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Vierter Abschnitt - Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO)

neugefasst durch B. v. 26.09.1995 BGBl. I S. 1195; zuletzt geändert durch Artikel 8z4 G. v. 12.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 359
Geltung ab 01.07.1987; FNA: 2121-2-2 Apotheken- und Arzneimittelwesen, Gifte
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Vierter Abschnitt Sondervorschriften

§ 34 Patientenindividuelles Stellen oder Verblistern von Arzneimitteln



(1) Im Qualitätsmanagementsystem nach § 2a sind insbesondere folgende Festlegungen zu treffen:

1.
zur Auswahl der Arzneimittel, die für ein Stellen oder eine Neuverblisterung grundsätzlich in Frage kommen oder die nicht für das Stellen oder die Neuverblisterung geeignet sind,

2.
zur Entscheidung, welche Arzneimittel für eine gleichzeitige Einnahme gegebenenfalls nicht in demselben Einzelbehältnis aufbewahrt oder im selben Einzelblister verblistert werden können,

3.
zur Entscheidung, in welchen Ausnahmefällen einer schriftlichen ärztlichen Anforderung über eine vor dem Stellen oder Verblistern vorzunehmende Teilung von Tabletten, soweit ansonsten die Versorgung nicht gesichert werden kann und bei nachgewiesener Validierung der Stabilität ihrer Qualität über den Haltbarkeitszeitraum des Blisters oder des wiederverwendbaren Behältnisses gegebenenfalls gefolgt werden kann, obwohl das nachträgliche Verändern des Fertigarzneimittels grundsätzlich verhindert werden sollte,

4.
zur Zwischenlagerung und Kennzeichnung der entblisterten Arzneimittel,

5.
zu den technischen und organisatorischen Maßnahmen, um die Qualität der entblisterten Arzneimittel zu erhalten und um insbesondere Kreuzkontaminationen und Verwechslungen zu vermeiden, einschließlich der Überprüfung ihrer Wirksamkeit,

6.
zur Kalibrierung, Qualifizierung, Wartung und Reinigung der Blisterautomaten, soweit verwendet, oder sonstiger kritischer Ausrüstungsgegenstände oder Geräte,

7.
zu den primären Verpackungsmaterialien und ihren Qualitätsprüfungen,

8.
zu den Herstellungsanweisungen und den Herstellungsprotokollen gemäß § 7,

9.
zum Hygieneplan sowie

10.
zum hygienischen Verhalten des Personals am Arbeitsplatz und zur Art der Schutzkleidung für die Arzneimittelherstellung, einschließlich der Art und Weise und der Häufigkeit der Umkleidevorgänge.

(2) 1Das Personal muss für die Tätigkeiten ausreichend qualifiziert sein und regelmäßig geschult werden; die Schulungsmaßnahmen sind zu dokumentieren. 2Das hinsichtlich § 3 Absatz 2 Satz 1 erforderliche Personal ergibt sich aus dem Umfang der Herstellung.

(3) 1Das patientenindividuelle Stellen oder Verblistern ist abweichend von § 4 Absatz 2b in einem separaten Raum vorzunehmen, der ausschließlich diesem Zweck dienen darf. 2Der Raum muss von angemessener Größe sein, um die einzelnen Arbeitsgänge in spezifisch zugeordneten Bereichen durchführen zu können. 3Seine Wände und Oberflächen sowie der Fußboden müssen leicht zu reinigen sein, damit das umgebungsbedingte Kontaminationsrisiko für die Arzneimittel minimal ist. 4Der Zugang und das Einbringen der Materialien sollen zumindest bei der maschinellen Verblisterung über einen Zwischenraum (Schleuse) zur Aufrechterhaltung einer im Herstellungsraum geeigneten Raumqualität erfolgen. 5§ 4a ist entsprechend anzuwenden. 6Von Satz 1 und Satz 4 kann abgewichen werden, wenn das Stellen oder das manuell vorgenommene Verblistern von Arzneimitteln im Ausnahmefall für einen einzelnen Patienten vorgenommen werden soll.

(4) 1Aus der Kennzeichnung des neu verpackten Arzneimittels müssen folgende Angaben hervorgehen:

1.
der Name des Patienten,

2.
die enthaltenen Arzneimittel und ihre Chargenbezeichnungen,

3.
das Verfalldatum des neu zusammengestellten Arzneimittels und seine Chargenbezeichnung,

4.
die Einnahmehinweise,

5.
eventuelle Lagerungshinweise sowie

6.
die abgebende Apotheke und, soweit unterschiedlich, des Herstellers.

2Dem neu verpackten Arzneimittel sind die Packungsbeilagen der enthaltenen Fertigarzneimittel gemäß § 11 Absatz 7 des Arzneimittelgesetzes beizufügen.




