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Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG)

Artikel 1 G. v. 29.07.2009 BGBl. I S. 2542 (Nr. 51); zuletzt geändert durch Artikel 3 G. v. 08.12.2022 BGBl. I S. 2240
Geltung ab 01.03.2010; FNA: 791-9 Naturschutz
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Kapitel 3 Allgemeiner Schutz von Natur und Landschaft

§ 14 Eingriffe in Natur und Landschaft



(1) Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können.

(2) 1Die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung ist nicht als Eingriff anzusehen, soweit dabei die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege berücksichtigt werden. 2Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, widerspricht sie in der Regel nicht den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege.

(3) Nicht als Eingriff gilt die Wiederaufnahme einer land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Bodennutzung, wenn sie zeitweise eingeschränkt oder unterbrochen war

1.
auf Grund vertraglicher Vereinbarungen oder auf Grund der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung und wenn die Wiederaufnahme innerhalb von zehn Jahren nach Auslaufen der Einschränkung oder Unterbrechung erfolgt,

2.
auf Grund der Durchführung von vorgezogenen Kompensationsmaßnahmen, die vorgezogene Maßnahme aber nicht für eine Kompensation in Anspruch genommen wird.


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Anm.
d. Red.:
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abweichendes Landesrecht Baden-Württemberg siehe B. v. 30. April 2018 (BGBl. I S. 533)
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abweichendes Landesrecht Bayern siehe B. v. 11. März 2011 (BGBl. I S. 365)
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abweichendes Landesrecht Berlin siehe B. v. 31. Juli 2013 (BGBl. I S. 2829)
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abweichendes Landesrecht Hamburg siehe B. v. 28. Januar 2011 (BGBl. I S. 93)
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abweichendes Landesrecht Niedersachsen siehe B. v. 26. Juli 2010 (BGBl. I S. 970), B. v. 3. März 2021 (BGBl. I S. 314)
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abweichendes Landesrecht Rheinland-Pfalz siehe B. v. 4. Februar 2016 (BGBl. I S. 158)
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abweichendes Landesrecht Sachsen-Anhalt siehe B. v. 17. Januar 2011 (BGBl. I S. 30), B. v. 3. März 2015 (BGBl. I S. 183)
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abweichendes Landesrecht Schleswig-Holstein siehe B. v. 28. April 2010 (BGBl. I S. 450) und Änderung B. v. 14. Juli 2016 (BGBl. I S. 1646, 1648)
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abweichendes Landesrecht Thüringen siehe B. v. 13. Februar 2020 (BGBl. I S. 160)




§ 15 Verursacherpflichten, Unzulässigkeit von Eingriffen; Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen



(1) 1Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. 2Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. 3Soweit Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, ist dies zu begründen.

(2) 1Der Verursacher ist verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). 2Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. 3Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist. 4Festlegungen von Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen für Gebiete im Sinne des § 20 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 und in Bewirtschaftungsplänen nach § 32 Absatz 5, von Maßnahmen nach § 34 Absatz 5 und § 44 Absatz 5 Satz 3 dieses Gesetzes sowie von Maßnahmen in Maßnahmenprogrammen im Sinne des § 82 des Wasserhaushaltsgesetzes stehen der Anerkennung solcher Maßnahmen als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht entgegen. 5Bei der Festsetzung von Art und Umfang der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind die Programme und Pläne nach den §§ 10 und 11 zu berücksichtigen.

(3) 1Bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen, insbesondere sind für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen. 2Es ist vorrangig zu prüfen, ob der Ausgleich oder Ersatz auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen, die der dauerhaften Aufwertung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes dienen, erbracht werden kann, um möglichst zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden.

(4) 1Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten und rechtlich zu sichern. 2Der Unterhaltungszeitraum ist durch die zuständige Behörde im Zulassungsbescheid festzusetzen. 3Verantwortlich für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist der Verursacher oder dessen Rechtsnachfolger.

(5) Ein Eingriff darf nicht zugelassen oder durchgeführt werden, wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen.

