Jugendgerichtsgesetz (JGG)

neugefasst durch B. v. 11.12.1974 BGBl. I S. 3427; zuletzt geändert durch Artikel 21 G. v. 25.06.2021 BGBl. I S. 2099
Geltung ab 01.01.1975; FNA: 451-1 Jugendgerichtsgesetz
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Zweiter Teil Jugendliche
Zweites Hauptstück Jugendgerichtsverfassung und Jugendstrafverfahren
Dritter Abschnitt Jugendstrafverfahren
Siebenter Unterabschnitt Gemeinsame Verfahrensvorschriften
§ 67 Stellung der Erziehungsberechtigten und der gesetzlichen Vertreter
§ 67a Unterrichtung der Erziehungsberechtigten und der gesetzlichen Vertreter
§ 68 Notwendige Verteidigung
§ 68a Zeitpunkt der Bestellung eines Pflichtverteidigers
§ 68b Vernehmungen und Gegenüberstellungen vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers
§ 69 Beistand

Zweiter Teil Jugendliche

Zweites Hauptstück Jugendgerichtsverfassung und Jugendstrafverfahren

Dritter Abschnitt Jugendstrafverfahren

Siebenter Unterabschnitt Gemeinsame Verfahrensvorschriften

§ 67 Stellung der Erziehungsberechtigten und der gesetzlichen Vertreter


§ 67 hat 2 frühere Fassungen und wird in 16 Vorschriften zitiert

(1) Soweit der Beschuldigte ein Recht darauf hat, gehört zu werden oder Fragen und Anträge zu stellen, steht dieses Recht auch den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertretern zu.

(2) Die Rechte der gesetzlichen Vertreter zur Wahl eines Verteidigers und zur Einlegung von Rechtsbehelfen stehen auch den Erziehungsberechtigten zu.

(3) 1Bei Untersuchungshandlungen, bei denen der Jugendliche ein Recht darauf hat, anwesend zu sein, namentlich bei seiner Vernehmung, ist den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertretern die Anwesenheit gestattet, soweit

1.
dies dem Wohl des Jugendlichen dient und

2.
ihre Anwesenheit das Strafverfahren nicht beeinträchtigt.

2Die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 1 und 2 sind in der Regel erfüllt, wenn keiner der in § 51 Absatz 2 genannten Ausschlussgründe und keine entsprechend § 177 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu behandelnde Missachtung einer zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffenen Anordnung vorliegt. 3Ist kein Erziehungsberechtigter und kein gesetzlicher Vertreter anwesend, weil diesen die Anwesenheit versagt wird oder weil binnen angemessener Frist kein Erziehungsberechtigter und kein gesetzlicher Vertreter erreicht werden konnte, so ist einer anderen für den Schutz der Interessen des Jugendlichen geeigneten volljährigen Person die Anwesenheit zu gestatten, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 1 und 2 im Hinblick auf diese Person erfüllt sind.

(4) 1Das Jugendgericht kann die Rechte nach den Absätzen 1 bis 3 Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertretern entziehen, soweit sie verdächtig sind, an der Verfehlung des Beschuldigten beteiligt zu sein, oder soweit sie wegen einer Beteiligung verurteilt sind. 2Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 bei einem Erziehungsberechtigten oder einem gesetzlichen Vertreter vor, so kann der Richter die Entziehung gegen beide aussprechen, wenn ein Mißbrauch der Rechte zu befürchten ist. 3Stehen den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertretern ihre Rechte nicht mehr zu, so bestellt das Familiengericht einen Pfleger zur Wahrnehmung der Interessen des Beschuldigten im anhängigen Strafverfahren. 4Die Hauptverhandlung wird bis zur Bestellung des Pflegers ausgesetzt.