§ 35 Herstellung von Arzneimitteln zur parenteralen Anwendung



(1) Im Qualitätsmanagementsystem nach § 2a sind insbesondere Festlegungen zu treffen

1.
zu den einzusetzenden Arzneimitteln sowie den primären Verpackungsmaterialien und ihren Qualitätsprüfungen,

2.
zu den technischen und zu den organisatorischen Maßnahmen, um Kontaminationen, Kreuzkontaminationen und Verwechslungen zu vermeiden, einschließlich der Überprüfung ihrer Wirksamkeit,

3.
zur Kalibrierung, Qualifizierung, Wartung und Reinigung der Ausrüstungen und des Herstellungsraums,

4.
zur Validierung der die Produktqualität beeinflussenden Prozesse, Methoden und Systeme und zur Revalidierung; bei aseptischen Herstellungsprozessen am Ende jedes Arbeitstages unter Einbeziehung des betroffenen Herstellungspersonals,

5.
zu den kritischen Ausrüstungsgegenständen oder Geräten,

6.
zu den Herstellungsanweisungen und Herstellungsprotokollen gemäß § 7 oder § 8,

7.
zu einem eventuellen Transport der hergestellten Arzneimittel,

8.
zu den Hygienemaßnahmen sowie

9.
zum hygienischen Verhalten des Personals am Arbeitsplatz und zur Art der Schutzkleidung für die Arzneimittelherstellung, einschließlich der Art und Weise und der Häufigkeit der Umkleidevorgänge.

(2) 1Das Personal muss für die Tätigkeiten ausreichend qualifiziert sein und regelmäßig geschult werden; die Schulungsmaßnahmen sind zu dokumentieren. 2Das nach § 3 Absatz 2 Satz 1 erforderliche Personal ergibt sich aus Art und Umfang der Herstellung.

(3) 1Die Herstellung parenteraler Arzneimittel ist in einem separaten Raum vorzunehmen, der nicht für andere Tätigkeiten genutzt werden darf, soweit es sich nicht um die Herstellung von anderen sterilen Zubereitungen gemäß Arzneibuch handelt. 2Der Zugang zu diesem Raum sowie das Einbringen von Materialien müssen über einen Zwischenraum (Schleuse) erfolgen, der für die Aufrechterhaltung der im Herstellungsraum erforderlichen Reinraumklassen geeignet ist. 3Der Raum muss ausschließlich dem Zweck der Herstellung parenteraler Arzneimittel dienen, von angemessener Größe sein, um die einzelnen Arbeitsgänge in spezifisch zugeordneten Bereichen durchführen zu können, und die Belüftung muss über Filter angemessener Wirksamkeit erfolgen. 4Seine Wände und Oberflächen sowie der Fußboden müssen leicht zu reinigen sein, damit das umgebungsbedingte Kontaminationsrisiko für die Arzneimittel minimal ist. 5In dem Raum dürfen sich zum Zeitpunkt der Herstellung nur Mitarbeiter aufhalten, die dort entsprechende Tätigkeiten ausüben; ihre Schutzkleidung ist den Tätigkeiten anzupassen und mindestens arbeitstäglich zu wechseln. 6§ 4a ist entsprechend anzuwenden.

(4) 1Soweit die Arzneimittel keinem Sterilisationsverfahren im Endbehältnis unterzogen werden und sie nicht im geschlossenen System hergestellt werden, ist während der Zubereitung und Abfüllung

1.
in der lokalen Zone für die Arbeitsgänge ein Luftreinheitsgrad für Keimzahl und Partikelzahl entsprechend Klasse A der Definition des EU-GMP-Leitfadens, Anhang 1, der vom Bundesministerium im Bundesanzeiger in der jeweils aktuellen Fassung bekannt gemacht wird, einzuhalten und

2.
eine geeignete Umgebung erforderlich, die in Bezug auf Partikel- und Keimzahl

a)
mindestens der Klasse B des Anhangs des Leitfadens entspricht

b)
oder abweichend von Klasse B mindestens der Klasse C des Anhangs des Leitfadens entspricht, wenn die Arzneimittelqualität durch das angewendete Verfahren nachweislich gewährleistet wird und durch entsprechende Validierung des Verfahrens belegt ist,

c)
oder bei Einsatz eines Isolators der Klasse D des Anhangs des Leitfadens entspricht.

2Für die Zubereitung von Arzneimitteln, die nicht im geschlossenen System hergestellt, aber einem Sterilisationsverfahren im Endbehältnis unterzogen werden, ist abweichend von Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a eine Umgebung erforderlich, die in Bezug auf Partikel- und Keimzahl mindestens der Klasse D des Anhangs des Leitfadens entspricht; für die Abfüllung dieser Arzneimittel ist ein Luftreinheitsgrad der Klasse C einzuhalten.

(5) 1Die Reinraumbedingungen sind durch geeignete Kontrollen der Luft, kritischer Oberflächen und des Personals anhand von Partikel- und Keimzahlbestimmungen während der Herstellung in offenen Systemen zu überprüfen. 2Von dem für das Freigabeverfahren verantwortlichen Apotheker sind dafür entsprechende Warn- und Aktionsgrenzen festzulegen.

