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Artikel 1 - Gesetz zur Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchGuaÄndG k.a.Abk.)

Artikel 1 Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes


Artikel 1 wird in 2 Vorschriften zitiert und ändert mWv. 10. Januar 2012 BVerfSchG § 8a, § 8b (neu), § 8c (neu), § 9, § 12, § 18, § 19

Das Bundesverfassungsschutzgesetz vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970), das zuletzt durch Artikel 1a des Gesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2499) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.
§ 8a wird wie folgt geändert:

a)
Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa)
Die Wörter „Postdienstleistungen oder" werden jeweils gestrichen.

bb)
Die Wörter „soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist" werden durch die Wörter „soweit dies zur Sammlung und Auswertung von Informationen erforderlich ist und tatsächliche Anhaltspunkte für schwerwiegende Gefahren für die in § 3 Absatz 1 genannten Schutzgüter vorliegen" ersetzt.

b)
Absatz 2 Satz 1 wird wie folgt geändert:

aa)
In Nummer 1 werden nach dem Wort „Luftfahrtunternehmen" die Wörter „sowie Betreibern von Computerreservierungssystemen und Globalen Distributionssystemen für Flüge" eingefügt.

bb)
Nummer 3 wird aufgehoben.

cc)
Die Wörter „zur Aufklärung von Bestrebungen oder Tätigkeiten" werden durch die Wörter „zur Sammlung und Auswertung von Informationen" ersetzt.

dd)
Die Wörter „tatsächliche Anhaltspunkte für" werden durch die Wörter „Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass" ersetzt.

c)
Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 2a eingefügt:

„(2a) Soweit dies zur Sammlung und Auswertung von Informationen erforderlich ist und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass schwerwiegende Gefahren für die in § 3 Absatz 1 genannten Schutzgüter vorliegen, darf das Bundesamt für Verfassungsschutz im Einzelfall das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Absatz 1 der Abgabenordnung bezeichneten Daten abzurufen. § 93 Absatz 9 der Abgabenordnung findet keine Anwendung."

d)
Absatz 3 wird wie folgt geändert:

aa)
In der Einleitung wird die Angabe „Absatz 2" durch die Wörter „den Absätzen 2 und 2a" ersetzt.

bb)
In Nummer 1 wird die Angabe „Absatz 2" durch die Wörter „den Absätzen 2 oder 2a" ersetzt.

cc)
Nummer 2 wird wie folgt geändert:

aaa)
In Buchstabe a werden nach den Wörtern „Absatz 2 Satz 1 Nr. 1, 2 und 5" die Wörter „sowie nach Absatz 2a" eingefügt.

bbb)
Buchstabe b wird wie folgt geändert: Die Wörter „Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 und 4" werden durch die Wörter „Absatz 2 Satz 1 Nummer 4" ersetzt und die Wörter „im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 4," werden gestrichen.

e)
Die Absätze 4 bis 9 werden aufgehoben.

2.
Nach § 8a werden folgende §§ 8b und 8c eingefügt:

„§ 8b Verfahrensregelungen zu besonderen Auskunftsverlangen

(1) Anordnungen nach § 8a Absatz 2 und 2a werden vom Behördenleiter oder seinem Vertreter beantragt; der Antrag ist schriftlich zu stellen und zu begründen. Zuständig für die Anordnungen ist das Bundesministerium des Innern. Die Anordnung einer Auskunft über künftig anfallende Daten ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Die Verlängerung dieser Anordnung um jeweils nicht mehr als drei Monate ist auf Antrag zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. Auf die Anordnung der Verlängerung finden die Sätze 1 und 2 Anwendung.

(2) Über Anordnungen nach § 8a Absatz 2 und 2a unterrichtet das Bundesministerium des Innern monatlich die G10-Kommission (§ 1 Absatz 2 des Artikel 10-Gesetzes) vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzug kann es den Vollzug der Entscheidung auch bereits vor der Unterrichtung der G 10-Kommission anordnen. Die G 10-Kommission prüft von Amts wegen oder auf Grund von Beschwerden die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Einholung von Auskünften. § 15 Absatz 5 des Artikel 10-Gesetzes ist mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Kontrollbefugnis der Kommission sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach § 8a Absatz 2 und 2a erlangten personenbezogenen Daten erstreckt. Entscheidungen über Auskünfte, welche die G 10-Kommission für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, hat das Bundesministerium des Innern unverzüglich aufzuheben. Die Daten unterliegen in diesem Falle einem absoluten Verwendungsverbot und sind unverzüglich zu löschen. Für die Verarbeitung der nach § 8a Absatz 2 und 2a erhobenen Daten ist § 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden.

