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Kapitel 5 - EU-Doppelbesteuerungsabkommen-Streitbeilegungsgesetz (EU-DBA-SBG)


Kapitel 5 Verfahrensregelungen für den Beratenden Ausschuss

§ 21 Zusammensetzung



1Der Beratende Ausschuss setzt sich zusammen aus

1.
einem Vorsitzenden,

2.
jeweils einem Vertreter der zuständigen Behörde jedes betroffenen Mitgliedstaats und

3.
jeweils einer unabhängigen Person, die von der zuständigen Behörde eines jeden betroffenen Mitgliedstaats aus der in § 26 genannten Liste ausgewählt wird.

2Kommen die zuständigen Behörden überein, so kann die Zahl der Personen nach den Nummern 2 und 3 auf zwei Vertreter oder unabhängige Personen für jede zuständige Behörde der betroffenen Mitgliedstaaten erhöht werden.


§ 22 Einsetzungsfrist



1Geht bei der zuständigen Behörde der Bundesrepublik Deutschland ein Antrag nach § 10 Absatz 1 oder § 17 Absatz 1 auf Einsetzung eines Beratenden Ausschusses ein, verfährt die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 120 Tagen, gerechnet ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem der Antrag eingegangen ist, für die Einsetzung des Beratenden Ausschusses nach § 24. 2Nach der Einsetzung des Beratenden Ausschusses informiert dessen Vorsitzender die betroffene Person unverzüglich über die Einsetzung.


§ 23 Vorlage von Informationen und Erscheinen vor dem Beratenden Ausschuss



(1) Für die Zwecke eines Verfahrens vor dem Beratenden Ausschuss kann eine betroffene Person dem Beratenden Ausschuss jegliche Informationen, Nachweise oder Unterlagen vorlegen, die für die Stellungnahme relevant sein könnten, sofern die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland und die zuständigen Behörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten zustimmen.

(2) 1Auf Anfrage des Beratenden Ausschusses legen eine betroffene Person und die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland dem Beratenden Ausschuss alle Informationen, Nachweise oder Unterlagen vor, die für die Stellungnahme erforderlich sind. 2Das Steuergeheimnis nach § 30 der Abgabenordnung steht dem nicht entgegen. 3§ 88 Absatz 3 Satz 3 und Absatz 5 Satz 4 sowie § 156 Absatz 2 Satz 3 der Abgabenordnung bleiben unberührt.

(3) Die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland kann die Vorlage von Informationen nach Absatz 2 verweigern, wenn

1.
sie die angeforderten Informationen nach geltendem Recht nicht erlangen oder beschaffen kann,

2.
die Informationen Handels-, Geschäfts-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnisse oder ein Geschäftsverfahren betreffen oder

3.
die Preisgabe der Informationen der öffentlichen Ordnung widerspricht.

(4) 1Eine betroffene Person kann auf eigenen Antrag und mit Zustimmung der zuständigen Behörde der Bundesrepublik Deutschland und der zuständigen Behörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten vor einem Beratenden Ausschuss selbst erscheinen oder sich vertreten lassen. 2Auf entsprechende Aufforderung des Beratenden Ausschusses hat eine betroffene Person oder ihr Vertreter vor dem Beratenden Ausschuss zu erscheinen.

(5) Mitglieder des Beratenden Ausschusses, die keine Amtsträger im Sinne des § 30 Absatz 1 in Verbindung mit § 7 der Abgabenordnung sind, haben als amtlich zugezogene Sachverständige das Steuergeheimnis zu wahren.

(6) 1Die betroffene Person und ihr Vertreter verpflichten sich, sämtliche Informationen einschließlich der Unterlagen, von denen sie während eines Verfahrens nach diesem Gesetz Kenntnis erhalten, geheim zu halten. 2Sie geben gegenüber den zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten eine entsprechende Erklärung ab, wenn sie im Verlauf eines Verfahrens nach diesem Gesetz dazu aufgefordert werden.

(7) Die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland unterrichtet die Kommission über Maßnahmen, die sie getroffen hat, um Verstöße gegen die Geheimhaltungspflicht nach den Absätzen 5 und 6 zu ahnden.


