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Verordnung zur Gewährung und Durchführung von Maßnahmen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds nach dem Stabilisierungsfondsgesetz (Wirtschaftsstabilisierungsfonds-Durchführungsverordnung - WSF-DV)

V. v. 01.10.2020 BGBl. I S. 2058 (Nr. 44); zuletzt geändert durch Artikel 1 V. v. 14.02.2024 BGBl. 2024 I Nr. 48
Geltung ab 08.10.2020; FNA: 660-3-8 Bundesbürgschaften
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§ 2 Garantieübernahme



(1) 1Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds kann auf Antrag von Unternehmen Garantien oder sonstige Gewährleistungen in jeder geeigneten Form für

1.
nicht nachrangige Schuldtitel oder sonstige Verbindlichkeiten wie Bankkredite und Kreditlinien im Sinne des Abschnitts 3.2 des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen oder

2.
sonstige Kreditformen unter Berücksichtigung der jeweils anwendbaren beihilferechtlichen Bestimmungen, einschließlich einer Einzelfallgenehmigung,

übernehmen, um Liquiditätsengpässe des begünstigten Unternehmens in der Krise infolge des COVID-19-Ausbruchs zu beheben oder dessen Refinanzierung am Kapitalmarkt zu unterstützen oder beides. 2Zu sonstigen Kreditformen nach Nummer 2 zählen zum Beispiel Avale, Akkreditive oder Derivate. 3Maßnahmen nach Nummer 2 stehen unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Europäischen Kommission.

(2) 1Es sollen in der Regel nur Garantien für solche Verbindlichkeiten gewährt werden, für die unter anderen Programmen, insbesondere auch den Sonderprogrammen der Kreditanstalt für Wiederaufbau, keine oder keine ausreichende staatliche Absicherung erlangt werden kann. 2Dies gilt nicht, wenn mit dem Antrag nach Absatz 1 zugleich Rekapitalisierungsinstrumente nach § 22 des Stabilisierungsfondsgesetzes beantragt werden.

(3) Die Verbindlichkeiten, für die Garantien nach Absatz 1 übernommen werden, müssen mindestens fünf Millionen Euro betragen.

(4) In Abstimmung mit dem antragstellenden Unternehmen kann die Garantiegewährung auch in anderer als der ursprünglich beantragten Form erfolgen, wenn eine andere Form der Garantie besser geeignet ist, Liquiditätsengpässe zu beheben oder dessen Refinanzierung am Kapitalmarkt zu unterstützen.


§ 3 Bedingungen für die Garantieübernahme



(1) 1Die Bedingungen, zu denen eine Garantie nach § 21 Absatz 1 des Stabilisierungsfondsgesetzes übernommen wird, legt die für die Entscheidungen über den Antrag nach § 2 der Stabilisierungsfondsgesetz-Übertragungsverordnung zuständige Stelle fest. 2Die zuständigen Stellen haben die in den Absätzen 2 bis 5 festgelegten Vorgaben zu berücksichtigen.

(2) 1Die Garantie oder sonstige Gewährleistung umfasst sowohl den Kapitalbetrag als auch die Zinsen. 2Modifizierte Ausfallbürgschaften werden in banküblicher Form gestellt. 3Ausfälle der Forderung werden vom Wirtschaftsstabilisierungsfonds und den Gläubigern anteilig und zu gleichen Bedingungen getragen. 4Die Garantie wird grundsätzlich in Euro ausgestellt. 5Währungsrisiken aus Garantiegewährungen in anderer Währung hat der Wirtschaftsstabilisierungsfonds ebenfalls mit abzusichern. 6Die Kosten der Absicherung nach Satz 4 werden dem begünstigten Unternehmen auferlegt.

(3) 1Für die Übernahme der Garantie ist mit dem antragstellenden Unternehmen vertraglich eine angemessene Gegenleistung (Vergütung) zu vereinbaren. 2Die Angemessenheit richtet sich nach § 4.

