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Verordnung über Finanzrückversicherungsverträge und Verträge ohne hinreichenden Risikotransfer (Finanzrückversicherungsverordnung - FinRVV)

V. v. 14.07.2008 BGBl. I S. 1291 (Nr. 30); aufgehoben durch Artikel 1 Nr. 12 V. v. 16.12.2015 BGBl. I S. 2345
Geltung ab 26.07.2008; FNA: 7631-1-42 Versicherungsaufsichtsrecht
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§ 4 Allgemeine Anforderungen an den hinreichenden Risikotransfer



(1) Der hinreichende Risikotransfer eines Finanzrückversicherungsvertrages ist durch eine Risikoprüfung (Risikotransfertest) zu belegen, soweit der Vertrag nicht für beide Vertragsparteien eine nur unwesentliche wirtschaftliche Bedeutung hat. Im Rahmen des Risikotransfertests sind Verträge, die eine wirtschaftliche Verbindung zu anderen Verträgen zwischen denselben Vertragsparteien besitzen, als wirtschaftliche Einheit zu betrachten. Die Gründe, die zu der Einschätzung geführt haben, dass eine nur unwesentliche Bedeutung vorliegt, sowie das Ergebnis der Prüfung, ob eine wirtschaftliche Verbindung zu anderen Verträgen besteht, sind von der jeweiligen Vertragspartei zu dokumentieren.

(2) Sind Risiken aus der Nichtlebensversicherung mit Ausnahme der in Absatz 4 genannten Risiken Vertragsgegenstand, liegt ein hinreichender Risikotransfer dann vor, wenn der Rückversicherer durch eine Übernahme von versicherungstechnischem Risiko und von Zeitpunktrisiko mit einer Mindestwahrscheinlichkeit einen nicht unerheblichen Verlust erleiden wird. Dies ist in zwei Schritten zu ermitteln:

1.
Der absolute Betrag des erwarteten Verlusts muss sich für den Rückversicherer auf mindestens 1 vom Hundert des erwarteten Beitrags belaufen;

2.
liegt der ermittelte Wert unterhalb der in Nummer 1 genannten Schwelle, ist ein hinreichender Risikotransfer regelmäßig dann anzunehmen, wenn zum einen der rückversicherte Anteil den Originalbedingungen des Vorversicherers folgt oder diese für den Rückversicherer nachteilig verändert werden und wenn die Originalbedingungen zum anderen einen versicherungstechnischen Risikotransfer beinhalten.

Ein hinreichender Risikotransfer im Sinne von Satz 2 Nr. 2 liegt insbesondere dann nicht vor, wenn der rückversicherte Anteil die Originalbedingungen so verändert, dass ein Verlust des Rückversicherers während der Vertragslaufzeit in keinem Fall eintreten kann, oder wenn der Vorversicherer auf Grund des Rückversicherungsvertrages verpflichtet ist, einen eventuell auftretenden Verlust des Rückversicherers vollständig auszugleichen.

(3) Sind Risiken aus der Lebensversicherung Vertragsgegenstand, liegt hinreichender Risikotransfer vor, wenn

1.
der Rückversicherer im Rahmen einer realistischen Betrachtung durch eine Übertragung von versicherungstechnischem Risiko und von Zeitpunktrisiko über die Gesamtlaufzeit des Vertrages mit einer Mindestwahrscheinlichkeit einen nicht unerheblichen Verlust erleiden wird,

2.
der Rückversicherer vom Vorversicherer Geschäft übernimmt, das nach den im Herkunftsstaat des Vorversicherers geltenden Vorschriften als Versicherungsgeschäft anerkannt ist, und

3.
sämtliche Forderungen und Verbindlichkeiten des Vorversicherers und des Rückversicherers sowie alle aus einer Verrechnung herrührenden Salden aus dem Vertrag in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Verlauf des zugrunde liegenden Versicherungsgeschäfts stehen.

Das Kriterium des Satzes 1 Nr. 1 ist insbesondere dann erfüllt, wenn der rückversicherte Anteil den Originalbedingungen des Vorversicherers folgt oder diese für den Rückversicherer nachteilig verändert. Ein sachlicher Zusammenhang im Sinne des Satzes 1 Nr. 3 ist vor allem dann anzunehmen, wenn etwaige Verpflichtungen des Vorversicherers mit dem Risikotransfer nicht nur willkürlich verbunden sind und wenn der Rückversicherer aus dem Vertrag keinen unabdingbaren Rückzahlungsanspruch, sondern nur die Chance auf künftige Risiko-, Zins- und Kostengewinne erhält. Alle Verpflichtungen der Vertragspartner unter dem Vertrag sind unabhängig davon, ob ein solcher sachlicher Zusammenhang besteht, in die Ermittlung des Risikotransfers einzubeziehen; jedoch dürfen Vertragsstrafen für den Fall einer außerordentlichen Beendigung des Vertrages bei dem Risikotransfertest nicht berücksichtigt werden. Ist eine der in Satz 1 Nr. 2 und 3 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, liegt nur dann ein hinreichender Risikotransfer vor, wenn das Unternehmen diesen mit Hilfe nachprüfbarer Berechnungen auf der Grundlage geeigneter realistischer Szenarien nachweist und dokumentiert. Absatz 2 Satz 3 gilt für die Risiken aus der Lebensversicherung entsprechend. Zusatzrisiken zur Lebensversicherung im Sinne von § 6 Abs. 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes sind in die Ermittlung des Risikotransfers unter dem Lebensrückversicherungsvertrag einzubeziehen.

