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Sechster Teil - Patentanwaltsordnung (PAO)

G. v. 07.09.1966 BGBl. I S. 557; zuletzt geändert durch Artikel 2 G. v. 17.01.2024 BGBl. 2024 I Nr. 12
Geltung ab 01.01.1967; FNA: 424-5-1 Gemeinsame Rechtsvorschriften
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Sechster Teil Berufsgerichtliche Ahndung von Pflichtverletzungen

§ 95 Ahndung einer Pflichtverletzung



(1) Gegen einen Patentanwalt, der schuldhaft gegen Pflichten verstößt, die in diesem Gesetz oder in der Berufsordnung nach § 52a bestimmt sind, wird eine berufsgerichtliche Maßnahme verhängt.

(2) Ein außerhalb des Berufes liegendes Verhalten eines Patentanwalts, das eine rechtswidrige Tat oder eine mit Geldbuße bedrohte Handlung darstellt, ist eine berufsgerichtlich zu ahndende Pflichtverletzung, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen der Rechtsuchenden in einer für die Ausübung der Patentanwaltstätigkeit bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(3) Gegen eine zugelassene Berufsausübungsgesellschaft wird eine berufsgerichtliche Maßnahme verhängt, wenn

1.
eine Leitungsperson der Berufsausübungsgesellschaft schuldhaft gegen Pflichten verstößt, die in diesem Gesetz oder in der Berufsordnung nach § 52a bestimmt sind, oder

2.
eine Person, die nicht Leitungsperson ist, in Wahrnehmung der Angelegenheiten der Berufsausübungsgesellschaft gegen Pflichten verstößt, die in diesem Gesetz oder in der Berufsordnung nach § 52a bestimmt sind, wenn die Pflichtverletzung durch angemessene organisatorische, personelle oder technische Maßnahmen hätte verhindert oder wesentlich erschwert werden können.

(4) Eine berufsgerichtliche Maßnahme kann nicht verhängt werden, wenn der Patentanwalt oder die zugelassene Berufsausübungsgesellschaft zur Zeit der Tat der patentanwaltlichen Berufsgerichtsbarkeit nicht unterstand.

(5) Berufsgerichtliche Maßnahmen gegen einen Patentanwalt und gegen die Berufsausübungsgesellschaft, der dieser angehört, können nebeneinander verhängt werden.




§ 95a Leitungspersonen



Leitungspersonen einer Berufsausübungsgesellschaft sind

1.
die Mitglieder eines vertretungsberechtigten Organs einer juristischen Person,

2.
die vertretungsberechtigten Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft,

3.
die Generalbevollmächtigten,

4.
die Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten, soweit sie eine leitende Stellung innehaben, sowie

5.
nicht in den Nummern 1 bis 4 genannte Personen, die für die Leitung der Berufsausübungsgesellschaft verantwortlich handeln, wozu auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung gehört.




§ 95b Rechtsnachfolger



Im Fall einer Gesamtrechtsnachfolge oder einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge durch Aufspaltung (§ 123 Absatz 1 des Umwandlungsgesetzes) können berufsgerichtliche Maßnahmen gegen den oder die Rechtsnachfolger verhängt werden.




§ 96 Berufsgerichtliche Maßnahmen



(1) Berufsgerichtliche Maßnahmen sind bei Verfahren gegen Patentanwälte

1.
Warnung,

2.
Verweis,

3.
Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro,

4.
Ausschließung aus der Patentanwaltschaft.

(2) Berufsgerichtliche Maßnahmen sind bei Verfahren gegen Berufsausübungsgesellschaften

1.
Warnung,

2.
Verweis,

3.
Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro,

4.
Aberkennung der Befugnis zur Beratung und Vertretung nach § 3.

(3) Die berufsgerichtlichen Maßnahmen des Verweises und der Geldbuße können nebeneinander verhängt werden.




§ 97 Verjährung von Pflichtverletzungen



(1) 1Die Verfolgung einer Pflichtverletzung verjährt nach fünf Jahren. 2Abweichend davon verjährt die Verfolgung einer Pflichtverletzung, die eine Maßnahme nach § 96 Absatz 1 Nummer 4 oder Absatz 2 Nummer 4 rechtfertigt, nach 20 Jahren. 3Die Verjährung beginnt, sobald die Tat beendet ist.

(2) 1Für das Ruhen der Verjährung gilt § 78b Absatz 1 bis 3 des Strafgesetzbuches entsprechend. 2Die Verjährung ruht zudem für die Dauer

1.
eines wegen desselben Verhaltens eingeleiteten Straf- oder Bußgeldverfahrens,

2.
eines wegen desselben Verhaltens eingeleiteten vorrangigen berufsaufsichtlichen Verfahrens und

3.
einer Aussetzung des Verfahrens nach § 102b.

(3) Für die Unterbrechung der Verjährung gilt § 78c Absatz 1 bis 4 des Strafgesetzbuches entsprechend.




§ 97a Rüge und berufsgerichtliche Maßnahme



(1) 1Der Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens steht es nicht entgegen, dass der Vorstand der Patentanwaltskammer bereits wegen desselben Verhaltens eine Rüge erteilt hat (§ 70). 2Hat das Landgericht den Rügebescheid aufgehoben (§ 70a), weil es eine Pflichtverletzung nach § 95 Absatz 1 bis 3 nicht festgestellt hat, so kann ein berufsgerichtliches Verfahren wegen desselben Verhaltens nur auf Grund solcher Tatsachen und Beweismittel eingeleitet werden, die dem Gericht bei seiner Entscheidung nicht bekannt waren.

(2) 1Die Rüge wird mit der Rechtskraft eines berufsgerichtlichen Urteils unwirksam, das wegen desselben Verhaltens gegen den Patentanwalt oder die Berufsausübungsgesellschaft ergeht und auf Freispruch oder eine berufsgerichtliche Maßnahme lautet. 2Die Rüge wird auch unwirksam, wenn rechtskräftig die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt ist, weil eine Pflichtverletzung nach § 95 Absatz 1 bis 3 nicht festzustellen ist.




§ 97b Anderweitige Ahndung



1Von einer berufsgerichtlichen Ahndung ist abzusehen, wenn

1.
durch ein Gericht oder eine Behörde wegen desselben Verhaltens bereits eine Strafe, eine Geldbuße nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten oder eine berufsaufsichtliche Maßnahme verhängt worden ist oder

2.
das Verhalten nach § 153a Absatz 1 Satz 5, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2, der Strafprozessordnung nicht mehr als Vergehen verfolgt werden kann.

2Satz 1 gilt nicht, wenn eine berufsgerichtliche Maßnahme zusätzlich erforderlich ist, um den Patentanwalt zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten. 3Die Erforderlichkeit einer Maßnahme nach § 96 Absatz 1 Nummer 4 oder Absatz 2 Nummer 4 bleibt durch eine anderweitige Ahndung unberührt.