(4) In den Bedingungen ist jeweils festzulegen, dass Ansprüche aus der Garantie erlöschen, wenn der Garantiebegünstigte seine Rechte nicht unverzüglich nach Eintritt des Garantiefalles geltend macht, spätestens jedoch nach Ablauf von sechs Monaten nach Eintritt des Garantiefalles.

(5) Garantien oder sonstige Gewährleistungen dürfen nicht übernommen werden, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Inanspruchnahme des Bundes gerechnet werden muss.


§ 4 Angemessene Gegenleistung und Obergrenze für Garantien



(1) 1Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds erhält vom begünstigten Unternehmen eine Vergütung für die Übernahme der Garantie. 2Die Ermittlung der Angemessenheit hat unter Anwendung marktüblicher Kriterien unter Berücksichtigung der Art des Produktes, wie zum Beispiel Schuldtitel, Bankkredit, Kreditlinie, Darlehen oder Aval, dem Rang der Forderung, des Ausfallrisikos und der Höhe der Absicherung durch die Garantie zu erfolgen. 3Die Verwendung von Instrumenten, die nicht von Abschnitt 3.2 des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen umfasst sind, steht dabei unter dem Vorbehalt einer Genehmigung durch die Europäische Kommission.

(2) Die Gegenleistung wird fällig mit Inanspruchnahme der Garantie.

(3) 1Die angemessene Gegenleistung nach Absatz 1 bemisst sich aus dem Produkt, dem Ausfallrisiko, dem garantierten Betrag und der Garantieprämie zuzüglich sonstiger Vergütungsbestandteile. 2Die Prämie hat folgende Mindestprämien einzuhalten, die sich aus den angegebenen Prozentsätzen der Garantiesumme ergeben:

Art des Unternehmens Prämie für eine Garantie
mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr
(pro Jahr)
Prämie für eine Garantie
ab dem 2. Jahr der Laufzeit
(pro Jahr)
Prämie für eine Garantie
ab dem 4. Jahr der Laufzeit
(pro Jahr)
KMU0,25 Prozent 0,5 Prozent 1,0 Prozent
Großunternehmen0,5 Prozent 1,0 Prozent 2,0 Prozent.


3Die Bezeichnung als kleines und mittleres Unternehmen (KMU) bestimmt sich nach Anhang 1 Artikel 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 187 vom 26.6.2014, S. 1; L 283 vom 27.9.2014, S. 65), die durch die Verordnung (EU) 2017/1084 (ABl. L 156 vom 20.6.2017, S. 1) geändert worden ist.

(4) 1Die Absicherung mit Mitteln des Wirtschaftsstabilisierungsfonds kann unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Einzelfallgenehmigung durch die Europäische Kommission im Rahmen der Vereinbarkeit mit den Vorgaben des europäischen Beihilferechts im Einzelfall mehr als 90 Prozent betragen. 2Dies gilt insbesondere für kurzfristige Kreditlinien und Kreditformen mit einer Laufzeit von unter einem Jahr. 3Soweit eine Absicherung von mehr als 90 Prozent erfolgt, hat die Vergütung einen besonderen marktgerechten Aufschlag gegenüber den Vorgaben des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen nach § 1 Absatz 5 Satz 3 zu enthalten.

(5) Sofern der Nominalbetrag des zugrundeliegenden Schuldtitels oder der zugrundeliegenden Verbindlichkeit sich während der Laufzeit der Garantie vermindert, ist die Garantiehöhe entsprechend anzupassen.

