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Verordnung über die Schlichtungsstelle nach § 14 des Unterlassungsklagengesetzes und ihr Verfahren (Schlichtungsstellenverfahrensverordnung - SchlichtVerfV)

neugefasst durch B. v. 10.07.2002 BGBl. I S. 2577; aufgehoben durch § 27 Abs. 2 V. v. 05.09.2016 BGBl. I S. 2140
Geltung ab 30.10.1999; FNA: 402-28-1 Nebengesetze zum Recht der Schuldverhältnisse
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§ 1 Einrichtung der Schlichtungsstelle und Tätigkeitsbericht



(1) Die Deutsche Bundesbank macht im Bundesanzeiger die Anschrift der Schlichtungsstelle bekannt.

(2) Die Schlichtungsstelle ist mit mindestens zwei Schlichtern zu besetzen, die Bedienstete der Deutschen Bundesbank und zum Richteramt befähigt sind. Für jeden Schlichter ist ein anderer Schlichter als Vertreter zu bestellen. Für die Schlichtungsstelle ist eine Geschäftsstelle einzurichten.

(3) Das Schlichtungsverfahren findet vor einem Schlichter statt. Vor jedem Geschäftsjahr ist die Geschäftsverteilung festzulegen. Eine Änderung der Geschäftsverteilung ist während des Geschäftsjahres nur aus besonderem Grund zulässig.

(4) Die Schlichtungsstelle veröffentlicht einmal im Jahr einen Tätigkeitsbericht.




§ 2 Auswahl und Unabhängigkeit der Schlichter



(1) Die Schlichter werden von der zuständigen Stelle der Deutschen Bundesbank bestellt. Vor ihrer Bestellung teilt die Deutsche Bundesbank den Verbänden der an dem Verfahren teilnehmenden Unternehmen und dem Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (VZBV) die Namen und den beruflichen Werdegang der als Schlichter vorgesehenen Personen mit. Wenn innerhalb von zwei Monaten schriftlich keine Tatsachen vorgetragen werden, welche die Qualifikation oder Unparteilichkeit des vorgesehenen Schlichters in Frage stellen, werden diese für die Dauer von drei Jahren zu Schlichtern bestellt. Ihre Bestellung kann wiederholt werden.

(2) Die Schlichter sind in dieser Eigenschaft unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. Sie können durch die zuständige Stelle der Deutschen Bundesbank von ihrem Amt nur abberufen werden, wenn Tatsachen vorliegen, die eine unabhängige Erledigung der Schlichtertätigkeit nicht mehr erwarten lassen, wenn der Schlichter nicht nur vorübergehend an der Wahrnehmung seines Amts gehindert ist oder wenn ein vergleichbar wichtiger Grund gegeben ist.

(3) Ein Schlichter darf nicht in Streitfällen tätig werden, an deren Abwicklung er selbst beteiligt war. Hierüber entscheidet seine Vertretung.

(4) Die Schlichter und die in der Geschäftsstelle tätigen Personen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.




§ 3 Ablehnung einer Schlichtung



1Der Schlichter lehnt die Schlichtung durch eine schriftliche Mitteilung an den Beschwerdeführer ab, wenn

1.
der Beschwerdegegenstand bereits bei einem Gericht anhängig ist, in der Vergangenheit anhängig war oder von dem Beschwerdeführer während des Schlichtungsverfahrens anhängig gemacht wird,

2.
die Streitigkeit durch außergerichtlichen Vergleich beigelegt ist,

3.
ein Antrag auf Prozesskostenhilfe abgewiesen worden ist, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet,

4.
die Angelegenheit bereits Gegenstand eines Schlichtungsvorschlags oder eines Schlichtungsverfahrens einer Schlichtungsstelle nach § 14 des Unterlassungsklagengesetzes oder einer anderen Gütestelle, die Streitbeilegung betreibt, ist,

5.
der Anspruch bei Erhebung der Kundenbeschwerde bereits verjährt war und der Beschwerdegegner sich auf Verjährung beruft oder

6.
bei einer Streitigkeit über den Anspruch auf Abschluss eines Basiskontovertrags nach dem Zahlungskontengesetz

a)
ein Verwaltungsverfahren gemäß den §§ 48 bis 50 des Zahlungskontengesetzes zur Durchsetzung des Anspruchs anhängig ist oder

b)
in einem Verfahren nach Buchstabe a unanfechtbar über den Anspruch entschieden worden ist.

2Der Schlichter soll die Schlichtung ablehnen, wenn die Schlichtung die Klärung einer grundsätzlichen Rechtsfrage beeinträchtigen würde.




§ 4 Erhebung und Behandlung der Kundenbeschwerde



(1) Die Kundenbeschwerde ist schriftlich unter kurzer Schilderung des Sachverhalts und unter Beifügung der zum Verständnis der Beschwerde erforderlichen Unterlagen zu erheben. Der Beschwerdeführer hat zu versichern, dass er in der Streitigkeit noch kein Gericht, keine Streitschlichtungsstelle und keine Gütestelle, die Streitbeilegung betreibt, angerufen und auch keinen außergerichtlichen Vergleich mit dem Beschwerdegegner abgeschlossen hat. Der Beschwerdeführer kann sich im Verfahren vertreten lassen.