§ 24 Benennung der unabhängigen Personen und des Vorsitzenden



(1) 1Die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland und die zuständigen Behörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten einigen sich darauf, wie die Benennung der unabhängigen Personen erfolgen soll. 2Nach der Benennung der unabhängigen Personen wird nach Maßgabe des Satzes 1 jeweils ein Stellvertreter für den Fall bestimmt, dass die unabhängige Person an der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gehindert ist. 3Können sich die zuständigen Behörden nicht einigen, erfolgt die Benennung der unabhängigen Personen durch Losentscheid.

(2) Hat die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland in einem Streitbeilegungsverfahren, von dem sie betroffen ist, nicht mindestens eine unabhängige Person und einen Stellvertreter für einen Beratenden Ausschuss benannt, so kann die betroffene Person innerhalb von 30 Tagen nach Ablauf der in § 22 festgelegten Frist beim zuständigen Gericht der Bundesrepublik Deutschland Klage gegen die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland mit dem Begehren einreichen, dass das zuständige Gericht der Bundesrepublik Deutschland anstelle der zuständigen Behörde der Bundesrepublik Deutschland eine unabhängige Person und einen Stellvertreter aus der in § 26 genannten Liste benennt.

(3) 1Hat keine der zuständigen Behörden aller betroffenen Mitgliedstaaten mindestens eine unabhängige Person und einen Stellvertreter benannt, so kann die betroffene Person innerhalb von 30 Tagen nach Ablauf der in § 22 festgelegten Frist beim zuständigen Gericht der Bundesrepublik Deutschland Klage gegen die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland mit dem Begehren einreichen, dass das zuständige Gericht der Bundesrepublik Deutschland anstelle der zuständigen Behörde der Bundesrepublik Deutschland eine unabhängige Person und einen Stellvertreter aus der in § 26 genannten Liste benennt. 2Die Benennung der unabhängigen Person und eines Stellvertreters der anderen betroffenen Mitgliedstaaten hat die betroffene Person im Falle des Satzes 1 bei dem zuständigen Gericht oder der zu benennenden Stelle der anderen betroffenen Mitgliedstaaten zu beantragen.

(4) 1Das zuständige Gericht der Bundesrepublik Deutschland trifft eine Entscheidung gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 Satz 1 und teilt diese dem Antragsteller mit. 2Es hat dabei § 1035 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. 3Das zuständige Gericht der Bundesrepublik Deutschland unterrichtet die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland, die ihrerseits unverzüglich die zuständigen Behörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten unterrichtet. 4Hat die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland es ursprünglich versäumt, die unabhängige Person und deren Stellvertreter zu benennen, kann sie gegen eine Entscheidung des zuständigen Gerichts der Bundesrepublik Deutschland Rechtsbehelf einlegen. 5Wird sein Antrag abgewiesen, ist der Antragsteller berechtigt, gegen die Entscheidung des Gerichts gemäß den nationalen Verfahrensvorschriften Rechtsbehelf einzulegen.

(5) 1Die Vertreter der zuständigen Behörden und die nach Absatz 1 benannten unabhängigen Personen wählen aus der in § 26 genannten Liste von Personen einen Vorsitzenden. 2Sofern von den genannten Vertretern jeder zuständigen Behörde und den unabhängigen Personen nichts anderes vereinbart wird, wird der Vorsitz von einem Richter wahrgenommen. 3Werden alle unabhängigen Personen nach den Verfahren des Absatzes 3 Satz 1 und 2 bestimmt, so bestimmen diese unabhängigen Personen den Vorsitzenden per Losentscheid.


