwicklungen der Höhe der spezifischen Fernleitungsentgelte zu betrachten. 3Die Analyse muss die Bundesnetzagentur in die Lage versetzen, die Folgen der Bereitstellung untertägiger Kapazitäten überprüfen zu können. 4Die Bundesnetzagentur gibt den berührten Wirtschaftskreisen Gelegenheit zur Stellungnahme.




§ 12 Kapazitätsbuchungsplattform



(1) 1Fernleitungsnetzbetreiber haben für die Vergabe von Ein- und Ausspeisekapazitäten eine oder eine begrenzte Anzahl gemeinsamer Kapazitätsbuchungsplattformen einzurichten und zu betreiben oder durch einen vereinbarten Dritten betreiben zu lassen, über die die Kapazitäten nach § 13 vergeben werden (Primärkapazitätsbuchungsplattform). 2Die Kosten für die Einrichtung und den Betrieb der Kapazitätsbuchungsplattform sind von den beteiligten Netzbetreibern anteilig zu tragen und können auf die Netzentgelte umgelegt werden.

(2) 1Transportkunden dürfen Ein- und Ausspeisekapazitäten an Dritte weiterveräußern oder diesen zur Nutzung überlassen (Sekundärkapazitäten). 2Die Weiterveräußerung oder Nutzungsüberlassung erfolgt ausschließlich unter Nutzung der Plattform, über welche die Primärkapazitäten vergeben werden. 3Die auf die Vermarktung der Sekundärkapazitäten entfallenden Kosten für die Einrichtung und den Betrieb der Plattform nach Absatz 1 sind von den beteiligten Fernleitungsnetzbetreibern anteilig zu tragen und können auf die Netzentgelte umgelegt werden. 4Die Entgelte für gehandelte Ein- und Ausspeisekapazitäten dürfen die ursprünglich für die entsprechende Primärkapazität an den Fernleitungsnetzbetreiber zu zahlenden Entgelte nicht wesentlich überschreiten.

(3) 1Auf der Kapazitätsbuchungsplattform *) sind alle Angebote gleichartiger Kapazitäten und Nachfragen nach gleichartigen Kapazitäten für die Transportkunden transparent zu machen. 2Die Anonymität des Handelsvorgangs gegenüber Anbietenden, Nachfragenden und Dritten muss gewährleistet sein. 3Transportkunden müssen nach § 6 registriert sein, um am Handel auf der Kapazitätsbuchungsplattform teilzunehmen.

(4) Die Betreiber der Plattformen nach Absatz 1 haben einen Internetauftritt einzurichten, um Transportkunden eine massengeschäftstaugliche Abwicklung des Erwerbs von Primär- und Sekundärkapazität zu ermöglichen.


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*)
Anm. d. Red.: Die nicht durchführbare Änderung in Artikel 1 Nr. 7 d) aa) V. v. 11. August 2017 (BGBl. I S. 3194) wurde sinngemäß konsolidiert.




§ 13 Zuteilung von Ein- und Ausspeisekapazität



(1) 1Fernleitungsnetzbetreiber haben feste Ein- und Ausspeisekapazitäten über die Kapazitätsbuchungsplattform in einem transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren zu versteigern. 2Der Zuschlag bei der Kapazitätsversteigerung erfolgt nach dem Markträumungspreis. 3Werden Kapazitäten in der Versteigerung nicht entsprechend dem Umfang der Anfrage zugeteilt, gilt der Netzzugang in dem Umfang der nicht zugeteilten Kapazität als verweigert. 4Sofern Kapazitäten mittels einer Auktion auf der Kapazitätsbuchungsplattform vergeben werden, muss das Verfahren für die Auktion den Vorgaben der Verordnung (EU) 2017/459 der Kommission vom 16. März 2017 zur Festlegung eines Netzkodex über Mechanismen für die Kapazitätszuweisung in Fernleitungsnetzen und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 984/2013 (ABl. L 72 vom 17.3.2017, S. 1) entsprechen.

(2) 1Inhaber unterbrechbarer Kapazitäten oder Kapazitäten mit unterbrechbaren Anteilen können bei einer Versteigerung von festen Kapazitätsprodukten Gebote abgeben, um ihre Kapazitäten in feste Kapazitätsprodukte oder Kapazitätsprodukte mit geringeren unterbrechbaren Anteilen umzuwandeln. 2Ist der Inhaber der Kapazitäten bei der Versteigerung nicht erfolgreich, behält er seine ursprünglichen Kapazitäten.

