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Bundesnotarordnung (BNotO)

neugefasst durch B. v. 24.02.1961 BGBl. I S. 97; zuletzt geändert durch Artikel 3 G. v. 20.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 389
Geltung ab 01.01.1964; FNA: 303-1 Notare, Rechtsanwälte, Rechtsberater; Beurkundung
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Teil 2 Notarkammern und Bundesnotarkammer

Abschnitt 2 Bundesnotarkammer

§ 78 Aufgaben



(1) 1Die Bundesnotarkammer hat die ihr durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen. 2Sie hat insbesondere

1.
in Fragen, welche die Gesamtheit der Notarkammern angehen, die Auffassung der einzelnen Notarkammern zu ermitteln und im Wege gemeinschaftlicher Aussprache die Auffassung der Mehrheit festzustellen;

2.
in allen die Gesamtheit der Notarkammern berührenden Angelegenheiten die Auffassung der Bundesnotarkammer den zuständigen Gerichten und Behörden gegenüber zur Geltung zu bringen;

3.
die Gesamtheit der Notarkammern gegenüber Behörden und Organisationen zu vertreten;

4.
Gutachten zu erstatten, die eine an der Gesetzgebung beteiligte Behörde oder Körperschaft des Bundes oder ein Bundesgericht in Angelegenheiten der Notare anfordert;

5.
durch Beschluss der Generalversammlung Empfehlungen für die von den Notarkammern nach § 67 Absatz 2 zu erlassenden Richtlinien auszusprechen;

6.
Richtlinien für die Ausbildung der Hilfskräfte der Notare aufzustellen;

7.
den Elektronischen Notariatsaktenspeicher (§ 78k) zu führen;

8.
das Notarverzeichnis (§ 78l) zu führen;

9.
die besonderen elektronischen Notarpostfächer (§ 78n) einzurichten;

10.
ein Videokommunikationssystem zu betreiben, das die Vornahme von Urkundstätigkeiten mittels Videokommunikation nach den §§ 16a bis 16e und 40a des Beurkundungsgesetzes (§ 78p) ermöglicht.

(2) Die Bundesnotarkammer führt

1.
das Zentrale Vorsorgeregister (§ 78a),

2.
das Zentrale Testamentsregister (§ 78c),

3.
das Elektronische Urkundenarchiv (§ 78h).

(3) 1Die Bundesnotarkammer kann weitere dem Zweck ihrer Errichtung entsprechende Aufgaben wahrnehmen. 2Sie kann insbesondere

1.
Maßnahmen ergreifen, die der wissenschaftlichen Beratung der Notarkammern und ihrer Mitglieder, der Fortbildung von Notaren, der Aus- und Fortbildung des beruflichen Nachwuchses und der Hilfskräfte der Notare dienen,

2.
Notardaten verwalten und

3.
die elektronische Kommunikation der Notare mit Gerichten, Behörden und sonstigen Dritten sowie die elektronische Aktenführung und die sonstige elektronische Datenverarbeitung der Notare unterstützen.




§ 78a Zentrales Vorsorgeregister; Verordnungsermächtigung



(1) 1Die Bundesnotarkammer führt als Registerbehörde ein automatisiertes elektronisches Register über Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügungen, Patientenverfügungen und Widersprüche gegen eine Vertretung durch den Ehegatten nach § 1358 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. 2Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz führt die Rechtsaufsicht über die Registerbehörde.

(2) In das Zentrale Vorsorgeregister dürfen Angaben aufgenommen werden über

1.
Vollmachtgeber,

2.
Bevollmächtigte,

3.
die Vollmacht und deren Inhalt,

4.
Vorschläge zur Auswahl des Betreuers,

5.
Wünsche zur Wahrnehmung der Betreuung,

6.
den Vorschlagenden,

7.
den einer Vertretung durch den Ehegatten nach § 1358 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Widersprechenden und

8.
den Ersteller einer Patientenverfügung.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die näheren Bestimmungen zu treffen über

1.
die Einrichtung und Führung des Registers,

2.
die Auskunft aus dem Register,

3.
die Anmeldung, Änderung und Löschung von Registereintragungen,

4.
die Einzelheiten der Datenübermittlung und -speicherung und

5.
die Einzelheiten der Datensicherheit.