(4) Sind Risiken aus der Krankenversicherung, die nach Art der Lebensversicherung betrieben wird, Vertragsgegenstand, ist Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(5) Sind sowohl Risiken aus dem Bereich der Lebensversicherung oder der Krankenversicherung im Sinne des Absatzes 4 als auch Risiken aus dem Bereich der Nichtlebensversicherung mit Ausnahme der Krankenversicherung im Sinne des Absatzes 4 Vertragsgegenstand, sind die Absätze 2 und 3 jeweils auf den auf ihren Anwendungsbereich entfallenden Teil der Risiken anzuwenden, soweit eine eindeutige Trennung möglich ist. Die Prüfung und Feststellung, ob ein hinreichender Risikotransfer vorliegt, erfolgt in diesem Fall für beide Teile gesondert. Kommt es dabei für beide Teile zu unterschiedlichen Feststellungen darüber, ob der Risikotransfer hinreichend ist, sind beide Teile des Vertrages insoweit wie unterschiedliche Verträge zu behandeln. Kommt dabei entweder den Risiken nach Absatz 2 oder den Risiken nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, eine im Verhältnis zu dem anderen Teil der Risiken nur unwesentliche Bedeutung zu, richtet sich die Feststellung des hinreichenden Risikotransfers unter dem Vertrag allein nach dem anderen Teil. In allen anderen Fällen richtet sich die Prüfung des hinreichenden Risikotransfers nach Absatz 3.


§ 5 Durchführung des Risikotransfertests



(1) Ein nach § 4 Abs. 1 erforderlicher Risikotransfertest ist zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sowie anlässlich und zum Zeitpunkt jeder nachfolgenden Änderung des Vertragsinhalts, soweit diese den Risikotransfer beeinflussen kann, durchzuführen. Der Risikotransfertest ist schriftlich oder mittels elektronischer Speichermedien, die nachträgliche Veränderungen erkennen lassen, so zu dokumentieren, dass die Art und der gemessene Umfang des Risikotransfers für einen sachverständigen Dritten nachvollziehbar sind. Dies umfasst auch die dem Risikotransfertest zugrunde liegenden Daten, Schätzungen und Szenarien.

(2) Soweit sich die Prüfung des Risikotransfers nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, auch in Verbindung mit § 4 Abs. 5, richtet, ist der hinreichende Risikotransfer für einen Rückversicherungsvertrag grundsätzlich anhand des erwarteten Verlusts nachzuweisen. Sofern im Rahmen einer Bilanzierung nach internationalen Rechnungslegungsstandards im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (ABl. EG Nr. L 243 S. 1) eine Prüfung des Risikotransfers mittels anderer geeigneter quantitativer Verfahren durchgeführt und hierbei ein hinreichender Risikotransfer im Sinne dieser Standards festgestellt wird, gilt der hinreichende Risikotransfer abweichend von Satz 1 als nachgewiesen, wenn sowohl versicherungstechnisches als auch Zeitpunktrisiko übertragen werden.

(3) Für die Berechnung des erwarteten Verlusts und des erwarteten Beitrags sind die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses angemessenen Rechnungsgrundlagen zu verwenden. Für die Barwertberechnung sind zu diesem Zeitpunkt geeignete währungskongruente Zinssätze für risikofreie Kapitalanlagen anzuwenden, die sich an der Laufzeit der zugrunde gelegten Zahlungsströme orientieren müssen.

(4) Sofern sich der erwartete Verlust oder der erwartete Beitrag mangels ausreichender oder verlässlicher auf Erfahrungsbasis beruhender Daten nicht berechnen lassen, ist der Risikotransfertest anhand von Schätzungen und auf der Grundlage geeigneter realistischer Szenarien durchzuführen.


§ 6 Mindestbestimmungen in Finanzrückversicherungsverträgen



(1) Das Versicherungsunternehmen hat eine Bestimmung in den Vertrag aufzunehmen, wonach

1.
keine mündlichen Vereinbarungen bestehen, die auf den Vertragsinhalt sowie auf Art oder Umfang des Risikotransfers Einfluss haben können, und

2.
alle schriftlichen Vereinbarungen körperlich oder, im Falle einer ausschließlich elektronischen Bestandsverwaltung, datentechnisch mit dem Vertragsdokument verbunden oder diesem als Anlage beigefügt sind oder durch eine ausdrückliche Verweisung im Vertrag kenntlich gemacht sind; für den Fall einer elektronischen Bestandsverwaltung muss vereinbart werden, dass nachträgliche Veränderungen erkennbar sind.

Die Bestimmung hat ferner vorzusehen, dass Nachträge nur schriftlich erfolgen und dass diese körperlich oder, im Falle einer ausschließlich elektronischen Bestandsverwaltung, datentechnisch mit dem Vertragsdokument zu verbinden, diesem als Anlage beizufügen oder durch einen Hinweis im Vertrag ausdrücklich zu kennzeichnen sind.

(2) Ist der Vertrag wirtschaftlich mit einem anderen bereits bestehenden Vertrag mit dem Vertragspartner oder einem mit diesem in einer engen Verbindung stehenden Unternehmen verbunden, ist in geeigneter Weise auf den anderen Vertrag hinzuweisen. Eine wirtschaftliche Verbindung mit einem anderen Vertrag ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Vertrag die Wirkungsweise des anderen Vertrages gezielt steuert oder verändert.

(3) Soweit eine oder mehrere der in Absatz 1 genannten Mindestbestimmungen in Widerspruch zu zwingenden rechtlichen Vorschriften des Herkunftsstaates des Vertragspartners stehen, findet Absatz 1 insoweit keine Anwendung, als ein Verstoß gegen diese Vorschriften droht. Das Versicherungsunternehmen hat in diesem Fall gesondert zu dokumentieren, wie es die Einhaltung der in Absatz 1 genannten Inhalte der Mindestbestimmung sicherstellt; § 7 bleibt unberührt.