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Verordnung über die für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz geltenden Voraussetzungen für die Ausübung eines zulassungspflichtigen Handwerks (EU/EWR-Handwerk-Verordnung - EU/EWR HwV)

V. v. 18.03.2016 BGBl. I S. 509 (Nr. 13); zuletzt geändert durch Artikel 2 V. v. 26.10.2021 BGBl. I S. 4740
Geltung ab 01.04.2016; FNA: 7110-1-8 Handwerk im Allgemeinen
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Abschnitt 1 Eintragung in die Handwerksrolle

§ 4 Gemeinsame Ausbildungsrahmen und Ausbildungsprüfungen



(1) 1Die Ausnahmebewilligung wird auch erteilt, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller in einem anderen Herkunftsstaat für das betreffende Gewerbe erfolgreich einen gemeinsamen Ausbildungsrahmen durchlaufen hat. 2Ein gemeinsamer Ausbildungsrahmen ist ein Ausbildungsrahmen, der auf Grundlage der Artikel 49a und 57c der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22), die zuletzt durch die Richtlinie 2013/55/EU (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 132) geändert worden ist, von der Europäischen Kommission als delegierter Rechtsakt erlassen und in der Bundesrepublik Deutschland eingeführt wurde. 3Ein gemeinsamer Ausbildungsrahmen deckt ein gemeinsames Spektrum von Kenntnissen, Fähigkeiten und Kompetenzen ab, die für die Ausübung des betreffenden Berufes mindestens erforderlich sind.

(2) 1Die Ausnahmebewilligung wird auch erteilt, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller in einem anderen Herkunftsstaat für das betreffende Gewerbe eine gemeinsame Ausbildungsprüfung bestanden hat. 2Eine gemeinsame Ausbildungsprüfung ist eine Ausbildungsprüfung, die auf Grundlage der Artikel 49b und 57c der Richtlinie 2005/36/EG von der Europäischen Kommission als delegierter Rechtsakt erlassen und in der Bundesrepublik Deutschland eingeführt wurde. 3Die gemeinsame Ausbildungsprüfung ist eine standardisierte Eignungsprüfung, die den Inhabern und Inhaberinnen einer bestimmten Berufsqualifikation vorbehalten ist.


§ 5 Ausgleichsmaßnahmen



(1) 1Die zuständige Behörde kann von der Antragstellerin oder dem Antragsteller vor der Erteilung einer Ausnahmebewilligung als Ausgleichsmaßnahme die Teilnahme an einem höchstens dreijährigen Anpassungslehrgang oder das Ablegen einer Eignungsprüfung verlangen, wenn

1.
die bisherige Ausbildung der Antragstellerin oder des Antragstellers sich auf Fächer oder Handlungsfelder bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die durch eine inländische Meisterprüfung in dem entsprechenden Handwerk abgedeckt werden, oder

2.
das Gewerbe, für das eine Ausnahmebewilligung beantragt wird, im Inland wesentliche Tätigkeiten umfasst, die im Herkunftsstaat der Antragstellerin oder des Antragstellers nicht Bestandteil des entsprechenden Berufes sind und, wenn dieser Unterschied in einer besonderen Ausbildung besteht, die im Inland erforderlich ist und sich auf Fächer oder Handlungsfelder bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die durch den vorgelegten Befähigungs- oder Ausbildungsnachweis abgedeckt werden.

2Die Antragstellerin oder der Antragsteller kann zwischen der Teilnahme an einem Anpassungslehrgang oder dem Ablegen einer Eignungsprüfung als Ausgleichsmaßnahme wählen.

