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Verordnung über die von den Traumaambulanzen in der Sozialen Entschädigung zu erfüllenden Qualitätskriterien und die Pflichten der Traumaambulanz (Traumaambulanz-Verordnung - TAV)

V. v. 20.10.2022 BGBl. I S. 1816 (Nr. 38)
Geltung ab 01.01.2024; FNA: 860-14-1 Sozialgesetzbuch

§ 3 Qualifikationsanforderungen bei Behandlung von Erwachsenen



(1) Für die Behandlung von Erwachsenen setzt die Traumaambulanz Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ein, die eine der folgenden Berufsqualifikationen aufweisen:

1.
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie,

2.
Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie oder Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie,

3.
Facharzt für Psychotherapeutische Medizin oder Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin,

4.
Psychologischer Psychotherapeut oder Psychologische Psychotherapeutin oder

5.
Psychotherapeut mit einer Weiterbildung im Sinne des § 95c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder Psychotherapeutin mit einer solchen Weiterbildung.

(2) 1Die in Absatz 1 genannten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen müssen für die Behandlung von Erwachsenen in einer Traumaambulanz über eine traumaspezifische Qualifikation verfügen, die

1.
durch die zuständige Landesärztekammer oder Landespsychotherapeutenkammer zertifiziert ist und

2.
zumindest den Inhalten der Module I und II des Curriculums nach Anlage 1 entspricht.

2Satz 1 gilt nicht, wenn die in Satz 1 Nummer 2 genannten Inhalte oder vergleichbare Inhalte bereits Gegenstand einer Weiterbildung, Zusatzweiterbildung oder postgraduierter Ausbildung der in Absatz 1 genannten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen waren. 3Es genügt, wenn die in Satz 1 genannte Qualifikation spätestens ein Jahr nach Aufnahme der Tätigkeit in der Traumaambulanz vorliegt.

(3) 1Von den in Absatz 2 genannten Anforderungen kann für die Dauer der Laufzeit der zwischen der nach Landesrecht zuständigen Behörde und der Traumaambulanz abgeschlossenen Vereinbarung abgewichen werden, wenn die Versorgung mit einer ausreichenden Anzahl an Traumaambulanzen anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. 2Die Versorgung mit Traumaambulanzen ist dann nicht ausreichend, wenn die Anzahl der Traumaambulanzen so gering ist, dass Leistungsberechtigte eine Traumaambulanz nicht nach einer zumutbaren Fahrzeit im Sinne des § 7 Absatz 2 erreichen können.


§ 4 Qualifikationsanforderungen bei Behandlung von Kindern und Jugendlichen



(1) Für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen setzt die Traumaambulanz Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ein, die eine der folgenden Berufsqualifikationen aufweisen:

1.
Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie oder Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,

2.
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin,

3.
Psychologischer Psychotherapeut mit Zusatzqualifikation zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder Psychologische Psychotherapeutin mit Zusatzqualifikation zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder

4.
Psychotherapeut mit einer Weiterbildung im Sinne des § 95c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder Psychotherapeutin mit einer solchen Weiterbildung.

(2) 1Die in Absatz 1 genannten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen müssen für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen in einer Traumaambulanz über eine traumaspezifische Qualifikation verfügen, die

1.
durch die zuständige Landesärztekammer oder Landespsychotherapeutenkammer zertifiziert ist und

2.
zumindest den Modulen des Teils A Nummer 7 und 8 der Empfehlung nach Anlage 2 entspricht.

2Satz 1 gilt nicht, wenn die in Satz 1 Nummer 2 genannten Inhalte oder vergleichbare Inhalte bereits Gegenstand einer Weiterbildung, Zusatzweiterbildung oder postgraduierten Ausbildung der in Absatz 1 genannten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen waren. 3Es genügt, wenn die in Satz 1 genannte Qualifikation spätestens ein Jahr nach Aufnahme der Tätigkeit in der Traumaambulanz vorliegt.

(3) 1Die in Absatz 1 genannten Personen, die Kinder und Jugendliche behandeln, die Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sind, müssen verfügen über

1.
fundierte Kenntnisse über

a)
körperliche und emotionale Misshandlung im Kindes- und Jugendalter,

b)
körperliche und emotionale Vernachlässigung im Kindes- und Jugendalter,

c)
sexuellen Missbrauch im Kindes- und Jugendalter und

d)
Folgen der in den Buchstaben a bis c beschriebenen Erfahrungen sowie

2.
Fertigkeiten im Umgang mit betroffenen Patienten und Patientinnen und ihren Bezugspersonen sowie Kenntnisse für eine Zusammenarbeit im sozialen Unterstützungssystem von Kindern und Jugendlichen.