(6) 1Garantien mit einer Laufzeit über den 31. Dezember 2020 hinaus, können nur gewährt werden bis zur Höhe der doppelten jährlichen Lohnsumme beim begünstigten Unternehmen für das Jahr 2019 oder das letzte verfügbare Jahr. 2In die Lohnsumme sind Sozialversicherungsbeiträge und Kosten für Personal einzurechnen, das am Standort des Unternehmens arbeitet, aber formal auf der Lohn- und Gehaltsliste von Subunternehmen steht. 3Bei Unternehmen, die am oder nach dem 1. Januar 2019 gegründet wurden, darf der Darlehenshöchstbetrag die voraussichtliche jährliche Lohnsumme für die ersten beiden Betriebsjahre nicht übersteigen. 4Garantien mit einer Laufzeit über den 31. Dezember 2020 hinaus können unabhängig von der Lohnsumme auch gewährt werden bis zu einer Höhe von 25 Prozent des Gesamtumsatzes des begünstigten Unternehmens im Jahr 2019. 5In gegenüber der Europäischen Kommission angemessen begründeten Fällen kann der Garantiebetrag auf der Grundlage einer Selbstauskunft des begünstigten Unternehmens, die beispielsweise vom Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater zu bestätigen ist, erhöht werden, um den Liquiditätsbedarf für die kommenden 18 Monate bei KMU oder für die kommenden 12 Monate bei Großunternehmen, jeweils gerechnet ab dem Zeitpunkt der Gewährung, zu decken.

(7) Bei Garantien mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2020 kann der Garantiebetrag in gegenüber der Europäischen Kommission angemessen begründeten Fällen höher sein als nach Absatz 5, sofern die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt und dies gegenüber der Europäischen Kommission nachgewiesen wird.


§ 5 Rekapitalisierungsinstrumente



(1) 1Auf Antrag von Unternehmen kann sich der Wirtschaftsstabilisierungsfonds in den unter § 22 Absatz 1 des Stabilisierungsfondsgesetzes genannten Formen an deren Rekapitalisierung beteiligen. 2In Abstimmung mit dem jeweiligen Antragsteller kann die Rekapitalisierung auch in anderer als der ursprünglich beantragten Form erfolgen.

(2) 1Die näheren Bedingungen der Rekapitalisierung sind im Einzelfall festzulegen. 2Dabei ist zu unterscheiden zwischen

1.
der Beteiligung in Form von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht und sonstigen Vorzugsbeteiligungen ohne Stimmrecht an Unternehmen anderer Rechtsform als Aktiengesellschaften (Vorzugsbeteiligungen),

2.
stillen Beteiligungen, Nachrangdarlehen und sonstigen hybriden Finanzinstrumenten (hybride Finanzinstrumente) und

3.
Übernahme oder Erwerb von Aktien mit Stimmrecht oder von Beteiligungen mit vollem Stimmrecht an Unternehmen anderer Rechtsform als Aktiengesellschaft (Beteiligung mit Vollstimmrecht).

(3) 1Rekapitalisierungsinstrumente nach Absatz 2 sind insbesondere dann zu wählen, wenn bei krisenbedingtem Verlust von Eigenkapital die Zufuhr von Nachrangkapital oder Eigenkapital erforderlich ist, um die Kreditfähigkeit wiederherzustellen. 2Die Notwendigkeit der Wiederherstellung der Kreditfähigkeit durch die Bereitstellung von Eigenkapital oder Nachrangkapital ist insbesondere dann gegeben, wenn das Unternehmen nicht in der Lage ist, die für die Sicherstellung der Liquidität und des Fortbestands des Unternehmens notwendigen Mittel am Markt zu beschaffen. 3Die Wiederherstellung der Kreditfähigkeit muss im Hinblick auf das Allgemeinwohl geboten sein. 4Das ist insbesondere der Fall, wenn die Bestandsgefährdung des Unternehmens erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft, die technologische Souveränität, die Versorgungssicherheit, kritische Infrastrukturen oder den Arbeitsmarkt hätte.