(3) 1Absatz 1 und 2 werden nicht angewendet auf Ausspeisekapazitäten zur Ausspeisung zu Letztverbrauchern sowie auf Einspeisekapazitäten zur Einspeisung aus Produktions- oder LNG-Anlagen sowie aus Anlagen im Sinne des Teils 6 zur Einspeisung von Biogas in das Fernleitungsnetz. 2Diese Kapazitäten werden in der zeitlichen Reihenfolge der Anfragen vergeben. 3Sie können vom angeschlossenen Letztverbraucher oder vom Betreiber von Produktions- oder LNG-Anlagen oder von Anlagen im Sinne des Teils 6 zur Einspeisung von Biogas gebucht werden.




§ 14 (aufgehoben)







§ 15 Nominierung und Nominierungsersatzverfahren



(1) 1Der Transportkunde hat die beabsichtigte Inanspruchnahme von Ein- und Ausspeisekapazitäten nach Stundenmengen in Kilowattstunden pro Stunde beim Fernleitungsnetzbetreiber anzumelden (Nominierung). 2Ausspeisenominierungen sind nur in den folgenden Fällen notwendig:

1.
bei der Ausspeisung aus einer Speicheranlage, soweit der betreffende Ausspeisepunkt nicht nach § 13 Absatz 3 Satz 3 vom Betreiber der Speicheranlage gebucht wurde,

2.
bei der Überspeisung in ein anderes Marktgebiet oder einen angrenzenden Staat, sowie

3.
bei der Buchung von Transportkapazität an demselben Ausspeisepunkt durch mehrere Transportkunden, sofern dieser Ausspeisepunkt unterschiedlichen Bilanzkreisen zugeordnet ist.

3Satz 2 Nummer 3 gilt entsprechend, wenn der Transportkunde denselben Ausspeisepunkt in unterschiedliche Bilanzkreise eingebracht hat.

(2) 1Transportkunden können einen Dritten mit der Nominierung beauftragen. 2Dieser nominiert im Namen der ihn beauftragenden Transportkunden beim Fernleitungsnetzbetreiber. 3Die vertraglichen Verpflichtungen zwischen Transportkunde und Fernleitungsnetzbetreiber bleiben hiervon unberührt.

(3) 1Fernleitungsnetzbetreiber haben Transportkunden neben dem Standardnominierungsverfahren nach Absatz 1 ein Nominierungsersatzverfahren anzubieten, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist. 2Das Angebot muss diskriminierungsfrei sein. 3Ist dem Fernleitungsnetzbetreiber ein solches Angebot technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar, hat er dies schlüssig zu begründen.


§ 16 Freigabepflicht ungenutzter Kapazitäten



(1) Transportkunden sind bis zum Nominierungszeitpunkt verpflichtet, vollständig oder teilweise ungenutzte feste Kapazitäten unverzüglich als Sekundärkapazitäten auf der in § 12 Absatz 2 vorgesehenen Kapazitätsbuchungsplattform anzubieten oder dem Fernleitungsnetzbetreiber für den Zeitraum und im Umfang der Nichtnutzung zur Verfügung zu stellen.

(2) 1Soweit der Transportkunde von ihm gebuchte feste Kapazitäten zum Nominierungszeitpunkt nicht oder nicht vollständig nominiert, ist der Fernleitungsnetzbetreiber verpflichtet, diese Kapazitäten in dem nicht in Anspruch genommenen Umfang unter Berücksichtigung bestehender Renominierungsrechte für den Folgetag als feste Kapazitäten anzubieten. 2Die Verpflichtung des Fernleitungsnetzbetreibers nach § 11 Absatz 1 zum Angebot unterbrechbarer Kapazitäten bleibt unberührt. 3Der Transportkunde, dessen Kapazitäten durch den Fernleitungsnetzbetreiber nach Satz 1 angeboten wurden, bleibt zur Zahlung der Einspeise- oder Ausspeiseentgelte verpflichtet.

(3) 1Der Fernleitungsnetzbetreiber hat bei Vorliegen vertraglicher Engpässe die festen gebuchten Kapazitäten mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahr in dem Umfang zu entziehen, in dem der Transportkunde seine festen gebuchten Kapazitäten während drei Monaten innerhalb des zurückliegenden Kalenderjahres dauerhaft nicht in Anspruch genommen hat. 2Einer dieser drei Monate muss der Monat Oktober, November, Dezember, Januar, Februar oder März gewesen sein.

