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Abschnitt 1 - Tierarzneimittelgesetz (TAMG)

Artikel 1 G. v. 27.09.2021 BGBl. I S. 4530 (Nr. 70); zuletzt geändert durch Artikel 1 V. v. 14.03.2024 BGBl. 2024 I Nr. 97
Geltung ab 28.01.2022; FNA: 2121-54 Apotheken- und Arzneimittelwesen, Gifte
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Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Zweck des Gesetzes



(1) Zweck dieses Gesetzes ist es, für den sicheren Verkehr mit Tierarzneimitteln und veterinärmedizintechnischen Produkten zu sorgen und die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von Tierarzneimitteln und veterinärmedizintechnischen Produkten zu gewährleisten.

(2) 1Die Bestimmungen dieses Gesetzes sollen ein hohes Schutzniveau für die Tiergesundheit, den Tierschutz und die Umwelt sowie den Schutz der öffentlichen Gesundheit gewährleisten. 2Die Bestimmungen dieses Gesetzes sollen darüber hinaus dazu beitragen, den Einsatz antibiotisch wirksamer Arzneimittel auf der Grundlage der,Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: „Vom Hof auf den Tisch" - eine Strategie für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem‘ (Bundesratsdrucksache 280/20 vom 22. Mai 2020) um 50 Prozent zu reduzieren.

(3) Dieses Gesetz dient ferner der Umsetzung und Durchführung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union, die den Anwendungsbereich dieses Gesetzes betreffen.




§ 2 Begriffsbestimmungen



(1) Für die Zwecke dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen gelten im Anwendungsbereich dieses Gesetzes die Begriffsbestimmungen von unmittelbar geltenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union.

(2) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
eine Bereitstellung auf dem Markt: jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe von Tierarzneimitteln oder von Produkten zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Unionsmarkt im Rahmen einer Geschäftstätigkeit,

2.
eine Nebenwirkung: eine Reaktion auf ein Tierarzneimittel, die bei einem bestimmungsgemäßen Gebrauch schädlich und unbeabsichtigt ist,

3.
eine Herstellung: jede Tätigkeit des Produktions- und Verarbeitungsprozesses bis zum abgabefertig verpackten Tierarzneimittel,

4.
eine Zubereitung: eine Behandlung, bei der ein Stoff gemischt, verdünnt, getrocknet, extrahiert, destilliert, gepresst, fraktioniert, gereinigt, konzentriert oder fermentiert wird oder bei der von dem Stoff eine Lösung oder ein Auszug erstellt wird, wobei der Stoff in der Zubereitung noch ganz oder teilweise enthalten ist.


§ 3 Anwendungsbereich



(1) Dieses Gesetz und die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen gelten für

1.
Tierarzneimittel im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17; L 151 vom 2.6.2022, S. 74), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2023/183 (ABl. L 26 vom 30.1.2023, S. 7) geändert worden ist, ergänzend zu den Bestimmungen dieser Verordnung,

2.
Tierarzneimittel, die nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2019/6 fallen; hierunter fallen insbesondere

a)
Tierarzneimittel im Sinne von Artikel 2 Absatz 6 Buchstabe b oder c der Verordnung (EU) 2019/6,

b)
Tierarzneimittel im Sinne von Artikel 2 Absatz 7 Buchstabe a, b oder d der Verordnung (EU) 2019/6,

c)
Tierarzneimittel, die aus Stoffen oder Stoffzusammenstellungen in unverarbeitetem Zustand bestehen, und

d)
Tierarzneimittel, die im Rahmen ihrer Herstellung keinen industriellen Prozess durchlaufen haben, und

3.
Wirkstoffe, die dazu bestimmt sind, als Ausgangsstoffe für Tierarzneimittel verwendet zu werden.

(2) Keine Tierarzneimittel sind

1.
Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die ausschließlich dazu bestimmt sind, äußerlich am Tier zur Reinigung, zur Pflege, zur Beeinflussung des Aussehens oder des Körpergeruchs angewendet zu werden, soweit ihnen keine Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zugesetzt sind, die als Wirkstoffe in apothekenpflichtigen Tierarzneimitteln verwendet werden,