(6) 1Auf die Herstellung der parenteralen Arzneimittel sind die §§ 6 bis 8 anzuwenden. 2Die Plausibilitätsprüfung der ärztlichen Verordnung muss insbesondere auch patientenindividuelle Faktoren sowie die Regeldosierung und die daraus möglicherweise resultierende individuelle Dosis beinhalten. 3Die Herstellungsanweisung muss auch eine Kontrolle der Berechnungen, der Einwaagen und der einzusetzenden Ausgangsstoffe durch eine zweite Person oder durch validierte elektronische Verfahren sowie eine Dichtigkeitsprüfung des befüllten Behältnisses vorsehen.




§ 35a Vorbereitung und Durchführung von Schutzimpfungen durch öffentliche Apotheken



(1) Im Qualitätsmanagementsystem nach § 2a sind zur Vorbereitung und Durchführung von Schutzimpfungen insbesondere Festlegungen zu treffen:

1.
zur Vorbereitung der Impfung,

2.
zur Aufklärung und Einholung der Einwilligung der zu impfenden Person,

3.
zur Anamnese und zur Entscheidung, wann die Schutzimpfung nicht durchgeführt wird,

4.
zur Durchführung der Impfung,

5.
zur Dokumentation der Impfung,

6.
zu den Hygienemaßnahmen einschließlich des hygienischen Verhaltens der an den Vorbereitungen und der Durchführung der Schutzimpfung beteiligten Personen und

7.
zur Meldung bei Verdacht auf eine über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung.

(2) 1Nur Apotheker, die nach § 20c Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes zur Durchführung von Schutzimpfungen berechtigt sind, dürfen die Aufklärung, die Anamnese, das Einholen der Einwilligung der zu impfenden Person und die Schutzimpfungen durchführen. 2Bei der Vorbereitung und der Dokumentation der Impfung darf das pharmazeutische Personal der Apotheke unterstützen. 3Das pharmazeutische Personal der Apotheke muss für die Tätigkeit ausreichend qualifiziert sein und regelmäßig geschult werden; die Schulungsmaßnahmen sind zu dokumentieren. 4Das nach § 3 Absatz 2 Satz 1 erforderliche Personal ergibt sich aus dem Umfang der Schutzimpfungen.

(3) 1Für die Aufklärung, die Anamnese, das Einholen der Einwilligung von impfwilligen Personen, die Vorbereitung und die Durchführung der Schutzimpfungen muss eine geeignete Räumlichkeit einschließlich Wartebereich mit der Ausstattung zur Verfügung stehen, die für die Durchführung von Schutzimpfungen erforderlich ist, sofern kein aufsuchendes Impfen durchgeführt wird. 2Durch die Nutzung der Räumlichkeit zum Impfen darf der ordnungsgemäße Betrieb der Apotheke nicht gestört werden; insbesondere können keine Räume genutzt werden, die für einen anderweitigen Zweck vorgesehen und in denen die notwendigen Hygienemaßnahmen nicht umsetzbar sind. 3Ein unbefugter Zugriff auf apothekenpflichtige Arzneimittel, Ausgangsstoffe und Chemikalien ist auszuschließen. 4Auf Räumlichkeiten, in denen Schutzimpfungen durchgeführt werden, wird § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht angewendet. 5Diese Räumlichkeiten müssen jedoch in angemessener Nähe zu den übrigen Betriebsräumen liegen. 6Sowohl beim Aufklärungsgespräch als auch bei der Durchführung der Schutzimpfung ist die Privatsphäre der zu impfenden Personen zu schützen.

(4) 1Vor der Schutzimpfung hat die impfende Person die zu impfende Person über die zu verhütende Krankheit und die Impfung aufzuklären, die Anamnese durchzuführen und die Einwilligung der zu impfenden Person einzuholen. 2Die Aufklärung umfasst insbesondere

1.
Informationen über den Nutzen der Impfung und über die zu verhütende Krankheit,

2.
Hinweise auf mögliche Nebenwirkungen, Komplikationen und Kontraindikationen,

3.
Empfehlungen über Verhaltensmaßnahmen im Anschluss an die Impfung,

4.
Informationen über Beginn und Dauer der Schutzwirkung und

5.
Hinweise zu Auffrischimpfungen.

(5) 1Die Dokumentation der Schutzimpfung muss Angaben enthalten zu:

1.
Datum und Durchführung der Aufklärung der zu impfenden Person,

2.
Datum und Durchführung der Anamnese,

3.
Einwilligung der zu impfenden Person,

4.
Datum der Impfung,

5.
Bezeichnung und Chargenbezeichnung des verwendeten Impfstoffes,

6.
Name der geimpften Person, deren Geburtsdatum und Anschrift,

7.
Name und Anschrift der Apotheke und

8.
Name und Bestätigung der Person, die die Aufklärung, Anamnese und Impfung durchgeführt hat.

2Erfolgt nach Durchführung der Aufklärung oder der Anamnese keine Impfung, ist keine Dokumentation nach Satz 1 Nummer 4 und 5 erforderlich. 3Die Dokumentation der Schutzimpfung ist für die Dauer von zehn Jahren ab dem Datum, an dem die Impfung durchgeführt wurde, aufzubewahren.

(6) Es sind geeignete Hygienemaßnahmen zum Schutz der zu impfenden Person und des Apothekenpersonals zu treffen.