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Anlegerentschädigungsgesetz (AnlEntG)

Artikel 1 G. v. 16.07.1998 BGBl. I S. 1842; zuletzt geändert durch Artikel 7 Abs. 11 G. v. 12.05.2021 BGBl. I S. 990
Geltung ab 01.08.1998; FNA: 7610-13 Aufsichtsrechtliche Vorschriften
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§ 3 Entschädigungsanspruch



(1) Der Gläubiger eines Instituts hat im Entschädigungsfall gegen die Entschädigungseinrichtung einen Anspruch auf Entschädigung nach Maßgabe des § 4.

(2) 1Keinen Anspruch haben

1.
CRR-Kreditinstitute im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes einschließlich Zweigstellen von Unternehmen mit Sitz im Ausland, denen eine Erlaubnis gemäß § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 des Kreditwesengesetzes erteilt ist, Wertpapierfirmen im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 1 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1) und Finanzinstitute im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 26 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1) mit Sitz im In- oder Ausland, soweit sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handeln,

2.
private und öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen mit Sitz im In- oder Ausland,

3.
Verwaltungsgesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 14 des Kapitalanlagegesetzbuchs mit Sitz im In- oder Ausland einschließlich der von ihnen verwalteten inländischen, EU- und ausländischen Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs,

4.
der Bund, ein Land, ein rechtlich unselbständiges Sondervermögen des Bundes oder eines Landes, eine kommunale Gebietskörperschaft, ein anderer Staat oder eine Regionalregierung oder eine örtliche Gebietskörperschaft eines anderen Staates,

5.
Geschäftsleiter, persönlich haftende Gesellschafter oder Mitglieder von Aufsichtsorganen des Instituts, Personen, die mindestens 5 Prozent des Kapitals des Instituts halten, Prüfer im Sinne des § 28 des Kreditwesengesetzes, des § 77 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder des § 38 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs und Gläubiger, die eine entsprechende Stellung oder Funktion in einem Unternehmen haben, das mit dem Institut einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes, ohne dass es auf die Rechtsform ankommt, bildet,

6.
Ehegatten, Lebenspartner und Verwandte ersten und zweiten Grades der unter Nummer 5 genannten Personen, es sei denn, dass die Gelder oder Finanzinstrumente aus dem eigenen Vermögen der Ehegatten, Lebenspartner oder Verwandten stammen,

7.
Unternehmen, die mit dem Institut einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes, ohne dass es auf die Rechtsform ankommt, bilden,

8.
Gläubiger, die bei dem Institut Sachverhalte herbeigeführt oder genutzt haben, welche die finanziellen Schwierigkeiten verursacht oder wesentlich zur Verschlechterung der finanziellen Lage des Instituts beigetragen haben; dies sind insbesondere Gläubiger, die auf Grund einzeln ausgehandelter Vereinbarungen hohe Zinsen oder finanzielle Vorteile erhalten haben,

9.
Unternehmen, die nach den Vorschriften des Dritten Buchs des Handelsgesetzbuchs einen Lagebericht aufzustellen haben oder nur wegen ihrer Einbeziehung in einen Konzernabschluss von dieser Verpflichtung befreit sind, und vergleichbare Unternehmen mit Sitz im Ausland sowie

10.
Gläubiger, deren Ansprüche gegen das Institut im Zusammenhang mit Geschäften stehen, auf Grund derer Personen in einem Strafverfahren wegen Geldwäsche im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (ABl. L 309 vom 25.11.2005, S. 15) rechtskräftig verurteilt worden sind.

2Hat der Gläubiger des Instituts für Rechnung eines Dritten gehandelt und ist das Treuhandverhältnis eindeutig als solches gekennzeichnet, so ist für die Feststellung der Berechtigung des Anspruchs nach Satz 1 auf den Dritten abzustellen.

(3) Der Anspruch des Entschädigungsberechtigten gegen die Entschädigungseinrichtung verjährt in fünf Jahren nach Unterrichtung des Entschädigungsberechtigten über den Entschädigungsfall gemäß § 5 Absatz 4 Satz 1.

(4) Für Streitigkeiten über den Grund und die Höhe des Entschädigungsanspruchs ist der Zivilrechtsweg gegeben.




§ 4 Umfang des Entschädigungsanspruchs



(1) 1Der Entschädigungsanspruch des Gläubigers des Instituts richtet sich nach der Höhe und dem Umfang der ihm gegenüber bestehenden Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften unter Berücksichtigung etwaiger Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechte des Instituts. 2Ein Entschädigungsanspruch besteht nicht, soweit Gelder nicht auf die Währung eines EU-Mitgliedstaates oder auf Euro lauten.