(5) 1Sind mehrere erziehungsberechtigt, so kann jeder von ihnen die in diesem Gesetz bestimmten Rechte der Erziehungsberechtigten ausüben. 2In der Hauptverhandlung oder in einer sonstigen gerichtlichen Verhandlung werden abwesende Erziehungsberechtigte als durch anwesende vertreten angesehen. 3Sind Mitteilungen oder Ladungen vorgeschrieben, so genügt es, wenn sie an eine erziehungsberechtigte Person gerichtet werden.


Text in der Fassung des Artikels 1 Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren G. v. 9. Dezember 2019 BGBl. I S. 2146 m.W.v. 17. Dezember 2019

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§ 67a Unterrichtung der Erziehungsberechtigten und der gesetzlichen Vertreter


§ 67a hat 2 frühere Fassungen und wird in 8 Vorschriften zitiert

(1) Ist eine Mitteilung an den Beschuldigten vorgeschrieben, so soll die entsprechende Mitteilung an die Erziehungsberechtigten und die gesetzlichen Vertreter gerichtet werden.

(2) 1Die Informationen, die der Jugendliche nach § 70a zu erhalten hat, sind jeweils so bald wie möglich auch den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertretern zu erteilen. 2Wird dem Jugendlichen einstweilig die Freiheit entzogen, sind die Erziehungsberechtigten und die gesetzlichen Vertreter so bald wie möglich über den Freiheitsentzug und die Gründe hierfür zu unterrichten.

(3) Mitteilungen und Informationen nach den Absätzen 1 und 2 an Erziehungsberechtigte und gesetzliche Vertreter unterbleiben, soweit

1.
auf Grund der Unterrichtung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des Jugendlichen zu besorgen wäre, insbesondere bei einer Gefährdung des Lebens, des Leibes oder der Freiheit des Jugendlichen oder bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 67 Absatz 4 Satz 1 oder 2,

2.
auf Grund der Unterrichtung der Zweck der Untersuchung erheblich gefährdet würde oder

3.
Erziehungsberechtigte oder gesetzliche Vertreter binnen angemessener Frist nicht erreicht werden können.

(4) 1Werden nach Absatz 3 weder Erziehungsberechtigte noch gesetzliche Vertreter unterrichtet, so ist eine andere für den Schutz der Interessen des Jugendlichen geeignete volljährige Person zu unterrichten. 2Dem Jugendlichen soll zuvor Gelegenheit gegeben werden, eine volljährige Person seines Vertrauens zu bezeichnen. 3Eine andere geeignete volljährige Person kann auch der für die Betreuung des Jugendlichen in dem Jugendstrafverfahren zuständige Vertreter der Jugendgerichtshilfe sein.

(5) 1Liegen Gründe, aus denen Mitteilungen und Informationen nach Absatz 3 unterbleiben können, nicht mehr vor, so sind im weiteren Verfahren vorgeschriebene Mitteilungen und Informationen auch wieder an die betroffenen Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertreter zu richten. 2Außerdem erhalten sie in diesem Fall nachträglich auch solche Mitteilungen und Informationen, die der Jugendliche nach § 70a bereits erhalten hat, soweit diese im Laufe des Verfahrens von Bedeutung bleiben oder sobald sie Bedeutung erlangen.

(6) Für den dauerhaften Entzug der Rechte nach den Absätzen 1 und 2 findet das Verfahren nach § 67 Absatz 4 entsprechende Anwendung.


Text in der Fassung des Artikels 1 Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren G. v. 9. Dezember 2019 BGBl. I S. 2146 m.W.v. 17. Dezember 2019

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§ 68 Notwendige Verteidigung


§ 68 hat 2 frühere Fassungen und wird in 9 Vorschriften zitiert

Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt vor, wenn

1.
im Verfahren gegen einen Erwachsenen ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegen würde,

2.
den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertretern ihre Rechte nach diesem Gesetz entzogen sind,

3.
die Erziehungsberechtigten und die gesetzlichen Vertreter nach § 51 Abs. 2 von der Verhandlung ausgeschlossen worden sind und die Beeinträchtigung in der Wahrnehmung ihrer Rechte durch eine nachträgliche Unterrichtung (§ 51 Abs. 4 Satz 2) oder die Anwesenheit einer anderen geeigneten volljährigen Person nicht hinreichend ausgeglichen werden kann,

4.
zur Vorbereitung eines Gutachtens über den Entwicklungsstand des Beschuldigten (§ 73) seine Unterbringung in einer Anstalt in Frage kommt oder

5.
die Verhängung einer Jugendstrafe, die Aussetzung der Verhängung einer Jugendstrafe oder die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt zu erwarten ist.


