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Kapitel 4 - EU-Doppelbesteuerungsabkommen-Streitbeilegungsgesetz (EU-DBA-SBG)


Kapitel 4 Streitbeilegung durch den Beratenden Ausschuss

§ 17 Stellungnahme des Beratenden Ausschusses



(1) 1Wurde nach § 16 Absatz 1 keine Einigung darüber erzielt, wie die Streitfrage gelöst werden soll, kann die betroffene Person, welche die Streitbeilegungsbeschwerde eingereicht hat, die Einsetzung eines Beratenden Ausschusses beantragen, der eine Stellungnahme darüber abgibt, wie die Streitfrage gelöst werden soll. 2Die betroffene Person hat diesen Antrag schriftlich und innerhalb von 50 Tagen, gerechnet ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem ihr die Mitteilung über die fehlende Einigung bekannt gegeben worden ist, zu stellen. 3Der Antrag ist bei der zuständigen Behörde der Bundesrepublik Deutschland und den zuständigen Behörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten gleichzeitig und mit den gleichen Angaben einzureichen.

(2) Hat innerhalb von 60 Tagen ab dem Tag des Eingangs der Mitteilung des Beratenden Ausschusses bei der zuständigen Behörde der Bundesrepublik Deutschland über die Zulassung der Streitbeilegungsbeschwerde nach § 10 Absatz 4 keine der zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten die Einleitung des Verständigungsverfahrens nach § 10 Absatz 5 veranlasst, so gibt der Beratende Ausschuss eine Stellungnahme zu der Frage ab, wie die Streitfrage gelöst werden soll.

(3) 1Der Beratende Ausschuss gibt seine Stellungnahme in schriftlicher Form und spätestens sechs Monate nach dem Tag seiner Einsetzung gegenüber der zuständigen Behörde der Bundesrepublik Deutschland und den zuständigen Behörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten ab. 2In Fällen des Absatzes 2 gilt, dass der Beratende Ausschuss an dem Tag eingesetzt wurde, an dem die Frist von 60 Tagen verstrichen ist. 3Ist nach Auffassung des Beratenden Ausschusses die Streitfrage so beschaffen, dass die Abgabe einer Stellungnahme mehr als sechs Monate in Anspruch nehmen wird, so kann er beschließen, diese Frist um drei Monate zu verlängern. 4Der Beratende Ausschuss setzt die zuständigen Behörden aller betroffenen Mitgliedstaaten und die betroffenen Personen über diese Verlängerung in Kenntnis.

(4) Der Beratende Ausschuss stützt sich bei der Abfassung seiner Stellungnahme auf das anwendbare Abkommen oder Übereinkommen sowie auf anwendbare nationale Vorschriften.

(5) 1Der Beratende Ausschuss gibt seine Stellungnahme mit der einfachen Mehrheit seiner Mitglieder ab. 2Kommt keine Mehrheit zustande, so entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.

(6) Der Vorsitzende übermittelt die Stellungnahme des Beratenden Ausschusses den zuständigen Behörden aller betroffenen Mitgliedstaaten.


§ 18 Abschließende Entscheidung durch die zuständigen Behörden



(1) Die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland einigt sich mit den zuständigen Behörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten innerhalb von sechs Monaten nach Übermittlung der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses darüber, wie die Streitfrage zu lösen ist.

(2) 1Die zuständigen Behörden können eine von der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses abweichende Entscheidung treffen. 2Erzielen sie jedoch keine Einigung über die Lösung der Streitfrage, sind sie bei der Entscheidung an die Stellungnahme des Beratenden Ausschusses gebunden.

(3) 1Die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland gibt der betroffenen Person die abschließende Entscheidung über die Lösung der Streitfrage bekannt. 2Erfolgt die Bekanntgabe nicht innerhalb von 30 Tagen, gerechnet ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem die Entscheidung getroffen worden ist, gilt § 347 Absatz 1 Satz 2 der Abgabenordnung entsprechend.

(4) 1Die abschließende Entscheidung ist für die Bundesrepublik Deutschland verbindlich. 2Sie entfaltet keine Bindungswirkung für andere Streitbeilegungsverfahren.

