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Erster Abschnitt - Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrtssachen (BinSchGG k.a.Abk.)

G. v. 27.09.1952 BGBl. I S. 641; zuletzt geändert durch Artikel 8 G. v. 20.04.2013 BGBl. I S. 831
Geltung ab 01.01.1964; FNA: 310-5 Zivilprozess, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung
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Erster Abschnitt Allgemeine Verfahrensvorschriften

§ 1



In Binnenschiffahrtssachen sind im ersten Rechtszug die Amtsgerichte zuständig.


§ 2



(1) Binnenschiffahrtssachen im Sinne dieses Gesetzes sind bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die mit der Benutzung von Binnengewässern durch Schiffahrt zusammenhängen und zum Gegenstand haben:

a)
Schadensersatzansprüche aus unerlaubten Handlungen;

b)
andere Ansprüche wegen der Beschädigungen, welche Schiffer während ihrer Fahrt oder beim Anlanden anderen verursacht haben;

c)
vertragliche Schadensersatzansprüche aus einem Unfall, der durch ein Schiff oder bei dem Betrieb eines Schiffes entstanden ist;

d)
Schadensersatzansprüche wegen Verletzung einer Amtspflicht zur Sicherung des Verkehrs;

e)
Ansprüche aus Bergung, namentlich auf Bergelohn oder Sondervergütung einschließlich Bergungskosten;

f)
Ansprüche wegen Zahlung der Lotsen-, Kran-, Waage-, Hafen- und Bohlwerksgebühren oder -vergütungen und ihres Betrages;

Dies gilt nicht für Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche aus einem Vorfall, an dem ein Seeschiff beteiligt ist, wenn

1.
der Vorfall sich auf Binnengewässern, auf denen die Seeschiffahrtsstraßenordnung gilt, auf dem Nord-Ostsee-Kanal oder in einem Seehafen ereignet hat,

2.
der Vorfall sich auf anderen Binnengewässern außer dem Rhein und der Mosel ereignet hat, sofern der Anspruch auf Ersatz des Schadens gerichtet ist, der den Schiffen oder den an Bord befindlichen Personen oder Sachen durch einen Schiffszusammenstoß oder durch ein unter § 572 des Handelsgesetzbuchs fallendes Ereignis zugefügt worden ist.

(2) Binnenschiffahrtssachen im Sinne dieses Gesetzes sind ferner bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die mit der Benutzung von Binnengewässern durch Schiffahrt zusammenhängen und Ansprüche zum Gegenstand haben, für deren Verhandlung und Entscheidung die Parteien die Zuständigkeit eines Schiffahrtsgerichts vereinbart haben.

(3) Binnenschiffahrtssachen im Sinne dieses Gesetzes sind:

a)
Strafsachen wegen Taten, die auf oder an Binnengewässern unter Verletzung von schiffahrtspolizeilichen Vorschriften begangen sind und deren Schwerpunkt in der Verletzung dieser Vorschriften liegt, soweit für die Strafsachen nach den Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes die Amtsgerichte zuständig sind;

b)
Bußgeldsachen wegen Zuwiderhandlungen gegen schiffahrtspolizeiliche Vorschriften, die auf oder an Binnengewässern begangen sind.

Als Binnenschiffahrtssachen gelten jedoch diese Straf- und Bußgeldsachen nicht, wenn die Tat außerhalb eines Seehafens auf oder an Binnenwasserstraßen, auf denen die Seeschiffahrtstraßen-Ordnung gilt, begangen ist. Steht eine in Satz 1 bezeichnete Tat mit einer anderen Straftat oder Ordnungswidrigkeit in Zusammenhang, so ist das für Binnenschiffahrtssachen bestimmte Gericht zuständig, wenn das Schwergewicht bei der zuerst genannten Tat liegt.




§ 3



(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Binnenschiffahrtssachen sind, sind die Amtsgerichte auch soweit sachlich zuständig, wie nach den Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes die Landgerichte zuständig wären. Vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung ist örtlich zuständig

in den Fällen des § 2 Abs. 1 Buchstaben a bis d und g nur das Gericht, in dessen Bezirk sich die den Anspruch begründende Tatsache ereignet hat;

in den Fällen des § 2 Abs. 1 Buchstabe e nur das Gericht, in dessen Bezirk die Bergung bewirkt worden ist;

in den Fällen des § 2 Abs. 1 Buchstabe f nur das Gericht des Erfüllungsortes.

