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Abschnitt 4 - Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV)

Artikel 2 V. v. 09.07.2021 BGBl. I S. 2598, 2716 (Nr. 43)
Geltung ab 01.08.2023; FNA: 2129-32-2 Umweltschutz
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Abschnitt 4 Vorerkundung, Probennahme und -analyse

§ 18 Vorerkundung



(1) Die Vorerkundung von Böden in situ und von Materialien in Haufwerken dient

1.
einer Einschätzung der Beschaffenheit der Böden und Materialien, insbesondere zur Ermittlung des erforderlichen Untersuchungsumfangs und analytischen Untersuchungsbedarfs,

2.
als Grundlage einer repräsentativen Probennahme, insbesondere zur Entwicklung einer geeigneten Probennahmestrategie und

3.
der Bewertung der Ergebnisse analytischer Untersuchungen, insbesondere bei deren Übertragung auf den Untersuchungsraum.

(2) 1Im Rahmen der Vorerkundung sind vorhandene Hintergrundinformationen zu ermitteln und auszuwerten. 2Hierzu zählen aktuelle und historische Unterlagen, Luftbilder und Karten sowie Auskünfte und Stellungnahmen zuständiger Behörden.

(3) 1Die gewonnenen Erkenntnisse sind durch eine Inaugenscheinnahme auf ihre Plausibilität zu überprüfen und, soweit dies für das weitere Vorgehen erforderlich ist, zu vertiefen und zu ergänzen. 2Im Rahmen der Inaugenscheinnahme sind insbesondere Auffälligkeiten in Hinblick auf anthropogene Veränderungen der Böden zu dokumentieren.

(4) Bei der Vorerkundung sind die Anforderungen der DIN 19731 zu beachten.

(5) Liegen keine geeigneten bodenbezogenen Informationen vor, soll eine bodenkundliche Kartierung oder Bodenansprache auf der Grundlage der „Arbeitshilfe für die Bodenansprache im vor- und nachsorgenden Bodenschutz - Auszug aus der Bodenkundlichen Kartieranleitung KA 5" in dem Umfang durchgeführt werden, der für die jeweilige Fragestellung erforderlich ist.


§ 19 Allgemeine Anforderungen an die Probennahme



(1) 1Die Probennahme ist von Sachverständigen im Sinne des § 18 des Bundes-Bodenschutzgesetzes oder Personen mit vergleichbarer Sachkunde zu entwickeln und zu begründen, zu begleiten und zu dokumentieren. 2Die Probennahme ist von einer nach DIN EN ISO/IEC 17025 oder DIN EN ISO/IEC 17020 akkreditierten oder nach Regelungen der Länder gemäß § 18 Satz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes notifizierten Untersuchungsstelle durchzuführen.

(2) Die Probennahme muss sicherstellen, dass die zu untersuchenden Böden oder Materialien, dem Ziel der Untersuchung entsprechend, hinreichend repräsentativ erfasst werden.

(3) 1Die Probennahme hat insbesondere das jeweilige Ziel der Untersuchung, die örtlichen Umstände, die Eigenarten des zu untersuchenden Materials, die zu untersuchenden Parameter sowie den erforderlichen Umfang an Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Ergebnisse zu berücksichtigen. 2Die Hinweise der DIN ISO 10381-1 sind zu berücksichtigen.

(4) Liegen Hinweise auf Inhomogenitäten oder Heterogenitäten in dem zu untersuchenden Boden in situ oder in dem zu untersuchenden Haufwerk vor, ist für die Probennahme, soweit möglich, eine für die jeweilige Fragestellung geeignete Untergliederung in Teilbereiche vorzunehmen.

(5) 1Vermutete Schadstoffanreicherungen sind gezielt zu beproben. 2Die Zahl und die räumliche Anordnung der Probennahmestellen sind so zu planen, dass eine räumliche Abgrenzung von Schadstoffanreicherungen erfolgen, ein Belastungsverdacht geklärt und eine mögliche Gefahr bewertet werden kann.

(6) Wenn die jeweilige Fragestellung Mischproben erfordert, sollen diese in der Regel aus 20 Einzelstichproben je Teilbereich hergestellt werden.

(7) Bei vorbereitenden Schritten zur Gewinnung der Feldprobe, wie der Grobsortierung, der Grobzerkleinerung und der Klassierung des zu untersuchenden Materials, sind die Hinweise der DIN 19747 zu beachten.

