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Gesetz zur zusätzlichen Aufsicht über beaufsichtigte Unternehmen eines Finanzkonglomerats (Finanzkonglomerate-Aufsichtsgesetz - FKAG)

Artikel 1 G. v. 27.06.2013 BGBl. I S. 1862 (Nr. 33); zuletzt geändert durch Artikel 26 G. v. 03.06.2021 BGBl. I S. 1534
Geltung ab 04.07.2013; FNA: 7610-19 Aufsichtsrechtliche Vorschriften
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§ 7 Zugehörigkeit zur Finanzbranche



Eine Gruppe ist vorwiegend in der Finanzbranche tätig, wenn der Anteil der Bilanzsumme der beaufsichtigten und unbeaufsichtigten Finanzunternehmen dieser Gruppe an der Bilanzsumme der Gruppe insgesamt mehr als 40 Prozent beträgt.


§ 8 Erheblichkeit von konsolidierten oder aggregierten Tätigkeiten



(1) Die branchenübergreifenden Tätigkeiten von Unternehmen der Gruppe oder Untergruppe sind als erheblich anzusehen, wenn

1.
für jede Branche der durchschnittliche Anteil der Bilanzsumme dieser Branche an der Bilanzsumme der Finanzunternehmen der Gruppe und der Anteil der Solvabilitätsanforderungen derselben Branche an der Gesamtsolvabilitätsanforderung der Finanzunternehmen der Gruppe mehr als 10 Prozent betragen oder

2.
die Bilanzsumme der in der Gruppe am schwächsten vertretenen Branche 6 Milliarden Euro übersteigt.

(2) Als die am schwächsten vertretene Branche in einem Finanzkonglomerat gilt diejenige mit dem geringsten durchschnittlichen Anteil und als die am stärksten vertretene Branche diejenige mit dem höchsten durchschnittlichen Anteil.

(3) 1Bei der Berechnung des durchschnittlichen Anteils und der Ermittlung der im Finanzkonglomerat am schwächsten und am stärksten vertretenen Branche werden die Banken- und die Wertpapierdienstleistungsbranche gemeinsam berücksichtigt. 2Verwaltungsgesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 14 des Kapitalanlagegesetzbuchs werden innerhalb der Gruppe der Finanzbranche zugerechnet, der sie angehören. 3Gehören sie nicht ausschließlich einer Branche innerhalb der Gruppe an, werden sie der kleinsten Branche zugerechnet.




§ 9 Berechnung der Zugehörigkeit zur Finanzbranche und der Erheblichkeit von konsolidierten oder aggregierten Tätigkeiten



(1) 1Bei den Berechnungen nach den §§ 7 und 8 kann die Bundesanstalt vorbehaltlich der Sätze 2 und 3 im Einzelfall ein konglomeratsangehöriges Unternehmen unberücksichtigt lassen, wenn und solange

1.
sich das Unternehmen in einem Drittstaat befindet, in dem Hindernisse der Übermittlung der notwendigen Informationen entgegenstehen;

2.
das Unternehmen im Hinblick auf die Ziele der zusätzlichen Aufsicht auf Konglomeratsebene von untergeordneter Bedeutung ist;

3.
die Einbeziehung des Unternehmens im Hinblick auf die Ziele der zusätzlichen Beaufsichtigung ungeeignet oder irreführend wäre.

2Erfüllen mehrere konglomeratsangehörige Unternehmen für sich genommen die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 2, sind sie zu berücksichtigen, wenn sie insgesamt im Hinblick auf die Ziele der zusätzlichen Beaufsichtigung nicht von untergeordneter Bedeutung sind. 3Satz 1 gilt nicht, wenn das Unternehmen von einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums in einen Drittstaat umgezogen ist und dieser Umzug nachweislich erfolgt ist, um sich der Beaufsichtigung zu entziehen.