2Die in Satz 1 genannten Kenntnisse und Fertigkeiten gelten durch eine mindestens zweijährige Berufserfahrung bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen, die Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sind, oder durch eine gleichwertige Fortbildung zum Thema sexuellen Missbrauchs als nachgewiesen.

(4) 1Von den in den Absätzen 2 und 3 genannten Anforderungen kann für die Dauer der Laufzeit der zwischen der nach Landesrecht zuständigen Behörde und der Traumaambulanz abgeschlossenen Vereinbarung abgewichen werden, wenn die Versorgung mit einer ausreichenden Anzahl an Traumaambulanzen anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. 2Die Versorgung mit Traumaambulanzen ist dann nicht ausreichend, wenn die Anzahl der Traumaambulanzen so gering ist, dass Leistungsberechtigte eine Traumaambulanz nicht nach einer zumutbaren Fahrzeit im Sinne des § 7 Absatz 2 erreichen können.


§ 5 Behandlung durch Personen in Weiterbildung oder in Ausbildung



(1) 1Ärzte und Ärztinnen dürfen Leistungsberechtigte behandeln, wenn sich diese Ärzte und Ärztinnen in fortgeschrittener Weiterbildung befinden

1.
zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder zur Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie,

2.
zum Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie oder zur Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie,

3.
zum Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie oder zur Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie oder

4.
zum Facharzt für Psychotherapeutische Medizin oder zur Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin.

2Kinder und Jugendliche dürfen nur durch die in Satz 1 Nummer 3 genannten Personen behandelt werden. 3Erwachsene dürfen nur durch die in Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 genannten Personen behandelt werden. 4Die Weiterbildung gilt ab zwei Dritteln der Weiterbildungszeit als fortgeschritten.

(2) 1Psychotherapeuten in einer Weiterbildung im Sinne des § 95c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und Psychotherapeutinnen in einer solchen Weiterbildung dürfen nur Erwachsene behandeln. 2Psychotherapeuten in einer Weiterbildung im Sinne des § 95c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und Psychotherapeutinnen in einer solchen Weiterbildung dürfen nur Kinder und Jugendliche behandeln. 3Die in den Sätzen 1 und 2 genannten Personen müssen sich in fortgeschrittener Weiterbildung befinden. 4Die Weiterbildung gilt ab zwei Dritteln der Weiterbildungszeit als fortgeschritten.

(3) 1Psychologische Psychotherapeuten und Psychologische Psychotherapeutinnen in Ausbildung dürfen erwachsene Leistungsberechtigte behandeln, wenn sie zwei Drittel ihrer Ausbildung absolviert haben. 2In jedem Fall absolviert haben müssen sie die 1.800 Stunden an praktischer Tätigkeit nach § 2 Absatz 2 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Psychologische Psychotherapeuten vom 18. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3749), die durch § 85 Satz 2 Nummer 1 der Verordnung vom 4. März 2020 (BGBl. I S. 448) aufgehoben worden ist, in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung.

(4) 1Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in Ausbildung und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen in Ausbildung dürfen leistungsberechtigte Kinder und Jugendliche behandeln, wenn sie zwei Drittel ihrer Ausbildung absolviert haben. 2In jedem Fall absolviert haben müssen sie die 1.800 Stunden an praktischer Tätigkeit nach § 2 Absatz 2 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vom 18. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3761), die durch § 85 Satz 2 Nummer 2 der Verordnung vom 4. März 2020 (BGBl. I S. 448) aufgehoben worden ist, in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung.

(5) 1Die in den Absätzen 1 bis 4 genannten Personen dürfen keine komplexen Fälle behandeln. 2Ein Fall ist komplex, wenn die Kenntnisse der in den Absätzen 1 bis 4 genannten Personen nicht für eine sachgerechte Behandlung ausreichen. 3Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt des Beginns der jeweiligen Behandlung. 4Ob ein Fall komplex ist, entscheidet die Person, die von den in § 3 Absatz 1 und § 4 Absatz 1 genannten Personen über die längste Berufserfahrung verfügt.