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Verordnung über die innerstaatliche und grenzüberschreitende Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, mit Eisenbahnen und auf Binnengewässern (Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt - GGVSEB)


§ 35 Verlagerung



(1) Die in § 35b genannten gefährlichen Güter müssen in dem dort festgelegten Rahmen auf dem Eisenbahn- oder Wasserweg befördert werden, sofern

1.
der Verlader und der Befüller am Beginn und der Entlader am Ende der Beförderung über einen dafür geeigneten Gleis- oder Hafenanschluss verfügen,

2.
die Beförderung auf dem Eisenbahn- oder Wasserweg durchführbar ist und

3.
die gesamte Beförderungsstrecke im Geltungsbereich dieser Verordnung mehr als 200 Kilometer beträgt.

(2) 1Liegen die Bedingungen nach Absatz 1 Nummer 1 und 2 nicht vor, sind die in § 35b genannten gefährlichen Güter in dem dort festgelegten Rahmen im multimodalen Verkehr zu befördern, sofern

1.
die gesamte Beförderungsstrecke im Geltungsbereich dieser Verordnung mehr als 400 Kilometer beträgt und

2.
die Beförderung auf dem größeren Teil der Strecke mit der Eisenbahn oder dem Schiff durchgeführt werden kann.

2In diesem Fall hat der Beförderer vor Beginn der Beförderung im Beförderungspapier die Bezeichnung der Bahnhöfe oder Hafenanlagen anzugeben, die er für die Beförderung in Anspruch nimmt, und zusätzlich zu vermerken „Beförderung nach § 35 Absatz 2 GGVSEB".

(3) 1Eine Pflicht zur Verlagerung nach den Absätzen 1 und 2 besteht nicht, wenn die Entfernung auf dem Eisenbahn- oder Wasserweg mindestens doppelt so groß ist wie die tatsächliche Entfernung auf der Straße. 2Im multimodalen Verkehr ist die Entfernung im Vor- und Nachlauf auf der Straße mit einzubeziehen.

(4) 1Sofern die Bedingungen für eine Verlagerung nach Absatz 1 Nummer 1 und 2 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 nicht vorliegen und deshalb eine Beförderung auf der Straße durchgeführt werden soll, ist hierfür eine schriftliche oder elektronische Bescheinigung erforderlich. 2Die Bescheinigung wird für den jeweiligen Verkehrsträger auf Antrag durch das Eisenbahn-Bundesamt oder die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt ausgestellt. 3Diese Bescheinigung kann widerruflich erteilt, befristet und mit Auflagen versehen werden, soweit dies erforderlich ist, um die Einhaltung der gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften sicherzustellen. 4Der Beförderer hat dafür zu sorgen, dass die Bescheinigung nach Satz 1 dem Fahrzeugführer vor Beförderungsbeginn übergeben wird. 5Der Fahrzeugführer muss die Bescheinigung während der Beförderung mitführen und zuständigen Personen auf Verlangen zur Prüfung aushändigen.

(5) Bei der Bescheinigung nach Absatz 4 Satz 1 genügt das Mitführen einer fernkopierten Bescheinigung oder des Ausdrucks einer elektronisch erteilten und signierten Bescheinigung sowie deren digitalisierte Form auf einem Speichermedium, wenn diese derart mitgeführt wird, dass sie bei einer Kontrolle auf Verlangen zuständigen Personen lesbar gemacht werden kann.




§ 35a Fahrweg im Straßenverkehr



(1) Beförderungen von in § 35b genannten gefährlichen Gütern, die teilweise oder vollständig im Straßenverkehr erfolgen, sind in dem dort festgelegten Rahmen auf Autobahnen durchzuführen.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn

1.
die Entfernung bei Benutzung der Autobahn mindestens doppelt so groß ist wie die Entfernung bei Benutzung anderer geeigneter Straßen, oder

2.
die Benutzung der Autobahn nach den Vorschriften der Straßenverkehrs-Ordnung oder der Ferienreiseverordnung ausgeschlossen oder beschränkt ist.

(3) 1Der Fahrweg außerhalb der Autobahnen wird von der nach Landesrecht zuständigen Behörde für eine einzelne Fahrt oder bei vergleichbaren Sachverhalten für eine begrenzte oder unbegrenzte Zahl von Fahrten auf Antrag schriftlich oder elektronisch bestimmt. 2Die Fahrwegbestimmung kann auch durch Allgemeinverfügung erfolgen. 3Bei Sperrungen dürfen die ausgewiesenen Umleitungsstrecken ohne erneute Fahrwegbestimmung benutzt werden.

