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Teil 1 - Eisenbahn-Sicherheitsverordnung (ESiV)


Teil 1 Allgemeine Vorschriften

§ 1 Anwendungsbereich



(1) Diese Verordnung gilt für das öffentliche Eisenbahnsystem im übergeordneten Netz nach § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes.

(2) Diese Verordnung gilt nicht

1.
für Eisenbahnen, die auf Eisenbahninfrastrukturen nach § 2b Absatz 1 Nummer 1 bis 4 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes bis in einen Übergangsbahnhof des übergeordneten Netzes ohne Sicherheitsbescheinigung am Eisenbahnbetrieb teilnehmen, und

2.
für Eisenbahnen, soweit sie Fahrzeuge, die ausschließlich zu historischen oder touristischen Zwecken genutzt werden, betreiben.


§ 2 Begriffsbestimmungen



Im Sinne dieser Verordnung ist oder sind:

1.
„gemeinsame Sicherheitsmethoden" die Methoden zur Beschreibung der Art und Weise, wie die Sicherheitsniveaus, die Erreichung der Sicherheitsziele und die Einhaltung der anderen Sicherheitsanforderungen beurteilt werden;

2.
„Sicherheitsvorschriften" alle verbindlichen Vorschriften, die Anforderungen zur Gewährleistung der Eisenbahnbetriebssicherheit enthalten und die für mehr als eine Eisenbahn oder für Dritte gelten, unabhängig davon, welche Stelle diese Vorschriften festlegt, mit Ausnahme der durch die Vorschriften der Europäischen Union oder der durch die internationalen Vorschriften festgelegten Anforderungen; Schienennetz-Nutzungsbedingungen und Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen sind keine Sicherheitsvorschriften im Sinne dieser Verordnung, auch wenn sie Sicherheitsvorschriften enthalten;

3.
„Technische Spezifikationen für die Interoperabilität" Spezifikationen im Sinne des Kapitels II der Richtlinie (EU) 2016/797 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems der Europäischen Union (ABl. L 138 vom 26.5.2016, S. 44) in der jeweils geltenden Fassung, der Richtlinie 2008/57/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Gemeinschaft (Neufassung) (ABl. L 191 vom 18.7.2008, S. 1; L 103 vom 22.4.2015, S. 11), die zuletzt durch die Richtlinie 2014/106/EU (ABl. L 355 vom 12.12.2014, S. 42) geändert worden ist, der Richtlinie 96/48/EG des Rates vom 23. Juli 1996 über die Interoperabilität des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems (ABl. L 235 vom 17.9.1996, S. 6) oder der Richtlinie 2001/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2001 über die Interoperabilität des konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystems (ABl. L 110 vom 20.4.2001, S. 1), die jeweils zuletzt durch die Richtlinie 2007/32/EG (ABl. L 141 vom 2.6.2007, S. 63) geändert worden sind, die für jedes Teilsystem oder für Teile davon im Hinblick auf die Erfüllung der grundlegenden Anforderungen gelten und die Interoperabilität gewährleisten;

4.
„zentrale Anlaufstelle" das Informations- und Kommunikationssystem im Sinne des Artikels 12 der Verordnung (EU) 2016/796 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Eisenbahnagentur der Europäischen Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 881/2004 (ABl. L 138 vom 26.5.2016, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung.


§ 3 Notifizierung von Sicherheitsvorschriften



(1) 1Sicherheitsvorschriften dürfen nur dann erlassen oder herausgegeben werden,

1.
wenn die Sicherheitsvorschrift noch nicht abgedeckt ist durch

a)
eine Technische Spezifikation für die Interoperabilität,

b)
eine gemeinsame Sicherheitsmethode oder

c)
die Richtlinie 2007/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die Lokomotiven und Züge im Eisenbahnsystem in der Gemeinschaft führen (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 51), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/554 (ABl. L 97 vom 8.4.2019, S. 1) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung oder

2.
wenn es zur Gewährleistung oder Wiederherstellung der Eisenbahnsicherheit dringend erforderlich ist.

2Ausgenommen von den Anforderungen nach Satz 1 sind bereits notifizierte Sicherheitsvorschriften, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen angepasst werden müssen.

(2) Eisenbahnen und Sektororganisationen haben der Sicherheitsbehörde den Entwurf einer Sicherheitsvorschrift einschließlich einer Begründung ihrer Notwendigkeit spätestens vier Monate vor der geplanten Veröffentlichung der Sicherheitsvorschrift zur Prüfung vorzulegen.

(3) Die Sicherheitsbehörde notifiziert der Kommission und der Eisenbahnagentur der Europäischen Union (Agentur) spätestens drei Monate vor der geplanten Veröffentlichung der Sicherheitsvorschrift im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur

1.
die Entwürfe von Sicherheitsvorschriften nach Absatz 2 und

2.
die Entwürfe von Sicherheitsvorschriften, die die Sicherheitsbehörde selbst erlässt.

(4) 1Die Sicherheitsbehörde veröffentlicht die Listen der zu notifizierenden Sicherheitsvorschriften auf ihrer Internetseite. 2Sie ändert bei Bedarf nach Anhörung der betroffenen Wirtschaftskreise die jeweilige Liste der zu notifizierenden Sicherheitsvorschriften.

(5) 1Bei dringlichen Präventionsmaßnahmen können Sicherheitsvorschriften sofort angewendet werden. 2Bei Sicherheitsvorschriften nach Absatz 2 bedarf es der Zustimmung der Sicherheitsbehörde. 3Die Sicherheitsbehörde notifiziert die Sicherheitsvorschrift umgehend nach Erlass und begründet deren Dringlichkeit. 4Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur erhält die notifizierte Sicherheitsvorschrift zur Kenntnis.