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Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG k.a.Abk.)

G. v. 12.03.1993 BGBl. I S. 311, 1780; aufgehoben durch § 12 G. v. 04.07.2013 BGBl. I S. 2170
Geltung ab 01.11.1993; FNA: 170-2 Vereinigung Europas Europaunion
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§ 3 Vorhaben der Europäischen Union



(1) Vorhaben der Europäischen Union (Vorhaben) im Sinne dieses Gesetzes sind insbesondere:

1.
Vorschläge und Initiativen für Beschlüsse zur Aufnahme von Verhandlungen zu Änderungen der vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union,

2.
Vorschläge und Initiativen für Beschlüsse zur Aufnahme von Verhandlungen zur Vorbereitung von Beitritten zur Europäischen Union,

3.
Vorschläge für Gesetzgebungsakte der Europäischen Union,

4.
Verhandlungsmandate für die Europäische Kommission zu Verhandlungen über völkerrechtliche Verträge der Europäischen Union,

5.
Beratungsgegenstände, Initiativen sowie Verhandlungsmandate und Verhandlungsrichtlinien für die Europäische Kommission im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik und der Welthandelsrunden,

6.
Mitteilungen und Stellungnahmen der Europäischen Kommission,

7.
Berichte der Organe der Europäischen Union,

8.
Aktionspläne der Organe der Europäischen Union,

9.
Grünbücher der Europäischen Kommission,

10.
Weißbücher der Europäischen Kommission,

11.
Politische Programme der Organe der Europäischen Union,

12.
Empfehlungen der Europäischen Kommission,

13.
Interinstitutionelle Vereinbarungen der Organe der Europäischen Union,

14.
Haushalts- und Finanzplanung der Europäischen Union,

15.
Entwürfe zu völkerrechtlichen Verträgen und sonstigen Vereinbarungen, wenn sie in einem Ergänzungs- oder sonstigen besonderen Näheverhältnis zum Recht der Europäischen Union stehen,

16.
Beratungsgegenstände, Vorschläge und Initiativen, die im Rahmen des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (Fiskalvertrag) und sonstiger, die Wirtschafts- und Währungsunion betreffenden völkerrechtlichen Verträge und Vereinbarungen behandelt werden.

Dies gilt nicht für Maßnahmen in den Bereichen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

(2) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind auch Vorschläge und Initiativen der Europäischen Union, bei denen eine Mitwirkung des Bundestages nach dem Integrationsverantwortungsgesetz vom 22. September 2009 (BGBl. I S. 3022) erforderlich ist.

(3) Unterrichtungspflichten nach diesem Gesetz gelten insbesondere auch für die Eurogruppe, Eurogipfel und Treffen der Mitgliedstaaten im Rahmen von Absatz 1 Nummer 15 und 16 sowie für alle diese jeweils vorbereitenden Arbeitsgruppen und Ausschüsse.




§ 4 Grundsätze der Unterrichtung



(1) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag nach Maßgabe dieses Gesetzes umfassend, zum frühestmöglichen Zeitpunkt, fortlaufend und in der Regel schriftlich über alle Vorhaben. Die Unterrichtung erstreckt sich insbesondere auf die Willensbildung der Bundesregierung, den Verlauf der Beratungen innerhalb der Organe der Europäischen Union, die Stellungnahmen des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie die getroffenen Entscheidungen. Ergänzend erfolgt die Unterrichtung mündlich. Die Bundesregierung stellt sicher, dass die Unterrichtung über Vorhaben die Befassung des Bundestages ermöglicht.

(2) Die Unterrichtung nach Absatz 1 umfasst auch die Abschätzung der Europäischen Kommission und die der Bundesregierung vorliegenden Abschätzungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu den rechtlichen, wirtschaftlichen, finanziellen, sozialen und ökologischen Folgen des Vorhabens.

(3) Zur Frühwarnung unterrichtet die Bundesregierung den Bundestag in der Regel schriftlich über aktuelle politische Entwicklungen der Europäischen Union und geplante Vorhaben.

(4) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag ferner zum frühestmöglichen Zeitpunkt

1.
über völkerrechtliche Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die eine engere Kooperation in Politikbereichen normieren, die auch in die Zuständigkeit der Europäischen Union fallen,

2.
über den Abschluss eines Gesetzgebungsverfahrens der Europäischen Union; diese Unterrichtung enthält auch eine Bewertung, ob die Bundesregierung den Gesetzgebungsakt mit den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit für vereinbar hält; bei Richtlinien informiert die Bundesregierung über die zu berücksichtigenden Fristen für die innerstaatliche Umsetzung und den Umsetzungsbedarf,

3.
über die Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren nach den Artikeln 258, 260 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union durch Übermittlung von Mahnschreiben und mit Gründen versehenen Stellungnahmen, soweit diese Verfahren die Nichtumsetzung von Richtlinien durch den Bund betreffen sowie

4.
über Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union, bei denen die Bundesrepublik Deutschland Verfahrensbeteiligte ist. Zu Verfahren, an denen sich die Bundesregierung beteiligt, übermittelt sie die entsprechenden Dokumente.

(5) Der Bundestag kann auf die Unterrichtung zu einzelnen oder Gruppen von Vorhaben verzichten, es sei denn, dass eine Fraktion oder fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages widersprechen.