§ 25 Unabhängigkeit



(1) 1Die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland kann die Benennung einer bestimmten unabhängigen Person für den Beratenden Ausschuss aus jedem der folgenden Gründe ablehnen:

1.
die betreffende Person gehört einer der beteiligten Finanzverwaltungen an oder ist für diese tätig oder befand sich zu irgendeinem Zeitpunkt während der vorhergehenden drei Jahre in einer solchen Situation;

2.
die betreffende Person hat oder hatte eine wesentliche Beteiligung an oder ein Stimmrecht in der betroffenen Person oder ist oder war zu irgendeinem Zeitpunkt während der letzten fünf Jahre vor der Benennung deren Angestellter oder Berater;

3.
die betreffende Person bietet keine hinreichende Gewähr für Unbefangenheit in dem zu schlichtenden Streitfall oder den zu schlichtenden Streitfällen;

4.
die betreffende Person ist Angestellte eines Unternehmens der Steuerberatung oder erteilt auf andere Weise berufsmäßig Steuerberatung oder befand sich zu irgendeinem Zeitpunkt während der letzten drei Jahre vor der Benennung in einer solchen Situation.

2Die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland kann mit den zuständigen Behörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten bis zur Einsetzung des Beratenden Ausschusses weitere Gründe für die Ablehnung der Benennung von unabhängigen Personen für den Beratenden Ausschuss vereinbaren.

(2) Die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland kann verlangen, dass eine unabhängige Person, die nicht nach § 24 Absatz 2 und 3 gerichtlich benannt worden ist, oder ihre Stellvertreter etwaige Interessen, Beziehungen oder alle sonstigen Angelegenheiten offenlegt, welche die Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit dieser Person im Verfahren beeinträchtigen oder den begründeten Anschein von Befangenheit erwecken könnten.

(3) Eine dem Beratenden Ausschuss angehörende unabhängige Person darf sich innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten, nachdem die Stellungnahme des Beratenden Ausschusses ergangen ist, nicht in einer Situation befinden, aufgrund derer eine zuständige Behörde Einwände gegen ihre Benennung hätte erheben können, wenn sich die betreffende Person zum Zeitpunkt der Benennung für denselben Beratenden Ausschuss in dieser Situation befunden hätte.

(4) 1Entscheidet ein Gericht der Bundesrepublik Deutschland nach Abgabe der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses über die mangelnde Unabhängigkeit einer unabhängigen Person eines Beratenden Ausschusses, wird eine Entscheidung nach § 18, sofern diese bereits vorliegt, nicht umgesetzt. 2In diesem Fall beginnt das Verfahren nach Kapitel 4 dieses Gesetzes von Neuem.


§ 26 Liste der unabhängigen Personen



(1) Für die Liste der unabhängigen Personen der Kommission, die alle von den Mitgliedstaaten benannten unabhängigen Personen enthält, benennt das Bundesministerium der Finanzen gegenüber der Europäischen Kommission bis 30. Juni 2019 mindestens drei kompetente und unabhängige Personen, die unparteiisch und integer handeln können.

(2) 1Das Bundesministerium der Finanzen übermittelt der Kommission vollständige und aktuelle Informationen zum beruflichen und akademischen Werdegang der nach Absatz 1 benannten Personen sowie zu deren Fähigkeiten und Fachkenntnissen und zu eventuellen Interessenkonflikten. 2Das Bundesministerium der Finanzen kann in der Mitteilung angeben, welche der benannten Personen mit dem Vorsitz eines Beratenden Ausschusses betraut werden kann.

(3) Das Bundesministerium der Finanzen unterrichtet die Kommission unverzüglich über jede Änderung bezüglich der von ihm für die Liste der unabhängigen Personen benannten Personen.

(4) 1Hat das Bundesministerium der Finanzen festgestellt, dass eine von ihm benannte Person nicht mehr unabhängig ist oder aus anderen Gründen nicht mehr in der Lage ist, als unabhängige Person für einen Beratenden Ausschuss benannt zu werden, so hat es die Person abzuberufen. 2Die Abberufung teilt das Bundesministerium der Finanzen der Kommission unverzüglich mit.