(4) 1Der Beförderer darf die gefährlichen Güter nur befördern, wenn eine Fahrwegbestimmung erteilt ist. 2Er hat dafür zu sorgen, dass die Fahrwegbestimmung dem Fahrzeugführer vor Beförderungsbeginn übergeben wird. 3Der Fahrzeugführer muss die Fahrwegbestimmung beachten und sie während der Beförderung mitführen und zuständigen Personen auf Verlangen zur Prüfung aushändigen.

(5) Bei der Fahrwegbestimmung nach Absatz 3 Satz 1 genügt das Mitführen eines fernkopierten Bescheides oder des Ausdrucks eines elektronisch erteilten und signierten Bescheides sowie dessen digitalisierte Form auf einem Speichermedium, wenn diese derart mitgeführt wird, dass sie bei einer Kontrolle auf Verlangen zuständigen Personen lesbar gemacht werden kann.




§ 35b Gefährliche Güter, für deren Beförderung die §§ 35 und 35a gelten



1Für die nachfolgend genannten gefährlichen Güter gelten die §§ 35 und 35a wie folgt:

Tabelle

lfd.
Nr.
Klasse/
Unter-
klasse
Stoff oder Gegenstand
Geltung
der §§ 35
und 35a
Beförderung in Bemerkungen
Tanks
ab
Versandstücken
ab
1 1.1explosive Stoffe und Ge-
genstände mit Explosiv-
stoff
§ 35 und
§ 35a
nicht zulässig 1.000 kg
Nettoexplosiv-
stoffmasse
Siehe Ausnahmen nach
§ 35c Absatz 9
1.2explosive Stoffe und Ge-
genstände mit Explosiv-
stoff
§ 35 und
§ 35a
nicht zulässig 1.000 kg
Nettoexplosiv-
stoffmasse
 
1.5explosive Stoffe und Ge-
genstände mit Explosiv-
stoff
§ 35 und
§ 35a
1.000 kg
Nettoexplosiv-
stoffmasse
1.000 kg
Nettoexplosiv-
stoffmasse
Beförderungen in Tanks
sind nur für die UN-Num-
mern 0331 und 0332 zu-
lässig
(Siehe Ausnahmen nach
§ 35c Absatz 9)
22entzündbare Gase (Klas-
sifizierungscodes, die nur
den Buchstaben F ent-
halten)
§ 35 und
§ 35a
9.000 kg
Nettomasse
entfällt§§ 35 und 35a gelten nur
für Beförderungen in Tanks
(Siehe Ausnahmen nach
§ 35c Absatz 1 und 5 bis 8)
32giftige Gase (Klassifizie-
rungscodes, die den/die
Buchstaben T, TF, TC,
TO, TFC oder TOC ent-
halten)
§ 35 und
§ 35a
1.000 kg
Nettomasse
entfällt§§ 35 und 35a gelten nur
für Beförderungen in Tanks
43entzündbare flüssige
Stoffe der Verpackungs-
gruppen I und II, mit
Ausnahme der UN-Num-
mern 1093, 1099, 1100,
1131 und 1921
§ 35a 3.000 Liter bei
Verpackungs-
gruppe I
6.000 Liter bei
Verpackungs-
gruppe II
entfällt§ 35a gilt nur für Beför-
derungen in Tanks (Siehe
Ausnahme nach § 35c
Absatz 3)
53UN-Nummern 1093,
1099, 1100, 1131 und
1921 der Verpackungs-
gruppe I
§ 35 und
§ 35a
3.000 Liter entfällt§§ 35 und 35a gelten nur
für Beförderungen in Tanks
64.1desensibilisierte explo-
sive Stoffe der UN-Num-
mern 3364, 3365, 3367
und 3368
§ 35 und
§ 35a
nicht zulässig 1.000 kg
Nettomasse
 