(3) Das Bundesministerium des Innern unterrichtet im Abstand von höchstens sechs Monaten das Parlamentarische Kontrollgremium über Anordnungen nach § 8a Absatz 2 und 2a; dabei ist insbesondere ein Überblick über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der im Berichtszeitraum durchgeführten Maßnahmen zu geben. Das Gremium erstattet dem Deutschen Bundestag jährlich einen Bericht über die Durchführung sowie Art, Umfang und Anordnungsgründe der Maßnahmen; dabei sind die Grundsätze des § 10 Absatz 1 des Kontrollgremiumgesetzes zu beachten.

(4) Anordnungen sind dem Verpflichteten insoweit schriftlich mitzuteilen, als dies erforderlich ist, um ihm die Erfüllung seiner Verpflichtung zu ermöglichen. Anordnungen und übermittelte Daten dürfen dem Betroffenen oder Dritten vom Verpflichteten nicht mitgeteilt werden.

(5) Dem Verpflichteten ist es verboten, allein auf Grund einer Anordnung nach § 8a Absatz 1 oder 2 einseitige Handlungen vorzunehmen, die für den Betroffenen nachteilig sind und die über die Erteilung der Auskunft hinausgehen, insbesondere bestehende Verträge oder Geschäftsverbindungen zu beenden, ihren Umfang zu beschränken oder ein Entgelt zu erheben oder zu erhöhen. Die Anordnung ist mit dem ausdrücklichen Hinweis auf dieses Verbot und darauf zu verbinden, dass das Auskunftsersuchen nicht die Aussage beinhaltet, dass sich die betroffene Person rechtswidrig verhalten hat oder ein darauf gerichteter Verdacht bestehen müsse.

(6) Die in § 8a Absatz 1 und 2 Satz 1 genannten Stellen sind verpflichtet, die Auskunft unverzüglich, vollständig, richtig und in dem Format zu erteilen, das durch die auf Grund von Absatz 8 Satz 1 bis 3 erlassene Rechtsverordnung oder in den in Absatz 8 Satz 4 und 5 bezeichneten Rechtsvorschriften vorgeschrieben ist.

(7) Für Anordnungen nach § 8a findet § 12 Absatz 1 des Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung, mit der Maßgabe, dass § 12 Absatz 1 Satz 5 des Artikel 10-Gesetzes nur für Maßnahmen nach § 8a Absatz 1 und 2 Satz 1 Nummer 4 und 5 Anwendung findet. Wurden personenbezogene Daten an eine andere Stelle übermittelt, erfolgt die Mitteilung im Benehmen mit dieser.

(8) Das Bundesministerium des Innern wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, dem Bundesministerium der Justiz und dem Bundesministerium der Verteidigung ohne Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, dass Auskünfte nach § 8a Absatz 1 und 2 mit Ausnahme der Auskünfte nach § 8a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4, auch soweit andere Vorschriften hierauf verweisen, ganz oder teilweise auf maschinell verwertbaren Datenträgern oder durch Datenfernübertragung übermittelt werden müssen. Dabei können insbesondere geregelt werden

1.
die Voraussetzungen für die Anwendung des Verfahrens,

2.
das Nähere über Form, Inhalt, Verarbeitung und Sicherung der zu übermittelnden Daten,

3.
die Art und Weise der Übermittlung der Daten,

4.
die Zuständigkeit für die Entgegennahme der zu übermittelnden Daten,

5.
der Umfang und die Form der für dieses Verfahren erforderlichen besonderen Erklärungspflichten des Auskunftspflichtigen und

6.
Tatbestände und Bemessung einer auf Grund der Auskunftserteilung an Verpflichtete zu leistenden Aufwandsentschädigung.

Zur Regelung der Datenübermittlung kann in der Rechtsverordnung auf Veröffentlichungen sachverständiger Stellen verwiesen werden; hierbei sind das Datum der Veröffentlichung, die Bezugsquelle und eine Stelle zu bezeichnen, bei der die Veröffentlichung archivmäßig gesichert niedergelegt ist. Die Vorgaben für die Erteilung von Auskünften nach § 8a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4, insbesondere ob und in welchem Umfang die Verpflichteten hierfür Vorkehrungen für die technische und organisatorische Umsetzung der Auskunftsverpflichtung zu treffen haben, bestimmen sich nach § 110 des Telekommunikationsgesetzes und der dazu erlassenen Rechtsverordnung. Die technischen Einzelheiten, die zur Auskunftserteilung sowie zur Gestaltung des Übergabepunktes zu den berechtigten Stellen erforderlich sind, insbesondere das technische Format für die Übermittlung derartiger Auskunftsverlangen an die Verpflichteten und die Rückübermittlung der zugehörigen Auskünfte an die berechtigten Stellen, richten sich nach den Festlegungen in der Technischen Richtlinie nach § 110 Absatz 3 des Telekommunikationsgesetzes.