§ 78b Auskunft und Gebühren



(1) 1Die Registerbehörde erteilt Gerichten und Ärzten auf Ersuchen Auskunft aus dem Zentralen Vorsorgeregister. 2Ärzte dürfen nur um Auskunft ersuchen, soweit diese für die Entscheidung über eine dringende medizinische Behandlung erforderlich ist. 3Die Befugnis der Gerichte, Notare und Notarkammern zur Einsicht in Registrierungen, die von ihnen verwahrte oder registrierte Urkunden betreffen, bleibt unberührt.

(2) 1Das Zentrale Vorsorgeregister wird durch Gebühren finanziert. 2Die Registerbehörde kann Gebühren für die Aufnahme von Erklärungen in das Register erheben. 3Zur Zahlung der Gebühren sind der Antragsteller und derjenige verpflichtet, der für die Gebührenschuld eines anderen kraft Gesetzes haftet. 4Mehrere Gebührenschuldner haften als Gesamtschuldner. 5Gerichte und Notare können die Gebühren für die Registerbehörde entgegennehmen.

(3) 1Die Gebühren sind so zu bemessen, dass der mit der Einrichtung, der Inbetriebnahme, der dauerhaften Führung und der Nutzung des Zentralen Vorsorgeregisters durchschnittlich verbundene Verwaltungsaufwand einschließlich der Personal- und Sachkosten gedeckt wird. 2Dabei ist auch der für die Aufnahme von Erklärungen in das Register gewählte Kommunikationsweg zu berücksichtigen.

(4) 1Die Registerbehörde bestimmt die Gebühren nach Absatz 2 Satz 2 und die Art ihrer Erhebung durch eine Gebührensatzung. 2Die Satzung bedarf der Genehmigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. 3Die Höhe der Gebühren ist regelmäßig zu überprüfen.




§ 78c Zentrales Testamentsregister; Verordnungsermächtigung



(1) 1Die Bundesnotarkammer führt als Registerbehörde ein automatisiertes elektronisches Register über die Verwahrung erbfolgerelevanter Urkunden und sonstige Daten nach § 78d. 2Die Erhebung und Verwendung der Daten ist auf das für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Registerbehörde, der Nachlassgerichte und der Verwahrstellen Erforderliche zu beschränken. 3Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz führt die Rechtsaufsicht über die Registerbehörde.

(2) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die näheren Bestimmungen zu treffen über

1.
die Einrichtung und Führung des Registers,

2.
die Auskunft aus dem Register,

3.
die Anmeldung, Änderung und Löschung von Registereintragungen,

4.
die Einzelheiten der Datenübermittlung und -speicherung und

5.
die Einzelheiten der Datensicherheit.

(3) 1In der Rechtsverordnung können darüber hinaus Bestimmungen zum Inhalt der Sterbefallmitteilungen nach § 78e Satz 1 getroffen werden. 2Ferner können in der Rechtsverordnung Ausnahmen zugelassen werden von

1.
§ 78e Satz 3, soweit dies die Sterbefallmitteilung an das Nachlassgericht betrifft;

2.
der elektronischen Benachrichtigung nach § 78e Satz 4;

3.
der Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung nach § 34a Absatz 1 und 2 des Beurkundungsgesetzes und § 347 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.




§ 78d Inhalt des Zentralen Testamentsregisters



(1) 1In das Zentrale Testamentsregister werden Verwahrangaben zu erbfolgerelevanten Urkunden aufgenommen, die

1.
von Notaren nach § 34a Absatz 1 oder 2 des Beurkundungsgesetzes zu übermitteln sind oder

2.
von Gerichten nach Absatz 4 Satz 1 sowie nach § 347 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu übermitteln sind.

2Weiterer Inhalt des Zentralen Testamentsregisters sind

1.
Verwahrangaben, die nach § 1 des Testamentsverzeichnis-Überführungsgesetzes überführt worden sind, und

2.
Mitteilungen, die nach § 9 des Testamentsverzeichnis-Überführungsgesetzes überführt worden sind.

3Die gespeicherten Daten sind mit Ablauf des 30. auf die Sterbefallmitteilung folgenden Kalenderjahres zu löschen.