(2) Bei den Berechnungen nach den §§ 7 und 8 kann die Bundesanstalt außerdem im Einzelfall eine oder mehrere Beteiligungen an der schwächer vertretenen Branche ausschließen, wenn und solange diese Beteiligungen ausschlaggebend für eine Einstufung als Finanzkonglomerat, jedoch insgesamt im Hinblick auf die Ziele der zusätzlichen Beaufsichtigung von untergeordneter Bedeutung sind.

(3) Für die Anwendung der §§ 7 und 8 kann die Bundesanstalt im Einzelfall das Kriterium der Bilanzsumme durch eines oder mehrere der folgenden Kriterien ersetzen oder ergänzen, wenn diese im Hinblick auf die Ziele der zusätzlichen Beaufsichtigung besonders aussagekräftig sind:

1.
Ertragsstruktur,

2.
außerbilanzielle Geschäfte,

3.
Gesamtwert des verwalteten Vermögens.

(4) Bei Finanzkonglomeraten, die grenzüberschreitend tätig sind, trifft die Bundesanstalt Entscheidungen nach den Absätzen 1 bis 3 im Einvernehmen mit den jeweils zuständigen Behörden.


§ 10 Schwellenwerte für die Einstufung als Finanzkonglomerat



Werden bei einer Gruppe, deren beaufsichtigte Unternehmen im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 bereits einer zusätzlichen Beaufsichtigung nach diesem Gesetz unterliegen, die Schwellenwerte nach den §§ 7 und 8 während eines Geschäftsjahres unterschritten, gilt sie weiter als Finanzkonglomerat, wenn in den drei darauffolgenden Geschäftsjahren folgende Schwellenwerte überschritten werden:

1.
im Fall des § 7 ein Schwellenwert von 35 Prozent,

2.
im Fall des § 8 Absatz 1 Nummer 1 ein Schwellenwert von 8 Prozent oder

3.
im Fall des § 8 Absatz 1 Nummer 2 ein Schwellenwert von 5 Milliarden Euro.


§ 11 Feststellung eines Finanzkonglomerats



(1) 1Die Bundesanstalt stellt fest, dass eine branchenübergreifend tätige Gruppe ein Finanzkonglomerat ist. 2Sie gibt die Feststellung dem Mutterunternehmen an der Spitze der Gruppe bekannt. 3Wenn an der Spitze kein Mutterunternehmen steht, gibt sie die Feststellung dem beaufsichtigten Unternehmen mit der höchsten Bilanzsumme innerhalb der Gruppe bekannt.

(2) 1In den Fällen des § 10 kann die Bundesanstalt während des maßgeblichen Zeitraums von drei Geschäftsjahren die Feststellung, dass eine Gruppe ein Finanzkonglomerat ist, aufheben; Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. 2Bei Finanzkonglomeraten, die grenzüberschreitend tätig sind, entscheidet die Bundesanstalt im Einvernehmen mit den jeweils zuständigen Behörden.

(3) 1Die Bundesanstalt hat die Feststellung, dass eine Gruppe ein Finanzkonglomerat ist, aufzuheben, wenn die Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 nicht mehr erfüllt sind. 2Sie hat die Feststellung insbesondere aufzuheben, wenn folgende Schwellenwerte unterschritten werden:

1.
im Fall des § 7 ein Schwellenwert von 35 Prozent,

2.
im Fall des § 8 Absatz 1 Nummer 1 ein Schwellenwert von 8 Prozent oder

3.
im Fall des § 8 Absatz 1 Nummer 2 ein Schwellenwert von 5 Milliarden Euro.

3Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.


§ 12 Übergeordnetes Unternehmen



(1) Übergeordnetes Unternehmen eines Finanzkonglomerats ist ein beaufsichtigtes Unternehmen des Finanzkonglomerats, das an der Spitze des Finanzkonglomerats steht und seinen Sitz im Inland hat.