§ 5 Übersendung von Dokumenten und Berichtspflichten



(1) Die Unterrichtung des Bundestages nach § 4 erfolgt insbesondere durch Übersendung von

1.
Dokumenten

a)
des Europäischen Rates, des Rates, der informellen Ministertreffen, des Ausschusses der Ständigen Vertreter und sonstiger Ausschüsse und Arbeitsgruppen des Rates,

b)
der Europäischen Kommission, soweit sie an den Rat gerichtet oder der Bundesregierung auf sonstige Weise offiziell zugänglich gemacht worden sind, einschließlich zu Rechtsakten der Europäischen Kommission im Sinne des Artikels 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

2.
Berichten und Mitteilungen von Organen der Europäischen Union für und über Sitzungen

a)
des Europäischen Rates, des Rates und der informellen Ministertreffen,

b)
des Ausschusses der Ständigen Vertreter und sonstiger Ausschüsse und Arbeitsgruppen des Rates,

3.
Berichten der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Union beziehungsweise der Bundesregierung über

a)
Sitzungen des Rates, der informellen Ministertreffen, des Ausschusses der Ständigen Vertreter und der Arbeitsgruppen des Rates, einschließlich der Arbeitsgruppen des Rates im Hauptstadtformat,

b)
Sitzungen des Europäischen Parlaments und seiner Ausschüsse,

c)
die Einberufung, Verhandlungen und Ergebnisse von Trilogen,

d)
Beschlüsse der Europäischen Kommission und

e)
geplante Vorhaben, einschließlich der Frühwarnberichte.

(2) Die Bundesregierung übersendet dem Bundestag zudem Dokumente und Informationen über Initiativen, Stellungnahmen und Erläuterungen der Bundesregierung für Organe der Europäischen Union, einschließlich der Sammelweisung für den deutschen Vertreter im Ausschuss der Ständigen Vertreter sowie Initiativen der Regierungen von Mitgliedstaaten der Europäischen Union gegenüber Rat und Europäischer Kommission, die ihr offiziell zugänglich gemacht werden. Informationen über Initiativen des Bundesrates und der Länder sind ebenfalls zu übersenden.

(3) Auf Anforderung stellt die Bundesregierung dem Bundestag ihr vorliegende vorbereitende Papiere der Europäischen Kommission und des Rates zur Verfügung. Dies gilt auch für inoffizielle Dokumente (non papers).

(4) Über die Sitzungen des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees unterrichtet die Bundesregierung die zuständigen Ausschüsse des Bundestages mündlich.

(5) Vor Tagungen des Europäischen Rates und des Rates unterrichtet die Bundesregierung den Bundestag schriftlich und mündlich zu jedem Beratungsgegenstand. Diese Unterrichtung umfasst die Grundzüge des Sach- und Verhandlungsstandes sowie die Verhandlungslinie der Bundesregierung. Nach Ratstagungen unterrichtet die Bundesregierung schriftlich und mündlich über die Ergebnisse.




§ 6 Förmliche und allgemeine Zuleitung



(1) Die Bundesregierung übersendet dem Bundestag alle Vorhaben mit einem Zuleitungsschreiben (förmliche Zuleitung). Das Zuleitungsschreiben enthält auf der Grundlage des zuzuleitenden Dokuments die folgenden Hinweise:

1.
den wesentlichen Inhalt und die Zielsetzung des Vorhabens,

2.
das Datum des Erscheinens des betreffenden Dokuments in deutscher Sprache,

3.
die Rechtsgrundlage,

4.
das anzuwendende Verfahren und

5.
die Benennung des federführenden Bundesministeriums.

(2) Die Bundesregierung übersendet dem Bundestag alle bei ihr eingehenden Ratsdokumente (allgemeine Zuleitung).




§ 7 Berichtsbogen und Umfassende Bewertung



(1) Die Bundesregierung übermittelt binnen zwei Wochen nach förmlicher Zuleitung eines Vorhabens einen Bericht gemäß der Anlage (Berichtsbogen). Dieser enthält insbesondere die Bewertung des Vorhabens hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit.

(2) Zu Vorschlägen für Gesetzgebungsakte der Europäischen Union übermittelt die Bundesregierung zudem binnen zwei Wochen nach Überweisung an die Ausschüsse des Bundestages, spätestens jedoch zu Beginn der Beratungen in den Ratsgremien, eine Umfassende Bewertung. Neben Angaben zur Zuständigkeit der Europäischen Union zum Erlass des vorgeschlagenen Gesetzgebungsaktes und zu dessen Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit enthält diese Bewertung im Rahmen einer umfassenden Abschätzung der Folgen für die Bundesrepublik Deutschland Aussagen insbesondere in rechtlicher, wirtschaftlicher, finanzieller, sozialer und ökologischer Hinsicht zu Regelungsinhalt, Alternativen, Kosten, Verwaltungsaufwand und Umsetzungsbedarf.

(3) Bei eilbedürftigen Vorhaben verkürzen sich die Fristen der Absätze 1 und 2 so, dass eine rechtzeitige Unterrichtung und die Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 9 Absatz 1 Satz 1 für den Bundestag gewährleistet sind. Ist eine besonders umfangreiche Bewertung erforderlich, kann die Frist verlängert werden.

(4) Zu Vorhaben im Sinne von § 3 Absatz 1 Nummer 6 bis 14 erfolgt die Erstellung der Umfassenden Bewertung nach Absatz 2 nur auf Anforderung.