(8) 1Grobe Materialien mit einer Korngröße von mehr als 2 Millimetern sowie Fremdbestandteile und Störstoffe, die möglicherweise Schadstoffe enthalten oder denen diese anhaften können, sind bei Feststoffuntersuchungen aus der gesamten Probenmenge zu entnehmen und gesondert der Laboruntersuchung zuzuführen. 2Ihr Masseanteil an dem beprobten Bodenhorizont oder der Schichteinheit ist zu ermitteln, zu dokumentieren und bei der Bewertung der Messergebnisse einzubeziehen.

(9) Die Probennahme bei Bodenluft- und Deponiegasuntersuchungen richtet sich nach Anlage 3 Tabelle 8.


§ 20 Besondere Anforderungen an die Probennahme aus Böden in situ



(1) 1Böden sind in der Regel horizontweise zu beproben. 2Grundlage für die Ermittlung der Horizontabfolge ist die „Arbeitshilfe für die Bodenansprache im vor- und nachsorgenden Bodenschutz - Auszug aus der Bodenkundlichen Kartieranleitung KA 5". 3Ist eine eindeutige Horizontansprache nicht möglich, sind für den Wirkungspfad Boden-Nutzpflanze die Beprobungstiefen nach Anlage 3 Tabelle 3 heranzuziehen.

(2) 1Zur Bestimmung der Beprobungstiefe für den Wirkungspfad Boden-Mensch gilt bei Untersuchung auf anorganische und schwerflüchtige organische Schadstoffe die Anlage 3 Tabelle 3. 2Sind in den Beprobungstiefen Horizontwechsel vorhanden, ist zusätzlich eine Beprobung nach Horizonten vorzunehmen, wenn dies für die jeweilige Fragestellung erforderlich ist.

(3) Zur Probengewinnung sind Verfahren anzuwenden, die in der DIN EN ISO 22475-1 und der DIN ISO 10381-2 aufgeführt sind.


§ 21 Besondere Anforderungen an die Probennahme aus Haufwerken



(1) Die Beprobung von Haufwerken ist gemäß der „Richtlinie für das Vorgehen bei physikalischen, chemischen und biologischen Untersuchungen im Zusammenhang mit der Verwertung/Beseitigung von Abfällen" (LAGA PN 98) vorzunehmen.

(2) Die gemäß LAGA PN 98 im Regelfall vorgesehene Anzahl von Laborproben kann für größere Chargen von Bodenmaterial, wie aufgemietete Homogenbereiche im Sinne der DIN 18300, in Abstimmung mit der zuständigen Behörde im Einzelfall verringert werden, wenn insbesondere durch eine Vorerkundung oder Vor-Ort-Analytik eine homogene Schadstoffverteilung hinreichend belegt ist.


§ 22 Zusätzliche wirkungspfadbezogene Anforderungen an die Probennahme bei orientierenden Untersuchungen und Detailuntersuchungen



(1) Beim Wirkungspfad Boden-Mensch sind im Rahmen der Festlegung der Probennahmestellen und der Beprobungstiefe auch Ermittlungen zu den im Einzelfall vorliegenden Expositionsbedingungen vorzunehmen, insbesondere über die

1.
tatsächliche Nutzung der Fläche nach Art, Häufigkeit und Dauer,

2.
Zugänglichkeit der Fläche,

3.
Versiegelung der Fläche und über den Aufwuchs,

4.
Möglichkeit der inhalativen Aufnahme von Bodenpartikeln und

5.
Relevanz weiterer Wirkungspfade.

(2) 1Beim Wirkungspfad Boden-Mensch gilt für die Beurteilung der Gefahren durch orale und dermale Aufnahme die Beprobungstiefe nach Anlage 3 Tabelle 3. 2Werden leichtflüchtige Schadstoffe untersucht, um gemäß § 10 Absatz 6 Anhaltspunkte für die Ausbreitung dieser Stoffe in Gebäude hinein zu ermitteln, richten sich die Beprobungstiefen nach dem dazu verwendeten Expositionsszenario (Boden-Bodenluft-Innenraumluft). 3Für die inhalative Aufnahme von Bodenpartikeln sind in der Regel die obersten 2 Zentimeter des Bodens maßgebend. 4Bei Überschreitung der Prüfwerte ist zur Bewertung der inhalativen Wirkung die Feinkornfraktion bis 63 Mikrometer heranzuziehen.

