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Bundeskrebsregisterdatengesetz (BKRG)

Artikel 5 G. v. 10.08.2009 BGBl. I S. 2702, 2707 (Nr. 53); zuletzt geändert durch Artikel 3a G. v. 22.03.2024 BGBl. 2024 I Nr. 101
Geltung ab 18.08.2009; FNA: 2120-8 Organisation des Gesundheitswesens
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§ 8 Datenübermittlung und Datenbereitstellung zu Forschungszwecken



(1) 1Das Zentrum für Krebsregisterdaten soll grundsätzlich öffentlichen und privaten Einrichtungen und Personen auf Antrag Daten zu wissenschaftlichen Forschungszwecken übermitteln, soweit

1.
im Antrag nachvollziehbar dargelegt ist, dass der Umfang und die Struktur der beantragten Daten geeignet und erforderlich sind, um die zu untersuchenden Fragen zu beantworten, und

2.
das im Antrag angegebene Vorhaben mit den beim Zentrum für Krebsregisterdaten vorliegenden Daten bearbeitet werden kann und eine länderübergreifende Auswertung erfordert.

2Das Zentrum für Krebsregisterdaten kann einem Antragsteller nach Satz 1 auch aggregierte Daten, die entsprechend den Anforderungen des Antragstellers ausgewählt worden sind, übermitteln. 3Die in den Sätzen 1 und 2 genannten Daten sind den Datenempfängern in anonymisierter Form zu übermitteln.

(2) 1Im Antrag sind insbesondere Zweck und Umfang der Nutzung der beantragten Daten sowie der methodische Ansatz der Datenverarbeitung zu begründen. 2Der Antrag hat Angaben zu den an der Datenverarbeitung beteiligten Personen und dazu zu enthalten, ob und gegebenenfalls mit welchen anderen Datenbeständen eine Zusammenführung der beantragten Daten vorgesehen ist.

(3) 1Das Zentrum für Krebsregisterdaten legt den Antrag dem wissenschaftlichen Ausschuss vor. 2Das Zentrum für Krebsregisterdaten fordert den wissenschaftlichen Ausschuss zur Abgabe einer Stellungnahme auf, sofern der Umfang und die Schwierigkeit der Prüfung des Antrages dies erfordern. 3Das Zentrum für Krebsregisterdaten entscheidet über den Antrag unter Berücksichtigung der Stellungnahme des wissenschaftlichen Ausschusses. 4Es ist an die Stellungnahme nicht gebunden. 5Beabsichtigt das Zentrum für Krebsregisterdaten von der Stellungnahme des wissenschaftlichen Ausschusses abzuweichen, hat es dies gegenüber dem wissenschaftlichen Ausschuss zu begründen.

(4) 1Das Zentrum für Krebsregisterdaten entscheidet innerhalb von drei Monaten nach Eingang des vollständigen Antrages. 2Die Frist verlängert sich um einen Monat, wenn dies wegen des Umfangs der Prüfung erforderlich ist. 3Die Verlängerung der Frist ist dem Antragsteller mitzuteilen. 4Wird für die Entscheidung über den Antrag ein Auswertungsprogramm benötigt, beginnt die Frist mit Einreichung des Auswertungsprogramms. 5Die Entscheidung über den Antrag kann mit Nebenbestimmungen verbunden werden.

(5) 1Das Zentrum für Krebsregisterdaten bewertet vor einer Bereitstellung der beantragten Daten das spezifische Risiko, dass mittels der beantragten Daten oder durch eine Zusammenführung der beantragten Daten mit anderen Datenbeständen Personen wieder identifiziert werden können, und minimiert dieses Risiko unter angemessener Wahrung des angestrebten wissenschaftlichen Nutzens durch geeignete Maßnahmen. 2Das Zentrum für Krebsregisterdaten legt hierfür die allgemeinen Vorgaben zur Risikobewertung der bereitzustellenden Daten fest und beteiligt dabei den wissenschaftlichen Ausschuss.

(6) 1Das Zentrum für Krebsregisterdaten kann abweichend von Absatz 1 auch pseudonymisierte Einzeldatensätze bereitstellen, wenn der Datenempfänger dies beantragt und im Antrag nachvollziehbar darlegt, dass die Bereitstellung dieser Daten für die Durchführung des Forschungsvorhabens erforderlich ist. 2Die pseudonymisierten Einzeldatensätze werden in gesicherter physischer oder virtueller Umgebung unter Kontrolle des Zentrums für Krebsregisterdaten bereitgestellt. 3Hierzu legt das Zentrum für Krebsregisterdaten im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik die erforderlichen spezifischen technischen und organisatorischen Maßnahmen fest, um die Datenverarbeitung durch die Datenempfänger auf das erforderliche Maß zu beschränken und um das Risiko einer Identifizierung einzelner Personen zu minimieren. 4Pseudonymisierte Einzeldatensätze werden nicht an die Datenempfänger herausgegeben.