(2) Ausgleichsmaßnahmen werden nicht angeordnet

1.
in den Fällen der §§ 2 und 4,

2.
wenn die von der Antragstellerin oder dem Antragsteller im Rahmen der Berufserfahrung erworbenen Kenntnisse geeignet sind, die in Absatz 1 genannten Unterschiede auszugleichen, oder

3.
wenn die von der Antragstellerin oder dem Antragsteller durch lebenslanges Lernen erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen, die hierfür von einer zuständigen Behörde oder öffentlichen Einrichtung des anderen Herkunftsstaates als gültig anerkannt wurden, den wesentlichen Unterschied in Bezug auf die Fächer oder Handlungsfelder gemäß Absatz 1 Nummer 1 ausgleichen können; das lebenslange Lernen umfasst jegliche Aktivitäten der allgemeinen, beruflichen und sonstigen Bildung sowie des informellen Lernens während des gesamten Lebens, aus denen sich eine Verbesserung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Kompetenzen ergibt.




§ 6 Anerkennungsverfahren, Mitteilungspflichten und Fristen



(1) Die zuständige Behörde kann von der Antragstellerin oder dem Antragsteller insbesondere folgende Unterlagen und Bescheinigungen verlangen:

1.
einen Nachweis der Staatsangehörigkeit,

2.
in den in den §§ 2 und 3 Absatz 2 genannten Fällen eine Bescheinigung über Art und Dauer der Tätigkeit, die von der zuständigen Behörde oder öffentlichen Einrichtung des anderen Herkunftsstaates ausgestellt wird,

3.
in den in § 2 Absatz 2 Nummer 2, 3 und 5 genannten Fällen eine Bescheinigung der Ausbildung durch ein staatlich anerkanntes Zeugnis oder die Anerkennung der Ausbildung durch eine zuständige Berufsorganisation des anderen Herkunftsstaates,

4.
in den in den §§ 3 bis 5 genannten Fällen eine beglaubigte Kopie des Befähigungs-, Ausbildungs- oder Prüfungsnachweises, der von der zuständigen Behörde oder öffentlichen Einrichtung des anderen Herkunftsstaates ausgestellt wurde,

5.
in den in § 3 Absatz 5 genannten Fällen eine Bescheinigung der Berufserfahrung durch die zuständige Behörde des anderen Herkunftsstaates, der die Ausübung des Berufes gestattet hat, und

6.
Unterlagen, die von der zuständigen Behörde des anderen Herkunftsstaates ausgestellt wurden und die belegen, dass die Ausübung des Gewerbes nicht wegen Unzuverlässigkeit untersagt worden ist.

(2) 1Werden in dem anderen Herkunftsstaat die Unterlagen nach Absatz 1 nicht ausgestellt, können sie durch eine Versicherung an Eides statt oder in Herkunftsstaaten, in denen es eine solche nicht gibt, durch eine feierliche Erklärung ersetzt werden, die die Antragstellerin oder der Antragsteller vor einer zuständigen Behörde oder öffentlichen Einrichtung oder einer Notarin oder einem Notar des anderen Herkunftsstaates abgegeben hat und die durch diese Stelle bescheinigt wurde. 2Die Unterlagen dürfen bei ihrer Vorlage nicht älter als drei Monate sein.

(3) 1Die Antragstellerin oder der Antragsteller kann aufgefordert werden, Informationen zu ihrer oder seiner Ausbildung vorzulegen, soweit dies erforderlich ist, um festzustellen, ob die Voraussetzungen nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 2 vorliegen. 2Ferner kann sich die zuständige Behörde an die Kontaktstelle oder die zuständige Behörde oder öffentliche Einrichtung des anderen Herkunftsstaates wenden, um erforderliche Informationen über die Ausbildung der Antragstellerin oder des Antragstellers zu erlangen.

(4) 1Die zuständige Behörde bestätigt der Antragstellerin oder dem Antragsteller binnen eines Monats den Empfang der Unterlagen und teilt dabei mit, ob Unterlagen fehlen. 2Spätestens drei Monate nach Einreichung der vollständigen Unterlagen muss zu einem Antrag nach den §§ 2 bis 4 eine Entscheidung ergangen sein. 3Diese Frist kann um einen Monat verlängert werden, wenn dies im Einzelfall, insbesondere aufgrund des Umfangs oder der tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten des Falles, gerechtfertigt ist. 4Die Fristverlängerung ist durch die zuständige Behörde zu begründen und der Antragstellerin oder dem Antragsteller vor Ablauf der Frist nach Satz 2 mitzuteilen.