(4) 1Eine Rekapitalisierungsmaßnahme darf nur gewährt werden, wenn das Unternehmen zum 31. Dezember 2019 nicht die EU-Definition von „Unternehmen in Schwierigkeiten" erfüllt hat und unter Berücksichtigung der Stabilisierungsmaßnahmen eine positive wirtschaftliche Fortführungsprognose für das Unternehmen vorliegt. 2Die Rekapitalisierung soll eine auf absehbare Zeit angemessene Kapitalausstattung zum Ziel haben. 3Angemessen ist, was für die nachhaltige Sicherstellung der Kreditwürdigkeit erforderlich ist. 4Dabei soll vermieden werden, dass die Stabilisierungsmaßnahmen unmittelbar dazu führen, dass die Kapitalausstattung des Unternehmens voraussichtlich nicht nur kurzfristig deutlich besser ist als im Vorfeld der COVID-19-Krise.

(5) 1Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds soll im Einzelfall darauf hinwirken, dass eine Rekapitalisierung gegebenenfalls nur nach möglichen Eigenleistungen von Anteilseignern des begünstigten Unternehmens erfolgt. 2Diese Eigenleistungen bleiben bei dem Vergleich der Kapitalausstattung vor der COVID-19-Krise und nach der Gewährung der Stabilisierungsmaßnahme nach Absatz 4 Satz 4, außer Betracht.

(6) Rekapitalisierungmaßnahmen nach Absatz 2 können auch zusammen mit Maßnahmen nach § 21 des Stabilisierungsfondsgesetzes angewendet werden.


§ 6 Bedingungen für hybride Finanzinstrumente



(1) 1Bei Rekapitalisierungsmaßnahmen nach § 5 Absatz 2 Nummer 1 und 2 sind die Anforderungen nach den Absätzen 2 bis 7 zu erfüllen. 2Die Erfüllung ist gegebenenfalls vertraglich abzusichern.

(2) 1Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds erhält eine angemessene Vergütung durch das begünstigte Unternehmen. 2Diese Vergütung geht den Gewinnbeteiligungsrechten der übrigen Gesellschafter des begünstigten Unternehmens vor. 3Die Vergütung kann insbesondere in Form einer bevorzugten Gewinn- oder Zinszuweisung erfolgen.

(3) 1Die Angemessenheit der Vergütung wird anhand marktüblicher Kriterien ermittelt. 2Dabei sind die Merkmale des Instrumentes, insbesondere der Rang der Forderung, das Ausfallrisiko sowie alle Zahlungsmodalitäten, die Anreize zur Beendigung der Stützung und ein geeigneter Basiszins zu berücksichtigen. 3Die Mindestvergütung verzinslicher hybrider Instrumente bestimmt sich im Regelfall aus der Summe von Basiszins und aus der Übersicht ersichtlichen Aufschlägen. 4Basiszins ist der 1-Jahres-IBOR oder ein von der Europäischen Kommission veröffentlichter gleichwertiger Zinssatz.

Art des Empfängers 1. Jahr 2. und 3. Jahr 4. und 5. Jahr 6. und 7. Jahr 8. Jahr und danach
KMU2,25 Prozent 3,25 Prozent 4,5 Prozent 6,0 Prozent 8,0 Prozent
Großunternehmen2,5 Prozent 3,5 Prozent 5,0 Prozent 7,0 Prozent 9,5 Prozent


(4) 1Bei Nachrangdarlehen mit vom Gewinn unabhängigem Festzins, ohne Verlustbeteiligung und ohne Wandlungsrecht (Nachrangdarlehen) richtet sich die Mindestvergütung abweichend von Absatz 3 nach der Summe aus dem Basiszinssatz nach Nummer 27 Buchstabe a, des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen, den Mindestbeträgen für die Garantieprämien in § 4 Absatz 3 sowie jeweils einem Zuschlag in Höhe von 2,0 Prozentpunkten für Großunternehmen und von 1,50 Prozentpunkten für KMU. 2Dies gilt soweit der Betrag des Nachrangdarlehens bei Großunternehmen eine Höhe von zwei Dritteln der jährlichen Lohnsumme beim begünstigten Unternehmen und bei KMU die gesamte jährliche Lohnsumme beim begünstigten Unternehmen und bei Großunternehmen 8,4 Prozentpunkte und bei KMU 12,5 Prozentpunkte des Gesamtumsatzes des begünstigten Unternehmens im Jahr 2019 nicht übersteigt. 3In die jährliche Lohnsumme nach Satz 2 sind Sozialversicherungsbeiträge und Kosten für Personal einzurechnen, das am Standort des Unternehmens arbeitet, aber formal auf der Lohn- und Gehaltsliste von Subunternehmen steht.