(7) 1Die Bereitstellung der pseudonymisierten Einzeldatensätze nach Absatz 6 ist nur zulässig, sofern gewährleistet ist, dass diese Daten nur solchen Personen bereitgestellt werden, die einer beruflichen Geheimhaltungspflicht im Sinne des § 203 des Strafgesetzbuches unterliegen. 2Personen, die keiner Geheimhaltungspflicht im Sinne des § 203 des Strafgesetzbuches unterliegen, können pseudonymisierte Einzeldatensätze nach Absatz 6 bereitgestellt werden, wenn sie vor dem Zugang zur Geheimhaltung verpflichtet wurden. 3§ 1 Absatz 2, 3 und 4 Nummer 2 des Verpflichtungsgesetzes gilt entsprechend.

(8) 1Die Datenempfänger dürfen die nach Absatz 1 Satz 1 oder Satz 2 übermittelten Daten und die nach Absatz 6 Satz 1 bereitgestellten pseudonymisierten Einzeldatensätze

1.
nur für die Zwecke nutzen, für die sie übermittelt oder bereitgestellt werden,

2.
nicht an Dritte weitergeben, es sei denn, das Zentrum für Krebsregisterdaten hat auf Antrag des Datenempfängers der Weitergabe zugestimmt.

2Die Datenempfänger haben bei der Verarbeitung der nach Absatz 1 übermittelten Daten oder der nach Absatz 6 bereitgestellten pseudonymisierten Einzeldatensätze darauf zu achten, keinen Bezug zu Personen herzustellen. 3Wird ein Bezug zu Personen unbeabsichtigt hergestellt, so ist dies dem Zentrum für Krebsregisterdaten zu melden. 4Die Verarbeitung der übermittelten oder bereitgestellten Daten zum Zweck der Herstellung eines Personenbezugs ist untersagt.

(9) 1Wenn die zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde feststellt, dass Datenempfänger die vom Zentrum für Krebsregisterdaten nach Absatz 1 übermittelten Daten oder nach Absatz 6 bereitgestellten pseudonymisierten Einzeldatensätze in einer Art und Weise verarbeitet haben, die nicht den geltenden datenschutzrechtlichen Vorschriften oder den Auflagen des Zentrums für Krebsregisterdaten entspricht, und die zuständige Datenaufsichtsbehörde wegen eines solchen Verstoßes eine Maßnahme nach Artikel 58 Absatz 2 Buchstabe b bis j der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) gegenüber den Datenempfängern ergriffen hat, informiert sie das Zentrum für Krebsregisterdaten darüber. 2In diesem Fall schließt das Zentrum für Krebsregisterdaten die Datenempfänger für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren vom Datenzugang aus.

(10) Das Zentrum für Krebsregisterdaten stellt einen öffentlich verfügbaren, anonymisierten Forschungsdatensatz auf seiner Internetseite bereit.

(11) 1Das Robert Koch-Institut ist nicht berechtigt, Anträge auf Nutzung von Daten zu Forschungszwecken nach Absatz 1 oder Absatz 6 zu stellen. 2Die Verarbeitung der Daten durch das Zentrum für Krebsregisterdaten zur Erfüllung eigener Aufgaben nach § 2 bleibt hiervon unberührt.




§ 9 Verzeichnis der bewilligten Anträge



(1) 1Das Zentrum für Krebsregisterdaten führt ein öffentliches Verzeichnis über die nach § 8 bewilligten Anträge. 2In dem Verzeichnis ist für jeden bewilligten Antrag Folgendes anzugeben:

1.
Name und Anschrift des Datenempfängers,

2.
Titel des Forschungsvorhabens sowie eine kurze Beschreibung des Forschungsvorhabens und des mit dem Forschungsvorhaben verfolgten Forschungsziels,

3.
nach der Veröffentlichung von Ergebnissen eine kurze Ergebnisdarstellung oder Verweise auf die Publikationen, die auf den Ergebnissen des Forschungsvorhabens beruhen,

4.
Kalenderjahr der Entscheidung über den Antrag.

(2) 1Mit Zustimmung der Datenempfänger können weitere sachliche Angaben zum Forschungsvorhaben in das Verzeichnis aufgenommen werden. 2Weitere personenbezogene Angaben dürfen nur mit Einwilligung der betroffenen Personen in das Verzeichnis aufgenommen werden.