(5) 1Bestehen Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Bescheinigungen und Ausbildungsnachweise oder an den dadurch verliehenen Rechten, hat die zuständige Behörde durch Nachfrage bei der zuständigen Behörde oder öffentlichen Einrichtung des anderen Herkunftsstaates, insbesondere unter Nutzung des Binnenmarkt-Informationssystems, die Echtheit oder die dadurch verliehenen Rechte zu überprüfen. 2Der Fristablauf nach Absatz 4 ist bis zu einer Klärung gehemmt.

(6) 1Wird einer oder einem Berufsangehörigen der Gesundheitshandwerke der Anlage A Nummer 33 bis 37 der Handwerksordnung die Berufsausübung durch eine Behörde oder ein Gericht ganz oder teilweise, dauerhaft oder vorübergehend, untersagt oder beschränkt, unterrichtet die zuständige Behörde die zuständigen Behörden der Herkunftsstaaten über

1.
die Identität der Berufsangehörigen,

2.
das betroffene Gewerbe,

3.
die für die Entscheidung zuständige Behörde oder das zuständige Gericht,

4.
den Umfang der Beschränkung oder Untersagung sowie

5.
den Geltungszeitraum der Beschränkung oder Untersagung.

2Die gleiche Verpflichtung gilt im Fall einer gerichtlichen Feststellung, dass eine Antragstellerin oder ein Antragsteller gefälschte Nachweise über Berufsqualifikationen verwendet hat. 3Die Unterrichtung hat spätestens drei Tage nach dem vorläufigen oder rechtskräftigen Erlass der behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen. 4Für die Unterrichtung ist insbesondere das Binnenmarkt-Informationssystem zu nutzen.

(7) 1Wird eine Ausgleichsmaßnahme nach § 5 Absatz 1 verlangt, so ist dies der Antragstellerin oder dem Antragsteller mitzuteilen und zu begründen. 2Die Begründung hat den Hinweis zu enthalten, welchem Niveau gemäß Artikel 11 der Richtlinie 2005/36/EG die vorgelegten Berufsqualifikationen zugeordnet wurden und dass im Inland für die Ausübung einer Betriebsleitertätigkeit das Qualifikationsniveau des Artikels 11 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 2005/36/EG erforderlich ist. 3Zudem sind die wesentlichen festgestellten Unterschiede zu benennen, für die kein Ausgleich erbracht werden konnte. 4Wird als Ausgleichsmaßnahme eine Eignungsprüfung verlangt, soll diese innerhalb von sechs Monaten ab dem Zugang der Entscheidung ermöglicht und abgelegt werden.




§ 7 Eignungsprüfung



(1) In der Eignungsprüfung werden die beruflichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen der Antragstellerinnen oder Antragsteller geprüft und es wird beurteilt, ob die Antragstellerinnen oder Antragsteller in der Lage sind, für ein zulassungspflichtiges Handwerk als Betriebsverantwortliche oder Betriebsverantwortlicher tätig zu sein.

(2) 1Die Eignungsprüfung wird von der zuständigen Behörde durchgeführt. 2Sie kann sachverständige Dritte mit der Durchführung der Eignungsprüfung beauftragen.

(3) Die Eignungsprüfung erstreckt sich auf Sachgebiete,

1.
die aufgrund eines Vergleichs zwischen der in der Bundesrepublik Deutschland verlangten Ausbildung und der bisherigen Ausbildung der Antragstellerinnen oder Antragsteller von deren Diplomen, Ausbildungsnachweisen oder sonstigen Nachweisen nicht abgedeckt werden und

2.
deren Kenntnis wesentliche Voraussetzung für die Ausübung des Berufes ist.