(3) 1Beim Wirkungspfad Boden-Mensch kann bei Flächen unter 500 Quadratmetern sowie in Hausgärten oder sonstigen Gärten entsprechender Nutzung auf eine Teilung verzichtet werden. 2Für Flächen über 10.000 Quadratmetern sollen mindestens jedoch zehn Teilflächen beprobt werden.

(4) 1Beim Wirkungspfad Boden-Nutzpflanze ist bei Ackerflächen oder Grünlandflächen mit annähernd gleichmäßiger Bodenbeschaffenheit und Schadstoffverteilung auf Flächen bis 10 Hektar in der Regel für jeweils 1 Hektar, mindestens aber von drei Teilflächen, je eine Mischprobe nach § 19 Absatz 6 entsprechend den Beprobungstiefen zu entnehmen. 2Bei Flächen unter 5.000 Quadratmetern kann auf eine Teilung verzichtet werden. 3Für Flächen über 10 Hektar sollen mindestens jedoch zehn Teilflächen beprobt werden. 4In Nutzgärten soll die Probennahme in der Regel durch Entnahme einer grundstücksbezogenen Mischprobe nach § 19 Absatz 6 für jede Beprobungstiefe erfolgen.

(5) 1Beim Wirkungspfad Boden-Grundwasser ist zur Feststellung der vertikalen Schadstoffverteilung die wasserungesättigte Bodenzone bis unterhalb einer mutmaßlichen Schadstoffanreicherung unter besonderer Berücksichtigung der Zone schwankender Grundwasserstände zu beproben. 2Im Untergrund dürfen abweichend von § 20 Absatz 1 Satz 1 Proben aus Tiefenintervallen bis zu 1 Meter entnommen werden. 3In begründeten Fällen ist die Zusammenfassung engräumiger Bodenhorizonte oder -schichten bis zu 1 Meter Tiefenintervall zulässig. 4Die Beprobungstiefe ist zu verringern, wenn erkennbar wird, dass bei Durchbohrung von Wasser stauenden Schichten im Untergrund eine hierdurch entstehende Verunreinigung des Grundwassers zu besorgen ist. 5Ist das Durchbohren von Wasser stauenden Schichten erforderlich, sind besondere Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen.


§ 23 Konservierung, Transport und Aufbewahrung von Proben; Probenvorbehandlung, -vorbereitung und -aufarbeitung



(1) Für die Auswahl von Probengefäßen sowie für Konservierung, Transport und Aufbewahrung von Proben sind die DIN ISO 10381-1, die DIN 19747 und die DIN EN ISO 5667-3 zu beachten.

(2) Das Vorgehen bei der Probenvorbehandlung, der Probenvorbereitung und der Probenaufarbeitung für chemische, biologische oder physikalische Untersuchungen von Feststoffproben aus Böden und Materialien richtet sich nach der DIN 19747.

(3) 1Repräsentative Teile der Proben sind mindestens bis zum Abschluss des Verfahrens als Rückstellproben nach der DIN 19747 aufzubewahren. 2Die zuständige Behörde kann Art und Umfang der Rückstellung nach den Erfordernissen des Einzelfalls festlegen.


§ 24 Physikalisch-chemische und chemische Analyse



(1) Die physikalisch-chemische und chemische Analyse der Proben ist durch eine nach DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditierte Untersuchungsstelle durchzuführen.

(2) Die Bestimmung der physikalisch-chemischen Eigenschaften hat nach Anlage 3 Tabelle 1 zu erfolgen.

(3) 1Zur Bestimmung der Schadstoffgehalte sind aus den nach § 23 vorbehandelten, vorbereiteten und aufgearbeiteten Proben gemäß den nachfolgenden Absätzen Extrakte und Eluate herzustellen und zu analysieren. 2Die Schadstoffgehalte sind auf Trockenmasse zu beziehen, die bei 105 °C nach der DIN EN 14346 Methode A gewonnen wurde. 3Bei summarischen Messgrößen, wie etwa PCB, LHKW, BTEX und PAK, sind neben der Summe auch die zugrunde gelegten Einzelergebnisse anzugeben. 4Für die Summenbildung bleiben Ergebnisse unterhalb der Bestimmungsgrenze unberücksichtigt.