(5) 1Vorzugsbeteiligungen nach § 5 Absatz 2 Nummer 1 sollen grundsätzlich ausschließlich an den Wirtschaftsstabilisierungsfonds ausgegeben werden, so dass sie eine eigene Gattung bilden. 2Der Ausgabebetrag bestimmt sich nach § 7 Absatz 4 und 5. 3Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Rekapitalisierungsinstrumente, die ein Recht zur Wandlung in Unternehmensbeteiligungen mit Stimmrechten vorsehen. 4Bei Vorzugsbeteiligungen kann abweichend von Absatz 3 auch eine nicht aufsteigende Vergütung oder eine niedrigere Vergütung vereinbart werden, wenn bei der Bestimmung des Ausgabebetrags ein deutlicher Abschlag vom Marktwert vorgenommen wird.

(6) 1Übernimmt der Fonds stille Beteiligungen, Vorzugsbeteiligungen ohne Stimmrecht oder sonstige Finanzinstrumente mit Wandlungsrecht, kann er nach Festlegung des Inhalts der Stabilisierungsmaßnahme, insbesondere der Auflagen nach § 9, bereits Vorauszahlungen zum Zweck der Erfüllung der Einlageverpflichtung leisten, wenn die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung dieser Einlageverpflichtung noch nicht erfüllt sind. 2Diese Vorauszahlungen befreien den Wirtschaftsstabilisierungsfonds nach § 5 Absatz 5 des Wirtschaftsstabilisierungsbeschleunigungsgesetzes in Höhe des gezahlten Betrags von seiner Einlagepflicht.

(7) 1Bei Ausübung eines Wandlungsrechts soll von dem nach § 7 Absatz 4, 5 und 6 ermittelten Ausgabebetrag ein Abschlag in Höhe von mindestens 5 Prozent vorgenommen werden. 2Bei den in Ausübung des Wandlungsrechts gewährten Aktien oder sonstigen Beteiligungen ist die Erfüllung einer der in § 7 Absatz 6 genannten Anforderungen sicherzustellen.


§ 7 Bedingungen für Beteiligungen mit Vollstimmrecht



(1) 1Beim Erwerb von Beteiligungen mit Vollstimmrecht nach § 5 Absatz 2 Nummer 3 sind die Anforderungen nach den Absätzen 3 bis 6 zu erfüllen. 2Die Erfüllung ist gegebenenfalls vertraglich abzusichern.

(2) Der Erwerb einer Beteiligung mit Vollstimmrecht soll insbesondere dann erfolgen, wenn das Vertrauen des Marktes in die Fortführung des Unternehmens mit anderen Mitteln nicht hergestellt werden kann.

(3) 1Eine Beteiligung mit Vollstimmrecht hat grundsätzlich in der Zeichnung neuer Aktien oder neuer Gesellschaftsanteile zu bestehen. 2Der Erwerb von Beteiligungen von Altgesellschaftern soll nur ausnahmsweise erfolgen, wenn der Zweck der Stabilisierungsmaßnahme in anderer Weise nicht erreicht werden kann.

(4) 1Bei börsennotierten Gesellschaften soll sich der Basiswert für den Ausgabebetrag eng an dem Börsenkurs des Unternehmens zu dem Zeitpunkt orientieren, zu dem die Rekapitalisierungsmaßnahme bekannt wird. 2§ 31 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes sowie § 5 der WpÜG-Angebotsverordnung gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass der Gegenleistung der Durchschnittskurs der letzten 15 Tage vor der ersten schriftlichen Anfrage des Unternehmens betreffend die Gewährung von Stabilisierungsmaßnahmen zugrunde zu legen ist. 3Bei der Festlegung des Ausgabebetrags sind zusätzlich das Risikoprofil des Unternehmens, die Besonderheiten des gewählten Instruments, Sondereffekte bei der Börsenpreisbildung sowie Anreize für die Beendigung der Maßnahme zu berücksichtigen. 4Dies kann dazu führen, dass beim Ausgabebetrag ein angemessener Abschlag vom Basiswert vorzunehmen ist.