(5) 1Die abschließende Entscheidung der zuständigen Behörden wird umgesetzt, sofern die betroffene Person innerhalb von 60 Tagen beginnend, gerechnet ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem ihr die abschließende Entscheidung nach Absatz 3 bekannt gegeben worden ist, mit gesondertem Schreiben gegenüber der zuständigen Behörde der Bundesrepublik Deutschland schriftlich oder zur Niederschrift auf die Einlegung von Rechtsbehelfen gegen die Steuerbescheide für den Fall verzichtet, dass die Ergebnisse des Streitbeilegungsverfahrens zutreffend umgesetzt werden. 2Die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland hat die örtlich zuständige Finanzbehörde über den Rechtsmittelverzicht zu informieren. 3§ 15 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 und Absatz 3 gelten entsprechend. 4Nach Ablauf der Frist nach Satz 1 gilt das Verfahren nach diesem Gesetz als beendet. 5§ 175a der Abgabenordnung gilt entsprechend.


§ 19 Veröffentlichung der abschließenden Entscheidung



(1) Die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland kann mit den zuständigen Behörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten die Veröffentlichung des gesamten Wortlauts der abschließenden Entscheidung nach § 18 vorbehaltlich des Einverständnisses aller betroffenen Personen vereinbaren.

(2) 1Ist eine der zuständigen Behörden oder eine betroffene Person nicht mit der Veröffentlichung des gesamten Wortlauts der abschließenden Entscheidung einverstanden, so veröffentlicht die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland in Abstimmung mit den zuständigen Behörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten eine Zusammenfassung der abschließenden Entscheidung. 2Diese Zusammenfassung hat Folgendes zu enthalten:

1.
eine Beschreibung des Sachverhalts und des Streitgegenstands,

2.
das Datum der abschließenden Entscheidung,

3.
die betroffenen Steuerzeiträume,

4.
die Rechtsgrundlage,

5.
den Wirtschaftsbereich,

6.
eine Kurzbeschreibung des Endergebnisses und

7.
die Art des Schiedsverfahrens.

3Die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland soll dabei die von der Kommission erstellten Musterformulare verwenden.

(3) 1Die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland übermittelt der betroffenen Person die Informationen, die nach Absatz 2 veröffentlicht werden sollen. 2Spätestens 60 Tage, gerechnet ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem die Informationen nach Satz 1 der betroffenen Person bekannt gegeben wurden, kann die betroffene Person bei der zuständigen Behörde der Bundesrepublik Deutschland und den zuständigen Behörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten beantragen, keine Informationen hinsichtlich Handels-, Geschäfts-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnissen oder Geschäftsverfahren oder Informationen, die der öffentlichen Ordnung zuwiderlaufen, zu veröffentlichen.

(4) Die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland übermittelt der Europäischen Kommission unverzüglich nachdem der Umfang der Veröffentlichung nach den vorstehenden Absätzen abgestimmt wurde, die zu veröffentlichenden Informationen.


§ 20 Versagungsgründe und vorzeitige Beendigung



(1) 1Abweichend von § 17 Absatz 1 Satz 1 kann die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland den Antrag auf Einsetzung eines Beratenden Ausschusses ablehnen, wenn

1.
eine betroffene Person gegen die Steuergesetze verstoßen hat,

2.
dieser Verstoß mit Freiheitsstrafe, Geldstrafe oder Geldbuße geahndet worden ist und

3.
dieser Verstoß im Zusammenhang mit der Streitfrage steht.

2Ist ein Straf- oder Bußgeldverfahren anhängig, kann die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland ein Streitbeilegungsverfahren nach diesem Gesetz ab dem Zeitpunkt der Zulassung der Streitbeilegungsbeschwerde bis zur rechtskräftigen Beendigung des Straf- oder Bußgeldverfahrens aussetzen.

(2) 1Abweichend von § 17 Absatz 1 Satz 1 kann die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland den Antrag auf Einsetzung eines Beratenden Ausschusses im Einzelfall ablehnen, wenn es bei einer Streitfrage nicht um eine Frage der Doppelbesteuerung geht. 2In diesem Fall informiert die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland unverzüglich die betroffene Person und die zuständigen Behörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten.

(3) Die Einsetzung eines Beratenden Ausschusses nach § 17 hindert die Behörden der Bundesrepublik Deutschland nicht daran, ein Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren in derselben Angelegenheit oder ein Straf- oder Bußgeldverfahren gegen die betroffene Person einzuleiten oder fortzusetzen.

(4) Das Verfahren nach diesem Gesetz ist von Amts wegen zu beenden, wenn die zuständige Behörde eines betroffenen Mitgliedstaats den zuständigen Behörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten mitteilt, dass ein Gericht oder eine andere Justizbehörde des erstgenannten Mitgliedstaats eine rechtskräftige Entscheidung über die Streitfrage erlassen hat, von der nach dem nationalen Recht dieses Mitgliedstaats nicht abgewichen werden darf.