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Gesetz zur Regelung des Schuldenwesens des Bundes (Bundesschuldenwesengesetz - BSchuWG)

Artikel 1 G. v. 12.07.2006 BGBl. I S. 1466 (Nr. 32); zuletzt geändert durch Artikel 1 G. v. 16.07.2021 BGBl. I S. 3372
Geltung ab 01.08.2006, abw. § 1 und 2 am 19.07.2006; FNA: 650-8 Bundesschuldenwesen
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Teil 2 Kreditaufnahme des Bundes und Bundesschuldbuch

§ 4e Einberufung der Gläubigerversammlung



(1) Eine Gläubigerversammlung kann jederzeit durch den Bund einberufen werden. Der Bund hat eine Gläubigerversammlung einzuberufen, sofern ein in den Emissionsbedingungen vorgesehener Fall der Nichterfüllung einer Zahlungsverpflichtung des Bundes eintritt und Gläubiger von mindestens 10 Prozent des Nennwertes der ausstehenden Schuldverschreibungen die Einberufung schriftlich verlangen. § 9 Absatz 2 und 4 des Schuldverschreibungsgesetzes ist entsprechend anzuwenden. Zuständig ist das Oberlandesgericht am Sitz der Deutschen Bundesbank. Die Vorschriften des ersten Buches des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind entsprechend anzuwenden. Eine Entscheidung durch den Einzelrichter ist ausgeschlossen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist unanfechtbar.

(2) Die Gläubigerversammlung ist mindestens 21 Tage vor dem Tag der Versammlung einzuberufen. Eine vertagte Gläubigerversammlung ist mindestens 14 Tage vor dem Tag der Versammlung einzuberufen.

(3) In der Einberufung sind anzugeben:

1.
die Zeit und der Ort der Gläubigerversammlung,

2.
die Tagesordnung, die Vorschläge zur Beschlussfassung, einschließlich der Angabe, ob eine anleiheübergreifende Änderung vorgeschlagen wird, und die Voraussetzungen der Beschlussfähigkeit,

3.
der Stichtag sowie die Bedingungen, von denen die Teilnahme an der Gläubigerversammlung abhängen,

4.
die Bedingungen, die erfüllt sein müssen, um eine wirksame Vertretung zu gewährleisten,

5.
die Voraussetzungen, von denen die Verbindlichkeit von Gläubigerbeschlüssen bei einer anleiheübergreifenden Änderung abhängt, bei der die erforderlichen Mehrheiten nur hinsichtlich einiger der von der Änderung betroffenen Anleihen erreicht werden, und

6.
die Berechnungsstelle.

Sind anleiheübergreifende Änderungen Gegenstand der Tagesordnung einer Gläubigerversammlung, sind die Angaben gemäß Satz 1 Nummer 2 um folgende weitere Angaben zu ergänzen:

1.
welche anderen betroffenen Anleihen Gegenstand der vorgeschlagenen anleiheübergreifenden Änderung sind,

2.
ob eine Zusammenfassung der Anleihen zu mehr als einer Gruppe von Anleihen vorgesehen ist, und wenn ja, ist zusätzlich eine Erläuterung beizufügen, aus der hervorgeht, wie die Bedingungen der Schuldverschreibungen jeder dieser Gruppen behandelt werden sollen.

(4) Die Einberufung ist unverzüglich bekannt zu machen.

(5) Gläubigerversammlungen können auch auf elektronische oder auf zum jeweiligen Zeitpunkt übliche sonstige Art und Weise durchgeführt werden.




§ 4f Vorsitz; Beschlussfähigkeit



(1) 1Der Bund bestimmt den Vorsitzenden der Gläubigerversammlung. 2Sofern die vom Bund ernannte Person in der Versammlung nicht erscheint, können Gläubiger, die mehr als 50 Prozent des in der Versammlung vertretenen Nennwertes der ausstehenden Schuldverschreibungen halten, den Vorsitzenden der Gläubigerversammlung bestimmen.

(2) 1Die Gläubigerversammlung ist beschlussfähig, wenn die Anwesenden mindestens 50 Prozent des Nennwertes der ausstehenden Schuldverschreibungen vertreten. 2Sollen wesentliche Beschlüsse gefasst werden, ist die Gläubigerversammlung beschlussfähig, wenn die Anwesenden mindestens zwei Drittel des Nennwertes der ausstehenden Schuldverschreibungen vertreten. 3Die Regelungen der Sätze 1 und 2 finden für Beschlüsse gemäß § 4b Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 2 keine Anwendung.