(5) 1Bei nicht börsennotierten Gesellschaften ist der Basiswert für den Ausgabetrag durch Sachverständigengutachten unter Anwendung von anerkannten Methoden der Unternehmensbewertung zu ermitteln. 2Ab einer Rekapitalisierung in Höhe von 250 Millionen Euro ist grundsätzlich eine Bewertung nach den Grundsätzen des Wirtschaftsprüferstandards IDW S1 vorzulegen. 3Bei Rekapitalisierungsmaßnahmen in Höhe von unter 250 Millionen Euro kann eine vereinfachte Bewertungsmethode angewandt werden, wie zum Beispiel eine Bewertung auf der Grundlage von Multiplikatoren. 4§ 5 Absatz 1 Satz 2 der WpÜG-Angebotsverordnung gilt entsprechend.

(6) 1Bei Beteiligungen mit Vollstimmrecht müssen die Bedingungen für die Ausgabe der Anteile so gestaltet sein, dass sie dazu beitragen, sicherzustellen, dass die Beteiligung nicht länger aufrechterhalten wird, als im Hinblick auf die Stabilisierung des Unternehmens und das Gebot der Wirtschaftlichkeit geboten. 2Dies hat zu erfolgen durch

1.
die Ausgabe von Aktien mit einem Gewinnvorzug nach Maßgabe von Absatz 7 oder

2.
die Vornahme eines umfangreichen Abschlags von dem nach Maßgabe von Absatz 4 oder Absatz 5 ermittelten Basiswerts nach Maßgabe von Absatz 8 oder

3.
die Vornahme eines erheblichen Abschlags von dem nach Maßgabe von Absatz 4 oder Absatz 5 ermittelten Basiswert und die Gewährung von Rechten zum Bezug weiterer Aktien durch den Fonds nach Maßgabe von Absatz 9.

(7) 1Für die vom Fonds gezeichneten Aktien wird eine eigene Aktiengattung ausgegeben, für die ein kumulativer oder im Zeitablauf ansteigender Gewinnvorzug vereinbart werden soll oder eine feste gewinnabhängige Verzinsung, deren Höhe sich an den in der Tabelle in § 6 Absatz 3 vorgesehenen Vorgaben orientiert. 2§ 6 Absatz 5 gilt entsprechend. 3Dabei ist ein Entschädigungsanspruch für entgangene Gewinnvorzüge vorzusehen, auf die der Fonds grundsätzlich nicht verzichten darf.

(8) 1Bei der Festlegung des Ausgabebetrags wird ein umfangreicher Abschlag von dem nach Maßgabe von Absatz 4 oder Absatz 5 ermittelten Basiswert vorgenommen. 2Der Abschlag ist umfangreich im Sinne dieser Vorschrift, wenn der Ausgabebetrag um mindestens 50 Prozent unter dem Basiswert liegt.

(9) 1Bei der Festlegung des Ausgabebetrags wird ein Abschlag von dem nach Maßgabe von Absatz 4 oder Absatz 5 ermittelten Basiswert vorgenommen. 2Der Fonds zahlt einen Aufschlag in entsprechender Höhe auf den Ausgabebetrag als Agio ein. 3Im Gegenzug werden ihm Bezugsrechte auf weitere Aktien eingeräumt. 4Ein Bezugsrecht im Volumen von mindestens 10 Prozent des Nennwerts der vom Fonds gezeichneten Aktien wird nach Ablauf von vier Jahren, gerechnet ab der Beteiligung durch den Fonds fällig, wenn bis zu diesem Zeitpunkt der Fonds nicht mindestens 40 Prozent seiner Beteiligung veräußert hat, sowie nach sechs Jahren, wenn die Beteiligung des Fonds nicht vollständig abgebaut wurde. 5Die Bezugsrechte hat das Unternehmen aus einer bedingten Kapitalerhöhung zu bedienen. 6Das eingezahlte Agio gilt dabei als auf die Einlageverpflichtung anrechenbare Vorleistung im Sinne von § 5 Absatz 5 und § 7 Absatz 4 des Wirtschaftsstabilisierungsbeschleunigungsgesetzes.