74.2UN-Nummer 3394 § 35 und
§ 35a
3.000 Liter entfällt§§ 35 und 35a gelten nur
für Beförderungen in Tanks
84.3UN-Nummern 1928 und
3399 der Verpackungsgruppe I
§ 35 und
§ 35a
3.000 Liter entfällt§§ 35 und 35a gelten nur
für Beförderungen in Tanks
95.1entzündend (oxidierend)
wirkende flüssige Stoffe
der Verpackungsgruppe I
der UN-Nummern 1745,
1746, 1873 und 2015
§ 35 und
§ 35a
3.000 Liter entfällt§§ 35 und 35a gelten nur
für Beförderungen in Tanks
106.1giftige flüssige Stoffe der
Verpackungsgruppe I
§ 35 und
§ 35a
3.000 Liter entfällt§§ 35 und 35a gelten nur
für Beförderungen in Tanks
118ätzende flüssige Stoffe
der Verpackungsgruppe I
der UN-Nummern 1052,
1739, 1744, 1777, 1790,
1829 und 2699
§ 35 und
§ 35a
3.000 Liter entfällt§§ 35 und 35a gelten nur
für Beförderungen in Tanks.


2Die angegebenen Mengen beziehen sich auf die Beförderungseinheit. 3Werden verschiedene Güter der Klasse 1 jeweils in geringeren Mengen als 1.000 kg Nettoexplosivstoffmasse in einer Beförderungseinheit befördert, sind die §§ 35 und 35a ab einer Summe der Nettoexplosivstoffmassen dieser Güter von 1.000 kg in der Beförderungseinheit anzuwenden.




§ 35c Ausnahmen zu den §§ 35 und 35a



(1) Die §§ 35 und 35a gelten nicht für Beförderungen von entzündbaren Gasen nach § 35b Tabelle laufende Nummer 2, wenn Tanks verwendet werden,

1.
die als Doppelwandtanks mit Vakuumisolierung gebaut sind,

2.
deren Summe der Wanddicken der metallenen Außenwand und des Innentanks die Mindestwanddicke nach Absatz 6.8.2.1.18 ADR nicht unterschreitet,

3.
deren Wanddicke des Innentanks die Mindestwanddicke nach Absatz 6.8.2.1.19 ADR nicht unterschreitet und

4.
deren Innentanks aus austenitischen Chrom-Nickel- oder Chrom-Nickel-Molybdän-Stählen bestehen.

(2) 1Für die Tanks nach Absatz 1 ist dies in der ADR-Zulassungsbescheinigung nach Unterabschnitt 9.1.3.1 ADR oder in einer besonderen Bescheinigung des Tankherstellers oder eines Sachverständigen oder Technischen Dienstes nach § 14 Absatz 4 zu bestätigen. 2Bescheinigungen nach der Ausnahme Nr. 40 (S) der Gefahrgut-Ausnahmeverordnung (GGAV) sowie der Ausnahme 13 (S) der GGAV gelten weiter.

(3) § 35a gilt nicht für Beförderungen von entzündbaren flüssigen Stoffen nach § 35b Tabelle laufende Nummer 4, sofern die Beförderungen in

1.
nicht wanddickenreduzierten zylindrischen Tanks nach Kapitel 6.7 oder 6.8 ADR, die nach einem Berechnungsdruck von mindestens 0,4 Mega-Pascal (4 Bar) bemessen sind oder mit einem Prüfdruck von mindestens 0,4 Mega-Pascal (4 Bar) geprüft sind,

2.
Tanks, deren Sicherheitsniveau um 50 Prozent höher ist, als das eines Tanks aus Baustahl nach Absatz 6.8.2.1.18 ADR (Nummer 12 in Bild 21 des Forschungsberichts 203 „Sicherheitsniveaus von Transporttanks für Gefahrgut"1 und Bekanntmachung zur Anwendung des Forschungsberichts 2032), wenn die Kenngröße f3 zur Ermittlung der Risikozahl mindestens 0,5 beträgt und das Sicherheitsniveau von der nach § 12 für die Baumusterprüfung zuständigen Stelle bescheinigt wurde,

3.
Doppelwandtanks nach Absatz 6.8.2.1.20 Buchstabe b Nummer 2 und 3 linke Spalte oder

4.
Doppelwandtanks nach Absatz 6.8.2.1.20 rechte Spalte, in Aufsetztanks nach Absatz 6.8.2.1.20 Buchstabe b letzter Satz linke Spalte oder in Saug-Druck-Tanks für Abfälle nach Kapitel 6.10 ADR

durchgeführt werden.

(4) 1Für die Tanks nach Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ist dies in der ADR-Zulassungsbescheinigung nach Unterabschnitt 9.1.3.1 ADR oder in einer besonderen Bescheinigung des Tankherstellers oder eines Sachverständigen oder Technischen Dienstes nach § 14 Absatz 4 zu bestätigen. 2Bescheinigungen nach der Ausnahme Nr. 47 (S) der GGAV sowie der Ausnahme 14 (S) der GGAV gelten weiter.