§ 10 Zentrale Antrags- und Registerstelle, Schaffung einer Plattform



1Beim Zentrum für Krebsregisterdaten wird eine zentrale Antrags- und Registerstelle eingerichtet. 2Aufgabe der zentralen Antrags- und Registerstelle ist die

1.
Entgegennahme der Anträge auf Nutzung von Krebsregisterdaten mehrerer Krebsregister zu wissenschaftlichen Forschungszwecken und die Weiterleitung dieser Anträge an die Krebsregister und

2.
Registrierung der an das Zentrum für Krebsregisterdaten gemeldeten Entscheidungen der Krebsregister über die Anträge nach Nummer 1 und die Weiterleitung der Entscheidung an die Antragsteller.

3Das Zentrum für Krebsregisterdaten, die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren, die Deutsche Krebsgesellschaft, die Deutsche Krebshilfe und die Krebsregister erarbeiten gemeinsam mit Vertretern von Patientenorganisationen, die in der Verordnung nach § 140g des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genannt oder nach der Verordnung anerkannt sind, bis zum 31. Dezember 2024 ein Konzept zur Schaffung einer Plattform, die eine bundesweite anlassbezogene Datenzusammenführung und Analyse der Krebsregisterdaten aus den Ländern sowie eine Verknüpfung von Krebsregisterdaten mit anderen Daten ermöglicht und die klinisch-wissenschaftliche Auswertung der Krebsregisterdaten fördert. 4Die Belange des Datenschutzes und der Informationssicherheit sind bei der Konzepterstellung zu berücksichtigen.




§ 11 Berichterstattung zum Krebsgeschehen



(1) 1Das Zentrum für Krebsregisterdaten berichtet regelmäßig über das Krebsgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere über wesentliche bundesweite Ergebnisse aus der klinischen und epidemiologischen Krebsregistrierung, der Todesursachenstatistik und weiteren Daten- und Informationsquellen. 2Die Berichte veröffentlicht das Zentrum für Krebsregisterdaten in allgemeinverständlicher Form auf seiner Internetseite.

(2) Alle zwei Jahre veröffentlicht das Zentrum für Krebsregisterdaten im Einvernehmen mit den Krebsregistern einen Bericht zu Häufigkeiten und Entwicklungen von Krebserkrankungen in der Bundesrepublik Deutschland.

(3) 1Das Zentrum für Krebsregisterdaten veröffentlicht erstmals im Jahr 2026 und anschließend alle fünf Jahre einen zusammenfassenden Bericht über die wesentlichen Entwicklungen in der Bekämpfung von Krebskrankheiten in der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere in der Prävention, der Früherkennung, der Behandlung und der Nachsorge. 2Der Bericht enthält auch eine Einordnung der Entwicklungen auf Bundesebene im Vergleich zu den Entwicklungen auf internationaler Ebene.

(4) Das Zentrum für Krebsregisterdaten veröffentlicht bis zum 31. Dezember 2026 einen Bericht über die Erfassung von prognostisch ungünstigen nicht-melanotischen Hautkrebsarten und ihrer Frühstadien auf seiner Internetseite.

(5) Das Zentrum für Krebsregisterdaten veröffentlicht Auswertungen seiner Studien und Analysen nach § 6 Absatz 2 Nummer 3 und stellt Auswertungswerkzeuge im Rahmen einer interaktiven Internetplattform auf seiner Internetseite zur Verfügung.




§ 12 Bericht über die Erfahrungen mit der bundesweiten Erfassung von Krebsregisterdaten



1Das Zentrum für Krebsregisterdaten berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit zum 31. Dezember 2025 im Einvernehmen mit den Krebsregistern über die Erfahrungen mit der bundesweiten Erfassung von Krebsregisterdaten. 2Der Bericht soll die folgenden Angaben enthalten:

1.
Angaben über die Datenqualität,

2.
Erfahrungen mit der Art und mit dem Umfang der von den Krebsregistern übermittelten Daten und Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit den Krebsregistern sowie

3.
Angaben über die Antragsbearbeitung und die Datenbereitstellung, einschließlich einer Statistik über die nachgefragten Datensätze.

3Das Zentrum für Krebsregisterdaten veröffentlicht den Bericht auf seiner Internetseite.




§ 13 Strafvorschriften



(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 8 Absatz 8 Satz 1 Nummer 2 die dort genannten Daten weitergibt oder

2.
entgegen § 8 Absatz 8 Satz 4 die dort genannten Daten verarbeitet.

(2) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen Anderen zu bereichern oder einen Anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(3) 1Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt. 2Antragsberechtigt sind die betroffene Person, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sowie die zuständige Aufsichtsbehörde.