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Gesetz über den Verkehr mit Tierarzneimitteln und zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften betreffend Tierarzneimittel (Tierarzneimittelgesetz - TAMG)

Artikel 1 G. v. 27.09.2021 BGBl. I S. 4530 (Nr. 70); zuletzt geändert durch Artikel 1 V. v. 14.03.2024 BGBl. 2024 I Nr. 97
Geltung ab 28.01.2022; FNA: 2121-54 Apotheken- und Arzneimittelwesen, Gifte
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Abschnitt 4 Gemeinsame Vorschriften

Unterabschnitt 8 Überwachung

§ 72 Durchführung der Überwachung



(1) 1Die mit der Überwachung beauftragten Personen müssen diese Tätigkeit hauptberuflich ausüben. 2Die zuständige Behörde kann Sachverständige beiziehen. 3Sie soll Angehörige der zuständigen Bundesoberbehörde als Sachverständige beteiligen, soweit es sich um Tierarzneimittel im Sinne von Artikel 2 Absatz 7 Buchstabe a oder b oder Artikel 4 Nummer 43 der Verordnung (EU) 2019/6, gentechnisch hergestellte Tierarzneimittel, Allergene, oder um Wirkstoffe oder andere Stoffe handelt, die menschlicher, tierischer oder mikrobieller Herkunft sind oder die auf gentechnischem Wege hergestellt werden.

(2) Der Überwachung unterliegen

1.
Personen, Betriebe und Einrichtungen, denen nach diesem Gesetz oder der Verordnung (EU) 2019/6 Pflichten im Umgang mit Arzneimitteln obliegen,

2.
Eigentümer und Halter von der Gewinnung von Lebensmitteln dienenden Tieren sowie

3.
die mit den genannten Tätigkeiten im Zusammenhang stehende Aufbewahrung von Aufzeichnungen.

(3) 1Die mit der Überwachung beauftragten Personen führen Kontrollen und Probennahmen durch, um die Einhaltung der Vorschriften zu überwachen. 2Dazu sind die der Überwachung unterliegenden Personen, Betriebe und Einrichtungen risikoorientiert zu kontrollieren.

(4) 1Unbeschadet des Artikels 123 der Verordnung (EU) 2019/6 und soweit es zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union erforderlich ist, sind die mit der Überwachung beauftragten Personen, bei Gefahr im Verzug auch die Polizei, befugt,

1.
Grundstücke, Betriebsräume und Transportmittel, die im Zusammenhang stehen mit

a)
der Herstellung, Zubereitung, Lagerung oder Bereitstellung von Tierarzneimitteln, Wirkstoffen und veterinärmedizintechnischen Produkten oder

b)
Personen, Betrieben und Einrichtungen nach Absatz 2 Nummer 1,

während der üblichen Betriebs- oder Geschäftszeit zu betreten;

2.
zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung die in Nummer 1 genannten Grundstücke, Betriebsräume und Transportmittel

a)
tagsüber auch außerhalb der dort genannten Zeiten zu betreten und

b)
auch dann zu betreten, wenn sie zugleich Wohnzwecken der betroffenen Person dienen;

das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Artikel 13 des Grundgesetzes wird insoweit eingeschränkt;

3.
alle geschäftlichen Schrift- und Datenträger, insbesondere Aufzeichnungen, Frachtbriefe, Herstellungsbeschreibungen und Unterlagen über die bei der Herstellung verwendeten Stoffe, einzusehen und hieraus Abschriften, Auszüge, Ausdrucke oder sonstige Vervielfältigungen, auch von Datenträgern, anzufertigen oder Ausdrucke von elektronisch gespeicherten Daten zu verlangen;

4.
von den in Nummer 1 genannten Grundstücken, Betriebsräumen und Transportmitteln Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen anzufertigen;