(5) 1Hat das Bundesministerium der Finanzen berechtigte Einwände hinsichtlich der Unabhängigkeit einer unabhängigen Person, so teilt es dies der Europäischen Kommission mit und belegt seine Bedenken durch entsprechende Nachweise. 2Die Kommission unterrichtet ihrerseits den Mitgliedstaat, der diese Person benannt hat, über die Einwände und Nachweise. 3Hat die Bundesrepublik Deutschland die unabhängige Person benannt, trifft das Bundesministerium der Finanzen auf der Grundlage dieser Einwände und Nachweise innerhalb von sechs Monaten die erforderlichen Maßnahmen, um die Beschwerde zu prüfen, und entscheidet, ob die betreffende Person auf der Liste belassen oder von ihr gestrichen wird. 4Das Bundesministerium der Finanzen setzt die Kommission umgehend von seiner Entscheidung in Kenntnis.


§ 27 Geschäftsordnung



(1) 1Die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland einigt sich mit den zuständigen Behörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten über eine Geschäftsordnung für den Beratenden Ausschuss. 2Die Geschäftsordnung ist von der zuständigen Behörde der Bundesrepublik Deutschland und den zuständigen Behörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten zu unterzeichnen.

(2) Innerhalb der Einsetzungsfrist nach § 22 übermittelt die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland der betroffenen Person diese Geschäftsordnung, ein Datum, bis zu dem der Beratende Ausschuss die Stellungnahme zur Lösung der Streitfrage abzugeben hat, und die nach nationalem Recht zur Lösung der Streitfrage anwendbaren Regelungen.

(3) In der Geschäftsordnung ist insbesondere Folgendes zu regeln:

1.
Beschreibung der Streitfrage und deren Merkmale,

2.
Beschreibung der rechtlichen und faktischen Fragestellungen, auf die sich die zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten geeinigt haben,

3.
Form des Streitbeilegungsgremiums, bei dem es sich entweder um einen Beratenden Ausschuss oder einen Ausschuss für Alternative Streitbeilegung zu handeln hat, sowie Art des Verfahrens für die Alternative Streitbeilegung, wenn dieses vom Verfahren der unabhängigen Stellungnahme, das von einem Beratenden Ausschuss angewandt wird, abweicht,

4.
Zeitrahmen für das Streitbeilegungsverfahren,

5.
Zusammensetzung des Beratenden Ausschusses oder des Ausschusses für Alternative Streitbeilegung einschließlich der Anzahl und der Namen der Mitglieder, Angaben zu deren Kompetenz und Qualifikationen sowie Offenlegung von eventuell bestehenden Interessenkonflikten der Mitglieder,

6.
Regeln für die Beteiligung jeder betroffenen Person und von Dritten am Verfahren, für den Austausch von Schriftsätzen, von Informationen und von Nachweisen, für die Kosten, für die Art des Streitbeilegungsverfahrens und für sonstige wichtige verfahrenstechnische oder organisatorische Aspekte,

7.
logistische Regelungen für das Verfahren des Beratenden Ausschusses und die Abgabe seiner Stellungnahme.

(4) Wird ein Beratender Ausschuss nach § 10 zur Entscheidung über die Zulassung einer Streitbeilegungsbeschwerde eingesetzt, so sind lediglich die in Absatz 3 Nummer 1, 4, 5 und 6 genannten Inhalte in der Geschäftsordnung festzulegen.

(5) Ist eine von den zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten vereinbarte Geschäftsordnung unvollständig oder ist der betroffenen Person keine Geschäftsordnung nach Maßgabe des Absatzes 2 übermittelt worden, so ist dem Verfahren des Beratenden Ausschusses die Standardgeschäftsordnung zu Grunde zu legen, die von der Kommission zur Verfügung gestellt wird.

(6) 1Wenn die Geschäftsordnung der betroffenen Person nicht oder unvollständig übermittelt worden ist, ergänzen die unabhängigen Personen und der Vorsitzende die Geschäftsordnung auf der Grundlage der Standardgeschäftsordnung gemäß Absatz 5 und übermitteln sie der betroffenen Person innerhalb von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt der Einsetzung des Beratenden Ausschusses. 2Wenn die unabhängigen Personen und der Vorsitzende keine Einigung über die Geschäftsordnung erzielen oder diese nicht der betroffenen Person übermittelt haben, kann die betroffene Person Klage gegen die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland mit dem Begehren einreichen, eine Anordnung für die Anwendung der Geschäftsordnung zu erwirken.