(2) 1Steht an der Spitze eines Finanzkonglomerats kein beaufsichtigtes Unternehmen mit Sitz im Inland und hat die gemischte Finanzholding-Gesellschaft ihren Sitz im Inland, bestimmt die Bundesanstalt ein beaufsichtigtes Tochterunternehmen mit Sitz im Inland als übergeordnetes Unternehmen des Finanzkonglomerats. 2Abweichend hiervon kann die Bundesanstalt die gemischte Finanzholding-Gesellschaft oder ein anderes beaufsichtigtes Unternehmen als übergeordnetes Unternehmen des Finanzkonglomerats bestimmen. 3Die Bundesanstalt berücksichtigt neben der Struktur des Finanzkonglomerats auch, ob die Banken- und Wertpapierdienstleistungsbranche oder die Versicherungsbranche stärker im Sinne des § 8 Absatz 2 vertreten ist. 4Das zu bestimmende Unternehmen ist vorab anzuhören.


§ 13 Befreiung und Freistellung von der zusätzlichen Beaufsichtigung



(1) Auf Antrag des Mutterunternehmens an der Spitze der Gruppe kann die Bundesanstalt von der Feststellung, dass eine Gruppe ein Finanzkonglomerat ist, absehen (Befreiung) oder das übergeordnete Unternehmen des Finanzkonglomerats von den Verpflichtungen nach den §§ 23 bis 25 ganz oder teilweise freistellen, wenn

1.
zwar die Bilanzsumme der am schwächsten vertretenen Branche 6 Milliarden Euro übersteigt, die Gruppe aber den in § 8 Absatz 1 Nummer 1 genannten Schwellenwert nicht erreicht und die Einbeziehung der Gruppe in die zusätzliche Beaufsichtigung auf Konglomeratsebene oder die Anwendung der §§ 23 bis 25 nicht erforderlich oder im Hinblick auf die Ziele der zusätzlichen Beaufsichtigung unangebracht oder irreführend wäre;

2.
zwar die Gruppe den in § 8 Absatz 1 Nummer 1 genannten Schwellenwert erreicht, die Bilanzsumme der am schwächsten vertretenen Branche aber 6 Milliarden Euro nicht übersteigt und die Einbeziehung der Gruppe in die zusätzliche Beaufsichtigung auf Konglomeratsebene oder die Anwendung der §§ 23 bis 25 nicht erforderlich oder im Hinblick auf die Ziele der zusätzlichen Beaufsichtigung unangebracht oder irreführend wäre;

3.
die Überschreitung der Schwellenwerte in den §§ 7 und 8 ausschließlich auf eine erhebliche Änderung der Struktur der Gruppe zurückzuführen ist; in diesem Fall ist die Befreiung auf höchstens drei Jahre, beginnend mit dem nächstfolgenden Geschäftsjahr, zu befristen.

(2) 1Steht an der Spitze der Gruppe kein Mutterunternehmen, kann das beaufsichtigte Unternehmen des Finanzkonglomerats mit der höchsten Bilanzsumme innerhalb der Gruppe den Antrag stellen. 2In diesem Fall ist die Befreiung zu befristen.

(3) Die Bundesanstalt kann eine Befreiung mit Wirkung für die Zukunft ganz oder teilweise widerrufen, wenn ein Grund für die Befreiung nachträglich entfällt.

(4) Bei Finanzkonglomeraten, die grenzüberschreitend tätig sind, entscheidet die Bundesanstalt im Einvernehmen mit den jeweils zuständigen Behörden und teilt die Entscheidungen den zuständigen Behörden in den anderen betroffenen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums mit.

(5) Die Bundesanstalt veröffentlicht die Entscheidungen, sofern keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen.

(6) Die Bundesanstalt bewertet jedes Jahr erneut die Befreiungen nach Absatz 1 und überprüft die quantitativen Indikatoren und die risikobasierten Einschätzungen der Gruppen.