(10) 1Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds kann auch Beteiligungen mit Vollstimmrecht zu marktkonformen Bedingungen erwerben, um eine drohende Übernahme zu verhindern oder zu erschweren, wenn die Übernahme durch einen Investor, der nach Maßgabe von § 2 Absatz 19 des Außenwirtschaftsgesetzes als unionsfremd anzusehen ist, erfolgen soll und das Unternehmen in einem der in § 55 Absatz 1 Satz 2 der Außenwirtschaftsverordnung genannten Geschäftsbereich tätig ist oder eine vergleichbare Bedeutung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland hat. 2Bei der sektorübergreifenden Prüfung ist § 55 der Außenwirtschaftsverordnung in Verbindung mit § 2 Absatz 19 des Außenwirtschaftsgesetzes entsprechend anzuwenden. 3§ 7 Absatz 2 ist auf diesen Erwerb von Beteiligungen von Dritten nicht anzuwenden. 4Wenn diese Maßnahme nicht mit anderen Maßnahmen nach § 21 oder § 22 des Stabilisierungsfondsgesetzes kombiniert wird, kann zudem von den Vorgaben dieser Verordnung, insbesondere § 7 Absätze 3 bis 5 und den Auflagen nach § 9, 10 und 11 abgesehen werden. 5Für die Entscheidungen ist der Wirtschaftsstabilisierungsfondsausschuss zuständig. 6Das vom Wirtschaftsstabilisierungsfondsausschuss nach § 20 Absatz 1 Satz 3 des Stabilisierungsfondsgesetzes berufene Expertengremium kann zuvor angehört werden.


§ 8 Auflagen und Bedingungen für Unternehmen, die Stabilisierungsmaßnahmen in Anspruch nehmen



(1) Auflagen und Bedingungen für Stabilisierungsmaßnahmen nach dem Stabilisierungsfondsgesetz müssen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen und haben sich insbesondere an der Art, der Höhe und der Dauer der in Anspruch genommenen Stabilisierungsmaßnahme sowie an der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens auszurichten.

(2) Ferner sollen die Auflagen so gestaltet werden, dass sie Anreize für eine zügige Beendigung der Stabilisierungsmaßnahme setzen.


§ 9 Auflagen und Bedingungen bei Stabilisierungsmaßnahmen nach § 22 des Stabilisierungsfondsgesetzes



(1) 1Solange das Unternehmen Stabilisierungsmaßnahmen des Fonds in Anspruch nimmt, dürfen Organmitgliedern und Geschäftsleitern unter Einbeziehung von etwaigen Konzernbezügen Boni, andere variable oder vergleichbare Vergütungsbestandteile nicht gewährt werden. 2Ebenso dürfen Sonderzahlungen in Form von Aktienpaketen, Gratifikationen oder andere gesonderte Vergütungen neben dem Festgehalt, sonstige in das freie Ermessen des Unternehmens gestellte Vergütungsbestandteile und rechtlich nicht gebotene Abfindungen nicht gewährt werden.

(2) 1Solange nicht mindestens 75 Prozent der Maßnahme zurückgeführt sind, darf kein Mitglied der Geschäftsleitung des Unternehmens eine Vergütung erhalten, die über die Grundvergütung dieses Mitglieds zum 31. Dezember 2019 hinausgeht. 2Bei Personen, die zum Zeitpunkt der Maßnahme oder danach Mitglied der Geschäftsleitung werden, gilt als Obergrenze die Grundvergütung von Mitgliedern der Geschäftsleitung derselben Verantwortungsstufe zum 31. Dezember 2019.