2.
Biozidprodukte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/807 (ABl. L 180 vom 21.5.2021, S. 81) geändert worden ist, sowie

3.
Futtermittel nach Artikel 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist.

(3) Soweit dieses Gesetz dies bestimmt, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes auch für folgende veterinärmedizintechnischen Produkte:

1.
Gegenstände, die ein Tierarzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Tierarzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem tierischen Körper in Berührung gebracht zu werden,

2.
tierärztliche Instrumente, sofern sie zur einmaligen Anwendung bestimmt sind und aus der Kennzeichnung hervorgeht, dass sie einem Verfahren zur Verminderung der Keimzahl unterzogen worden sind,

3.
Gegenstände, ausgenommen tierärztliche Instrumente,

a)
die nicht Gegenstände im Sinne von Nummer 1 oder 2 sind und

b)
die in den tierischen Körper dauernd oder vorübergehend eingebracht werden zur

aa)
Heilung, Linderung oder Verhütung von Tierkrankheiten oder krankhaften Beschwerden,

bb)
Wiederherstellung, Korrektur oder Beeinflussung der physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung oder

cc)
Erstellung einer medizinischen Diagnose,

4.
Verbandstoffe und chirurgische Nahtmaterialien, sofern sie zur Anwendung am oder im tierischen Körper bestimmt und nicht Gegenstände im Sinne von Nummer 1, 2 oder 3 sind,

5.
Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die, auch im Zusammenwirken mit anderen Stoffen oder anderen Zubereitungen aus Stoffen, nicht am oder im tierischen Körper angewendet werden und dazu bestimmt sind, die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktion des tierischen Körpers erkennen zu lassen oder der Erkennung von Krankheitserregern bei Tieren zu dienen; hierunter fallen Tierarzneimittel, die

a)
aus Blut, Organen, Organteilen oder Organsekreten gesunder, kranker, krank gewesener oder immunisatorisch vorbehandelter Lebewesen gewonnen werden, die spezifische Antikörper enthalten und die dazu bestimmt sind, wegen dieser Antikörper verwendet zu werden, einschließlich der dazu gehörenden Kontrollsera (Testsera), sowie

b)
Antigene oder Haptene enthalten und die dazu bestimmt sind, als Testantigene verwendet zu werden.

(4) 1Dieses Gesetz ist nicht anzuwenden auf

1.
immunologische Tierarzneimittel nach Artikel 4 Nummer 5 der Verordnung (EU) 2019/6, die unter Verwendung von Krankheitserregern oder auf biotechnischem, biochemischem oder synthetischem Weg hergestellt werden und bestimmt sind zur

a)
Vorbeugung vor Tierseuchen oder Heilung von Tierseuchen,

b)
Erkennung von Tierseuchen oder

c)
Erzeugung einer unspezifischen Reaktion des Immunsystems,

2.
Testsysteme zur In-vitro-Diagnostik, die, ohne am oder im Tier angewendet zu werden,

a)
unter Verwendung von Tierseuchenerregern oder auf biotechnischem, biochemischem oder chemisch-synthetischem Wege hergestellt werden und

b)
der Feststellung eines physiologischen oder pathologischen Zustandes mittels eines direkten oder indirekten Nachweises von Tierseuchenerregern dienen,

3.
die Gewinnung und das Bereitstellen von Keimzellen zur künstlichen Befruchtung bei Tieren sowie

4.
Arzneifuttermittel und Zwischenerzeugnisse nach Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a und b der Verordnung (EU) 2019/4 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Arzneifuttermitteln, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 183/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/167/EWG des Rates (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 1; L 162 vom 19.6.2019, S. 28).

2Satz 1 Nummer 1 gilt nicht für § 63.