5.
von natürlichen und juristischen Personen sowie von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen alle erforderlichen Auskünfte zu verlangen, insbesondere solche über die Herstellung und das Behandeln der zur Verarbeitung gelangenden Stoffe und über deren Herkunft sowie über das Bereitstellen dieser Stoffe auf dem Markt;

6.
Proben zu fordern oder zu entnehmen und diese amtlich untersuchen zu lassen; § 73 bleibt unberührt.

2Im Fall von Satz 1 Nummer 3 und 4 dürfen folgende personenbezogene Daten erhoben, gespeichert und verwendet werden, soweit dies zur Sicherung von Beweisen erforderlich ist:

1.
Name, Anschrift und Markenzeichen der Unternehmerin oder des Unternehmers sowie

2.
Namen von Beschäftigten.

3Die Aufnahmen oder Aufzeichnungen sind zu vernichten oder zu löschen, soweit sie nicht mehr erforderlich sind, spätestens jedoch nach Ablauf von fünf Jahren nach ihrer Aufnahme oder Aufzeichnung. 4Die Frist des Satzes 2 gilt nicht, wenn wegen eines anhängigen Bußgeldverfahrens, eines staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens oder eines gerichtlichen Verfahrens eine längere Aufbewahrung erforderlich ist; in diesen Fällen sind die Aufnahmen oder Aufzeichnungen mit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens zu vernichten.

(5) 1Die mit der Überwachung beauftragten Personen führen Aufzeichnungen über die Kontrollen nach den Absätzen 3 und 4 und erstellen erforderlichenfalls einen Bericht. 2Dabei informiert die zuständige Behörde die überprüften Personen, Betriebe und Einrichtungen unverzüglich schriftlich oder elektronisch über jeden im Rahmen der Kontrollen festgestellten Verstoß und gibt den überprüften Personen, Betrieben und Einrichtungen die Möglichkeit, innerhalb einer Frist von einem Monat hierzu Stellung zu nehmen.

(6) Soweit es zur Durchführung von Vorschriften dieses Gesetzes, der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union erforderlich ist, sind auch die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und der EFTA-Überwachungsbehörde in Begleitung der mit der Überwachung beauftragten Personen berechtigt, Befugnisse nach Absatz 4 wahrzunehmen.

(7) 1Die Staatsanwaltschaft hat die nach § 64 zuständige Behörde unverzüglich über die Einleitung eines Strafverfahrens, soweit sich dieses auf Verstöße gegen Verbote und Beschränkungen dieses Gesetzes, der nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnungen oder der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes bezieht, unter Angabe der Rechtsvorschriften zu unterrichten. 2Satz 1 gilt nicht, wenn das Verfahren auf Grund einer Abgabe der Verwaltungsbehörde nach § 41 Absatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten eingeleitet worden ist. 3Eine Übermittlung nach Satz 1 kann unterbleiben, solange und soweit ihr Zwecke des Strafverfahrens entgegenstehen.


§ 73 Probenahme



(1) 1Die mit der Überwachung beauftragten Personen sind befugt, gegen Empfangsbescheinigung Proben von Arzneimitteln, veterinärmedizintechnischen Produkten und Wirkstoffen einschließlich der jeweiligen Ausgangsstoffe nach ihrer Auswahl zum Zweck der Untersuchung zu fordern oder zu entnehmen. 2Soweit durch Vorschriften dieses Gesetzes, der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union nichts anderes bestimmt ist, ist ein Teil der Probe oder, sofern die Probe nicht oder ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks nicht in Teile von gleicher Qualität teilbar ist, ein zweites Stück der gleichen Art wie das als Probe entnommene zurückzulassen; die Herstellerin oder der Hersteller kann auf die Zurücklassung einer Probe verzichten. 3Die Befugnis nach Satz 1 erstreckt sich insbesondere auf die Entnahme von Proben von Futtermitteln und Tränkwasser sowie auf die dabei erforderlichen Eingriffe an lebenden Tieren.