(5) § 35 gilt nicht für Beförderungen von entzündbaren Gasgemischen der UN-Nummer 1965 (§ 35b Tabelle laufende Nummer 2), sofern die gesamte Beförderungsstrecke im Geltungsbereich dieser Verordnung nicht mehr als 300 Kilometer beträgt.

(6) Die §§ 35 und 35a gelten nicht für Beförderungen von entzündbaren Gasgemischen der UN-Nummer 1965 (§ 35b Tabelle laufende Nummer 2) in Tanks nach Abschnitt 1.2.1 ADR bis 11.000 kg Nettomasse in der Beförderungseinheit, sofern die Fahrzeuge mit einem automatischen Blockierverhinderer (ABV) nach § 41 Absatz 18 oder § 41b der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung ausgerüstet sind und dies in der ADR-Zulassungsbescheinigung nach Unterabschnitt 9.1.3.1 ADR vermerkt ist.

(7) Die §§ 35 und 35a gelten nicht für Beförderungen von entzündbaren Gasgemischen der UN-Nummer 1965 (§ 35b Tabelle laufende Nummer 2) in Tanks nach Abschnitt 1.2.1 ADR von mehr als 11.000 kg bis 22.000 kg Nettomasse in der Beförderungseinheit, sofern die Fahrzeuge mit einem automatischen Blockierverhinderer (ABV) nach § 41 Absatz 18 oder § 41b der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung und mit einer Fahrdynamikregelung (Electronic Stability Control - ESC) ausgerüstet sind und dies in der ADR-Zulassungsbescheinigung nach Unterabschnitt 9.1.3.1 ADR vermerkt ist.

(8) § 35 Absatz 2 gilt nicht für Beförderungen von entzündbaren Gasen der UN-Nummern 1038, 1961, 1966, 1972, 3138 und 3312 (§ 35b Tabelle laufende Nummer 2).

(9) Die §§ 35 und 35a gelten nicht für Beförderungen zum Ort der Verwendung, sofern die gesamte Beförderungsstrecke im Geltungsbereich dieser Verordnung nicht mehr als 300 Kilometer beträgt, von explosiven Stoffen und Gegenständen mit Explosivstoff (§ 35b Tabelle laufende Nummer 1)

1.
der UN-Nummern 0065, 0082 und 0241 (Unterklasse 1.1) und der UN-Nummern 0331 und 0332 (Unterklasse 1.5), wenn für diese explosiven Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoff der Konformitätsnachweis nach § 5 des Sprengstoffgesetzes erbracht wurde und diese explosiven Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoff eine Schlagempfindlichkeit von mehr als 30 Joule sowie eine Reibempfindlichkeit von mehr als 280 Newton bei Durchführung der Prüfverfahren3 haben, und

2.
1der UN-Nummer 0081 (Unterklasse 1.1)

a)
bis 1.000 kg Nettoexplosivstoffmasse in der Beförderungseinheit, sofern die Fahrzeuge mit einem automatischen Blockierverhinderer (ABV) nach § 41 Absatz 18 oder § 41b der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, oder

b)
bis 3.000 kg Nettoexplosivstoffmasse in der Beförderungseinheit, sofern die Fahrzeuge mit einem automatischen Blockierverhinderer (ABV) nach § 41 Absatz 18 oder § 41b der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung und mit einer Fahrdynamikregelung (Electronic Stability Control - ESC)

ausgerüstet sind und dies in der ADR-Zulassungsbescheinigung nach Unterabschnitt 9.1.3.1 ADR vermerkt ist. 2Die Ausnahmen nach Satz 1 Nummer 1 und Nummer 2 Buchstabe a oder b können nebeneinander in Anspruch genommen werden. 3§ 35b Satz 3 ist nicht anzuwenden.


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1
Der Forschungsbericht 203 ist hinterlegt bei der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, 12205 Berlin, Unter den Eichen 87.
2
Die Bekanntmachung ist veröffentlicht im Verkehrsblatt 2002 Heft 16 S. 522.
3
Prüfverfahren nach Anhang Teil A.14 der Verordnung (EG) Nr. 440/2008 der Kommission vom 30. Mai 2008 zur Festlegung von Prüfmethoden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) (ABl. L 142 vom 31.5.2008, S. 1) in der jeweils jüngsten im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Fassung.