(9) Für die Erteilung von Auskünften nach § 8a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 hat der Verpflichtete Anspruch auf Entschädigung entsprechend § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes.

(10) Die Befugnisse nach § 8a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 und 5 stehen den Verfassungsschutzbehörden der Länder nur dann zu, wenn das Verfahren sowie die Beteiligung der G 10-Kommission, die Verarbeitung der erhobenen Daten und die Mitteilung an den Betroffenen gleichwertig wie in Absatz 2 und ferner eine Absatz 3 gleichwertige parlamentarische Kontrolle sowie eine Verpflichtung zur Berichterstattung über die durchgeführten Maßnahmen an das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundes unter entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 zweiter Halbsatz für dessen Berichte nach Absatz 3 Satz 2 durch den Landesgesetzgeber geregelt ist. Die Verpflichtungen zur gleichwertigen parlamentarischen Kontrolle nach Absatz 3 gelten auch für die Befugnisse nach § 8a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2. Landesrecht kann für Auskünfte an die jeweilige Verfassungsschutzbehörde des Landes Regelungen vorsehen, die dem Absatz 5 entsprechen, und die auf Grund von Absatz 8 Satz 1 bis 3 erlassene Rechtsverordnung sowie die Vorgaben nach Absatz 8 Satz 4 und 5 für solche Auskünfte für anwendbar erklären.

§ 8c Einschränkungen eines Grundrechts

Das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird nach Maßgabe des § 8a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 und 5 und Absatz 3 sowie des § 8b Absatz 1, 2, 4 bis 8 und 10 eingeschränkt."

3.
§ 9 wird wie folgt geändert:

a)
Absatz 2 Satz 8 bis 11 wird aufgehoben.

b)
Absatz 4 wird wie folgt geändert:

aa)
Satz 7 wird wie folgt gefasst:

„§ 8b Absatz 1 bis 3 und 7 Satz 1 gilt entsprechend."

bb)
Satz 8 wird aufgehoben.

4.
§ 12 Absatz 3 Satz 2 wird wie folgt geändert:

a)
Die Angabe „§ 3 Abs. 1 Nr. 1" wird durch die Wörter „§ 3 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4" ersetzt.

b)
Die Wörter „, über Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 und 4 sind spätestens 15 Jahre" werden gestrichen.

5.
An § 18 Absatz 1a wird folgender Satz angefügt:

„Die Zuständigkeit und das Verfahren für die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu Übermittlungen nach Satz 1 sind in einer Dienstvorschrift zu regeln, die der Zustimmung des Bundesministeriums des Innern bedarf."

6.
§ 19 Absatz 5 wird wie folgt gefasst:

„(5) Absatz 4 findet keine Anwendung, wenn personenbezogene Daten zum Zweck von Datenerhebungen nach § 8 Absatz 1 Satz 2 an Stellen übermittelt werden, von denen die Daten erhoben werden, oder die daran mitwirken. Hiervon abweichend findet Absatz 4 Satz 5 und 6 in Fällen Anwendung, in denen die Datenerhebung nicht mit den in § 8 Absatz 2 bezeichneten Mitteln erfolgt."



 

Zitierungen von Artikel 1 Gesetz zur Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes

Sie sehen die Vorschriften, die auf Artikel 1 BVerfSchGuaÄndG verweisen. Die Liste ist unterteilt nach Zitaten in BVerfSchGuaÄndG selbst, Ermächtigungsgrundlagen, anderen geltenden Titeln, Änderungsvorschriften und in aufgehobenen Titeln.
 
Zitat in folgenden Normen

Nachrichtendienste-Übermittlungsverordnung (NDÜV)
V. v. 11.10.2012 BGBl. I S. 2117; zuletzt geändert durch Artikel 7 Abs. 29 G. v. 12.05.2021 BGBl. I S. 990
Eingangsformel NDÜV
... Grund des § 8b Absatz 8 Satz 1 bis 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes, der durch Artikel 1 Nummer 2 des Gesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2576) eingefügt worden ist, auch in ...
 
Zitate in Änderungsvorschriften

Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Rechtsextremismus
G. v. 20.08.2012 BGBl. I S. 1798
Artikel 2 RED-GEG Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes
... vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2576) geändert worden ist, werden nach dem Wort ...