(3) 1Um Anreize für eine zügige Beendigung der Stabilisierungsmaßnahme zu setzen, dürfen während der Dauer der Stabilisierungsmaßnahme grundsätzlich keine Dividenden oder sonstige, vertraglich oder gesetzlich nicht geschuldete, Gewinnausschüttungen an andere Gesellschafter als den Wirtschaftsstabilisierungsfonds geleistet werden. 2Weiterhin darf das Unternehmen keine Aktien oder sonstige Bestandteile der haftenden Eigenmittel des Unternehmens zurückkaufen und keine sonstigen, vertraglich oder gesetzlich nicht geschuldeten Leistungen an andere Gesellschafter oder mit ihnen verbundene Unternehmen leisten. 3Verbundene Unternehmen sind im Verhältnis zueinander in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen nach Maßgabe der §§ 15 und 16 des Aktiengesetzes.

(4) 1Unternehmen, die Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe im Sinne von § 90 Absatz 3 Satz 4 der Abgabenordnung sind, sind verpflichtet, die tatsächlichen Eigentümerverhältnisse sämtlicher Unternehmensteile gegenüber dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds offenzulegen. 2Wenn sie verpflichtet sind, einen länderbezogenen Bericht nach § 138a Absatz 1 der Abgabenordnung zu erstellen, haben sie auch diesen Bericht gegenüber dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds offenzulegen. 3Unternehmen nach Satz 1 haben zu bestätigen, dass Mittel des Wirtschaftsstabilisierungsfonds nicht in nicht kooperative Jurisdiktionen im Sinne der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke, Anhang I1, abfließen. 4Unternehmen mit Sitz in nicht kooperativen Jurisdiktionen können nicht Empfänger von Stabilisierungsmaßnahmen sein.

(5) Unternehmen müssen dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds innerhalb von zwölf Monaten nach Vorlage des Rückzahlungsplans und danach regelmäßig alle zwölf Monate über die Fortschritte bei der Umsetzung des Rückzahlungsplans und die Einhaltung der Voraussetzungen nach den Nummern 71 bis 78 des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen Bericht erstatten.

(6) 1Während der Dauer der Stabilisierungsmaßnahme haben Großunternehmen innerhalb von zwölf Monaten ab dem Datum der Beihilfegewährung und danach regelmäßig alle zwölf Monate Informationen über die Verwendung erhaltener Beihilfen zu veröffentlichen. 2Hierzu gehören Informationen darüber, inwieweit die erhaltenen Beihilfen ihre Tätigkeiten im Einklang mit den EU-Zielen und den Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich des ökologischen und des digitalen Wandels, etwa dem EU-Ziel der Klimaneutralität bis 2050, unterstützen.

(7) Börsennotierte Unternehmen dürfen von den Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex nur mit Genehmigung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds und nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes abweichen.

(8) Zudem sollen dem Unternehmen insbesondere folgende Auflagen erteilt werden,

1.
eine Überprüfung ihre Geschäftspolitik und deren wirtschaftlicher Nachhaltigkeit, um die Gewähr für eine solide und umsichtige Geschäftspolitik zu bieten;

2.
Nachweis eines Beitrags zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, zur Stabilisierung von Produktionsketten und zur dauerhaften Sicherung von Arbeitsplätzen;

3.
1Vergütungsbeschränkungen nach Absatz 1 auch für Mitarbeitern der nachgelagerten Führungsebene. 2Sofern variable Vergütungen gewährt werden, darf von Erfolgszielen und anderen Parametern für erfolgsabhängige Vergütungen nicht nachträglich zu Lasten des Unternehmens abgewichen werden.


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Aktuelle Version jeweils abrufbar unter: https://www.consilium.europa.eu/de/policies/eu-list-of-non-cooperative-jurisdictions/