(2) Die Geschäftsstelle der Schlichtungsstelle bestätigt dem Antragsteller den Eingang seiner Kundenbeschwerde und leitet sie den beteiligten Unternehmen zur Stellungnahme zu, die sich innerhalb eines Monats ab Zugang zu der Kundenbeschwerde äußern müssen; die Frist kann um einen Monat verlängert werden. Die eingehenden Stellungnahmen werden dem Beschwerdeführer durch die Geschäftsstelle mit der Anheimgabe zugeleitet, sich innerhalb eines Monats ab Zugang dazu zu äußern, wenn der Beschwerdegegner der Kundenbeschwerde nicht abhelfen will. Müsste eine Ablehnungsmitteilung nach § 3 ergehen oder fehlen Unterlagen oder Ausführungen, weist die Geschäftsstelle den Beschwerdeführer hierauf hin und gibt ihm in geeigneten Fällen Gelegenheit, den Mangel innerhalb eines Monats abzustellen.

(3) Die Geschäftsstelle legt den Vorgang nach Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Fristen dem zuständigen Schlichter vor, sofern der Beschwerdegegner der Kundenbeschwerde nicht abhilft oder sich diese nicht in sonstiger Weise erledigt.


§ 5 Schlichtungsvorschlag



(1) Wenn der Schlichter eine weitere Aufklärung des Sach- und Streitstandes für geboten hält, kann er die Beteiligten zu ergänzenden Stellungnahmen auffordern oder Auskünfte bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, der Deutschen Bundesbank oder bei einer für die außergerichtliche Beilegung vergleichbarer Streitigkeiten zuständige Stelle in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einholen. Eine Beweisaufnahme führt er nicht durch, es sei denn, der Beweis kann durch die Vorlage von Urkunden angetreten werden.

(2) Der Schlichter unterbreitet nach Lage der Akten einen schriftlichen Schlichtungsvorschlag. Der Schlichtungsvorschlag besteht aus dem Vorschlag, wie der Streit der Beteiligten auf Grund der Rechtslage unter Berücksichtigung von Treu und Glauben angemessen beigelegt werden kann, und einer Begründung, in welcher der Vorschlag kurz und verständlich erläutert wird.

(3) Der Schlichtungsvorschlag kann innerhalb von sechs Wochen ab Zugang durch eine schriftliche Mitteilung an die Geschäftsstelle der Schlichtungsstelle angenommen werden. Die Beteiligten sind hierauf sowie darauf hinzuweisen, dass sie zur Annahme nicht verpflichtet und bei Nichtannahme berechtigt sind, die Gerichte anzurufen. Nach Ablauf der Frist teilt die Geschäftsstelle den Beteiligten das Ergebnis unter Angabe der Beteiligten und des Verfahrensgegenstands mit. Mit dieser Mitteilung ist das Verfahren bei der Schlichtungsstelle beendet. Kommt es nicht zu einer Einigung, ist die Mitteilung als "Bescheinigung über einen erfolglosen Einigungsversuch nach § 15a Abs. 3 Satz 3 des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung zu bezeichnen; die Namen der Beteiligten sind anzugeben.




§ 6 Kosten des Verfahrens und der Schlichtungsstelle



(1) Das Verfahren vor der Schlichtungsstelle ist kostenfrei. Auslagen werden nicht erstattet. Der Schlichtungsvorschlag kann einen Vorschlag zur Übernahme von Kosten enthalten, wenn dies zur angemessenen Beilegung des Streits der Beteiligten geboten erscheint.

(2) Die Schlichtungsstelle erhebt von dem am Verfahren beteiligten Unternehmen eine Gebühr von 200 Euro, es sei denn, dass die Schlichtungsstelle eine Schlichtung nach § 3 ablehnt. Die Gebühr kann auf Antrag des Unternehmens erlassen oder gemindert werden, wenn die Erhebung der Gebühr ganz oder teilweise unangemessen wäre.

(3) Absatz 2 gilt nicht für Unternehmen, für welche die Übertragung nach § 7 wirksam geworden ist.




§ 6a Zusammenarbeit mit ausländischen Stellen zur außergerichtlichen Streitbeilegung



Die Schlichtungsstelle erteilt auf Antrag den Stellen, die in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum für die außergerichtliche Beilegung vergleichbarer Streitigkeiten zuständig sind, für deren Verfahren Auskünfte über das in Deutschland geltende Recht.