(2) 1Zurückzulassende Proben sind amtlich zu verschließen oder zu versiegeln. 2Sie sind mit dem Datum der Probenahme und dem Datum des Tages zu versehen, nach dessen Ablauf der Verschluss oder die Versiegelung als aufgehoben gilt.

(3) Die Person, bei der die Probe zurückgelassen worden ist und die nicht die Herstellerin oder der Hersteller ist, hat die Probe sachgerecht zu lagern und aufzubewahren und sie auf Verlangen der Herstellerin oder des Herstellers auf dessen Kosten und Gefahr einer oder einem von der Herstellerin oder dem Hersteller bestimmten Sachverständigen zur Untersuchung auszuhändigen.

(4) Als private Sachverständige oder privater Sachverständiger zur Untersuchung von Proben, die nach Absatz 3 zurückgelassen worden sind, kann nur bestellt werden, wer

1.
die Sachkenntnis nach § 17 besitzt,

2.
die zur Ausübung der Tätigkeit als Sachverständige oder Sachverständiger zur Untersuchung von amtlichen Proben erforderliche Zuverlässigkeit besitzt und

3.
über geeignete Räume und Einrichtungen für die beabsichtigte Untersuchung und Begutachtung von Arzneimitteln, veterinärmedizintechnischen Produkten und Wirkstoffen verfügt.

(5) 1Für Proben, die im Rahmen der amtlichen Überwachung nach diesem Gesetz entnommen werden, wird grundsätzlich keine Entschädigung geleistet. 2Im Einzelfall ist eine Entschädigung bis zur Höhe des Verkaufspreises zu leisten, wenn andernfalls eine unbillige Härte eintreten würde.


§ 74 Duldungs-, Mitwirkungs- und Übermittlungspflichten



(1) Die Inhaberinnen oder Inhaber der in § 72 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bezeichneten Grundstücke, Betriebsräume und Transportmittel und die von ihnen bestellten Vertreter sind verpflichtet, die Maßnahmen nach § 72 Absatz 4 und § 73 Absatz 1 zu dulden und die in der Überwachung tätigen Personen bei der Erfüllung ihrer Aufgabe zu unterstützen, insbesondere ihnen auf Verlangen

1.
die Grundstücke, Betriebsräume und Transportmittel zu bezeichnen,

2.
die Grundstücke, Betriebsräume und Transportmittel zu öffnen sowie

3.
die Entnahme von Proben zu ermöglichen.

(2) 1Die in § 72 Absatz 4 Satz 1 Nummer 5 genannten Personen und Personenvereinigungen sind verpflichtet, den in der Überwachung tätigen Personen auf Verlangen unverzüglich die dort genannten Auskünfte zu erteilen. 2Die zur Auskunft verpflichtete Person kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder eine der in § 383 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten angehörigen Personen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.

(3) Die Verpflichtung nach Absatz 1 besteht ebenfalls für die sachkundige Person und die für die Durchführung der klinischen Prüfung verantwortliche Person sowie für deren Vertreter, auch im Hinblick auf Anfragen der zuständigen Bundesoberbehörde.

(4) 1Die Inhaberin oder der Inhaber der Zulassung hat für Tierarzneimittel, die für der Gewinnung von Lebensmitteln dienende Tiere bestimmt sind, der zuständigen Behörde die zur Durchführung von Rückstandskontrollen erforderlichen Stoffe auf Verlangen in ausreichender Menge gegen eine angemessene Entschädigung zu überlassen. 2Für Tierarzneimittel, die von der Inhaberin oder dem Inhaber der Zulassung nicht mehr auf dem Markt bereitgestellt werden, gilt die Verpflichtung nach Satz 1 bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Zeitpunkt des letztmaligen Bereitstellens auf dem Markt, jedoch höchstens bis zu dem nach Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe f der Verordnung (EU) 2019/6 auf der Primärverpackung des Tierarzneimittels anzugebenden Verfalldatum der zuletzt auf dem Markt bereitgestellten Charge.