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Gesetz über die Nutzung und Sicherung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz - BArchG)

neugefasst durch B. v. 06.09.2021 BGBl. I S. 4122; zuletzt geändert durch Artikel 26 G. v. 20.12.2022 BGBl. I S. 2759
Geltung ab 16.03.2017; FNA: 224-28 Allgemeine Kulturpflege, Kulturschutz und Archivwesen
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§ 10 Nutzung von Archivgut des Bundes



(1) 1Jeder Person steht nach Maßgabe dieses Gesetzes auf Antrag das Recht zu, Archivgut des Bundes zu nutzen. 2Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über die Nutzung von Unterlagen sowie besondere Vereinbarungen zugunsten von Eigentümern Archivguts privater Herkunft bleiben unberührt.

(2) Die Nutzung kann zum Schutz öffentlicher Belange und zur Wahrung schutzwürdiger Interessen Betroffener mit Auflagen verbunden oder unter dem Vorbehalt des Widerrufs genehmigt werden.

(3) Verlangen die Antragsteller eine bestimmte Art der Nutzung, so darf eine andere Art der Nutzung nur aus wichtigem Grund bestimmt werden.


§ 11 Schutzfristen



(1) 1Die allgemeine Schutzfrist für Archivgut des Bundes beträgt 30 Jahre, sofern durch Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist. 2Sie beginnt mit der Entstehung der Unterlagen.

(2) 1Nach Ablauf der Schutzfrist des Absatzes 1 darf Archivgut des Bundes, das sich seiner Zweckbestimmung oder seinem wesentlichen Inhalt nach auf eine oder mehrere natürliche Personen bezieht, frühestens zehn Jahre nach dem Tod der jeweiligen Person genutzt werden. 2Ist das Todesjahr nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand festzustellen, endet die Schutzfrist 100 Jahre nach der Geburt der Personen. 3Kann auch der Geburtstag nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand festgestellt werden, endet die Schutzfrist 60 Jahre nach der Entstehung der Unterlagen.

(3) Archivgut des Bundes, das aus Unterlagen besteht, die der Geheimhaltungspflicht nach § 6 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 4 unterliegen, darf erst 60 Jahre nach seiner Entstehung genutzt werden.

(4) Die Schutzfristen nach Absatz 2 sind nicht auf Archivgut des Bundes anzuwenden, das sich auf Amtsträger in Ausübung ihrer Ämter und auf Personen der Zeitgeschichte bezieht, es sei denn ihr schutzwürdiger privater Lebensbereich ist betroffen.

(5) Die Schutzfristen der Absätze 1 bis 3 sind nicht auf Archivgut des Bundes anzuwenden,

1.
das aus Unterlagen besteht, die bereits bei ihrer Entstehung zur Veröffentlichung bestimmt waren, oder

2.
soweit es aus Unterlagen besteht, die vor der Übergabe an das Bundesarchiv bereits einem Informationszugang nach einem Informationszugangsgesetz offengestanden haben.

(6) Auf die Nutzung von Unterlagen, die älter als 30 Jahre sind und noch der Verfügungsgewalt der öffentlichen Stellen des Bundes unterliegen, sind die Absätze 1 bis 5 und die §§ 10, 12 und 13 entsprechend anzuwenden.


§ 12 Verkürzungen und Verlängerungen der Schutzfristen



(1) Das Bundesarchiv kann die Schutzfrist nach § 11 Absatz 1 verkürzen, soweit dem keine Einschränkungs- und Versagungsgründe gemäß § 13 entgegenstehen.

(2) 1Das Bundesarchiv kann die Schutzfristen nach § 11 Absatz 2 verkürzen, wenn die Einwilligung der betroffenen Personen vorliegt. 2Liegt keine Einwilligung vor, kann das Bundesarchiv die Schutzfristen nach § 11 Absatz 2 verkürzen, wenn

1.
die Nutzung für ein wissenschaftliches Forschungs- oder Dokumentationsvorhaben oder zur Wahrnehmung berechtigter Belange unerlässlich ist, die im überwiegenden Interesse einer anderen Person oder Stelle liegen, und

2.
eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange Betroffener oder ihrer Angehörigen durch angemessene Maßnahmen wie die Vorlage anonymisierter Reproduktionen oder das Einholen von Verpflichtungserklärungen ausgeschlossen werden kann.

(3) Das Bundesarchiv kann die Schutzfrist nach § 11 Absatz 3 um höchstens 30 Jahre verkürzen oder verlängern, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt.

(4) 1Ist das Archivgut des Bundes bei einer öffentlichen Stelle des Bundes entstanden, bedarf die Verkürzung oder Verlängerung der Schutzfristen nach den Absätzen 1 bis 3 der Einwilligung dieser Stelle. 2Die Einwilligung ist entbehrlich, soweit dies durch eine vorherige allgemeine Vereinbarung mit der abgebenden Stelle festgelegt worden ist.




§ 13 Einschränkungs- und Versagungsgründe



(1) 1Das Bundesarchiv hat die Nutzung nach den §§ 10 bis 12 einzuschränken oder zu versagen, wenn

1.
Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Nutzung das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet würde,

2.
Grund zu der Annahme besteht, dass der Nutzung schutzwürdige Interessen Betroffener oder ihrer Angehörigen entgegenstehen oder

3.
durch die Nutzung Rechtsvorschriften des Bundes über die Geheimhaltung verletzt würden.

2Bei der Abwägung der in Satz 1 Nummer 2 genannten Belange ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Informationserhebung erkennbar auf einer Menschenrechtsverletzung beruht.

(2) Im Übrigen kann das Bundesarchiv die Nutzung einschränken oder versagen, wenn durch die Nutzung

1.
der Erhaltungszustand des Archivguts des Bundes gefährdet würde oder

2.
ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand entstünde.

(3) Die Nutzung von Archivgut des Bundes, das aus Unterlagen besteht, die der Geheimhaltungspflicht nach § 203 Absatz 1, 2 oder 4 des Strafgesetzbuches unterlagen, kann vom Bundesarchiv eingeschränkt oder versagt werden, soweit dies zur Wahrung schutzwürdiger Interessen Betroffener erforderlich ist.