(2) 1Erbfolgerelevante Urkunden sind Testamente, Erbverträge und alle Urkunden mit Erklärungen, welche die Erbfolge beeinflussen können, insbesondere Aufhebungsverträge, Rücktritts- und Anfechtungserklärungen, Erb- und Zuwendungsverzichtsverträge, Ehe- und Lebenspartnerschaftsverträge und Rechtswahlen. 2Verwahrangaben sind Angaben, die zum Auffinden erbfolgerelevanter Urkunden erforderlich sind.

(3) Registerfähig sind nur erbfolgerelevante Urkunden, die

1.
öffentlich beurkundet worden sind oder

2.
in amtliche Verwahrung genommen worden sind.

(4) 1Handelt es sich bei einem gerichtlichen Vergleich um eine erbfolgerelevante Urkunde im Sinne von Absatz 2 Satz 1, übermittelt das Gericht unverzüglich die Verwahrangaben an die das Zentrale Testamentsregister führende Registerbehörde nach Maßgabe der nach § 78c Absatz 2 und 3 erlassenen Rechtsverordnung. 2Der Erblasser teilt dem Gericht die zur Registrierung erforderlichen Daten mit.




§ 78e Sterbefallmitteilung



1Das zuständige Standesamt hat der Registerbehörde den Tod, die Todeserklärung oder die gerichtliche Feststellung der Todeszeit einer Person mitzuteilen (Sterbefallmitteilung). 2Die Registerbehörde prüft daraufhin, ob im Zentralen Testamentsregister Angaben nach § 78d Absatz 1 Satz 1 und 2 vorliegen. 3Sie benachrichtigt, soweit es zur Erfüllung der Aufgaben des Nachlassgerichts und der verwahrenden Stellen erforderlich ist, unverzüglich

1.
das zuständige Nachlassgericht über den Sterbefall und etwaige Angaben nach § 78d Absatz 1 Satz 1 und 2 und

2.
die verwahrenden Stellen über den Sterbefall und etwaige Verwahrangaben nach § 78d Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 1.

4Die Benachrichtigung erfolgt elektronisch.




§ 78f Auskunft aus dem Zentralen Testamentsregister



(1) 1Die Registerbehörde erteilt auf Ersuchen

1.
Gerichten Auskunft aus dem Zentralen Testamentsregister sowie

2.
Notaren Auskunft über Verwahrangaben aus dem Zentralen Testamentsregister.

2Die Auskunft wird nur erteilt, soweit sie im Rahmen der Aufgabenerfüllung der Gerichte und Notare erforderlich ist. 3Auskünfte können zu Lebzeiten des Erblassers nur mit dessen Einwilligung eingeholt werden.

(1a) 1Auf Ersuchen erteilt die Registerbehörde in Angelegenheiten, die die Rechtsnachfolge von Todes wegen betreffen, innerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 107; L 344 vom 14.12.2012, S. 3; L 41 vom 12.2.2013, S. 16; L 60 vom 2.3.2013, S. 140; L 363 vom 18.12.2014, S. 186) auch

1.
ausländischen Gerichten im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 und ausländischen Behörden, die für die Ausstellung des Europäischen Nachlasszeugnisses zuständig sind, Auskunft aus dem Zentralen Testamentsregister sowie

2.
Notaren, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union mit Ausnahme Dänemarks und Irlands niedergelassen sind, Auskunft über Verwahrangaben aus dem Zentralen Testamentsregister.

2Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Die Befugnis der Gerichte, Notare und Notarkammern zur Einsicht in Registrierungen, die von ihnen verwahrte oder registrierte Urkunden betreffen, bleibt unberührt.

(3) 1Die Registerbehörde kann Gerichte bei der Ermittlung besonders amtlich verwahrter Urkunden unterstützen, für die mangels Verwahrungsnachricht keine Eintragung im Zentralen Testamentsregister vorliegt. 2Die Verwahrangaben der nach Satz 1 ermittelten Verfügungen von Todes wegen sind nach § 347 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit an das Zentrale Testamentsregister zu melden.