§ 7 Übertragung auf private Stellen



(1) Die Schlichtungsaufgabe nach § 14 Abs. 1 des Unterlassungsklagengesetzes wird übertragen:

1.
für die Unternehmen, die dem Bundesverband deutscher Banken e. V., Burgstraße 28, 10178 Berlin, angehören und an dem dort eingerichteten Schlichtungsverfahren teilnehmen, auf diesen Verband,

2.
für die Unternehmen, die dem Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e. V., Lennestraße 17, 10785 Berlin, angehören und an dem dort eingerichteten Schlichtungsverfahren teilnehmen, auf diesen Verband,

3.
für die Unternehmen, die einem Sparkassen- und Giroverband angehören und an dem von ihm eingerichteten Schlichtungsverfahren teilnehmen, auf diesen Verband und

4.
für die Unternehmen, die dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, Schellingstraße 4, 10785 Berlin, angehören und an dem dort eingerichteten Schlichtungsverfahren teilnehmen, auf diesen Verband.

Nimmt ein Unternehmen an mehreren Schlichtungsverfahren teil, kann der Kunde entscheiden, welche Schlichtungsstelle er mit der Angelegenheit befassen will.

(2) Die Übertragung nach Absatz 1 wird wirksam, wenn

1.
die dort bezeichneten Verbände jeweils eine Schlichtungsstelle eingerichtet und eine Verfahrensordnung beschlossen haben, die den Anforderungen des Absatzes 3 entspricht, und

2.
das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz die jeweilige Verfahrensordnung genehmigt und diese Genehmigung mit der genehmigten Verfahrensordnung im Bundesanzeiger veröffentlicht hat.

Die Verfahrensordnung kann mit Genehmigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz geändert werden. Die Genehmigung ist mit der genehmigten Änderung der Verfahrensordnung im Bundesanzeiger zu veröffentlichen.

(3) Die von den Verbänden einzurichtende Schlichtungsstelle und ihr Verfahren müssen den §§ 1 bis 5 und 6 Abs. 1 entsprechen. Es dürfen folgende Abweichungen vorgesehen werden:

1.
Die Schlichter müssen abweichend von § 1 Abs. 2 nicht Bedienstete der Deutschen Bundesbank sein. Sie dürfen in den letzten drei Jahren vor ihrer Bestellung nicht bei dem Verband oder einem verbandsangehörigen Unternehmen beschäftigt gewesen sein.

2.
Bei der Bestellung der Schlichter brauchen abweichend von § 2 Abs. 1 die anderen Verbände der Unternehmen nicht beteiligt zu werden. Die Bestellung und die Abberufung von Schlichtern obliegt der zuständigen Stelle des Verbands.

3.
Soweit bei den in Absatz 1 bezeichneten Verbänden Schlichtungsstellen bereits eingerichtet sind, können die amtierenden Schlichter bis zum Ende ihrer laufenden Amtsperiode ohne Wiederbestellung im Amt verbleiben, wenn sie den Anforderungen des § 1 Abs. 2 in Verbindung mit Nummer 1 genügen und vor dem 30. Oktober 1999 bestellt worden sind.

4.
Der Verband kann abweichend von § 5 Abs. 3 anstelle des Schlichtungsvorschlags auch einen nur für das Unternehmen verbindlichen Schlichtungsspruch vorsehen. Er kann die Verbindlichkeit solcher Schlichtungssprüche auf in der Verfahrensordnung festzulegende Beträge begrenzen und den Erlass verbindlicher Schlichtungssprüche für den Fall ausschließen, dass die Klärung des Sachverhalts eine über den Urkundenbeweis hinausgehende Beweisaufnahme erfordert.

(4) Die Verbände sind verpflichtet, eine Liste der an ihrem Schlichtungsverfahren jeweils teilnehmenden Unternehmen zu führen und in geeigneter Weise allgemein zugänglich zu machen.




§ 8 Abgabe bei Unzuständigkeit



(1) Wird eine Schlichtung bei einer unzuständigen Schlichtungsstelle beantragt, gibt diese sie unter Benachrichtigung des Antragstellers an die zuständige Schlichtungsstelle ab.

(2) Hat der Beschwerdegegner keine inländische Niederlassung, besteht aber eine Niederlassung in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, unterrichtet die Schlichtungsstelle den Beschwerdeführer über die Möglichkeit der außergerichtlichen Streitbeilegung in diesem Vertragsstaat. Auf Antrag des Beschwerdeführers leitet die Schlichtungsstelle die Beschwerde an eine für außergerichtliche Streitbeilegung zuständige Stelle in dem anderen Vertragsstaat weiter.




§ 9 Übergangsregelung zum Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009



Bei Verbänden, für die die Übertragung der Schlichtungsaufgabe nach § 14 des Unterlassungsklagengesetzes in Ansehung von Streitigkeiten aus der Anwendung der §§ 675a bis 676g und 676h Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 30. Oktober 2009 geltenden Fassung bereits gemäß § 7 wirksam geworden ist, gilt dies auch für die Schlichtungsaufgabe in Ansehung von Streitigkeiten aus der Anwendung der §§ 491 bis 509 und §§ 675c bis 676c des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Im Übrigen wird die Übertragung nach Maßgabe von § 7 wirksam.