(3) 1Der Vorsitzende kann eine Gläubigerversammlung vertagen, wenn sie innerhalb von 30 Minuten nach Sitzungsbeginn nicht beschlussfähig ist. 2Die vertagte Versammlung ist beschlussfähig, wenn die Anwesenden mindestens 25 Prozent des Nennwertes der ausstehenden Schuldverschreibungen vertreten. 3Sollen wesentliche Beschlüsse gefasst werden, ist die vertagte Gläubigerversammlung beschlussfähig, wenn die Anwesenden mindestens zwei Drittel des Nennwertes der ausstehenden Schuldverschreibungen vertreten.

(4) Die Gläubiger können den für die Beschlussfähigkeit erforderlichen Nennwert der ausstehenden Schuldverschreibungen abweichend von den Absätzen 2 und 3 festlegen; eine Beschlussfassung hierüber gilt als wesentlicher Beschluss.




§ 4g Vertretung



(1) Jeder Gläubiger kann sich in der Gläubigerversammlung durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Erteilung der Vollmacht bedarf der Schriftform. Die Bevollmächtigung ist dem Bund spätestens 48 Stunden vor dem Tag der Gläubigerversammlung nachzuweisen.

(2) Der Widerruf der Vollmacht ist nur wirksam, wenn er mindestens 48 Stunden vor dem Tag der Gläubigerversammlung gegenüber dem Bund erklärt wird. Gleiches gilt für eine Änderung der Vollmacht.




§ 4h Schriftliche Abstimmung



Auf die schriftliche Abstimmung sind die Vorschriften über die Einberufung und Durchführung von Gläubigerversammlungen entsprechend anzuwenden.




§ 4i Anfechtung von Beschlüssen



(1) Ein Beschluss der Gläubiger kann wegen Verletzung des Gesetzes oder der Emissionsbedingungen durch Klage angefochten werden.

(2) Die Klage ist binnen eines Monats nach der Bekanntmachung des Beschlusses zu erheben; § 4d Absatz 3 bleibt unberührt. Sie ist gegen die Bundesrepublik Deutschland zu richten. Zuständig für die Klage ist das Oberlandesgericht am Sitz der Deutschen Bundesbank. Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden. Eine Entscheidung durch den Einzelrichter ist ausgeschlossen. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts findet die Revision nach Maßgabe des § 543 der Zivilprozessordnung statt; § 544 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden. Im Übrigen sind § 20 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 des Schuldverschreibungsgesetzes sowie § 246 Absatz 3 Satz 4 bis 6 des Aktiengesetzes entsprechend anzuwenden.

(3) Vor einer rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts darf der angefochtene Beschluss nicht vollzogen werden, es sei denn, das nach Absatz 2 Satz 3 zuständige Gericht stellt auf Antrag der Bundesrepublik Deutschland nach Maßgabe des § 246a des Aktiengesetzes fest, dass die Erhebung der Klage dem Vollzug des angefochtenen Beschlusses nicht entgegensteht; § 246a Absatz 1 Satz 1 und 2, Absatz 2, 3 Satz 1 bis 4 und 6, Absatz 4 des Aktiengesetzes gilt entsprechend.




§ 4j Wirksamkeit und Vollziehung von Beschlüssen



Beschlüsse der Gläubiger, durch welche der Inhalt der Emissionsbedingungen geändert oder ergänzt wird, werden erst wirksam, wenn sie vollzogen worden sind. Sie sind in der Weise zu vollziehen, dass die Emissionsbedingungen in ihrer geänderten oder ergänzten Fassung bekannt gemacht werden.




§ 4k Bekanntmachungen



Die Bekanntmachungen nach § 4b Absatz 7 Satz 2 und Absatz 9, § 4c Absatz 4, § 4d Absatz 2 Satz 2, § 4e Absatz 4 und § 4j erfolgen im Bundesanzeiger und im Internet unter der Adresse der Bundesrepublik Deutschland - Finanzagentur GmbH sowie durch die Deutsche Bundesbank.