(4) 1Der Transportkunde kann der Entziehung widersprechen, wenn er

1.
nachweist, dass er die Kapazitäten in Übereinstimmung mit § 16 Absatz 1 auf dem Sekundärmarkt angeboten oder dem Fernleitungsnetzbetreiber für den Zeitraum und im Umfang der Nichtnutzung zur Verfügung gestellt hat,

2.
unverzüglich schriftlich oder elektronisch schlüssig darlegt, dass er die Kapazitäten in vollem Umfang weiterhin benötigt, um bestehende vertragliche Verpflichtungen, insbesondere aus Gasbezugs- oder Gaslieferverträgen, zu erfüllen, oder

3.
unverzüglich schriftlich oder elektronisch schlüssig darlegt, dass er über verschiedene vertragliche Gasbeschaffungsalternativen verfügt, für die Kapazitäten an unterschiedlichen Einspeisepunkten gebucht sind, die von ihm alternativ genutzt werden, und dass er die nicht benötigten Kapazitäten für den Zeitraum der Nichtnutzung im Umfang der Nichtnutzung auf dem Sekundärmarkt oder dem Fernleitungsnetzbetreiber für den Zeitraum und im Umfang der Nichtnutzung zur Verfügung gestellt hat.

2Fernleitungsnetzbetreiber haben Informationen nach Satz 1 sowie Absatz 2 und 3 über einen Zeitraum von zwei Jahren aufzubewahren und der Regulierungsbehörde auf Anforderung zur Verfügung zu stellen. 3Auf Anforderung erbringt der Transportkunde den Nachweis nach Satz 1 Nummer 2 und 3 gegenüber der Regulierungsbehörde durch Vorlage von Kopien der entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen. 4Transportkunden, denen Ein- und Ausspeisekapazität verweigert wurde, sind vom Fernleitungsnetzbetreiber auf Verlangen die Informationen nach Satz 1 unter Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Dritter zur Verfügung zu stellen.




§ 17 Ermittlung des langfristigen Kapazitätsbedarfs



1Fernleitungsnetzbetreiber sind verpflichtet, marktgebietsweit im Verfahren der Netzentwicklungsplanung nach § 15a des Energiewirtschaftsgesetzes den langfristigen Kapazitätsbedarf in einem netzbetreiberübergreifenden, transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren zu ermitteln. 2Dabei berücksichtigen die Fernleitungsnetzbetreiber insbesondere:

1.
ihre Erwartungen über die Entwicklung des Verhältnisses von Angebot und Nachfrage,

2.
vorliegende Erkenntnisse aus durchgeführten Marktabfragen zum langfristig verbindlich benötigten Kapazitätsbedarf,

3.
vorliegende Erkenntnisse aus Lastflusssimulationen nach § 9 Absatz 2 Satz 1,

4.
Erkenntnisse über bestehende oder prognostizierte physische Engpässe im Netz,

5.
Ergebnisse des Kapazitätsvergabeverfahrens nach § 13 Absatz 1,

6.
Erkenntnisse aus Verweigerungen des Netzzugangs nach § 25 Satz 1 und 2 des Energiewirtschaftsgesetzes,

7.
Möglichkeiten zur Kapazitätserhöhung durch Zusammenarbeit mit angrenzenden Fernleitungs- oder Verteilernetzbetreibern,

8.
vorliegende Erkenntnisse über Kapazitätsbedarf, der sich aus Zusammenlegungen von Marktgebieten nach § 21 ergibt,

9.
vorliegende Erkenntnisse aus den gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplänen nach Artikel 8 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1775/2005 (ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 36, L 229 vom 1.9.2009, S. 29), sowie

10.
vorliegende sowie abgelehnte Kapazitätsreservierungen nach § 38 sowie Anschlussbegehren nach § 39.

3Fernleitungsnetzbetreiber sollen bei der Kapazitätsbedarfsermittlung mit den Betreibern angrenzender ausländischer Fernleitungsnetze zusammenarbeiten und nach Möglichkeit die Verfahren grenzüberschreitend durchführen. 4Fernleitungsnetzbetreiber sind verpflichtet, den ermittelten Kapazitätsbedarf auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen.




§ 18 Reduzierung der Kapazität nach Buchung



1Soweit sich die Kapazitäten nach Abschluss des Ein- oder Ausspeisevertrags aus technischen Gründen vermindern, reduzieren sich die gebuchten Kapazitäten anteilig im Verhältnis der von den Transportkunden gebuchten Kapazitäten. 2Die Gründe sind dem Transportkunden unverzüglich mitzuteilen.