(4) Die Bestimmung der Gehalte an anorganischen Schadstoffen hinsichtlich

1.
der Vorsorgewerte nach Anlage 1 Tabelle 1,

2.
der Feststoffwerte nach Anlage 1 Tabelle 4,

3.
der Prüfwerte für den Wirkungspfad Boden-Mensch nach Anlage 2 Tabelle 4, mit Ausnahme der Cyanide und von Chrom VI,

4.
der Prüf- und Maßnahmenwerte für Arsen und Quecksilber für den Wirkungspfad Boden-Nutzpflanze auf Ackerflächen und in Nutzgärten im Hinblick auf die Pflanzenqualität nach Anlage 2 Tabelle 6 und

5.
der Prüf- und Maßnahmenwerte für den Wirkungspfad Boden-Nutzpflanze auf Grünlandflächen im Hinblick auf die Pflanzenqualität nach Anlage 2 Tabelle 7

hat aus dem Königswasser-Extrakt nach der mit den Verfahren nach Nummer 9.2 der DIN EN 13657 oder nach der DIN EN 16174 mit den in Anlage 3 Tabelle 4 angegebenen Verfahren zu erfolgen.

(5) Die Bestimmung der Gehalte an Cyaniden und Chrom VI hinsichtlich der Prüfwerte für den Wirkungspfad Boden-Mensch nach Anlage 2 Tabelle 4 hat mit den in Anlage 3 Tabelle 4 angegebenen Verfahren zu erfolgen.

(6) Die Bestimmung der Gehalte an anorganischen Schadstoffen hinsichtlich

1.
der Prüf- und Maßnahmenwerte für Blei, Cadmium und Thallium für den Wirkungspfad Boden-Nutzpflanze auf Ackerflächen und in Nutzgärten im Hinblick auf die Pflanzenqualität nach Anlage 2 Tabelle 6 und

2.
der Prüfwerte auf Ackerflächen im Hinblick auf Wachstumsbeeinträchtigungen bei Kulturpflanzen nach Anlage 2 Tabelle 8

hat aus dem Ammoniumnitrat-Extrakt nach der DIN ISO 19730 mit den in Anlage 3 Tabelle 4 angegebenen Verfahren zu erfolgen.

(7) Die Bestimmung der Gehalte an organischen Schadstoffen hinsichtlich

1.
der Vorsorgewerte nach Anlage 1 Tabelle 2,

2.
der Prüf- und Maßnahmenwerte für den Wirkungspfad Boden-Mensch nach Anlage 2 Tabelle 4 und 5 sowie

3.
der Prüf- und Maßnahmenwerte für den Wirkungspfad Boden-Nutzpflanze nach Anlage 2 Tabelle 6 und 7

hat mit den in Anlage 3 Tabelle 5 angegebenen Verfahren zu erfolgen.

(8) Die Bestimmung der flüchtigen Schadstoffe in der Bodenluft hat mit den in Anlage 3 Tabelle 8 angegebenen Analyseverfahren zu erfolgen.

(9) 1Die Bestimmung der Konzentration anorganischer Schadstoffe hinsichtlich

1.
der Eluatwerte nach Anlage 1 Tabelle 4 und 5 sowie

2.
der Prüfwerte für den Wirkungspfad Boden-Grundwasser am Ort der Probennahme nach Anlage 2 Tabelle 1 und im Sickerwasser am Ort der Beurteilung nach Anlage 2 Tabelle 2

hat mit den in Anlage 3 Tabelle 6 angegebenen Verfahren zu erfolgen. 2Für die Herstellung von Eluaten mit Wasser sind die in Anlage 3 Tabelle 2 angegebenen Verfahren anzuwenden.

(10) 1Die Bestimmung der Konzentration organischer Schadstoffe hinsichtlich

1.
der Eluatwerte nach Anlage 1 Tabelle 4 und

2.
der Prüfwerte für den Wirkungspfad Boden-Grundwasser am Ort der Probennahme und im Sickerwasser am Ort der Beurteilung nach Anlage 2 Tabelle 3

hat mit den in Anlage 3 Tabelle 7 angegebenen Verfahren zu erfolgen. 2Absatz 9 Satz 2 gilt entsprechend.

(11) Abweichend von § 23 und den vorstehenden Absätzen dürfen auch andere Verfahren und Methoden zur Probennahme, -vorbehandlung, -vorbereitung und -aufarbeitung sowie zur physikalisch-chemischen und chemischen Analyse angewendet werden, wenn deren Gleichwertigkeit und praktische Eignung

1.
durch den Fachbeirat Bodenuntersuchungen allgemein festgestellt und die Feststellung durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde oder

2.
vom Anwender im Einzelfall gegenüber der zuständigen Behörde nachgewiesen wird.