Hat sich die den Anspruch begründende Tatsache auf einem Gewässer zwischen zwei deutschen Ufern ereignet, die zum Bezirk verschiedener Gericht gehören, so sind die Gerichte beider Ufer zuständig.

(2) Für Mahnverfahren gelten die allgemeinen Vorschriften über die Zuständigkeit. Die Abgabe nach §§ 696, 700 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung erfolgt an das nach Absatz 1 zuständige Gericht, das entsprechend § 690 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozeßordnung in dem Antrag auf Erlaß des Mahnbescheids anzugeben ist.

(3) In Straf- und Bußgeldsachen, die Binnenschiffahrtssachen sind, ist nur das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Tat begangen ist; § 68 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist nicht anzuwenden. Ist die Tat auf einem Gewässer zwischen zwei deutschen Ufern begangen, die zum Bezirk verschiedener Gerichte gehören, so sind die Gerichte beider Ufer zuständig.

(4) Wäre nach diesen Vorschriften ein Gerichtsstand im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht begründet, so ist das Gericht zuständig, das bei Anwendung der Vorschriften der Zivilprozeßordnung, der Strafprozeßordnung oder des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten zuständig wäre.


§ 4



(1) Die Landesregierungen sind ermächtigt, die Verhandlung und Entscheidung von Binnenschiffahrtssachen einem Amtsgericht als Schiffahrtsgericht oder einem Oberlandesgericht als Schiffahrtsobergericht für bestimmte Binnengewässer oder bestimmte Abschnitte von Binnengewässern aus dem Bezirk mehrerer Gerichte zuzuweisen, sofern dies der sachlichen Förderung oder schnelleren Erledigung der Verfahren dient. Die Zuweisung kann für Zivil- sowie Straf- und Bußgeldsachen unterschiedlich erfolgen. Die Landesregierungen könnten diese Ermächtigungen auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(2) Die Bezirke der nach Absatz 1 bestimmten Gerichte erstrecken sich auf die Bezirke der anderen Gerichte.

(3) Die Länder können vereinbaren, daß die Verhandlung und Entscheidung von Binnenschiffahrtssachen eines Landes ganz oder teilweise den Gerichten eines anderen Landes zugewiesen werden.


§ 5



(1) Die für Binnenschiffahrtssachen zuständigen Amtsgerichte sind Schiffahrtsgerichte im Sinne dieses Gesetzes. Sie führen bei der Verhandlung und Entscheidung von Binnenschiffahrtssachen die Bezeichnung "Schiffahrtsgericht".

(2) Ist ein Amtsgericht mit mehreren Richtern besetzt, so sind bei der Geschäftsverteilung die Geschäfte des Schiffahrtsgerichts einem oder einzelnen von ihnen zu übertragen.


§ 6



Ist für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten die Zuständigkeit eines Gerichts vereinbart, das nicht ein Schiffahrtsgericht ist, so sind die Vorschriften dieses Gesetzes nicht anzuwenden.


§ 7



Die Geschäfte der Staatsanwaltschaft werden in Binnenschiffahrtssachen von der Staatsanwaltschaft bei dem Schiffahrtsgericht oder bei dem ihm übergeordneten Landgericht wahrgenommen. Die Anträge und Verfügungen in Binnenschiffahrtssachen sollen als solche gekennzeichnet werden.


§ 8



Im Verfahren vor den Schiffahrtsgerichten ist § 495a der Zivilprozeßordnung nicht anzuwenden. Die Anträge der Parteien in Binnenschiffahrtssachen sollen als solche gekennzeichnet werden.


§ 9



(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ist gegen die Urteile der Schiffahrtsgerichte die Berufung ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig.

(2) (aufgehoben)


§ 10



In Strafsachen ist die Revision ausgeschlossen.


§ 11



Für die Verhandlung und Entscheidung über Berufungen und Beschwerden gegen die Entscheidungen der Schiffahrtsgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten sowie in Straf- und Bußgeldsachen sind die Oberlandesgerichte zuständig. Sie führen hierbei die Bezeichnung "Schiffahrtsobergericht".


§ 12



(aufgehoben)




§ 13



In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten wird die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht dadurch berührt, daß es statt bei dem Oberlandesgericht bei dem dem Schiffahrtsgericht übergeordneten Landgericht eingelegt wird; die Sache wird von Amts wegen an das Oberlandesgericht abgegeben.