Text in der Fassung des Artikels 1 Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren G. v. 9. Dezember 2019 BGBl. I S. 2146 m.W.v. 17. Dezember 2019

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§ 68a Zeitpunkt der Bestellung eines Pflichtverteidigers


§ 68a hat 1 frühere Fassung und wird in 5 Vorschriften zitiert

(1) 1In den Fällen der notwendigen Verteidigung wird dem Jugendlichen, der noch keinen Verteidiger hat, ein Pflichtverteidiger spätestens bestellt, bevor eine Vernehmung des Jugendlichen oder eine Gegenüberstellung mit ihm durchgeführt wird. 2Dies gilt nicht, wenn ein Fall der notwendigen Verteidigung allein deshalb vorliegt, weil dem Jugendlichen ein Verbrechen zur Last gelegt wird, ein Absehen von der Strafverfolgung nach § 45 Absatz 2 oder 3 zu erwarten ist und die Bestellung eines Pflichtverteidigers zu dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt auch unter Berücksichtigung des Wohls des Jugendlichen und der Umstände des Einzelfalls unverhältnismäßig wäre.



Text in der Fassung des Artikels 1 Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren G. v. 9. Dezember 2019 BGBl. I S. 2146 m.W.v. 17. Dezember 2019

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§ 68b Vernehmungen und Gegenüberstellungen vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers


§ 68b hat 1 frühere Fassung und wird in 3 Vorschriften zitiert

1Abweichend von § 68a Absatz 1 dürfen im Vorverfahren Vernehmungen des Jugendlichen oder Gegenüberstellungen mit ihm vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers durchgeführt werden, soweit dies auch unter Berücksichtigung des Wohls des Jugendlichen

1.
zur Abwehr schwerwiegender nachteiliger Auswirkungen auf Leib oder Leben oder die Freiheit einer Person dringend erforderlich ist oder

2.
ein sofortiges Handeln der Strafverfolgungsbehörden zwingend geboten ist, um eine erhebliche Gefährdung eines sich auf eine schwere Straftat beziehenden Strafverfahrens abzuwenden.

2Das Recht des Jugendlichen, jederzeit, auch schon vor der Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen, bleibt unberührt.


Text in der Fassung des Artikels 1 Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren G. v. 9. Dezember 2019 BGBl. I S. 2146 m.W.v. 17. Dezember 2019

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§ 69 Beistand


§ 69 hat 1 frühere Fassung und wird in 6 Vorschriften zitiert

(1) Der Vorsitzende kann dem Beschuldigten in jeder Lage des Verfahrens einen Beistand bestellen, wenn kein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt.

(2) Der Erziehungsberechtigte und der gesetzliche Vertreter dürfen nicht zum Beistand bestellt werden, wenn hierdurch ein Nachteil für die Erziehung zu erwarten wäre.

(3) 1Dem Beistand kann Akteneinsicht gewährt werden. 2Im übrigen hat er in der Hauptverhandlung die Rechte eines Verteidigers. 3Zu einer Vertretung des Angeklagten ist er nicht befugt.


Text in der Fassung des Artikels 7 Gesetz zur Stärkung des Rechts des Angeklagten auf Vertretung in der Berufungsverhandlung und über die Anerkennung von Abwesenheitsentscheidungen in der Rechtshilfe G. v. 17. Juli 2015 BGBl. I S. 1332, 1933 m.W.v. 25. Juli 2015



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