(2) Der Entschädigungsanspruch ist der Höhe nach begrenzt auf 90 Prozent der Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften und den Gegenwert von 20.000 Euro.

(3) 1Bei der Berechnung der Höhe des Entschädigungsanspruchs ist der Betrag der Gelder und der Marktwert der Finanzinstrumente bei Eintritt des Entschädigungsfalles zugrunde zu legen. 2Der Entschädigungsanspruch umfasst im Rahmen der Obergrenze nach Absatz 2 auch Ansprüche auf Zinsen. 3Diese bestehen ab dem Eintritt des Entschädigungsfalles bis zur Rückzahlung der Verbindlichkeiten, längstens bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens. 4Der Entschädigungsanspruch mindert sich insoweit, als der durch den Entschädigungsfall eingetretene Vermögensverlust des Gläubigers durch Leistungen Dritter ausgeglichen wird.

(4) 1Die Obergrenze nach Absatz 2 bezieht sich auf die Gesamtforderung des Gläubigers gegen das Institut, unabhängig von der Zahl der Konten, der Währung und dem Ort, an dem die Konten geführt oder die Finanzinstrumente verwahrt werden. 2Die Entschädigung kann in Euro geleistet werden.

(5) 1Bei Gemeinschaftskonten ist für die Obergrenze nach Absatz 2 der jeweilige Anteil des einzelnen Kontoinhabers maßgeblich. 2Fehlen besondere Bestimmungen, so werden die Gelder oder die Finanzinstrumente den Kontoinhabern zu gleichen Anteilen zugerechnet.

(6) Hat der Gläubiger für Rechnung eines Dritten gehandelt, ist für die Obergrenze nach Absatz 2 auf den Dritten abzustellen.




§ 5 Entschädigungsverfahren



(1) 1Die Bundesanstalt hat den Entschädigungsfall unverzüglich festzustellen, spätestens jedoch innerhalb von 21 Tagen, nachdem sie davon Kenntnis erlangt hat, dass ein Institut nicht in der Lage ist, Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften zu erfüllen. 2Sie hat den Entschädigungsfall auch festzustellen, wenn Maßnahmen nach § 46 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 bis 6 des Kreditwesengesetzes, nach § 79 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 bis 6 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder nach § 42 des Kapitalanlagegesetzbuchs angeordnet worden sind und diese länger als sechs Wochen andauern.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Feststellung des Entschädigungsfalls haben keine aufschiebende Wirkung.

(3) 1Die Bundesanstalt veröffentlicht die Feststellung des Entschädigungsfalls im Bundesanzeiger. 2Sie unterrichtet die Entschädigungseinrichtung unverzüglich über die Feststellung des Entschädigungsfalls.

(4) 1Die Entschädigungseinrichtung hat die Gläubiger des Instituts unverzüglich über den Eintritt des Entschädigungsfalles und die Frist gemäß Absatz 5 Satz 1 zu unterrichten; sie trifft geeignete Maßnahmen, um die Gläubiger innerhalb der in Absatz 6 genannten Frist zu entschädigen. 2Das Institut hat der Entschädigungseinrichtung unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb einer Woche, die für die Entschädigung der Gläubiger erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

(5) 1Der Entschädigungsanspruch ist schriftlich innerhalb eines Jahres nach Unterrichtung über den Entschädigungsfall bei der Entschädigungseinrichtung anzumelden. 2Nach Ablauf dieser Frist ist der Entschädigungsanspruch ausgeschlossen, es sei denn, die Fristversäumnis ist nicht vom Entschädigungsberechtigten zu vertreten.

(6) 1Die Entschädigungseinrichtung hat die angemeldeten Ansprüche unverzüglich zu prüfen. 2Die Entschädigungseinrichtung hat Ansprüche spätestens drei Monate, nachdem sie die Berechtigung und die Höhe der Ansprüche festgestellt hat, zu erfüllen. 3In besonderen Fällen kann diese Frist mit Zustimmung der Bundesanstalt um bis zu drei Monate verlängert werden.

(7) Soweit die Entschädigungseinrichtung den Entschädigungsanspruch eines Berechtigten erfüllt, gehen dessen Ansprüche gegen das Institut auf sie über.

(8) Steht der Anspruch des Gläubigers im Zusammenhang mit Geschäften, auf Grund derer gegen Personen in einem Strafverfahren wegen Geldwäsche im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 2005/60/EG ermittelt wird, so kann die Entschädigungseinrichtung die Leistung der Entschädigung aussetzen, bis das Strafverfahren beendet ist.