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Kapitel 1 - EU-Doppelbesteuerungsabkommen-Streitbeilegungsgesetz (EU-DBA-SBG)


Kapitel 1 Allgemeiner Teil

§ 1 Anwendungsbereich und anwendbare Vorschriften



(1) 1In diesem Gesetz wird ein Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union („Mitgliedstaat") festgelegt. 2Streitigkeiten nach Satz 1 sind solche, die durch die Auslegung und Anwendung von Abkommen und Übereinkommen entstehen, welche die Beseitigung der Doppelbesteuerung von Einkommen und gegebenenfalls Vermögen vorsehen.

(2) 1Bei diesem Verfahren handelt es sich um ein Verwaltungsverfahren in Steuersachen. 2Die Vorlage einer Streitfrage im Rahmen eines Streitbeilegungsverfahrens nach diesem Gesetz hindert die Behörden der Bundesrepublik Deutschland nicht daran, Gerichtsverfahren oder Verwaltungs- und Strafverfahren in derselben Angelegenheit einzuleiten oder fortzusetzen.

(3) Sind Mitteilungen aus dem Ausland für die Berechnung von inländischen Fristen maßgeblich, so gilt § 122 Absatz 2 und 2a der Abgabenordnung entsprechend mit der Maßgabe, dass als Datum der Aufgabe zur Post das Datum der Mitteilung gilt.


§ 2 Begriffsbestimmungen



(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind

1.
„Abkommen": die Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit einem anderen Mitgliedstaat auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, welche die Beseitigung von Doppelbesteuerung vorsehen;

2.
„Übereinkommen": das Übereinkommen über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen (90/436/EWG, ABl. L 225 vom 20.8.1990, S. 10) in der jeweils geltenden Fassung und andere zukünftige Übereinkommen, die als solche gesetzlich benannt werden;

3.
„Streitigkeiten": rechtliche Meinungsunterschiede, die durch die Auslegung und Anwendung von Abkommen und Übereinkommen entstehen; ein Gegenstand dieser Streitigkeiten ist eine Streitfrage;

4.
„Doppelbesteuerung": die Erhebung von Steuern, die unter ein Abkommen oder Übereinkommen fallen, durch die Bundesrepublik Deutschland und einen oder mehrere andere Mitgliedstaaten in Bezug auf dasselbe steuerpflichtige Einkommen oder Vermögen, wenn die Erhebung

a)
zu einer zusätzlichen Steuerbelastung führt,

b)
zu einer Erhöhung der Steuerverbindlichkeiten führt oder

c)
zu der Streichung oder Verringerung von Verlusten führt, die zur Verrechnung mit steuerpflichtigen Gewinnen hätten genutzt werden können;

5.
„zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland": das Bundesministerium der Finanzen oder die Behörde, an die das Bundesministerium der Finanzen seine Befugnisse delegiert hat; für die Zwecke dieses Gesetzes wird das Bundeszentralamt für Steuern mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Bundesministeriums der Finanzen beauftragt; „zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats" ist die Behörde, die als solche von dem betreffenden Mitgliedstaat benannt worden ist;

6.
„zuständiges Gericht der Bundesrepublik Deutschland": das Finanzgericht, das nach der Finanzgerichtsordnung für Klagen gegen das Bundeszentralamt für Steuern örtlich oder aufgrund einer Bestimmung des Bundesfinanzhofs zuständig ist; „zuständiges Gericht eines anderen Mitgliedstaats" ist das Gericht oder eine andere Stelle, die als solche von dem betreffenden Mitgliedstaat benannt wurde;

7.
„betroffene Person": eine Person, die

a)
nach einem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland mit einem anderen betroffenen Mitgliedstaat ansässig ist oder für Zwecke eines Übereinkommens ein Unternehmen eines Vertragsstaats ist und

b)
deren Besteuerung von der Streitfrage nach demselben Abkommen oder Übereinkommen unmittelbar betroffen ist.

(2) 1Jeder für die Zwecke dieses Gesetzes nicht definierte Begriff hat, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, die Bedeutung, die ihm nach dem jeweiligen Abkommen oder Übereinkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem oder den betroffenen Mitgliedstaaten im Zeitpunkt des Eingangs der ersten Mitteilung der Maßnahme an die betroffene Person zukommt, die im Ergebnis zu einer Streitfrage geführt hat oder führen wird. 2In Ermangelung einer Begriffsbestimmung in einem solchen Abkommen oder Übereinkommen haben nicht definierte Begriffe die Bedeutung, die ihnen zum jeweiligen Zeitpunkt nach dem Recht des betroffenen Mitgliedstaats für die Zwecke der Steuern zukam, für die das genannte Abkommen oder Übereinkommen gilt, wobei jede Bedeutung nach dem geltenden Steuerrecht des genannten Mitgliedstaats Vorrang vor einer Bedeutung hat, die der Begriff nach anderen Gesetzen des genannten Mitgliedstaats hat.


§ 3 Verfahrenssprache



Jegliche Kommunikation zwischen der betroffenen Person und der zuständigen Behörde der Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf die Anwendung dieses Gesetzes hat in deutscher Sprache zu erfolgen.