(6) 1Wird ein Eingriff nach Absatz 5 zugelassen oder durchgeführt, obwohl die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind, hat der Verursacher Ersatz in Geld zu leisten. 2Die Ersatzzahlung bemisst sich nach den durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen durchschnittlichen Kosten für deren Planung und Unterhaltung sowie die Flächenbereitstellung unter Einbeziehung der Personal- und sonstigen Verwaltungskosten. 3Sind diese nicht feststellbar, bemisst sich die Ersatzzahlung nach Dauer und Schwere des Eingriffs unter Berücksichtigung der dem Verursacher daraus erwachsenden Vorteile. 4Die Ersatzzahlung ist von der zuständigen Behörde im Zulassungsbescheid oder, wenn der Eingriff von einer Behörde durchgeführt wird, vor der Durchführung des Eingriffs festzusetzen. 5Die Zahlung ist vor der Durchführung des Eingriffs zu leisten. 6Es kann ein anderer Zeitpunkt für die Zahlung festgelegt werden; in diesem Fall soll eine Sicherheitsleistung verlangt werden. 7Die Ersatzzahlung ist zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege möglichst in dem betroffenen Naturraum zu verwenden, für die nicht bereits nach anderen Vorschriften eine rechtliche Verpflichtung besteht.

(7) 1Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Kompensation von Eingriffen zu regeln, insbesondere

1.
zu Inhalt, Art und Umfang von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich Maßnahmen zur Entsiegelung, zur Wiedervernetzung von Lebensräumen und zur Bewirtschaftung und Pflege sowie zur Festlegung diesbezüglicher Standards, insbesondere für vergleichbare Eingriffsarten,

2.
die Höhe der Ersatzzahlung und das Verfahren zu ihrer Erhebung.

2Solange und soweit das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit von seiner Ermächtigung keinen Gebrauch macht, richtet sich das Nähere zur Kompensation von Eingriffen nach Landesrecht, soweit dieses den vorstehenden Absätzen nicht widerspricht.

(8) 1Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 sowie zur Kompensation von Eingriffen im Sinne von Absatz 7 Satz 1 zu regeln, soweit die Verordnung und Vorschriften dieses Kapitels ausschließlich durch die Bundesverwaltung, insbesondere bundeseigene Verwaltung oder bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, ausgeführt werden. 2Die Rechtsverordnung ist bis zum 1. März 2020 dem Bundestag zuzuleiten. 3Sie kann durch Beschluss des Bundestages geändert oder abgelehnt werden. 4Der Beschluss des Bundestages wird dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zugeleitet. 5Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ist bei der Verkündung der Rechtsverordnung an den Beschluss gebunden. 6Hat sich der Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen seit Eingang einer Rechtsverordnung nicht mit ihr befasst, so wird die unveränderte Rechtsverordnung dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zur Verkündung zugeleitet. 7Absatz 7 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.


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Anm.
d. Red.:
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abweichendes Landesrecht Baden-Württemberg siehe B. v. 30. April 2018 (BGBl. I S. 533)
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abweichendes Landesrecht Bayern siehe B. v. 11. März 2011 (BGBl. I S. 365), B. v. 6. März 2020 (BGBl. I S. 422, 423), B. v. 19. Juli 2021 (BGBl. I S. 2870)
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abweichendes Landesrecht Berlin siehe B. v. 31. Juli 2013 (BGBl. I S. 2829)
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abweichendes Landesrecht Hamburg siehe B. v. 28. Januar 2011 (BGBl. I S. 93)
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abweichendes Landesrecht Hessen siehe B. v. 29. April 2011 (BGBl. I S. 663)
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abweichendes Landesrecht Niedersachsen siehe B. v. 26. Juli 2010 (BGBl. I S. 970)
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abweichendes Landesrecht Rheinland-Pfalz siehe B. v. 4. Februar 2016 (BGBl. I S. 158)
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abweichendes Landesrecht Sachsen siehe B. v. 17. Mai 2011 (BGBl. I S. 842)
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abweichendes Landesrecht Sachsen-Anhalt siehe B. v. 17. Januar 2011 (BGBl. I S. 30)
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abweichendes Landesrecht Schleswig-Holstein siehe B. v. 28. April 2010 (BGBl. I S. 450), B. v. 6. Oktober 2011 (BGBl. I S. 1979) und B. v. 14. Juli 2016 (BGBl. I S. 1646) und Änderung B. v. 14. Juli 2016 (BGBl. I S. 1646, 1648); Aufhebung B. v. 14. Juli 2016 (BGBl. I S. 1646, 1656)